Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560246/2/Kl/TK

Linz, 07.05.2013

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung der Frau x, vertreten durch x KG, Rechtsanwälte – Strafverteidiger, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 21.2.2013, SO10-692784-He-Br, wegen Verpflichtung zum Kostenersatz für die Heimunterbringung von Frau x im Haus für Senioren x zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§  45, 49 und 66 Abs.3 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 – Oö. SHG 1998, LGBl. Nr. 82/1998 i.d.F. LGBl. Nr. 74/2011

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 21.2.2013, SO10-692784-He-Br, wurde über Ersuchen des Sozialhilfeverbandes Braunau vom 14.11.2012 betreffend Festsetzung eines Kostenersatzes für die Heimunterbringung von x im Seniorenheim x ausgesprochen, dass Frau x dem Sozialhilfeverband Braunau am Inn für die Heimunterbringung von Frau x im Seniorenheim x ab 1.9.2012 einen Kostenersatz von 200 Euro pro Monat zu leisten hat. Die Entscheidung stützt sich auf §§ 45, 49 und 52 Oö. Sozialhilfegesetz 1998.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die ersatzlose Behebung beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Behörde rechtsirrig davon ausgehe, dass aufgrund des § 49 Oö. SHG allfällig vertraglich festgesetzte Ansprüche zwischen Frau x und ihrer Tochter x für den Zeitraum der Leistung von sozialer Hilfe bis zur Höhe der aufgewendeten Kosten auf den Träger der sozialen Hilfe übergehen. Die Berufungswerberin falle nämlich unter den Ausnahmetatbestand des zweiten Satzes des § 49 Abs. 1 Oö. SHG. § 49 Abs. 1 Satz 2 Oö. SHG 1998 nehme ausdrücklich Ansprüche auf laufende Ausgedingeleistungen gegenüber Kindern und Enkelkindern und deren jeweiligen Ehegatten oder eingetragenen Partnerinnen oder Partnern aufgrund eines Übergabsvertrages von der Kostenersatzpflicht aus, sofern Hilfe in einer stationären Einrichtung oder nach Vollendung des 60. Lebensjahres geleistet wurde. Von einer Einschränkung auf landwirtschaftliche Übergaben sei keine Rede und wäre eine solche Einschränkung auch nicht sachgerecht. Auch liege die Behörde insofern falsch, als diese vermeine, dass der Verzicht der Übergeberin auf die Zahlung eines Ablösebetrages im Falle des Wegzuges der Übergeberin in ein Alten- oder Pflegeheim aus Gründen von Alter und Gebrechlichkeit für das entfallende Wohnungsrecht und die Pflegeleistungen in keiner Verbindung mit den ausbedungenen Leistungen stünde. Vielmehr solle nach dem Vertrag vom 17.12.1999 die Übernehmerin eben nicht mehr für Pflegeleistungen aufkommen, wenn die Übergeberin aus Gründen von Alter und Gebrechlichkeit in ein Alten- oder Pflegeheim ziehen müsse. Es sei zum Ausdruck gebracht, dass in jenem Fall auch das Wohnungsrecht ersatzlos entfalle. Schließlich wurde darauf hingewiesen, dass der Übergang der Ansprüche auf den Träger sozialer Hilfe erst ab jenem Zeitpunkt erfolgt, ab dem dieser dem Dritten hievon schriftlich Anzeige erstattet hat. Im gegenständlichen Bescheid ist nicht festgehalten, ob und wenn ja, wann hier eine Verständigung gegenüber x erfolgt wäre, sodass auch aus diesem Grund die Verfällung in den Kostenersatz rückwirkend ab 1.9.2012 zu Unrecht erfolgt sei.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt.

 

4. Weil der Sachverhalt ausreichend geklärt ist, eine Verhandlung nicht beantragt wurde und der angefochtene Bescheid aufzuheben war, entfällt eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 67d AVG.

 

4. Aufgrund der Akteneinsichtnahme steht fest, dass mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 17. August 2012 Frau x Hilfe in stationären Einrichtungen durch Unterbringung einschließlich der erforderlichen Betreuung und Pflege im Haus für Senioren x ab 9.8.2012 gewährt wurde. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 4.9.2012 wird ab 1.9.2012 soziale Hilfe durch Übernahme des für die Unterbringung im Haus für Senioren x zu leistenden Heimentgeltes gegen teilweisen Rückersatz dieses Heimentgeltes geleistet. Der Rückersatz des Heimentgeltes beträgt 80 % der Pension und sonstiger Einkünfte und bei Gewährung von Pflegegeld 80 % des jeweiligen Pflegegeldes.

Aus dem Übergabevertrag vom 17.12.1999 ergibt sich, dass die Berufungswerberin die Liegenschaft in x, Grundstück Nr. x, jeweils anteilsmäßig von ihrer Mutter x sowie den Geschwistern x, x und x übernimmt und hiefür auf Lebensdauer und unentgeltlich den Eltern ein Wohnrecht sowie Pflege und Betreuung zusichert. Ferner hat sie sich zu einem standesgemäßen würdigen Begräbnis und der unentgeltlichen Beistellung eines Personenkraftwagens verpflichtet.

