Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167617/30/MZ/JO

Linz, 03.06.2013

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Zeinhofer über die Berufung des X, geboren am X, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Gmunden vom 8. Februar 2013, GZ: VerkR96-37732-2012, betreffend eine Übertretung der Straßenverkehrsordnung zu Recht erkannt:

 

 

I.            Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

II.         Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten in I. Instanz als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Strafe, das sind 62,- Euro, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  §§ 24, 64 Abs 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 iVm

     § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991;

zu II.: § 64 Abs 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannes des Bezirks Gmunden vom 8. Februar 2013, GZ: VerkR96-37732-2012, wurde dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) angelastet, am 19. September 2012 um 21:38 Uhr im Bereich der Gemeinde x, Autobahn Ax bei StrKm 217,638 in Fahrtrichtung x, welcher außerhalb eines Ortsgebietes liegt, als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen X die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 63 km/h überschritten zu haben.

 

Der Bw habe dadurch § 52 lit a Z 10a StVO verletzt, weshalb gemäß § 99 Abs 2e leg cit eine Geldstrafe in der Höhe von 310,- EUR, ersatzweise 168 Stunden Freiheitsstrafe, verhängt wurden.

 

Das Straferkenntnis begründend führt die belangte Behörde auf das Wesentliche verkürzt aus, dass aufgrund einer Anzeige der LVA wegen der im Spruch genannten Geschwindigkeitsübertretung der Bw als Lenker ermittelt worden sei. Gegen die daraufhin ergangene Strafverfügung habe der Bw Einspruch erhoben und einen Kundmachungsmangel geltend gemacht. In weiterer Folge habe der Bw schließlich die Korrektheit der Radarmessung angezweifelt.

 

Die belangte Behörde führt erwägend aus, dass die Bauarbeiten auf der Ax zwischen StrKm 215,880 und 223,840 mit Bescheid der BH Gmunden vom 25. Juli 2011, GZ: VerkR10-492-2011, genehmigt worden seien. Gleichzeitig sei für den Zeitraum vom 1. September 2011 bis 31. Dezember 2012 zwischen StrKm 217,780 und 217,220 eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 60 km/h verordnet worden. Bei StrKm 217,638 sei in Fahrtrichtung Wien ein geeichtes Radargerät aufgestellt. Der Behörde liege ein Eichschein des Radargerätes vor, aus dem die ordnungsgemäße Eichung – gültig bis 31. Dezember 2013 – hervorgehe. Die Entfernung zwischen Beginn der Geschwindigkeitsbeschränkung und der Radarmessung betrage 142 Meter. Der 60 km/h Beschränkung gehe eine solche von 80 km/h bei StrKm 217,980, dieser wiederum eine von 100 km/h bei StrKm 218,180 voraus.

 

Es folgt die Zitierung des § 52a lit a Z 10a StVO 1960 sowie des § 99 Abs 2e StVO 1960.

 

Die belangte Behörde setzt fort, dass die dem Bw zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung um 63 km/h mit einem Multanova Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät aufgezeichnet worden sei. Die Feststellung von Fahrgeschwindigkeitsüberschreitungen mittels geeichter Messgeräte stelle ein taugliches und verwertbares Beweismittel dar. Da das vom Bw gelenkte Fahrzeug samt vollständigem Kennzeichen einwandfrei ersichtlich sei, könne die Geschwindigkeitsübertretung dem Bw eindeutig zugerechnet werden.

 

Es folgt die Zitierung des § 19 VStG.

 

Im Anschluss führt die belangte Behörde weiter aus, dass Geschwindigkeitsüberschreitungen von mehr als 50 km/h einen schweren Verstoß gegen die straßenpolizeilichen Normen darstellen und von einem hohen Maß an Sorglosigkeit zeugen. Sie stellten eine gravierende Gefährdung der allgemeinen Verkehrssicherheit dar und es ziehe ein derartiges Verhalten häufig Verkehrsunfälle mit gravierenden Sach- und Personenschäden nach sich. Es liege derartigen Übertretungen daher ein erheblicher Unrechtsgehalt zugrunde. Um die Allgemeinheit entsprechend darauf zu sensibilisieren sei grundsätzlich aus generalpräventiven Gründen eine entsprechend strenge Bestrafung geboten. Ebenso seien spezialpräventive Überlegungen dahingehend anzustellen, den Beschuldigten durch die Bestrafung von der Begehung weiterer gleichartiger Übertretungen abzuhalten.

