Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560251/2/Kl/TK

Linz, 28.05.2013

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn x, x, vertreten durch x, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 26. Februar 2013, SO10-688314-He-Br, wegen Verpflichtung zum Kostenersatz für die Heimunterbringung von Frau x im Seniorenheim x zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 45, 49 und 66 Abs. 3 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 – Oö. SHG 1998, LGBl. Nr. 82/1998 idF. LGBl. Nr. 74/2011

 

Entscheidungsgründe:

 

1.           Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 26.2.2013, SO10-688314-He-Br, wurde über Ersuchen des Sozialhilfeverbandes Braunau am Inn vom 15.11.2012 betreffend Festsetzung eines teilweisen Ersatzes für die Heimunterbringung von Frau x im Seniorenheim x ausgesprochen, dass die im Übergabevertrag vom 6.5.2004, GZ. 271524/2004/AM, iVm mit dem Vertrag vom 14.6.1972, GZ. 4061451/72N/B, vereinbarten Rechtsansprüche zugunsten der Frau x mit Wirkung vom 1.8.2012 auf den Sozialhilfeverband Braunau übergehen, und Herr x aufgrund der Bewertung der Rechtsansprüche dem Sozialhilfeverband Braunau am Inn ab 1.8.2012 monatlich 350 Euro pro Monat als Ersatz für die Heimunterbringung von Frau x im Seniorenheim x zu leisten hat. Die Entscheidung stützt sich auf §§ 45, 49 und 52 Oö. Sozialhilfegesetz 1998.

 

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die ersatzlose Behebung beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass der Berufungswerber der Enkel von Frau x sei und daher der Ausnahmetatbestand von Satz 2 des § 49 Abs. 1 Oö. SHG für ihn zutreffe. Auch gehe aus den Übergabsverträgen eindeutig hervor, dass es sich bei den Liegenschaften x und EZ 11,  beide KG x, um bäuerliches Gut, das landwirtschaftlich genutzt werde, handle. Der Berufungswerber habe sohin eine Landwirtschaft übernommen und werden die Flächen weiterhin landwirtschaftlich bearbeitet. Auch habe Frau x zunächst mit dem Vertrag vom 14.6.1972 die Liegenschaften an ihre Tochter x übergeben, wobei zu diesem Zeitpunkt nicht einmal das Oö. Sozialhilfegesetz 1973 in Kraft gewesen sei, und daher Herr x nicht Vertragspartner von Frau x sei. Ihn treffe auch keine Zahlungsverpflichtung. Auch enthalte der Vertrag lediglich Sachleistungen, keine Geldleistungen, und sei daher mit dem Auszug von Frau x von einem Verzicht auf ihre Rechte auszugehen. Auch werde die vom Sozialhilfeverband vorgenommene Bewertung bestritten. Schließlich wurde vorgebracht, dass der Übergang der Ansprüche auf den Träger sozialer Hilfe erst ab dem Zeitpunkt erfolge, ab dem dieser dem Dritten hievon schriftlich Anzeige erstattet habe. Im gegenständlichen Bescheid sei nicht festgehalten ob und wenn ja, wann hier eine Verständigung gegenüber x erfolgt wäre, sodass aus diesem Grund die Verfällung in den Kostenersatz rückwirkend ab 1.8.2012 zu Unrecht erfolgt sei.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt.

 

4. Weil der Sachverhalt ausreichend geklärt ist, eine Verhandlung nicht beantragt wurde und der angefochtene Bescheid aufzuheben war, entfällt eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 67 d AVG.