Mit Eingabe vom 14. November 2012 ersuchte der Sozialhilfeverband Braunau am Inn um bescheidmäßige Vorschreibung des Kostenersatzes für die Unterbringung von Frau x im Haus für Senioren x, weil ein Vergleichsversuch unternommen, ein Vergleich aber nicht zustande gekommen sei.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 – OÖ. SHG 1998, haben für die Kosten für Leistungen sozialer Hilfe, auf die ein Rechtsanspruch besteht, soweit hiefür nicht bereits Kostenbeiträge nach § 9 Abs. 7 geleistet wurden oder solche ausgeschlossen sind, Personen Ersatz zu leisten, denen gegenüber der Empfänger sozialer Hilfe Rechtsansprüche zur Deckung jenes Bedarfes besitzt, der die Leistung sozialer Hilfe erforderlich gemacht hat.

Gemäß § 49 Abs. 1 Oö. SHG 1998 gehen vertraglich oder gerichtlich festgesetzte Ansprüche des Empfängers sozialer Hilfe gegen einen Dritten, die der Deckung jenes Bedarfes dienen, der die Leistung sozialer Hilfe erforderlich gemacht hat, für den Zeitraum, in dem soziale Hilfe geleistet wurde, bis zur Höhe der aufgewendeten Kosten auf den Träger sozialer Hilfe über, sobald dieser dem Dritten hievon schriftlich Anzeige erstattet hat. Dies gilt nicht für Ansprüche auf laufende Ausgedingeleistungen gegenüber Kindern und Enkelkindern und deren jeweiligen Ehegatten aufgrund eines Übergabsvertrages, sofern Hilfe in einer stationären Einrichtung oder nach Vollendung des 60. Lebensjahres geleistet wurde.

Gemäß § 66 Abs. 3 Oö. SHG 1998 entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in zweiter Instanz über Berufungen gegen Bescheide gemäß §§ 28, 44, 52, 61 und 65.

 

5.2. Die Berufungswerberin ist Tochter der Empfängerin sozialer Hilfe, Frau x. Es bestehen Ansprüche auf laufende Leistungen gegenüber der Berufungswerberin aufgrund des Übergabsvertrages vom 17.12.1999.

Es kommt daher die Ausnahmeregelung des § 49 Abs. 1 2. Satz Oö. SHG 1998 zur Anwendung.

Zum Übergang von Rechtsansprüchen gemäß § 49 Abs. 1 Oö. SHG 1998 ist aber grundsätzlich Folgendes auszuführen:

§ 49 Abs. 1 Satz 1 Oö. SHG 1998 sieht vor, dass vertraglich oder gerichtlich festgesetzte Ansprüche des Empfängers sozialer Hilfe gegen einen Dritten, wie z.B. auch Ansprüche aus Übergabsverträgen, wenn die Ansprüche der Deckung jenes Bedarfes dienen, der die Leistung sozialer Hilfe erforderlich gemacht hat, auf den Träger sozialer Hilfe übergehen, sobald dieser dem Dritten hievon schriftlich Anzeige erstattet hat. Hiermit hat der Gesetzgeber schon kraft Gesetzes geregelt, dass für den Fall der schriftlichen Anzeige (Geltendmachung) der Ansprüche durch den Sozialhilfeträger an den Dritten die jeweiligen Rechtsansprüche auf den Sozialhilfeträger übergehen. Eines gesonderten Titels, wie z.B. eines Kostenersatzbescheides, bedarf es hiezu nicht. Vielmehr tritt der Sozialhilfeträger in die Rechtsposition des Empfängers sozialer Hilfe und hat er die entsprechenden Rechtsansprüche somit im Zivilrechtsweg geltend zu machen.

Dies hat auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.9.1995, Zl. 94/08/0071, hinsichtlich einer gleichlautenden Regelung nach dem Nö. SHG (§ 43 Nö. SHG) ausgesprochen. "Zur Entscheidung über seine allfällige Verpflichtung zur Leistung an den Sozialhilfeträger aufgrund der nach § 43 Nö. SHG erfolgten Legalzession (und damit auch des Übergangs des Exekutionstitels auf den Sozialhilfeträger) ist aber nicht die Verwaltungsbehörde, sondern das Gericht zuständig (vgl. zur insoweit vergleichbaren Rechtslage nach dem Steiermärkischen Sozialhilfegesetz das Erkenntnis vom 19.9.1984, Zl. 82/11/0199)".

Im Übrigen regeln auch die Materialien zum Oö. SHG 1998 (Beilage 206/1998 der XXV. Gesetzgebungsperiode) zu § 52, dass "über nicht verglichene Ersatzansprüche gemäß §§ 46 – 48 … mit Bescheid abzusprechen ist. Die Geltendmachung von Ansprüchen nach § 49 richtet sich nach der jeweils für den Anspruch maßgeblichen Rechtsgrundlage."

 

Es ist daher die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn im Grund des § 49 Abs. 1 Oö. SHG 1998 zur Erlassung eines Kostenersatzbescheides nicht zuständig.

Schließlich ist jedoch darauf hinzuweisen, dass im gesamten Akt eine schriftliche Anzeige des Trägers sozialer Hilfe gegenüber dem Dritten (der Berufungswerberin) über den Übergang von Rechtsansprüchen nicht zu entnehmen ist. Auch erfolgt der Übergang von Rechtsansprüchen gemäß § 49 Abs. 1 Oö. SHG 1998 erst ab schriftlicher Anzeigenerstattung. Eine rückwirkende Beanspruchung ist gesetzlich nicht vorgesehen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung: Legalzession, keine Zuständigkeit zu Kostenersatzbescheid; Ausnahme für Kinder

 

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