Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531327/24/Wg/GRU

Linz, 08.05.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung der x, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 25.1.2013, Gz. GE BA-46/2012, betreffend Erteilung einer gewerbebehördlichen Genehmigung (mitbeteiligte Partei: x) zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der bekämpfte Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass zusätzlich folgende Auflagen vorgeschrieben werden:

1.      Wird während der Bauphase die Abschaltung der Leitung erforderlich, so ist dies bei der x rechtzeitig (mindestens 4 Wochen vor der beabsichtigten Abschaltung) zu beantragen.

2.    Die x hat der x einen Baustellenverantwortlichen zu nennen, der von der x sicherheitstechnisch unterwiesen wird. Mindestens 4 Wochen vor Baubeginn ist die x zum Zwecke der sicherheitstechnischen Unterweisung zu verständigen.

3.   Eine Bestätigung über die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen, sowie Normen und Vorschriften (insbesondere Ö-VE/Ö-Norm EN 50341, Ö-VE/Ö-Norm EN 50110, sowie Ö-VE/Ö-Norm E 8850) unter Bezug auf die Stellungnahme des x vom 26.3.2013 ist nach Fertigstellung der Behörde vorzuweisen.

4.   Eine Bestätigung ist nach Fertigstellung der Behörde vorzuweisen, dass keine Änderung an der Leitungsanlage im Zuge der Baumassnahmen, unter Bezug auf die Stellungnahme des x vom 26.3.2013, erforderlich war.

5.    Großflächige Metallteile (metallene Dachrinnen, Blecheinfassungen, Blechdächer, Metallverkleidungen, Metallfassaden und dgl.) müssen, sofern sie innerhalb des von der x geforderten 30m Streifens beidseitig der Leitungsachse der Hochspannungsleitung vorhanden sind, jeweils an mind. 2 Stellen geerdet werden bzw. sind in den Potenzialausgleich mit einzubeziehen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), § 77 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994 (GewO)

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Auf Grund des vorgelegten Aktes, der Ausführungen im Berufungsschriftsatz und der ergänzenden Erhebungen des UVS steht folgender Sachverhalt fest:

 

Die mitbeteiligte Partei betreibt im Standort x, x, auf dem Grst.Nr. x, KG. x, eine gewerbebehördlich genehmigte Betriebsanlage.

 

Die Berufungswerberin im (Folgenden: Bw) ist Servitutsberechtigte an diesem Grundstück ("Dienstbarkeit der Duldung einer elektrischen Leitung"). Auf Grundlage dieser Dienstbarkeit betreibt sie Mast Nr.: x -Leitung x – x.

 

Mit Eingabe vom 15.7.2012 beantragte die mitbeteiligte Partei beim Bürgermeister der Stadt Steyr (im Folgenden: belangte Behörde) die Erteilung einer gewerbebehördlichen Änderungsgenehmigung. Gemäß dem eingereichten Projekt soll die Werkstatt der mitbeteiligten Partei Richtung Osten erweitert werden.

 

Die belangte Behörde leitete dazu das Ermittlungsverfahren ein und führte am 20.9.2012 eine mündliche Verhandlung durch. Der gewerbetechnische Amtssachverständige hielt in dieser mündlichen Verhandlung fest, dass zum Schutze der im § 74 Abs. 2 GewO festgehaltenen Interessen näher genannte Auflagen einzuhalten wären. Auf Grund des in der Verhandlung erstatteten Vorbringens der Bw holte die belangte Behörde zudem die gutachtliche Stellungnahme des ASV für Elektrotechnik vom 5.10.2012 ein.

 

Infolge der Stellungnahme des ASV für Elektrotechnik ergänzte die mitbeteiligte Partei ihre Projektsunterlagen um die "Brandschutztechnische Beurteilung/ Brandsimulationsberechnung" vom 13.12.2012 im Hinblick auf die Heißgasbeaufschlagung im Brandfall der 110 Kv-Leitung der Berufungswerberin.

 

Nachdem die belangte Behörde den gewerbetechnischen Amtssachverständige mit dieser Brandsimulationsberechnung befasst hatte, gab sie dem Ansuchen der mitbeteiligten Partei mit Bescheid vom 25.1.2013, Gz. GE BA-46/2012, Folge und erteilte die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung gem. den Bestimmungen der §§ 81, 333 und 359 der Gewerbeordnung sowie § 93 ArbeitnehmerInnen­schutzgesetz. Als Auflagen wurden die vom gewerbetechnischen Amtssachverständigen und vom Arbeitsinspektorat vorgeschlagenen Auflagen vorgeschrieben.