 

4.1. Aufgrund der Aktenlage steht als erwiesen fest, dass mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 26. April 2012 Frau x Hilfe in stationären Einrichtungen durch Unterbringung einschließlich der erforderlichen Betreuung und Pflege im Seniorenheim x ab 23.4.2012 gewährt wurde. Nach Austritt am 15.5.2012 wurde mit neuerlichem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 22.6.2012 ab 20.6.2012 Hilfe in stationären Einrichtungen durch Unterbringung einschließlich der erforderlichen Betreuung und Pflege im Seniorenheim x gewährt. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 6.8.2012 wird ab 1.8.2012 soziale Hilfe durch die Übernahme des für die Unterbringung im Seniorenheim x zu leistenden Heimentgeltes gegen teilweisen Rückersatz dieses Heimentgeltes geleistet. Der Rückersatz des Heimentgeltes beträgt 80 % der Pension und sonstiger Einkünfte und bei Gewährung von Pflegegeld 80 % des jeweiligen Pflegegeldes.

Mit Übergabsvertrag vom 14.6.1972 haben x und x den land- und fortwirtschaftlichen Betrieb mit x, x, „x“, x, und x, x, „x“, x, an die Tochter bzw. Stieftochter x und ihren Ehegatten x je zur Hälfte übergeben und wurde dabei u.a. im Punkt 5 ein Ausgedinge, nämlich insbesondere Wohnung in x, Verpflegung, Taschengeld und Versorgung ausbedungen. Im Fall des Ablebens eines Übergebers vermindert sich das Ausgedinge um ein Drittel.

Mit Übergabsvertrag vom 14.5.2004 hat Frau x ihrem Sohn x den land- und fortwirtschaftlichen Betrieb, x und x, ausgenommen Grundstück x Baufläche, ins Eigentum übertragen und sich einen Fruchtgenuss an Teilen der x, Pflege und Betreuung, Begräbnis und Grabstätte sowie ein Holzbezugsrecht ausbedungen. Überdies wurden ausdrücklich die Belastungen auf x (Ausgedinge für Frau x) und auf x (Gebrauch der Wohnung und Ausgedinge für Frau x gemäß Punkt 5 des Übergabevertrags vom 14.6.1972) vom Übernehmer übernommen und es sind diese Belastungen auch im Grundbuchsauszug (aufrecht) ersichtlich.

Mit Eingabe vom 15.11.2012 ersuchte der Sozialhilfeverband Braunau am Inn um bescheidmäßige Vorschreibung des Kostenersatzes. Ein Vergleichsversuch wurde seitens der Behörde unternommen, ein Vergleich kam jedoch nicht zustande.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 Oö. SHG 1998 – Oö. SHG 1998, haben für die Kosten für Leistungen sozialer Hilfe, auf die ein Rechtsanspruch besteht, soweit hiefür nicht bereits Kostenbeiträge nach § 9 Abs. 7 geleistet wurden oder solche ausgeschlossen sind, Personen Ersatz zu leisten, denen gegenüber der Empfänger sozialer Hilfe Rechtsansprüche zur Deckung jenes Bedarfes besitzt, der die Leistung sozialer Hilfe erforderlich gemacht hat.

Gemäß § 49 Abs. 1 Oö. SHG 1998 gehen vertraglich oder gerichtlich festgesetzte Ansprüche des Empfängers sozialer Hilfe gegen einen Dritten, die der Deckung jenes Bedarfes dienen, der die Leistung sozialer Hilfe erforderlich gemacht hat, für den Zeitraum, in dem soziale Hilfe geleistet wurde, bis zur Höhe der aufgewendeten Kosten auf den Träger sozialer Hilfe über, sobald dieser dem Dritten hievon schriftlich Anzeige erstattet hat. Dies gilt nicht für Ansprüche auf laufende Ausgedingeleistungen gegenüber Kindern und Enkelkindern und deren jeweiligen Ehegatten aufgrund eines Übergabsvertrages, sofern Hilfe in einer stationären Einrichtung oder nach Vollendung des 60. Lebensjahres geleistet wurde.

Gemäß § 66 Abs. 3 Oö. SHG 1998 entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in zweiter Instanz über Berufungen gegen Bescheide gemäß §§ 28, 44, 52, 61 und 65.