 

Mildernde Umstände hätten nicht vorgelegen. Erschwerend habe jedoch die massive Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit berücksichtigt werden müssen.

 

Ohne diesbezüglich nähere Angaben zu machen schließt die belangte Behörde das Straferkenntnis mit der Behauptung, die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Bw sowie allfällige Sorgepflichten bei der Strafbemessung berücksichtigt zu haben.

 

2. Gegen das Straferkenntnis erhob der Bw mit Telefax vom 12. Februar 2013 das Rechtsmittel der Berufung. Aufgrund der Datierung des Straferkenntnisses mit 8. Februar 2013 ist von der Rechtzeitigkeit der Berufung auszugehen.

 

2.1. Im Rechtsmittel bringt der Bw vor, die ihm angelastete Übertretung nicht begangen zu haben. Insbesondere folgende Punkte werden vom Bw als Hinweis auf die Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides angesehen:

 

a)   Die Behörde habe ihm vorgeworfen, dass sein KFZ mit einem Multanova VR 6FA gemessen wurde, auf den beigelegten Lichtbildern der Radarmessung sei aber eindeutig ein Multanova GF bzw 6F, und sohin ein anderer, für den mobilen Einsatz bestimmter Gerätetyp zu erkennen.

b)   Es seien ihm nicht die A und B-Fotos sondern das Radarfoto A S3 klein u mit seinem vollständig lesbaren Kennzeichen zugesandt worden. Als zweites Bild habe er lediglich ein S3 groß U ohne sein Kennzeichen und ohne die Bezeichnung B zugesandt bekommen. Das zweite Foto könne ihm daher nicht zweifelsfrei zugeordnet werden.

c)   Auf beiden Bildern sei zu erkennen, dass die Bremsleuchten aufleuchten, also die Verkehrsgeschwindigkeit gerade reduziert werde. Beide Bilder würden jedoch unverändert eine Geschwindigkeit von 130 km/h erkennen lassen.

d)   Es könne eine Knickstrahlmessung vorliegen.

e)   Bei einer Geschwindigkeit von 130 km/h lege man 36 Meter pro Sekunde zurück. Zwischen den beiden im Abstand von 0,5 Sekunden aufgenommenen Lichtbildern müsste sich sein KFZ daher 18 Meter bewegt haben. Es sei auf den Bildern jedoch klar ersichtlich, dass dem nicht so sei.

 

Der Bw ersucht daher um Vorlage des Aktes beim UVS sowie um die Einholung eines Sachverständigengutachtens.

 

2.2. Mit E-Mail vom 9. April 2013 (Subzahl 17) beantragt der Bw die Zeugeneinvernahme der Herren X und X der Firma X betreffend die Auswertung der gegenständlichen Radarbilder.

 

2.3. Mit E-Mail vom 22. Mai 2013 (Subzahl 28) teilt der Bw bezüglich eines irrtümlich von der belangten Behörde ergangenen Mahnschreibens den Strafbetrag betreffend, Folgendes mit:

 

Aufgrund des Schreibens der Behörde Gmunden Verk.R96-37732-2012 habe ich das Rechtsmittel eines Zustellanstandes ergriffen, da mir kein Erkenntnis trotz Androhung der Exekution zugestellt wurde.

 

Ich erachte Ihr weiteres Verfahren im Hinblick der gültigen Fristsetzungen als vollkommen rechtslos, da die Androhung der Exekution einen rechtskräftigen Titels bedarf und dieser laut Auskunft der BH Gmunden durch Einzahlung eines angeblichen Betrages vorlag.

 

3.1. Die belangte Behörde hat die Berufung samt Verfahrensakt mit Schreiben vom 13. Februar 2013 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt, Einsichtnahme in den ho. im Original aufliegenden Verordnungsakt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden GZ VerkR10-492-2011 (Kopien desselben befinden sich im Akt), durch die Einholung eines verkehrstechnischen Gutachtens bei einem Amtssachverständigen (in Folge: ASV) sowie die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25. März 2013.

