Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253249/9/Lg/TO/Ba

Linz, 28.05.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 14. Dezember 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirks­hauptmannes des Bezirkes Steyr-Land vom 13. Juli 2012, Zl. SV96-9/4-2012, wegen Übertretungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Tatvorwurfs betreffend X Folge gegeben, das angefochtene  Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Berufung dem Grunde nach abgewiesen und die verhängten Geldstrafen auf vier mal je 730 Euro herabgesetzt.

 

II. Der Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf insgesamt 292 Euro. Der Berufungswerber hat für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) fünf Geldstrafen in Höhe von je 800 Euro bzw. fünf Ersatzfrei­heitsstrafen in Höhe von je 36 Stunden verhängt, weil ihm Folgendes vorgeworfen wurde:

 

"Sie haben als Dienstgeber im Sinne des § 33 Abs. 1 ASVG in Ihrem Unternehmen mit Sitz in X, X zumindest

am 03.02.2012 und 05.02.2012 die Dienstnehmerin

X, geb. X

am 19.02.2012 und 20.02.2012 die Dienstnehmerin

X, geb. X

seit 22.12.2011 die Dienstnehmerin

X, geb. X

seit 26.12.2011 die Dienstnehmerin

X, geb. X

am 22.02.2012 die Dienstnehmerin

X, geb. X

als Arbeiter in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit in X, X, X beschäftigt, ohne sie bei der Sozialversicherung anzumelden.

 

Die in Rede stehenden Beschäftigten waren der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Ar­beitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit. Die Höhe des Entgelts lag nicht über der Ge­ringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG.

Obwohl diese Dienstnehmer daher von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausge­nommen und als geringfügig Beschäftigter in der Unfallversicherung teilversichert ist, wurde hierüber eine, zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete, Meldung, bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger, nicht vor Aufnahme der Tätigkeit, erstattet.

 

Die unerlaubte Beschäftigung erfolgte nachweislich im Zuge einer Kontrolle am 22.02.2012 um 10:20 Uhr in Ihrem Unternehmen mit Sitz in X, X durch Organe der Fi­nanzpolizei des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr.

Bei der Kontrolle wurde oben angeführte Personen angetroffen Die Personen waren zu den oben angeführten Zeiten für Ihr Unternehmen tätig, jedoch nicht zur Sozialversicherung angemeldet.

 

Sie haben somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 ASVG versto­ßen.

 

Diese Tat wird Ihnen als gem. § 9 Abs. 1 VStG. verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher (handelsrechtl. Geschäftsführer mit Sitz in X, X) angelastet.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 111 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) iVm § 33 Abs. 2 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idgF"

 

 

In der Begründung führt das angefochtene Straferkenntnis aus:

 

"Mit Strafantrag vom 23.03.2012, GZ 045/15025/39/2012 hat das Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr, bei der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land den Verdacht einer Übertretung des § 111 Abs. 1 iVm 33 Abs. 2 Allgemeines Sozialver­sicherungsgesetz (ASVG) angezeigt.

 

Die unerlaubte Beschäftigung erfolgte im Zuge einer Kontrolle durch Organe der Finanzverwaltung am 22.02.2012 um 10:20 Uhr in X, X, X, Betreiber Hr. X. Dabei wurden folgende Unstimmig­keiten festgestellt:

X, X

Frau X hat auf dem Personenblatt angegeben, dass sie am 01.02.2012 angefangen hat für o.a. Betrieb zu arbeiten. Bei einer Abfrage im Hauptverband wurde festgestellt, dass eine Anmel­dung erst für 06.02.2012 erfolgte. Bei der Durchsicht der Arbeitsaufzeichnungen auf dem Kalen­der, welcher sich im Lokal befand, konnte festgestellt werden, dass Fr. X bereits an den Tagen 03.02.2012 und 05.02.2012 tätig war. Aus diesem Grund ist die Anmeldung von Fr. X verspätet erfolgt.