 

Dagegen richtet sich die Berufung vom 11.2.2013. Die Bw stellt darin den Antrag, die Berufungsbehörde wolle den angefochtenen Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 25.1.2013 dahingehend abändern, dass die in der Stellungnahme der x vom 20.9.2012 enthaltenen und in Pkt. 5 dieser Berufung aufgelisteten Auflagen in den Spruch aufgenommen und der mitbeteiligten Partei auferlegt werden; in eventu: den Bescheid aufheben, das Verfahren an die erste Instanz zurückverweisen und nach erneuter Durchführung des Verfahrens erster Instanz einen neuen Bescheid erlassen, in dessen Spruch die in der Stellungnahme der x vom 20.9.2012 enthaltenen Auflagen aufgenommen werden. Begründend führte sie unter Hinweis auf die eingangs erwähnte Dienstbarkeit aus, dass damit ihre direkte Betroffenheit sowie das rechtliche Interesse an den zu erteilenden Auflagen nachgewiesen und die Bw im ggst. gewerbebehördlichen Verfahren als Partei zu qualifizieren sei. Die Aufnahme der – in der Berufung konkret genannten – Auflagen wurde damit begründet, dass die Bw als regelzonenführender Netzbetreiber gesetzlich dazu verpflichtet sei, für die Sicherheit der von ihr betriebenen Übertragungsnetze zu sorgen sowie die Versorgungssicherheit mit elektrischer Energie in der Regelzone zu gewährleisten. Insbesondere verlangte sie die Beiziehung eines elektrotechnischer Amtssachverständigen.

 

Die belangte Behörde legte den Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.

 

Der UVS holte entsprechend dem Berufungsvorbringen eine weitere gutachtliche Stellungnahme des Amtssachverständigen für Elektrotechnik ein. Dieser führte in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 26.3.2013, Gz. UBAT-040005/2152-2013Bra/Pul, aus: "Die mit Schreiben vom 5.10.2012 geforderte brandschutztechnische Beurteilung vom 13.12.2012 "Brandgefahren- und Risikoanalyse" liegt nunmehr dem damals befassten elektrotechnischen Amtssachverständigen vor und ergibt im Wesentlichen beim Brandszenario "Brand: Werkstatt" um das nächstgelegene Leiterseil der in Rede stehenden 110 Kv-Leitungsanlage – x zwischen Mast x und x eine Umgebungstemperatur bis zu nominell 55o C nach 35 Minuten Brandeinwirkungsdauer. Berücksichtigt man verbindlich erklärte Leitungsbauvorschriften für Starkstromfreileitungen über 1 kV (hier ÖVE-L11/1979 bzw. ÖVE/ÖNORM EN 50341), so darf gemäß § 11.7 dieser erstgenannten Vorschrift beim bestimmungsgemäßen Betrieb der Leitungsanlage durch den höchsten Betriebsstrom die Aluminiumleiterseile und seine Legierungen nur bis 80 °C erwärmt werden. Steigt die Leiterseiltemperatur über diesen Grenzwert, so ist aus werkstofftechnischen Gründen eine Abschaltung notwendig. Die Luftausgangstemperatur beträgt dabei aufgrund dieser Vorschriftenlage 35° C. Für höhere Luftausgangstemperaturen (z.B. durch Brandauswirkungen) ist aufgrund einer Umrechnungsformel gemäß § 11.7 (11-1) mit einer Reduzierung der zulässigen Dauerstromstärke zu rechnen. Konkret ergibt 55° C Umgebungstemperatur durch Brand eine Reduktion um das 0,745-fache der zulässigen Dauerstromstärke bzw. der elektrizitätsrechtlich genehmigte Betriebsumfang der Leitungsanlage hinsichtlich Übertragungsfähigkeit kann nur zu rund 75 % der höchstzulässigen Dauerstromstärke für den Stromtransport ausgenützt werden. Die vom x tunlichst vorgeschlagenen und umzusetzenden brandschutztechnischen Maßnahmen wurden vom gewerbetechnischen Amtssachverständigen x als Auflagen im Betriebsanlagenverfahren übernommen. Aus elektrotechnischer Sicht ergibt sich unter Berücksichtigung der besonderen örtlichen und sachlichen Verhältnisse zwar keine Gefährdung der Leitungsanlage, aber durch die 55° C Umgebungstemperatur entsteht eine Reduktion der zulässigen Dauerstromstärke im Brandfall und eine Beeinträchtigung einer öffentlichen und wichtigen 110 kV-Stromtransporteinrichtung für den Großraum x ist somit gegeben. Ob brandschutztechnische Optimierungspotentiale beim gegenständlichen Objekt im Schutz­streifen der 110 kV-Hochspannungsfreileitung noch Verbesserungen hinsichtlich Beeinträchtigung der Leitungsanlage herbeiführen können, sollte durch einen Experten auf dem Gebiete des Brandschutzes geprüft werden; der Unterfertigte ist dazu fachlich nicht zuständig."