 

Nach Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung erfolgte ein ergänzendes Gutachten des ASV (datiert mit 13. Mai 2013), welches die bisherigen Ermittlungsergebnisse bestätigte. Es wurde dem Bw zur Wahrung des Parteiengehörs übermittelt und gleichzeitig um Mitteilung ersucht, ob eine neuerliche mündliche Verhandlung gewünscht werde (E-Mail vom 22. Mai 2013, Subzahl 24). Ein derartiger Wunsch wurde vom Bw weder im am gleichen Tag geführten Telefonat noch in seinen weiteren schriftlichen Eingaben geäußert. Eine nochmalige öffentliche mündliche Verhandlung konnte somit, insbesondere auch weil keine neuen Beweisergebnisse hervortraten, entfallen.

 

3.3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw lenkte am 19. September 2012 um 21:38 Uhr im Bereich der Gemeinde x, Autobahn Ax bei StrKm 217,638 in Fahrtrichtung Wien den PKW mit dem polizeilichen Kennzeichen X mit einer Geschwindigkeit von 123 km/h.

 

Die zulässige Höchstgeschwindigkeit an genanntem Ort betrug zur genannten Zeit 60 km/h.

 

Der Bw hat einen monatlichen Verdienst von ca 2.000,- EUR netto, hat keine Sorgepflichten und kein für dieses Verfahren relevantes Vermögen. Bei der LPD Wien scheint eine Vormerkung wegen einer Übertretung des § 102 Abs 10 KFG 1967 im Jahr 2008 sowie eine Vormerkung wegen einer Übertretung des § 52 lit a Z 14 StVO 1960 im Jahr 2012 auf.

 

3.3.2. Der im vorigen Punkt angenommene Sachverhalt ergibt sich – soweit strittig – aufgrund folgender Beweiswürdigung:

 

·         Einleitend ist festzuhalten, dass augenscheinlich auf den beiden Radarbildern kein weiteres Fahrzeug ersichtlich ist. Wenn der Bw vorbringt, es könne seinem KFZ nur das A-Foto eindeutig zugeordnet werden, ist ihm zu entgegnen, dass das Kennzeichen am A-Foto vom bearbeitenden Polizeibeamten entsprechend vergrößert wurde. Dies geschah am B-Foto zwar nicht, es ist jedoch über die Einblendungen in der Bildzeile (gleiches Datum, gleiche Uhrzeit, fortlaufende Fotonummer) klar erkennbar, dass es sich um das für dieses Verfahren relevante B-Foto handelt.

 

·         Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät: Die dem Bw angelastete gefahrene Geschwindigkeit wurde mit dem Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät Multanova 6F mit der Identifikationsnummer 360 ermittelt (vgl das Gutachten des ASV vom 13. Mai 2013; siehe auch die gutachterlichen Feststellungen auf Seite 3 des Protokolls zur öffentlichen mündlichen Verhandlung betreffend die Type 6F / 6FA). Dieses wurde – wie der im Akt befindlichen und dem Bw bekannten Kopie des Eichscheins des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen zu entnehmen ist – am 3. November 2010 geeicht. Die Eichung verliert ihre Gültigkeit mit Ablauf der Nacheichfrist am 31. Dezember 2013. Es ist daher davon auszugehen, dass am Tattag, dem 19. September 2012, mit einem ordnungsgemäß geeichten Gerät gemessen wurde.

 

Es handelt sich darüber hinaus um ein stationäres, in eine Radarkabine vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen eingebautes Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät, sodass Handhabungsfehler eines Messbeamten ausgeschlossen werden können.

