Linz, 03.05.2013
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des x, geb. x, wohnhaft in x x, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei Dr. x, x, x, xstraße x, x x, Deutschland, vom 16. August 2012, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 24. Juli 2012, GZ VerkR96-1040-2012/Ah, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), zu Recht erkannt:
I. Die Berufung wird mit der Maßgabe, dass im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses anstelle von "22.12.2012" gesetzt wird "22.12.2011", abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.
II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in der Höhe von 20 Euro zu bezahlen (= 20 % der von der Bezirkshauptmannschaft Schärding verhängten Geldstrafe).
Rechtsgrundlagen:
zu I.: §§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm
§§ 24, 51, 51e und 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.
zu II.: § 64 Abs. 1 und 2 VStG.
Entscheidungsgründe:
Zu I.:
1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 24. Juli 2012, GZ VerkR96-1040-2012/Ah, wurde über x (den nunmehrigen Berufungswerber) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 11 Abs.2 letzter Satz StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe 100 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von einem Tag, verhängt. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages erster Instanz in der Höhe von 10 Euro verpflichtet.
Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde (auszugsweise Wiedergabe):
"Sie lenkten am 22.12.2012 um 09.32 Uhr das Sattelzugfahrzeug mit dem Kennzeichen x auf der x Straße x (aus Richtung x kommend), wobei Sie im Kreuzungsbereich mit der x (Kreuzung x, Gemeinde x) das Rechtsblinken nicht beendet haben, obwohl Sie in der Folge nicht nach rechts einbogen, sondern die Fahrt geradeaus fortgesetzt haben und dadurch einen Verkehrunfall mit einem benachrangten Fahrzeuglenker verursachten."
2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Berufungswerber laut im Akt befindlichen Rückschein im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung nachweislich am 10. August 2012 zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitig – mit Schriftsatz vom 16. August 2012 – eingebrachte Berufung, mit der beantragt wird, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen.
Unter Hinweis auf sein Rechtfertigungsschreiben vom 25. Mai 2012 bestreitet der Berufungswerber im Wesentlichen, in Annäherung an die Kreuzung den rechten Blinker eingeschaltet gehabt zu haben sowie seine Geschwindigkeit reduziert zu haben.
3. Der Bezirkshauptmann vom Schärding hat die Berufungsschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes mit Vorlageschreiben vom 20. August 2012, GZ VerkR96-1040-2012/AH, ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates zur Entscheidungsfindung (§ 51 Abs.1 VStG). Gemäß § 51c VStG entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt.
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z3 VStG angesichts der Tatsachen, dass der für das Verfahren wesentliche Sachverhalt auf Grund der Aktenlage iVm dem Parteienvorbringen hinreichend geklärt vorliegt, im angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und der anwaltlich vertretene Berufungswerber – trotz entsprechenden Hinweises in der Rechtsmittelbelehrung des Straferkenntnisses – eine Verhandlung nicht beantragt hat, unterbleiben.
4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem – rechtlich relevanten - Sachverhalt aus:
Der Berufungswerber lenkte am 22. Dezember 2011 um 09.32 Uhr das Sattelzugfahrzeug mit dem Kennzeichen x (x) in der Gemeinde x, in x, auf der bevorrangten x (x Straße), aus Richtung x kommend in Richtung Kreuzungsbereich mit der x (x Straße). Zur gleichen Zeit lenkte x das Firmenfahrzeug mit dem Kennzeichen x, auf der – durch ein Vorschriftszeichen "Halt" gemäß § 52 lit.c Z24 StVO - benachrangten x, von xberg kommend in Richtung Kreuzung mit der x. Im Bereich des StrKm 5,225 der x kam es zur Kollision der beiden Fahrzeuge. Dabei wurden der Unfallgegner und seine Beifahrerin leicht verletzt und an den unfallbeteiligten Fahrzeugen entstand erheblicher Sachschaden.
Der Zweitbeteiligte x schilderte den Unfallhergang dahingehend, dass er seinen Pkw zunächst an der Kreuzung zur bevorrangten x angehalten, und nachdem er am Sattelzugfahrzeug das rechte Blinklicht leuchtend wahrgenommen und dieses seine Geschwindigkeit verlangsamt habe, er in die x eingefahren sei. Zumal der Berufungswerber trotz rechtem Blinksignal seine Fahrt nicht nach rechts, sondern geradeaus fortsetzte, sei es zum Zusammenstoß gekommen. Der Berufungswerber hingegen bestreitet, sich mit eingeschaltetem rechten Blinker der Kreuzung genähert und die Geschwindigkeit des von ihm gesteuerten Sattelzugfahrzeuges herabgesetzt zu haben.
