Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523479/2/Bi/Ka

Linz, 03.06.2013

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn x, vom 7. Mai 2013 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau/Inn vom 22. April 2013, VerkR21-187-2013BR, wegen Entziehung der Lenkberechtigung ua, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochten Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 2 Abs.3 Z7, 3 Abs.1, 7 Abs.3 Z4, 24 Abs.1 Z1, 26 Abs.3 Z1, 29 Abs.2 Z1 FSG die von der Bezirkshauptmannschaft Braunau/I. am 20. Jänner 2011 zu GZ: 11/022173 für die Klassen  AM und B erteilte Lenkberechtigung für die Dauer von zwei Wochen entzogen und ihm für die Dauer der Entziehung das Recht, von einem ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, aber­kannt. Weiters wurde ihm gemäß § 4 Abs.3 und 7 FSG aufgetragen, sich einer Nachschulung bei einer vom Landeshauptmann ermächtigten Stelle auf seine Kosten innerhalb von vier Monaten, gerechnet ab Bescheidzustellung, zu unterziehen, wobei der Umfang der Nachschulung mindestens fünf Gruppen­sitzungen zu insgesamt 15 Kurseinheiten sowie eine Fahrprobe, die hinsichtlich des Aufwandes einer Gruppensitzung von insgesamt drei Kurseinheiten entspricht, zu umfassen habe. Außerdem wurde er gemäß § 4 Abs.5 FSG aufge­fordert, innerhalb von vier Monaten, gerechnet ab Bescheidzustellung, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen und sich vor der abschließenden Erstellung des Gutachtens einer verkehrspsychologischen Untersuchung bei einer hierzu ermächtigten Stelle zu unterziehen. Gemäß § 29 Abs.3 FSG wurde die unverzügliche Ablieferung des Führerscheins bei der Behörde bzw der für ihn zuständigen Polizeiinspektion angeordnet – der Führerschein wurde laut Bericht von x, PI Friedburg-Lengau, bereits am 25. April 2013 bei der Bescheidzustellung eingezogen. Gemäß § 64 Abs.2 AVG wurde die aufschiebende Wirkung einer allenfalls gegen den Bescheid einzubringenden Berufung im Inter­esse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug ausgeschlossen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 25. April 2013.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er sei mit dem Firmenfahrzeug x gefahren und habe auf einmal gemerkt, dass während des Fahrens das Gaspedal hängengeblieben sei. Er habe es nochmals betätigt um es rückgängig zu machen, dabei sei er in eine Verkehrskontrolle eingefahren. Er habe sofort in der Firma (TSP) angerufen, um den Defekt bekanntzugeben. Der Mangel sei repariert worden – dazu verweist er auf eine Bestätigung der x über ein „Ölservice am 25.4.2013 beim km-Stand von 247.281, Gasführung + Seilrep., li + re Traggelenk ern.“. Weiters vorgelegt wurde ein Schreiben der x, vom 8. Mai 2013, wonach der Bw im „März 13“  mit einem Firmenfahrzeug in Richtung Salzburg unterwegs gewesen und laut ihm während der Fahrt beim Fahrzeug das Gaspedal hängengeblieben sei; laut Werkstatt sei dieser Mange bestätigt worden. Der Bw beantragt Bescheid­auf­hebung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind. Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z4 FSG zu gelten, wenn jemand die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde.

 