 

·         Fotogrammetrische Rückrechnung: Bei der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25. März 2013 führte der mit der Erstellung eines Gutachtens betreffend die Korrektheit der Geschwindigkeitsmessung beauftragte ASV folgendes aus:

 

Für die gegenständliche Auswertung wurde das A und B-Foto von der Polizei übermittelt. Ebenso die Kameradaten für den angeführten Messstandort auf der A 1 bei Strkm. 217,63. Aufgrund der vorhandenen technischen Daten und der vorliegenden Fotos wurde eine fotogram[m]etrische Weg-Zeit-Berechnung durchgeführt. Die größte Abweichung, die bei einer Worst-Case-Betrachtung festgestellt werden konnte, betrug 8,52%. Da die fotogram[m]etrische Auswertung ungenauer ist als die Radarmessung mit dem geeichten Gerät wird bis zu einer Abweichung von + / - 10% davon ausgegangen, dass die Radarmessung bzw. der ermittelte Geschwindigkeitswert korrekt ist.

 

Aufgrund der anhand von A und B-Foto durchgeführten Berechnungen durch den ASV kann daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass das geeichte Messgerät die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit gemessen und angezeigt hat. Dies wurde auch durch die vom ASV für das ergänzende Gutachten vom 13. Mai 2013 nochmals durchgeführte Berechnung bestätigt.

 

Wenn der Bw im Verfahren beharrlich geltend macht, dass das vom ASV der Fotogrammetrie zugrunde gelegte Bildmaterial eine viel zu schlechte Qualität aufweise, um eine derartige Berechnung durchzuführen, bei welcher die kleinste Abweichung große Ergebnisrelevanz zeitige, und er zudem die vom ASV verwendeten Hilfsmittel (der Bw rügt ausdrücklich die Verwendung einer Schiebelehre) als ungeeignet ansieht, so ist ihm zu entgegnen, dass es sich dabei um unsubstantielle, nicht näher untermauerte Vorbringen handelt. Der Bw behauptet zwar, dass ihm dies von von ihm beigezogenen Sachverständigen mitgeteilt wurde. Ein diesbezüglicher Nachweis, geschweige denn ein Gegengutachten auf gleicher fachlicher Ebene, wurde vom Bw, trotz diesbezüglicher mehrfacher Belehrung (siehe AV vom 22. Mai 2013, Subzahl 26) und Ankündigung nicht vorgelegt. Der E-Mail des Bw vom 9. April 2013 (Subzahl 16), in welchem er die angebliche Antwort eines nicht namentlich genannten Mitarbeiters der Firma X betreffend den ihm vorgeworfenen Sachverhalt übermittelt, kommt in diesem Zusammenhang ebenso wenig Beweiskraft zu wie der E-Mail des Bw vom 22. Mai 2013 (Subzahl 27), mit welcher er eine von ihm an Herrn X geschriebene E-Mail, nicht jedoch dessen Antwort übermittelt hat.

 

·         Knickstrahlmessung / Dopplereffekt: Dass in der näheren Umgebung des Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerätes befindliche metallische Tafeln eine Knickstrahlmessung hervorgerufen haben, vermag aufgrund der durchgeführten fotogrammetrischen Rückrechnung ausgeschlossen zu werden (siehe auch die diesbezüglichen gutachterlichen Feststellungen im Protokoll der öffentlichen mündlichen Verhandlung). Weitere Überlegungen hinsichtlich der Aufstellung des Messgerätes entsprechend den Verwendungsbestimmungen können daher im konkreten Fall unterbleiben.

 

·         Zurückgelegte Wegstrecke zwischen A und B-Foto: Aufgrund des Kamerawinkels lässt sich das Vorbringen des Bw, bei einer Geschwindigkeit von 130 km/h hätte er in 0,5 Sekunden 18 Meter zurücklegen müssen, was er, wie auf den beiden Fotos ersichtlich sei, nicht getan habe, nicht verifizieren (siehe auch die diesbezüglichen gutachterlichen Feststellungen im Protokoll der öffentlichen mündlichen Verhandlung).

 

·         Prüfnummer / Prüfsumme (siehe auch das in Punkt 2.1.b. zusammengefasste Vorbringen des Bw): Wenn der Bw im Verfahren die Unrichtigkeit der Prüfnummer bzw der Prüfsumme geltend macht, ist ihm zu entgegnen, dass die Einblendung der Prüfsumme in der Bildzeile nach den Angaben des ASV (siehe Protokoll der öffentlichen mündlichen Verhandlung) keinerlei Rückschlüsse auf die Geschwindigkeitsmessung an sich zulässt. Dem Antrag des Bw auf Zeugeneinvernahme der Herren X und X von der Firma X zum Beweis der Fehlerhaftigkeit der Prüfsumme brauchte schon deshalb nicht entsprochen werden. Der Bw stellte die diesbezügliche Feststellung des ASV zwar in Abrede, weigerte sich jedoch, sein Vorbringen zu begründen.