X, X

Fr. X gab sowohl auf dem Personenblatt als auch in der Nieder­schrift an, dass sie seit 19.02.2012 für o.a. Lokal tätig ist. In der Niederschrift wurden folgende Arbeitszeiten angege­ben: SO (19.02.2012) von 09:00 bis 17:30 Uhr; MO (20.02.2012) von 09:00 bis 18:00 Uhr, DI (21.02.2012) von 09:00 bis 18:30 Uhr und am Ml (22.02.2012) ab 09:00 Uhr. Im Zuge der Kontrolle wurden Abfragen im Hauptverband und in der Elda getätigt. Dabei stellte sich heraus, dass die Tätigkeit im Hauptverband nicht aufscheint, und ein Zugriff auf die Elda aus technischen Gründen nicht möglich ist. Aus diesem Grund wurde die ELDA-Meldung von Fr. X vom Steu­erberater per Mail an das Finanzamt geschickt. Nach Durchsicht dieser wurde festgestellt, dass die Meldung erst am 21.02.2012 für 20.02.2012 erfolgt. Der Arbeitstag vom 19.02.2012 wurde nicht angemeldet. Aus diesem Grund ist die Anmeldung von X verspätet erfolgt.

X, X

Fr. X konnte auf dem Personenblatt keinen exakten Arbeitsbeginn bekanntgeben, nur, dass sie im Dezember 2011 zu arbeiten begonnen hat. Daraufhin wurde eine Niederschrift mit Fr. X aufgenommen. In dieser gab sie mithilfe eines Kalenders an, dass sie bereits am 22.12.2011 gearbeitet hat. Eine Abfrage im Hauptverband sowie in der ELDA verlief negativ. Fr. X gab weiters an, dass sie nicht gewusst habe, dass sie nicht zur Sozialversicherung angemeldet worden war. Aus diesem Grund war Fr. X nicht zur SV angemeldet.

X, X

Fr. X gab auf dem Personenblatt an, dass sie seit 26.12.2011 für o.a. Lokal tätig sei. Eine Abfrage im Hauptverband konnte diese jedoch nicht bestätigen. Ebenso verhält sich die ELDA-Abfrage. Mithilfe des Kalenders, welcher sich im Lokal befand, konnte festgestellt werden, dass Fr. X auch an den Tagen 05.02.2012 ab 08:00 Uhr und 18.02.2012 ab 09:00 Uhr gearbeitet hat. Während der Kontrolle um 12:56 Uhr erfolgte telefonisch die Mindestangabenmeldung. Aus diesem Grund war Fr. X nicht zur SV angemeldet.

X, X

Fr. X begann ihre Tätigkeit im Lokal während der Kontrolle um 11:30 Uhr. Durch einen neuer­lichen Rundgang der Finanzverwaltung im Lokal wurde Fr. X als neue Aushilfe erkannt und gebeten ein Personenblatt auszufüllen. In diesem gab sie an, dass sie am Kontrolltag, dem 22.02.2012 um 11:30 Uhr zu arbeiten begonnen hat. Eine Anmeldung zur Sozialversicherung konnte weder im Hauptverband noch in der ELDA gefunden werden. Auch Fr. X wurde daraufhin während der Kontrolle telefonisch mit der Mindestangabenmeldung angemeldet.

Aus diesem Grund war Fr. X nicht zur SV angemeldet.

 

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 12.04.2012 wur­de Ihnen die gegenständliche Verwaltungsübertretung angelastet und Ihnen die Möglichkeit gebo­ten, zu der Ihnen zur Last gelegten Tat entweder am 26.04.2012 bei dieser Behörde zu erscheinen oder bis zu diesem Zeitpunkt sich schriftlich zu rechtfertigen.

Trotz ordnungsgemäßer Zustellung des Schreibens, haben Sie dieses nicht bei der Hinterlegungs­stelle behoben.

 

Am 26.04.2012 wurde mit der Oö. Gebietskrankenkasse Rücksprache gehalten. Diese gab an, dass betreffend der angeführten Personen Beitragszuschläge verhängt worden seien. Alle Dienst­nehmer wären nach verrechnet worden.

 

Die Behörde hat erwogen:

 

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bun­desgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicher­te) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Kranken­ver­sicherungsträger anzumelden und binnen sie­ben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An (Ab) meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäf­tigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Gemäß Abs. 1a kann der Dienstgeber die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schrit­ten meldet, und zwar

1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Ver­sicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

 

Gemäß Abs. 2 gilt Abs. 1 für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach die­sem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

Gemäß § 111 Abs. 1 handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 melde­pflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vor­schriften dieses Bundesgesetzes

1.    Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.    Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.    Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.    gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis be­deutsam sind, einsehen lässt.