4.2. Zu diesen sich widersprechenden Aussagen der Unfallbeteiligten wird in freier Beweiswürdigung folgendes angemerkt:
Der Unabhängige Verwaltungssenat folgt im Ergebnis den oben dargestellten schlüssigen Ausführungen des unter Wahrheitspflicht stehenden Zweitbeteiligten, der den Vorfall im Rahmen seiner Erstvernehmung vor der Polizeiinspektion Schardenberg und bei der späteren zeugenschaftlichen Vernehmung vor belangten Behörde inhaltsgleich, überzeugend und lebensnah schilderte und dessen Angaben von seiner damaligen Beifahrerin zeugenschaftlich vollinhaltlich gestützt wurden. Es gibt keinen Hinweis oder Anhaltspunkt an deren getrennten Schilderungen zu zweifeln.
Demgegenüber wird die Glaubwürdigkeit des Berufungswerbers insgesamt als wesentlich geringer beurteilt. Es ist ihm nicht gelungen, die Aussagen des am Unfall Zweitbeteiligten und dessen Beifahrerin und damit den Tatvorwurf zu widerlegen und seine Angaben als glaubhaft darzustellen. Er konnte sich in jeder Hinsicht verantworten; hinzu kommt, dass er im Rahmen der Erstbefragung keinlerei Angaben gegenüber den einschreitenden Beamten machte und sich erst
im weiteren Verlauf des Verfahrens äußerte, während der Unfallgegner und die Beifahrerin von Beginn an nachvollziehbare Angaben zum Unfallgeschehen machten.
Nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes dürfen andere Verkehrsteilnehmer – im Hinblick auf den Vertrauensgrundsatz des § 3 StVO 1960 - darauf vertrauen, dass ein Kraftfahrzeuglenker, der vor einer Kreuzung rechts blinkt, auch tatsächlich nach rechts einbiegen wird (z. B. OGH 17. November 1966, 2 Ob 314/66).
5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht darüber Folgendes erwogen:
5.1. Gemäß § 11 Abs.2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), BGBl. Nr. 1960/159 in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung, hat der Lenker eines Fahrzeuges die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung oder den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens so rechtzeitig anzuzeigen, dass sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen können. Er hat die Anzeige zu beenden, wenn er sein Vorhaben ausgeführt hat oder von ihm Abstand nimmt.
5.2. Auf Grund der getroffenen Feststellungen zum Sachverhalt und den Überlegungen zur Beweiswürdigung steht für das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der dem Berufungswerber zum Vorwurf gemachten Verwaltungsübertretung gemäß § 11 Abs.2 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 unzweifelhaft fest.
Das Verfahren hat auch keine Umstände ergeben, welche den Berufungswerber entlasten und somit sein Verschulden an der Übertretung ausschließen würden, weshalb gemäß § 5 Abs.1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist. Es ist damit auch die subjektive Tatseite der Verwaltungsübertretung als erfüllt zu bewerten.
5.3. Zur Straffestsetzung ist festzustellen, dass gemäß § 19 Abs.1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Nach der anzuwendenden Verwaltungsstrafbestimmung des § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges unter anderem gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs.1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist.
Der Berufungswerber verfügt nach den unwidersprochen gebliebenen Schätzwerten der belangten Behörde über ein monatliches Nettoeinkommen in der Höhe von 1.500 Euro, er hat kein Vermögen und er ist für seine Gattin sorgepflichtig. Strafmildernd ist seine bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit – zumindest im Verwaltungsbereich der Bezirkshauptmannschaft Schärding - zu werten, als straferschwerend ist kein Umstand zu berücksichtigen.
In Anbetracht sämtlicher aufgezeigter Umstände erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe in der Höhe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag) tat- und schuldangemessen und in der festgesetzten Höhe erforderlich, um den Berufungswerber wirksam von weiteren einschlägigen Tatbegehungen abzuhalten. Die Geldstrafe liegt noch an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens (mögliche Höchststrafe 726 Euro - § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960), sodass eine Herabsetzung nicht in Betracht kommt. Es war folglich spruchgemäß zu entscheiden.
Zu II.:
Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.
Dr. Michael K e i n b e r g e r
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