 

Festgehalten wird, trotz der gutachterlich festgestellten Irrelevanz der Daten für die gegenständliche Geschwindigkeitsmessung, dass die Prüfsumme – wie vom ASV ermittelt wurde – korrekt ist (siehe Protokoll der öffentlichen mündlichen Verhandlung; E-Mail von Herrn X der Firma X an den ASV vom 28. März 2013 [Subzahl 12]). Darüber hinaus ist zudem auf die Ausführungen des ASV im Gutachten vom 13. Mai 2013 betreffend die Signatur bei der Verwendung von Digitalkameras zu verweisen.

 

·         Bremsvorgang während / nach der Radarmessung: Unstrittig wurde, wie auf beiden Fotos anhand der Bremsleuchte erkennbar ist, das KFZ abgebremst. Der ASV konnte jedoch in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar darlegen, dass in zeitlicher Hinsicht zuerst die Radarmessung, also die Messung der gefahrenen Geschwindigkeit, und erst im Anschluss (nämlich dann, wenn eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit errechnet wird) die Lichtbildaufnahme erfolgt. Da beide Bilder das Fahrzeug nach der Geschwindigkeitsmessung zeigen, kann aus der Tatsache, dass das Fahrzeug während den Aufnahmen abgebremst wurde, kein unmittelbarer Rückschluss auf die im Messzeitpunkt gefahrene Geschwindigkeit gezogen werden.

 

·         Abschließend ist festzuhalten, dass die wiederholten Anschuldigungen des Bw, der ASV sei nicht unabhängig und sage zu seinen Lasten die Unwahrheit, aus Sicht des erkennenden Mitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich jeglicher Grundlage entbehren. Der ASV ist bei der Erstellung von Gutachten an keine Weisungen gebunden und es ist nicht ersichtlich, aufgrund welchen Motivs er ein unrichtiges Gutachten erstellt haben soll.

 

Im gesamten Verfahren sind somit – trotz weit überdurchschnittlich umfangreicher behördlicher Ermittlungen – keine Anhaltspunkte zu Tage getreten, welche die vom gegenständlichen Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät ermittelte und dem Bw in Folge angelastete Geschwindigkeit von 123 km/h als falsch erscheinen lassen würden.

 

3.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl § 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1.1. Dem Bw wird angelastet, am 19. September 2012 um 21:38 Uhr im Bereich der Gemeinde x, Autobahn Ax bei StrKm 217,638 in Fahrtrichtung x, welcher außerhalb eines Ortsgebietes liegt, als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen X die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 63 km/h überschritten und damit § 52 lit a Z 10 a StVO 1960 verletzt zu haben.

 

§ 52 lit a Z 10a der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), BGBl 1960/159 in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung, bildet ein Verkehrszeichen ab, welches anzeigt, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometerzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist. Im ggst Fall befand sich im Tatzeitpunkt auf der A1 in Fahrtrichtung Wien bei StrKm 217,780 ein Verkehrszeichen, welches eine höchst zulässige Fahrgeschwindigkeit von 60 km/h verkündete.

 

4.1.2. Als Rechtsgrundlage für das angesprochene Verkehrszeichen kommt die durch den Bezirkshauptmann des Bezirks Gmunden erlassene Verordnung von Verkehrsmaßnahmen anlässlich der mit Bescheid [des Bezirkshauptmannes von Gmunden] vom 25. Juli 2011 bewilligten Arbeiten auf und neben der A1 von Strkm 215,880 bis 223,840 in Betracht (im Folgenden: VO VerkR10-492-2011).