Gemäß Abs. 2 ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 von der Bezirksver­waltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

- mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2 180 €, im Wiederholungsfall von 2 180 € bis zu 5 000 €,

- bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstraf­bestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwal­tungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 € herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

Gemäß Abs. 3 beträgt die Verjährungsfrist bei Verwaltungsübertretungen nach Abs. 2 ein Jahr.

Gemäß Abs. 4 sind die Versicherungsträger und die Abgabenbehörden des Bundes, deren Prüfor­gane Personen betreten haben, verpflichtet, alle ihnen auf Grund der Betretung zur Kenntnis ge­langenden Ordnungswidrigkeiten nach Abs.1 bei der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen.

Gemäß Abs. 5 gilt die Verwaltungsübertretung als in dem Sprengel der Bezirksverwaltungsbehör­de begangen, in dem der Sitz des Betriebes des Dienstgebers liegt.

 

Auf Grund des erhobenen Sachverhaltes geht hervor, dass Sie oben angeführte Personen nicht vor Arbeitsbeginn bei der Sozialversicherung angemeldet haben. Alle Personen haben nachweis­bar angegeben, dass Sie bereits vor den erfolgten Kontrolle bei Ihnen tätig gewesen sind, bzw. wurden sie während der Kontrolle telefonisch angemeldet. Seit 01.01.2008 hat ein Dienstgeber jede von ihm beschäftigte Person vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungs­trä­ger anzumelden. Auch von der Oö. Gebietskrankenkasse wurden Beitrags­zuschläge für die ange­führten Dienstnehmer verhängt.

In Anwendung der oben angeführten Gesetzesbestimmungen und im Zusammen­hang mit dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens ist festzustellen, dass aufgrund des vorliegenden Sachverhal­tes der Tatbestand der Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht als erfüllt anzusehen ist.

 

Zur Schuldfrage ist auszuführen, dass nach der Bestimmung des § 5 Abs. 1 VStG, die mangels einer Regelung im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz zum Tragen kommt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört (sogenanntes Ungehorsamsdelikt) und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwal­tungsvorschrift kein Verschulden trifft. Sie trifft die Sorgfaltspflicht sich über die geltenden gesetzli­chen Verpflichtungen zu informieren und sie einzuhalten. Auch wenn Ihr Verhalten nur fahrlässig war, liegt trotzdem eine Verwaltungsübertretung vor, die Sie durch geeignete Maßnahmen hätten verhindern können.

Betreffend dem Vorliegen von subjektiven Entschuldigungsgründen haben Sie trotz Aufforderung keine Stellungnahme abgegeben. Die gegenständliche Verwaltungsübertretung ist somit auch hin­sichtlich ihrer subjektiven Tatbestandsmäßigkeit als erwiesen anzusehen.

 

Zur Strafhöhe ist festzustellen, dass gemäß § 19 Abs. 1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand inwieweit die Tat sonst nachtei­lige Folgen nach sich gezogen hat, ist. Nach Abs. 2 leg. cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschul­dens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemes­sung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Dies bedeutet, dass die erkennende Behörde auf der Grundlage des § 19 Abs. 1 VStG ihre Wer­tung der Tat innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens darzutun hat. Eine Strafbemessung inner­halb des gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den in § 19 leg. cit. festgelegten Kriterien vorzunehmen ist.

 

Bei der Beurteilung des Ausmaßes der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, also des 'Unrechtsgehaltes' der Tat, ist im Hinblick auf den gesetzlichen Strafrahmen von 730,-- Euro (Untergrenze) bzw. 2.180,-- Euro (Obergrenze) davon auszugehen, dass Verstöße gegen das Allgemeine Sozialversicherungsge­setz ganz allgemein einen schwerwiegenden Unrechtsgehalt aufweisen können.

 

In Wahrnehmung der der Strafbehörde im Sinne des § 19 Abs. 2 VStG zur Pflicht gemachten Bedachtnahme auf das Ausmaß des Verschuldens geht die erkennende Behörde davon aus, dass Sie die Tat fahrlässig begangen haben. Für diese Annahme eines Vorsatzes ergeben sich anhand des festgestellten Sachverhaltes keine Anhaltspunkte.

