Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167422/15/Bi/Ka

Linz, 02.05.2013

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn x, vom 21. November 2012 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Vöcklabruck vom 9. November 2012, VerkR96-15394-2012/Heme, wegen Übertretung der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 30. April 2013 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungs­entscheidung) zu Recht erkannt:

 

I.  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 22 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG

zu II.: § 64 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.2d StVO 1960 eine Geldstrafe von 110 Euro ( Stunden EFS) verhängt, weil er am 8. Juni 2012 um 16.33 Uhr mit dem Pkw x in der Gemeinde Seewalchen, A1 bei km 237.888 in Fahrtrichtung Wien, die auf Autobahnen zulässige Höchstge­schwindig­keit von 130 km/h um 38 km/h überschritten habe. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu seinen Gunsten abgezogen worden.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 11 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 30. April 2013 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Erstinstanz, Frau x, und des Zeugen Herrn x (J) durchgeführt. Der Bw ist nicht erschienen. Die Parteienladung wurde am 2. April 2013 mit Rsb-Brief abgesendet, der Rückschein wurde von der Post nicht rückübermittelt und auch die Ladung kam nicht zurück, sodass davon auszu­gehen war, dass sie – unter Wahrung der Frist des §51e Abs.6 VStG – zugestellt wurde. 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er habe das Fahrzeug nicht gelenkt, dafür gebe es keinen Nachweis. Ein "Verantwortlicher der Abteilung Verkauf" der H. GmbH sei "natürlich" kein Beweis im Sinne der ZPO und anderer Verfahrens­vorschriften. Den Herrn von der Fa H. kenne er auch nicht. Ohne den gesetzlich vorgeschriebenen Beweis sei eine "Verurteilung" nicht legal. Beantragt wird Bescheidaufhebung.

Sein in der Berufung gestellter Antrag auf Beigebung eines Verteidigers wurde mit Beschluss vom 29. Jänner 2013, VwSen-167422/4/BI/CG, abge­wiesen und dieser am 4. Februar 2013 zugestellt.

Mit Schreiben vom 16. Februar 2013 bestätigte der Bw, er sei am 8. Juni 2013 nicht der Lenker gewesen. Beweismittel, die auch nur annähernd einer gericht­lichen Überprüfung standhalten würden, lägen offenbar nicht vor. Weder der genannte Zeuge noch irgendjemand sonst könnte bezeugen, dass er zum fraglichen Zeitpunkt am fraglichen Ort den Pkw gelenkt haben solle. Eine Verurteilung setze eine Beweis voraus und die Beweiswürdigung müsse durch den gesetzlichen Richter erfolgen. Das erkennende Mitglied des UVS sei kein solcher und daher nicht befugt, Beschlüsse oder Urteile zu fassen, die eine Ersatz- oder Freiheitsstrafe nach sich ziehen würden. Das "so genannte österreichische Verwaltungsstrafgesetz" sei verfassungswidrig und im übrigen völkerrechtswidrig. Sollte das Straferkenntnis nicht "zurückgenommen" werden, würde er Anzeige gegen das erkennende Mitglied des UVS und die Republik Österreich wegen Rechts­beugung, Amtsanmaßung, Nötigung und Prozessbetrug beim Inter­nationalen Strafgerichtshof erstatten.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 30. April 2013, bei der die Vertreterin der Erstinstanz gehört, die schriftlichen Ausführungen des Bw im Rechtsmittel und im Schreiben vom 16. Februar 2013 berücksichtigt und der oben genannte Zeuge unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB zeugenschaftlich einvernommen wurde. Die Berufungsverhandlung wurde ohne ausdrücklichen Antrag des Bw durchgeführt, wobei ihm die vom Zeugen J zuvor telefonisch gemachten Angaben bereits im h. Schreiben vom 29. Jänner 2013 bekannt­gegeben wurden, dh die formelle Zeugeneinvernahme erfolgte unter aus­drücklicher Belehrung über die Wahrheitspflicht des § 289 StGB zum Zweck, dem Bw die Möglichkeit zu geben, von seinen Rechten als Beschuldigter im Verwaltungs­strafverfahren Gebrauch zu machen.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Fest steht – auch vom Bw nicht bestritten – dass der Pkw x am 8. Juni 2012, 16.33 Uhr, auf der Westautobahn A1 bei km 237.888 im Gemeindegebiet Seewalchen am Attersee in Fahrtrichtung Wien unterwegs war und die Fahrgeschwindigkeit mit stationärem Radar MUVR 6FM Nr.696 mit 177 km/h gemessen wurde. Nach Abzug der vorgeschriebenen Toleranzen von 5% vom Messwert – dh aufgerundet 9 km/h – wurde eine tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit von 168 km/h der Anzeige und dem Tatvorwurf zugrundegelegt.

Das damals am Pkw montierte Wechselkennzeichen ist für die x GmbH, x (im folgenden H.GmbH genannt) ausgegeben, die im Rahmen der Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 den Bw als Lenker am 8. Juni 2012, 16.33 Uhr, bekanntgab. Dazu vorgelegt wurde die vom Bw unterzeichnete Probefahrtvereinbarung; Unterzeichner vonseiten der H.GmbH war der Zeuge J.