 

Die Präambel der VO VerkR10-492-2011 lautet:

"Gemäß § 43 Abs. 1a in Verbindung mit § 94b Abs. 1 lit. b der Straßenverkehrsordnung 160 (StVO) werden […] folgende vorübergehende Verkehrsmaßnahmen im Zeitraum von 1.9.2011 bis 30.12.2012 verordnet:"

 

§ 1 der VO VerkR10-492-2011 lautet:

"Zur Durchführung von Bauarbeiten […] werden jene Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsgebote und Verkehrsverbote erlassen, die aus dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 27.5.2011 (sic), Zl.: VerkR10-492-2011, und den beigeschlossenen Spurmarkierungs- und Verkehrszeichenpläne (sic), Zl.: A1/W4/G/3029-B und A1/W4/G/3035 ersichtlich sind, wobei die genannten Planunterlagen einen integrierten Bestandteil dieser Verordnung bilden."

 

4.1.3. Prima vista ist aufgrund des in der Präambel der VO VerkR10-492-2011 angegebenen Zeitraumes von 1.9.2011 bis 30.12.2012 von einer Anwendbarkeit der Verordnung am dem Bw angelasteten Tattag – dem 19. September 2012 – auszugehen.

 

Welche konkreten Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsgebote und Verkehrsverbote am Tattag tatsächlich gegolten haben, kann jedoch erst anhand § 1 der VO VerkR10-492-2011 in Verbindung mit dem Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 25.7.2011, VerkR10-492-2011, welcher in der Verordnung fälschlicherweise als Bescheid vom 27.5.2011 bezeichnet wird, ermittelt werden.

 

4.1.4. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 25.7.2011, VerkR10-492-2011, wurde der Antragstellerin die Bewilligung erteilt, auf der Westautobahn A1 im Bereich StrKm 215,880 bis 223,840 im Zeitraum von 1.9.2011 bis 30.12.2012 den Neubau des Brückenobjekts W4 (xbrücke Steyrermühl) durchzuführen.

 

Diese Bewilligung geht ua mit der Auflage einher, dass die im dem Bescheid beiliegenden Gutachten des technischen Amtssachverständigen genannten Punkte einzuhalten sind (Auflagepunkt 1.).

 

Punkt 48. des angeführten Gutachtens lautet:

 

"Die Bewilligung a) A1/W4/G/3035 ist nur in der Zeit vom 27.9.2011 bis 13.11.2011[,] die Bewilligung b) A1/W4/G/3029-B ist nur in der Zeit vom 31.5.2012 bis 30.12.2012"

 

Wenn die Anordnung in Punkt 48. auch in Form eines unvollständigen Satzes erfolgt, so ist dessen normativer Gehalt dennoch klar: Im Zeitraum vom 27.9.2011 bis 13.11.2011 soll der Spurmarkierungs- und Verkehrszeichenplan mit der Nummer 3035, im Zeitraum vom 31.5.2012 bis 30.12.2012 der Plan mit der Nummer 3029-B Geltung entfalten.

 

Am 19. September 2012 waren daher die im Spurmarkierungs- und Verkehrszeichenplan A1/W4/G/3029-B ersichtlichen Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsgebote und Verkehrsverbote verordnet. Diesem – beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich im Original aufliegenden Plan – ist zu entnehmen, dass in Fahrtrichtung x ab Straßenkilometer 217,780 eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 60 km/h bestehen soll. Im ggst Fall befand sich – wie aus den Aktenvermerken der ASFINAG im beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich aufliegenden Verordnungsakt des Bezirkshauptmannes von Gmunden, VerkR10-492-2011, hervorgeht – im Tatzeitpunkt auf der Ax in Fahrtrichtung x bei StrKm 217,780 auch ein Verkehrszeichen, welches eine höchst zulässige Fahrgeschwindigkeit von 60 km/h verkündete.

 

4.2.1. § 99 Abs 2e StVO 1960 in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung lautet wie folgt:

 

"Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 150 bis 2180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 48 Stunden bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschreitet."

 

4.2.2. Subsumiert man den vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in Punkt 3.3.1. angenommenen Sachverhalt unter die §§ 52 lit a Z 10a und § 99 Abs 2e StVO 1960, so steht außer Zweifel, dass der Bw, welcher auf der A1, und damit außerhalb des Ortsgebietes, bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h sein Fahrzeug mit 123 km/h lenkte, objektiv den in diesen Normen abgebildeten Tatbestand verwirklicht hat.