 

Bei der Festsetzung der Strafhöhe wurden auch spezialpräventive Gesichtspunkte berücksichtigt. Sie sollen dazu angehalten werden, sich in Zukunft um die Einhaltung der ausländerbeschäftigungsrechtlichen Vorschriften zu kümmern. Die verhängte Strafe erscheint geeignet, Sie in Hin­kunft von vergleichbaren Übertretungen abzuhalten.

 

Bei entsprechender Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 19 VStG maßgebender Bemessungs­gründe sowie des § 21 VStG erscheint daher die verhängte Strafe dem Unrechtsgehalt der Tat sowie Ihrem Verschulden angemessen.

Im vorliegenden Fall wurden es von Ihnen unterlassen, 5 Dienstnehmer vor Arbeitsbeginn bei der Sozialversicherung anzumelden. Aufgrund der großen Anzahl der nicht angemeldeten Dienstneh­mer war ein Vorgehen nach § 21 VStG bzw. nach § 111 Abs. 2 letzter Satz ASVG ausgeschlos­sen, da nach Ansicht der Behörde Ihr Verschulden als nicht geringfügig angesehen werden konn­te. Aufgrund dieses Sachverhalts konnte auch nicht die Mindeststrafe verhängt werden.

 

 

Als Ausmaß der gemäß § 16 VStG festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe entspricht dem Unrechts­- und Schuldgehalt der Verwaltungsübertretung. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"Als Vertretung in steuerrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten erhebe ich im Auftrag meines Mandanten Herrn X, das Rechtsmittel der Berufung gegen das Straferkenntnis vom 13.07.2012, zugegangen am 18.07.2012.

 

Vorab möchte ich festhalten, dass die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 12.04.2012 meinen Mandanten nicht erreicht hat, da dieser seinen Betrieb den ganzen April geschlossen hatte und bis Ende April nachweislich im Ausland war. Der Brief konnte somit nicht behoben werden. Ich möchte jetzt im Rahmen der Berufung von diesem Rechtfertigungsrecht Gebrauch machen.

 

An dem Tag der Kontrolle der Finanzpolizei, dem 22.02.2012, war mein Mandant leider nicht Vorort, da er sich wegen einer zahnärztlichen Behandlung in Ungarn aufhielt. Dieser 22.02. war ein besonders schöner Schitag in den oberöster­reichischen Semesterferien und der Gästeansturm war unerwartet groß. Ich war selbst um 9:00 Vorort, da die Parkplätze bereits ziemlich voll waren, bin ich weiter zum Hochkar gefahren.

 

Frau X SV Nr. X wurde erstmals am Vormittag als Aushilfe angefordert. Dass im 'Eifer des Gefechtes' keiner der anwesenden Mitarbeiter an eine Vorabanmeldung dachte, scheint irgendwie verständlich. Unsere Kanzlei wurde von der Kontrolle umgehend verständigt und wir haben dann die Vorabanmeldung durchgeführt.

Bei Frau X SV Nr. X handelt es sich um die Schwester von Herrn X, sie ist Studentin und hat die ersten Tage 01.02., 03.02. und 05.02. unentgeltlich ausgeholfen. Da ihre Hilfe aufgrund der hohen Gästeanzahl auch weiterhin benötigt wurde, hat Herr X sie dann mit 06.02. mit 20 Wochenstunden angemeldet. Ein kurzfristiges Aushelfen unter Geschwistern stellt meines Wissens noch keine Verletzung der Meldepflicht dar.

Frau X SV Nr. X war vom 20.02. bis 27.02. vollversichert gemeldet. Die Vorabmeldung wurde von unserer Kanzlei bereits am 20.02. um 15:20 gefaxt und nicht erst am 21.02. wie in der Begründung steht (siehe Anhang). Die Vorabanmeldung am 19.02. ein Sonntag wurde von Herrn X übersehen. Es war offensichtlich ein Kommunikationsproblem mit unserer Lohnverrechnerin, dass wir am Montag den 20.02. nicht mit 19.02. rückwirkend gemeldet haben. Spätestens bei der Lohnabrechnung am 27.02. wäre uns der Fehler aber aufgefallen und wir hätten die Meldung korrigiert. Dieses Versehen liegt leider bei unserer Kanzlei.