 

Dieser hat in der Berufungsverhandlung überzeugend dargelegt, dass der Bw, den er bei einer Veranstaltung in Gmunden kennengelernt und dem er eine Visitenkarte gegeben habe, weil dieser Interesse an einer Probefahrt mit einem BMW als Firmenfahrzeug bekundet hatte, am 8. Juni 2012 zur H.GmbH kam und eine Probefahrt mit einem BMW 525d vereinbarte. Übergabe des Fahrzeuges war um 14.30 Uhr, letztlich erfolgte die Rückgabe später als vereinbart, nämlich um 17.45 Uhr, was letztlich auch der Grund war, warum sich der Zeuge an den Bw erinnern konnte. Er gab an, der Bw sei mit einem Fahrrad gekommen und nach der Pkw-Rückgabe damit weggefahren und er sei beide Male alleine gewesen. Von einem 2. Lenker des Pkw sei nie die Rede gewesen, zumal dann von beiden Personen der Führerschein kopiert und eine Unterschrift zu leisten gewesen wäre; ein 2. Lenker wäre auch nicht versichert gewesen. Der Bw habe die Verspätung damit erklärt, er habe "die Zeit über­sehen", habe aber nicht gesagt, wohin er gefahren sei. Der Tank sei bei der Rückgabe leer gewesen.

 

Der Bw hat lediglich pauschal bestritten, der Lenker gewesen zu sein, ohne dazu sonst irgendetwas darzulegen. Er hat sich dazu nicht geäussert und auch keinerlei Anhaltspunkte dafür auch nur behauptet, wer sonst den Pkw gelenkt haben könnte oder dass er um 16.33 Uhr nicht als Lenker am Ort der Radar­messung gewesen sein könnte.

 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist aufgrund des Radarfotos ohne jeden Zweifel erwiesen, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung dem Pkw x zuzuordnen ist – der konkret vorgeworfene Wert von 168 km/h wurde vom Bw nie in irgendeiner Weise bestritten, wobei die Toleranzen richtig berechnet wurden. Der Bw ist der H.GmbH gegenüber als alleiniger Vertrags­partner bei der beabsichtigten Probefahrt aufgetreten und er hat nach den glaubhaften Aussagen des Zeugen J. den Pkw alleine abgeholt und zurück­gebracht, wobei keine 2. Person ersichtlich war – er kam mit einem Fahrrad und fuhr damit auch wieder weg – und nicht ein weiterer Lenker im Rahmen der Probefahrt genannt wurde, weshalb auch die Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 in diesem Sinn erfolgte. Er hat im gesamten Verfahren weder vor der Erstinstanz noch vor dem UVS niemanden als Lenker zur Tatzeit genannt, obwohl er mehrmals die Möglichkeit gehabt hätte, sich dazu zu äußern. Er hat lediglich die auf die oben genannten Umstände gegründete Annahme, er selbst sei der Lenker des Pkw x am 8. Juni 2012 um 16.33 Uhr gewesen, pauschal bestritten. In rechtlicher Hinsicht vermochte er damit nicht zu überzeugen, sodass davon auszugehen war, dass nur er als Lenker für die am 8. Juni 2012, 16.33 Uhr, auf der A1 bei km 237.888, FR Wien, in Frage kommt, dh er selbst den ihm vorgeworfenen Tatbestand – gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeugen, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren – erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verant­worten hat, zumal von einer Glaubhaft­machung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht die Rede sein kann.  

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass gemäß § 99 Abs.2d StVO 1960 eine Verwaltungsübertretung begeht und mit einer Geldstrafe von 70 bis 2180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheits­strafe von 24 Stunden bis zu sechs Wochen, zu bestrafen ist, wer die zulässige Höchst­geschwindigkeit um mehr als 30 km/h überschreitet.

Nach den Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses liegen weder strafmildernde noch –erschwerende Umstände vor, wobei die finanziellen Verhältnisse des Bw mangels irgendwelcher Angaben dazu geschätzt wurden (1.400 Euro Nettomonatseinkommen, keine Sorge­pflichten, kein Vermögen).

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessensspielraum damit in irgendeiner Weise überschritten hätte.

Die verhängte Strafe ist im Hinblick auf die Bestimmung de § 19 VStG unrechts- und schuldangemessen, wobei dem Bw durch einen Blick auf den Tacho die nicht unwesentliche Geschwindigkeitsüberschreitung zweifellos auffallen hätte müssen, auch wenn er das Beschleunigungsverhalten und das Fahrgeräusch des Pkw nicht gewohnt war. Der Bw weist Vormerkungen wegen Übertretungen des KFG und der StVO aus den Jahren 2009 bis April 2012 auf und ist damit nicht unbescholten. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist im Verhältnis zur Geldstrafe innerhalb des gesetz­lichen Strafrahmens angemessen.

Die Voraussetzungen für eine Anwendung der §§ 20 oder 21 VStG liegen nicht vor, weil weder von einem beträchtlichen Überwiegen von Milderungsgründen noch von geringfügigem Verschulden auszugehen war.   

 

Im Übrigen besteht an der Tribunalqualität des Unabhängigen Verwaltungs­senates des Landes Oberösterreich im Lichte des Art.6 MRK nach der Recht­sprechung sowohl der österreichischen Höchstgerichte als auch des EuGH und des EGMR kein Zweifel. Das erkennende Mitglied ist gemäß Art.129b B-VG an keine Weisungen gebunden und unversetzbar. 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Lenkereigenschaft durch Probefahrtvertrag + Zeugenaussage als erwiesen angenommen.

 

 

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