 

4.2.3. Gemäß § 5 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter bzw die Täterin nicht glaubhaft macht, dass ihn bzw sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch das Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Dem Bw ist aufgrund dieser Judikatur jedenfalls fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen. Er hat im Verfahren keine Tatsachenvorbringen erstattet bzw keine Beweise beigebracht, welche gegen die gesetzliche Annahme sprechen würden.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich teilt daher auch auf der Verschuldensebene die Ansicht der belangten Behörde.

 

4.3.1. Abschließend bleibt die Höhe der verhängten Strafe zu überprüfen.

 

Da der Bw außerhalb des Ortsgebietes die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 63 km/h überschritten hat, findet – der oben bereits im Wortlaut wiedergegebene – § 99 Abs 2e StVO 1960 Anwendung. Die Norm sieht eine Geldstrafe von 150 bis 2180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit Arrest von 48 Stunden bis zu sechs Wochen, vor.

 

4.3.2. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind im ordentlichen Verfahren die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die von der belangten Behörde verhängte Strafe von EUR 310,00 ist tat- und schuldangemessen. § 99 Abs 2e StVO 1960 sieht bei einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um mehr als 50 km/h eine Mindeststrafe von EUR 150,00 vor. Der Bw hat die zulässige Höchstgeschwindigkeit jedoch nicht nur um knapp mehr als 50 km/h, sondern mit 63 km/h um deutlich mehr überschritten. Aus diesen Gründen kann im ggst Fall keinesfalls mit der vom Gesetzgeber vorgegebenen Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden. Dies auch vor dem Hintergrund, als der Bw nach eigenen Angaben über ein monatliches Einkommen von ca EUR 2.000,-, und damit um deutlich mehr, als von der belangten Behörde angenommen, verfügt.

 

Ein Strafausmaß in der Höhe von EUR 310,00 – das entspricht lediglich 14 % des vorgesehenen Strafrahmens – scheint auch vor dem Hintergrund des Ausmaßes der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, als angemessen, als die vom Bw überschrittene zulässige Höchstgeschwindigkeit lediglich 60 km/h betrug. Der Bw lenkte somit das KFZ mit mehr als doppelt so hoher Geschwindigkeit, woraus eine massive Gefährdung der Schutzinteressen der verletzten Norm (§ 52 lit a 10 StVO 1960) abzuleiten ist. Insbesondere in bzw unmittelbar vor Baustellenbereichen stellen eklatante Geschwindigkeitsüberschreitungen nämlich unzweifelhaft eine äußerst hohe Gefährdung der Verkehrssicherheit dar.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich teilt vor diesem Hintergrund auch hinsichtlich der Strafhöhe die Ansicht der belangten Behörde (Spruchpunkt I.). Angesichts der Höhe der Geldstrafe entspricht die Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe von 168 Stunden der vom Gesetzgeber vorgegebenen Relation.

 

4.4. Aufgrund des in vorigem Punkt erzielten Ergebnisses war gemäß § 64 Abs 2 VStG ein Beitrag des Bw zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in der Höhe von
20 % der verhängten Strafe festzusetzen (Spruchpunkt II.).

 

5. Abschließend wird bezüglich Punkt 2.3. angemerkt, dass die Vorbringen und Schlussfolgerungen des Bw hinsichtlich der während der Anhängigkeit des Berufungsverfahrens durch die belangte Behörde (irrtümlich) erfolgte Einmahnung des Strafbetrages aus rechtlicher Sicht in keinster Weise nachvollzogen werden können. Diesbezüglich sei daher lediglich festgehalten, dass aufgrund des vom Bw erhobenen Rechtsmittels die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich zur Entscheidung über dieses begründet wurde. Dass die Zuständigkeit in Folge erloschen wäre (etwa durch Zurückziehung der Berufung, Ablauf der 15-monatigen Entscheidungsfrist), ist nicht ersichtlich.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 


 

 

 

 

Markus Zeinhofer

 

 

 

 

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