 

5.2. Der Berufungswerber ist Enkel der Empfängerin sozialer Hilfe, Frau x. Aufgrund des Übergabsvertrags vom 14.5.2004 iVm mit dem Übergangsvertrag vom 14.6.1972 bestehen – grundbücherlich eingetragene – Ansprüche gegenüber dem Berufungswerber.

Da aber der Berufungswerber Enkel der Empfängerin sozialer Hilfe ist, kommt die Ausnahmeregelung des § 49 Abs. 1 2. Satz Oö. SHG 1998 zur Anwendung. Schon aus diesem Grunde war daher der angefochtene Bescheid aufzuheben.

 

Zum Übergang von Rechtsansprüchen gemäß § 49 Abs. 1 Oö. SHG 1998 ist aber grundsätzlich Folgendes auszuführen:

§ 49 Abs. 1 Satz 1 Oö. SHG 1998 sieht vor, dass vertraglich oder gerichtlich festgesetzte Ansprüche des Empfängers sozialer Hilfe gegen einen Dritten, wie z.B. auch Ansprüche aus Übergabsverträgen, wenn die Ansprüche der Deckung jenes Bedarfes dienen, der die Leistung sozialer Hilfe erforderlich gemacht hat, auf den Träger sozialer Hilfe übergehen, sobald dieser dem Dritten hievon schriftlich Anzeige erstattet hat. Hiermit hat der Gesetzgeber schon kraft Gesetzes geregelt, dass für den Fall der schriftlichen Anzeige (Geltendmachung) der Ansprüche durch den Sozialhilfeträger an den Dritten die jeweiligen Rechtsansprüche auf den Sozialhilfeträger übergehen. Eines gesonderten Titels, wie z.B. eines Kostenersatzbescheides, bedarf es hierzu nicht. Vielmehr tritt der Sozialhilfeträger in die Rechtsposition des Empfängers sozialer Hilfe und hat er die entsprechenden Rechtsansprüche somit im Zivilrechtsweg geltend zu machen.

Dies hat auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.9.1995, Zl. 94/08/0071, hinsichtlich einer gleichlautenden Regelung nach dem Nö. SHG (§ 43 Nö. SHG) ausgesprochen. „Zur Entscheidung über seine allfällige Verpflichtung zur Leistung an den Sozialhilfeträger aufgrund der nach § 43 Nö. SHG erfolgten Legalzession (und damit auch des Übergangs des Exekutionstitels auf den Sozialhilfeträger) ist aber nicht die Verwaltungsbehörde, sondern das Gericht zuständig (vgl. zur insoweit vergleichbaren Rechtslage nach dem steiermärkischen Sozialhilfegesetz das Erkenntnis vom 19.9.1984, Zl. 82/11/0199)“.

Im Übrigen regeln auch die Materialien zum Oö. SHG 1998 (Beilage 206/1998 der XXV. Gesetzgebungsperiode) zu § 52, dass „über nicht verglichene Ersatzansprüche gemäß §§ 46 bis 48 ... mit Bescheid abzusprechen ist. Die Geltendmachung von Ansprüchen nach § 49 richtet sich nach der jeweils für den Anspruch maßgeblichen Rechtsgrundlage.“

 

Es ist daher die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn im Grund des § 49 Abs. 1 Oö. SHG 1998 zur Erlassung eines Kostenersatzbescheides nicht zuständig.

Schließlich ist jedoch darauf hinzuweisen, dass im gesamten Akt eine schriftliche Anzeige des Trägers sozialer Hilfe gegenüber dem Dritten (dem Berufungswerber) über den Übergang von Rechtsansprüchen nicht zu entnehmen ist. Auch erfolgt der Übergang von Rechtsansprüchen gemäß § 49 Abs. 1 Oö. SHG 1998 erst ab schriftlicher Anzeigenerstattung. Eine rückwirkende Beanspruchung ist gesetzlich nicht vorgesehen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung: Ansprüche gegen Dritte, kein Kostenersatzbescheid, keine Zuständigkeit der Behörde, Legalzession, Ausnahmetatbestand für Enkelkinder

 

 

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