 

Bei den beiden geringfügig beschäftigten Mitarbeiterinnen X SV Nr. X und X SV Nr: X wurde die Anmeldung übersehen Wir können nicht feststellen ob das Versehen bei uns in der Kanzlei passiert ist, Herr X hat die Daten der Dienstnehmer oft nur telefonisch durchgegeben, und die Anmeldung bei uns vergessen wurde, oder ob wir keine Daten vom Klienten erhalten haben.

 

In Anbetracht meiner obigen Ausführungen und unter Berücksichtigung des erstmalig ordnungswidrigen Verhaltens sowie des geringfügigen Verschuldens und unbedeutenden Folgen, ersuche ich um Reduktion der Strafe auf € 365,-- für die Mitarbeiterinnen X, X und X. Für Frau X (Schwester) und Frau X ersuche um Straffreistellung.

 

Mein Mandant hat in seiner 'Panik' den gesamten vorgeschrieben Betrag bereits überwiesen. Ich ersuche falls der Berufung stattgegeben wird um Rücküberweisung des zuviel bezahlten Betrages."

 

 

3. Der Akt enthält die im angefochtenen Straferkenntnis bezogenen Aktenstücke.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der Bw die Personalsituation in seinem Lokal am Tag der Kontrolle dar. Er selbst sei bei der Kontrolle nicht anwesend gewesen, da er einen Zahnarzttermin im Ausland gehabt habe.

 

Frau X sei am Kontrolltag von Bediensteten aufgrund von Arbeitsüberlastung angerufen worden  und sei auch im Laufe des Vormittags zur Schihütte gekommen.

 

Frau X, die Schwester des Bw, sei am Tag der Kontrolle mit 20 Stunden angemeldet gewesen. Sie habe aber angegeben, dass sie bereits am 3.2.2012 und am 5.2.2012 im Lokal ausgeholfen habe.

 

Frau X sei ab Montag 20.2.2012 gemeldet gewesen, habe aber bereits am Tag davor, (an einem Sonntag), zu arbeiten begonnen. Aufgrund eines Missverständnisses am 20.2.2012 beim Telefonat des Bw mit einer Mitarbeiterin der Steuerkanzlei sei die Anmeldung zur Sozialversicherung erst für 20.2.2012 erfolgt.

 

Frau X und Frau X seien nicht angemeldet gewesen, obwohl sie schon seit Ende Dezember 2011 im Betrieb des Bw tätig gewesen seien. Der Bw sei der Meinung gewesen, die beiden wären schon längst angemeldet worden. Offenbar habe die Steuerkanzlei, die diese Arbeiten erledige, hier etwas übersehen.

 

Der Bw wies darauf hin, dass er absolut unbescholten sei und in seiner jahrelangen Tätigkeit als Gastronom noch keine Beanstandungen gehabt habe. Im gegenständlichen Fall würde es sich um einen Verquickung von unglücklichen Umständen in einer sehr turbulenten Zeit handeln.

 

 

5.    Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Die Arbeitstätigkeit der angeführten Personen am Tag der Kontrolle ist unbestritten. Unbestritten ist ferner, dass bei keiner der betroffenen Personen die  Meldung zur Sozialversicherung vor Arbeitsantritt erfolgte.

 

Strittig ist, ob im Fall der X, der Schwester des Bw, ein unentgeltlicher Gefälligkeitsdienst vorlag.

Als Familiendienste, die kein Arbeitsverhältnis begründen, sind im Rahmen einer familiären Beistands- und Mitwirkungspflicht erbrachte Leistungen anzusehen. Ob es sich um einen Familiendienst oder um ein Dienstverhältnis bzw. arbeitnehmerähnliches Verhältnis handelt, ist anhand aller Umstände des Falles, insbesondere auch unter Einbeziehung der Behauptungen und Zugeständnisse der Betroffenen zu beurteilen. Kein Dienstverhältnis bzw. arbeiternehmerähnliches Verhältnis ist bei Verwandten anzunehmen, wenn es sich lediglich um Gefälligkeitshandlungen handelt, die ihr gesamtes Gepräge, insbesondere nach Art, Umfang und Zeitdauer von den familiären Bindungen zwischen Angehörigen erhalten sind. Ob die Tätigkeit wie ein Beschäftigter oder als "Familiendienst" verrichtet wird, entscheidet sich somit nach dem Gesamtbild der den Einzelfall prägenden Umstände. Wesentlich ist dabei der Verwandtschaftsgrad anzusehen. Je enger die Beziehungen sind, umso mehr spricht dafür, dass die Tätigkeit durch diese Beziehung geprägt ist und nicht wie von einem Beschäftigten verrichtet wird. In Verbindung mit dem Verwandtschaftsgrad sind außerdem Art und Umfang der Tätigkeit maßgebend. Es ist das Gesamtbild der ausgeführten oder beabsichtigten Verrichtungen zu beurteilen (vgl. dazu zB. auch das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 18. Juli 2002, 10 Ob S 196/O2z und das Verwaltungsgerichtshoferkenntnis vom 29. Jänner 2009, Zl. 2008/09/0277).