Der Bw wurde mit rechtskräftiger Strafverfügung des Bezirkshauptmannes von Salzburg-Umgebung vom 14. März 2013, GZ: 30308-369/32526-2013, einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52 lit.a Z10 lit.a iVm 99 Abs.2e StVO 1960 schuldig erkannt und bestraft, weil er am 9. März 2013, 16.23 Uhr, im Gemeinde­gebiet x, auf der Lx x Landesstraße bei km 17.950 in Fahrtrichtung Salzburg als Lenker des Kfz x die durch Straßen­verkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchst­geschwin­digkeit von 60 km/h um 56 km/h überschritten hat; die in Betracht kommende Messtoleranz wurde dabei bereits zu seinen Gunsten abgezogen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung eine Bindungs­wirkung der Berufungsinstanz im Führerscheinentziehungsverfahren an rechts­kräftige Strafbescheide in Verfahren wegen der der Entziehung wegen mangeln­der Verkehrszuverlässigkeit zugrundezulegenden Verwaltungsüber­tre­tun­gen, die die Grundlage für die Annahme einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z4 FSG bilden, insofern bejaht, als sich die Bindung jedenfalls auf den (im Strafbescheid rechtskräftig festgestellten) Umstand be­zieht, dass der Beschuldigte eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen hat und diese Über­schreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde (vgl VwGH 24.2.2009, 2007/11/0042; 27.1.2005, 2003/11/0169; 13.8.2003, 2002/11/0023; 20.9.2001, 2001/11/0237; 23.4.2002, 2002/11/0063; 8.8.2002, 2001/11/0210; 26.11.2002, 2002/11/0083; 25.11.2003, 2003/11/0200; 6.7.2004, 2004/11/0046, jeweils mit Vorjudikatur; uva).

Diese Bindungswirkung besteht nach der Rechtsprechung des VwGH nicht in Ansehung des Ausmaßes der Geschwindigkeitsüberschreitung (vgl E 24.2.2009, 2007/11/0042; 23.5.2003, 2003/11/0127; 27.1.2005,2003/11/0169; uva).

 

Laut Anzeige des Ml x, PI Obertrum, vom 11.3.2013 erfolgte die Geschwindigkeitsfeststellung mittels zuletzt vorher am 15.1.2010 geeichtem Lasermessgerät TruSpeed Nr.3229 vom Standort bei km 17.69 aus auf eine Entfernung von 265 m, wobei der Messwert 120 km/h betrug. Davon sind 3 % vom Messwert – hier aufgerundet 4 km/h – abzuziehen, was 116 km/h bei erlaubten 60 km/h und somit eine Überschreitung der erlaubten Höchst­geschwindigkeit um 56 km/h ergibt. Diesen Geschwindigkeitswert hat der Bw laut Anzeige bei der Anhaltung nicht abgestritten, sondern sich damit verantwortet, er habe es eilig – von einem „klemmenden Gaspedal“, das ein Anlass für eine sofortige technische Überprüfung gemäß § 58 KFG, wenn nicht ein sofortiges Abstellen des Kfz, gewesen wäre, war demnach offensichtlich keine Rede. Die Strafverfügung wurde laut Rsa-Rückschein am 19. März 2013 durch Hinterlegung zugestellt und erwuchs in Rechtskraft, zumal dagegen trotz umfangreicher Rechtsmittel­belehrung kein Einspruch erhoben wurde.

 

Nach Übermittlung der rechtskräftigen Strafverfügung von der Tatortbehörde leitete die Wohnsitzbehörde des Bw als Erstinstanz das ggst Verfahren mit Schreiben an den Bw vom 15. April 2013 ein. Erstmals im Schreiben vom 18. April 2013 behauptete der Bw den technischen Mangel des Firmenfahrzeuges; allerdings bezog sich die „Bestätigung“ der x auf den 25. April 2013, dh das Kfz wäre demnach seit 9. März 2013 annähernd zwei Monate mit einem klemmenden Gaspedal unterwegs gewesen. 

Das vom Bw in der Berufung vom 7. Mai 2013 wiederholte Argument, die Geschwindigkeitsüberschreitung sei nicht auf sein Verschulden zurückzuführen, sondern auf einen technischen Mangel des Firmenfahrzeuges, hätte somit bereits in einem Einspruch gegen die Strafverfügung vorgebracht werden müssen. Aufgrund der oben zitierten Bindungswirkung war seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates davon auszugehen, dass der Bw eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z4 FSG verwirklicht hat, sodass die Lenkberechtigung wegen Verkehrsunzuverlässigkeit zu entziehen war.   