 

Auf Grundlage der Stellungnahme des Amtssachverständigen für Elektrotechnik beauftragte der UVS die belangte Behörde gem. § 66 Abs. 1 AVG ein ergänzendes Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen einzuholen. Dieser erstattete in der Stellungnahme vom 11.4.2013 folgendes Gutachten:

"1. Die Bedingungen und Auflagen im Bescheid vom 25.1.2013 mit Zl. GE BA-46/2012 bleiben unverändert aufrecht.

2. Eine Bestätigung über die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen, sowie Normen und Vorschriften (insbesondere Ö-VE/Ö-Norm EN 50341, Ö-VE/Ö-Norm EN 50110, sowie Ö-VE/Ö-Norm E 8850) unter Bezug auf die Stellungnahme des ASV DI x vom 26.3.2013 ist nach Fertigstellung der Behörde vorzuweisen. Bei Einhaltung dieser sind keine weiteren und zusätzlichen Vorschreibungen aus sicherheitstechnischer Sicht notwendig.

3. Eine Bestätigung ist nach Fertigstellung der Behörde vorzuweisen, dass keine Änderung an der Leitungsanlage im Zuge der Baumassnahmen, unter Bezug auf die Stellungnahme des x vom 26,3.2013, erforderlich war.

4. Großflächige Metallteile (metallene Dachrinnen, Blecheinfassungen, Blechdächer, Metallverkleidungen, Metallfassaden und dgl.) müssen, sofern sie innerhalb des geforderten 30m Streifens beidseitig der Leitungsachse der Hochspannungsleitung vorhanden sind, jeweils an mind. 2 Stellen geerdet werden bzw. sind in den Potenzialausgleich mit einzubeziehen. Eine ergänzende Vorschreibung erscheint dann aus sicherheitstechnischer Sicht nicht notwendig."

 

Weiters befasste der UVS das Arbeitsinspektorat mit den Ausführungen des Berufungsschriftsatzes. Das AI teilte dazu mit Schreiben vom 10.4.2013 mit, dass seitens des Arbeitsinspektorates über die im bekämpften Bescheid formulierten Auflagen keine zusätzlichen Auflagen erforderlich sind.

 

Der UVS teilte daraufhin den Verfahrensparteien mit, dass beabsichtigt ist, die Berufung abzuweisen, gleichzeitig aber die vom gewerbetechnischen Amtssachverständigen in der Stellungnahme vom 11.4.2013 vorge­schlagenen Auflagen sowie die im Spruch der Berufungsentscheidung angeführten Vorgaben betreffend Abschaltung der Leitung und Bestellung eines Baustellenverantwortlichen vorzuschreiben.

 

Die mitbeteiligte Partei und die Bw nahmen dies zustimmend zur Kenntnis.

 

2. Der Verwaltungssenat hat dazu erwogen:

 

Da der relevante Sachverhalt bereits nach der Aktenlage und auf Grund der ergänzenden Ermittlungen feststeht, war eine mündliche Verhandlung gem. § 67d Abs. 1 AVG nicht erforderlich.

 

Der Amtssachverständige für Elektrotechnik wies in seiner Stellungnahme vom 26.3.2013 darauf hin, dass bei einer 55o C Umgebungstemperatur durch Brand der Betriebsumfang der Leitungsanlage nur zu rund 75 % ausgenützt werden kann. Er empfahl, ein Experte auf dem Gebiet des Brandschutzes solle Optimierungspotentiale prüfen.

 

Nun ist eine Gefährdung einer Dienstbarkeit im Sinn des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO  nur dann gegeben, wenn deren sinnvolle Nutzung wesentlich beeinträchtigt wird. Dies setzt voraus, dass die Dienstbarkeit in ihrer Substanz bedroht wird, indem ihre bestimmungsgemäße Nutzung auf Dauer unmöglich gemacht wird (vgl. VwGH vom 30.6.2004, Gz. 2002/04/0019).

 

Die vom elektrotechnischen Amtssachverständigen aufgezeigte Beeinträchtigung ist zeitlich beschränkt nur im Brandfall zu erwarten und macht die Nutzung nicht auf Dauer unmöglich. Die mitbeteiligte Partei kann daher gem. der GewO nicht verpflichtet werden, weitere Optimierungspotentiale prüfen zu lassen. Die Bw ist bezüglich der möglichen Beeinträchtigungen im Brandfall gemäß § 357 GewO auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.

 

Selbst wenn der Bw als Leitungsträger folglich kein subjektiv öffentliches Recht auf weitere Vorschreibungen zukommt, muss die Gewerbebehörde amtswegig überprüfen, ob die geäußerten sicherheitstechnischen Bedenken eine Beeinträchtigung sonstiger Schutzinteressen im Sinn des § 74 Abs. 2 GewO (bspw von Kunden) befürchten lassen. Wie die Erhebungen (insb die ergänzende Stellungnahme des gewerbetechnischen ASV vom 11.4.2013) zeigte, waren hier weitere Vorschreibungen erforderlich. Diese wurden von den Verfahrensparteien zustimmend zur Kenntnis genommen.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

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