Die Prüfung der Dienstnehmereigenschaft von Familienmitgliedern erfolgt daher unter Würdigung aller Umstände des jeweiligen Falles.

Dass Frau X, die Studentin ist und zu diesem Zwecke ihren Lebensmittelpunkt nach Wien verlegt hat, über eine längeren Zeitraum zur Erzielung eines Erwerbseinkommens in einem Abhängigkeitsverhältnis im Lokal des Bw beschäftigt werden sollte, geht aus den vorliegenden Unterlagen und Aussagen nicht hervor. Vielmehr erscheint es aufgrund des persönlichen Naheverhältnisses und der Kürze der in Rede stehenden Zeitspanne glaubwürdig, dass diese Hilfsleistungen freiwillig und unentgeltlich erfolgten. Daher ist davon auszugehen, dass Frau X am 3.2.2012 sowie am 5.2.2012 unentgeltlich im Lokal ihres Bruders mitgeholfen hat. Als sich dann aufgrund der Witterungsumstände in den Semesterferien herauskristallisierte, dass ihre Hilfe noch für ein paar Tage benötigt werden würde, wurde Frau X beim Sozialversicherungsträger gemeldet.

Da somit bei Gesamtbetrachtung der Tätigkeiten von Frau X am 3.2.2012 sowie am 5.2.2012 im Lokal des Bw die prägenden Merkmale von einer nicht der Versicherungspflicht unterworfenen familiären Mitarbeit auszugehen ist, ist der objektive Tatbestand des dem Bw im gegenständlichen Straferkenntnis vorgeworfenen verwaltungsstrafrechtlichen Verhaltens nicht erwiesen und war  spruchgemäß zu entscheiden.

 

Hinsichtlich der übrigen Tatvorwürfe ist festzuhalten, dass dem Bw die Taten in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht vorzuwerfen sind. Zum Verschulden ist zu bemerken, dass es dem Bw als Unternehmer obliegt, sich über die rechtlichen Voraussetzungen und faktischen Umstände seiner Tätigkeit ausreichend zu informieren und er sich nicht schuldbefreiend auf die Steuerberaterin verlassen kann. Im Zweifel ist zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit auszugehen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im Hinblick auf den Unrechts- und Schuldgehalt der Taten sowie unter Berücksichtigung der Unbescholtenheit und das einsichtigen Verhaltens des Bw in der Berufungsverhandlung mit der gesetzlich vorgesehenen Mindestgeldstrafe (§ 11 Abs.2 ASVG: 730 Euro) das Auslangen gefunden werden kann.

 

Überwiegende Milderungsgründe iSd § 20 VStG sind nicht hervorgekommen.

Eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG scheidet aus, da die Tat nicht hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt und es daher an den kumulativen Voraussetzungen (unbedeutende Tatfolgen sowie geringfügigem Verschulden) mangelt: Der Bw als Unternehmer ist gehalten, sich über die mit der Ausübung seines Gewerbes verbundenen Rechtsvorschriften entsprechend zu erkundigen. Bei den hervorgekommenen Sorgfaltswidrigkeiten ist kein geringfügiges Verschulden gegeben. Ferner sind die Tatfolgen bei mehrfachem Verstoß gegen die Meldepflicht durchaus nicht als minimal einzustufen. Aus diesen Gründen kommt eine Anwendung des § 111 Abs. 2 letzter Satz ASVG nicht in Betracht

 

Bei der Anwendung derselben Strafbemessungskriterien erübrigt sich eine Herabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafen.

 

6. Bei diesem Verfahrensergebnis entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Kostenbeiträgen zum Verwaltungsstrafverfahren.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

 

 

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