 

Gemäß § 26 Abs.3 FSG hat die Entziehungsdauer im Falle der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs.3 Z4 genannten Übertretung – sofern die Übertretung nicht geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder nicht mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wurde (§ 7 Abs.3 Z3) oder auch eine Übertretung gemäß Abs.1 oder 2 vorliegt –

1. zwei Wochen,

2. wenn die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 60 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 70 km/h überschritten wurde, sechs Wochen,

3. wenn die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 80 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 90 km/h überschritten wurde, drei Monate zu betragen.

Bei wiederholter Begehung einer derartigen Übertretung innerhalb von zwei Jahren hat die Entziehungsdauer, sofern in keinem Fall eine Qualifizierung im Sinne der Z2 oder 3 gegeben ist, sechs Wochen, sonst mindestens sechs Monate zu betragen. Eine nach Ablauf von zwei Jahren seit der letzten Begehung begangene derartige Übertretung gilt als erstmalig begangen.

 

Damit war, wie vom Gesetzgeber vorgesehen, dem Bw die Lenkberechtigung für die Dauer von zwei Wochen zu entziehen.

 

Der Bw ist nach Erwerb seiner Lenkberechtigung am 5. Mai 2009 Inhaber eines Probeführerscheins, zumal die an sich zwei Jahre ab Erteilung dauernde, beim Bw aber wegen Entziehung wegen strafgerichtlicher Verurteilung von 19.1.2010 bis 19.1.2011 und wegen Nichtbefolgung der Anordnung einer Nachschulung wegen Geschwindigkeitsüberschreitung verlängerte Probezeit bis 5. Mai 2013 erweitert wurde, dh er befand sich am 6. März 2013 in der Probezeit.

 

Gemäß § 4 Abs.3 FSG ist, wenn der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der Probezeit einen schweren Verstoß (Abs.6) begeht oder gegen die Bestimmung des Abs.7 – nicht mehr als 0,1 %o Alkoholgehalt im Blut oder 0,05 mg/l in der Atemluft – verstößt, von der Behörde unverzüglich eine Nachschulung anzu­ordnen, wobei die Rechtskraft der Bestrafung wegen eines schweren Verstoßes abzuwarten ist. Berufungen gegen die Anordnung der Nachschulung haben keine aufschiebende Wirkung. Mit der Anordnung einer Nachschulung verlängert sich die Probezeit jeweils um ein weiteres Jahr oder es beginnt eine neuerliche Probezeit von einem Jahr, wenn die Probezeit in der Zeit zwischen der Deliktsetzung und der Anordnung der Nachschulung abgelaufen ist; die Verlängerung oder der Neubeginn der Probezeit ist von der Wohnsitzbehörde dem Führerscheinregister zu melden und in den Führerschein einzutragen. Der Besitzer des Probeführerscheines hat diesen bei der Behörde abzuliefern, die Behörde hat die Herstellung eines neuen Führerscheines gemäß § 13 Abs.6 in die Wege zu leiten.

Gemäß § 4 Abs.5 FSG hat die Behörde, wenn der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der dritten Verlängerung der Probezeit einen neuerlichen Verstoß gemäß Abs.6 oder 7 begeht, das Vorliegen der gesundheitlichen Eignung mittels eines amtsärztlichen Gutachtens abzuklären und dafür eine verkehrs­psycho­lo­gische Untersuchung anzuordnen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 4 Abs.6 Z2 lit.a FSG gilt eine mit technischen Hilfsmitteln festgestellte Überschreitung einer ziffernmäßig festgesetzten erlaubten Höchstgeschwindigkeit im Ausmaß von mehr als 20 km/h im Ortsgebiet als schwerer Verstoß gemäß § 4 Abs.3 FSG.

 

Auf dieser Grundlage erfolgte – gesetzlich vorgesehen und nicht im Ermessen der Behörde liegend – sowohl die Entziehung der Lenkberechtigung für die Dauer von zwei Wochen als auch die Anordnung der Nachschulung und die Anordnung der Beibringung eines amtsärztliche Gutachtens sowie der verkehrspsychologischen Untersuchung.

 

Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß dieser Bestimmung im Fall des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf Grund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug immer  geboten (vgl VwGH v 20.2.1990, 89/11/0252, uva).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

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