Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167741/11/Sch/AK

Linz, 14.06.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung der Frau x, geb. x, vertreten durch die Rechtsanwaltsgemeinschaft x OEG, xStraße x, x x, gegen die Fakten 1. und 3. des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 15. März 2013, VerkR96-8428-2012-Wid, wegen zweier Übertretungen der Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16. Mai 2013, zu Recht erkannt:

 

 

I.            Die Berufung wird abgewiesen und das Straferkenntnis hinsichtlich der Fakten 1. und 3. bestätigt.

 

II.         Die Berufungswerberin hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von insgesamt 370 Euro (20 % der bezüglich Fakten 1. und 3. verhängten Geldstrafen) zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Der Bezirkshauptmann von Braunau am Inn hat mit Straferkenntnis vom 15. März 2013, VerkR96-8428-2012-Wid, über Frau x, x x, x x, wegen zweier Übertretungen der Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960 wie folgt Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen verhängt:

Sie habe sich am 09.12.2012 gegen 21.00 Uhr in x x, x Nr. x, nach Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organes der Straßenaufsicht geweigert, ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl sie im Verdacht gestanden habe, dass ihr Verhalten als vermutlich alkoholbeeinträchtigte Lenkerin des PKWs mit dem Kennzeichen x am Unfallsort – der Unfall ereignete sich in der Gemeinde x auf der Lx bei Strkm 36.900 am 09.12.2012 um 20.45 Uhr – mit einem Verkehrsunfall in ursächlichen Zusammenhang gestanden sei. Sie habe somit eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs.2 zweiter Satz StVO 1960 begangen und wurde gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 mit einer Geldstrafe von 1600 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) belegt.

 

Weiters sei sie mit dem oben umschriebenen Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden und habe an der Sachverhaltsfeststellung nicht mitgewirkt. Obwohl sie zunächst angegeben habe, sich in ihrer Wohnanschrift aufzuhalten, konnte sie von der Polizei weder persönlich noch telefonisch erreicht werden.

Sie habe deshalb eine Verwaltungsübertretung gemäß § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 zu verantworten, weshalb gemäß § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 250 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) verhängt wurde.

 

Weiters wurden Kostenbeiträge zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 185 Euro vorgeschrieben.

 

2. Gegen diese beiden Punkte des Straferkenntnis – ein dritter Tatvorwurf wurde nicht in Berufung gezogen – wurde von der Berufungswerberin rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

Anlässlich der eingangs angeführten Berufungsverhandlung erfolgte eine Beweisaufnahme in Form der zeugenschaftlichen Befragung des Meldungslegers, des seinerzeitigen Gutsverwalters vom „x“, des von der Berufungswerberin stellig gemachten Lebensgefährten sowie der Berufungswerberin selbst.

 

Unbestritten ist vorweg, dass die Berufungswerberin als Lenkerin eines PKW an der eingangs angeführten Örtlichkeit von der Fahrbahn abkam und in einen Weidezaun geriet. Hinsichtlich der Beschädigung dieses Zaunes, der zum Gut Wildshut gehört, ist festzuhalten, dass vom Meldungsleger diesbezüglich Lichtbilder angefertigt worden sind. Auf dem einen Lichtbild sind Holzsteher zu erkennen, von denen bloß einer noch aufrecht ist. Die anderen hölzernen Zaunteile liegen entweder komplett am Boden oder ragen sehr schief in die Höhe. Auch von einem Draht ist etwas zu erkennen. Der Gesamteindruck der Lichtbilder lässt den Schluss zu, dass der Weidezaun an dieser Stelle durch den Verkehrsunfall beschädigt worden ist.

Auch der zeugenschaftlich befragte Gutsverwalter gab an, dass die Berufungswerberin mit ihrem Lebensgefährtin zu ihm an den Hof gekommen sei und diese dort erklärt hätten, dass ein Zaun kaputt sei und sie den Schaden begleichen wollten. Dies solle nicht über die Versicherung erfolgen. Seitens des Verwalters war aufgrund der herrschenden Winterzeit vorgesehen, den Zaun erst im Frühjahr zu sanieren. Laut eigener Begutachtung durch den Verwalter sei kein sehr großer Schaden feststellbar gewesen. Zwei Pfähle des Zaunes seien umgeschoben gewesen, allerdings nicht gebrochen. Auch seien zwei oder drei Drähte gerissen gewesen.

Die Schadenswiedergutmachung wurde in der Weise geregelt, dass der Lebensgefährte der Berufungswerberin den Mitarbeitern des Gutsverwalters für die Wiederherstellung des Zaunes eine Jause spendieren sollte. Dies ist in der Folge dann auch geschehen.

 

Als Verkehrsunfall ist jedes plötzliche, mit dem Straßenverkehr ursächlich zusammenhängende Ereignis anzusehen, welches sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zuträgt und einen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat (VwGH 20.4.2001, 99/02/0176 uva.). Durch die Tatsache, dass die Berufungswerberin mit ihrem Fahrzeug von der Fahrbahn abkam und in den erwähnten Weidezaun stieß, wurde dieser ohne Zweifel an der Anstoßstelle beschädigt. Dies ist sowohl durch die erwähnten Lichtbilder als auch durch die Angaben des Gutsverwalters hinreichend dokumentiert. Auch die Berufungswerberin selbst ging von einem Verkehrsunfall mit Sachschaden aus, da sie ja, wie später noch zu erörtern sein wird, diesen bei der Polizei telefonisch meldete. Auch war nach den Angaben des Gutsverwalters eine Sanierung des Zaunes erforderlich. Wie aufwendig diese war bzw. in welcher Form die Schadensgutmachung dann erfolgte, etwa durch das Bezahlen einer Jause für die Mitarbeiter, ist rechtlich für die Qualifizierung des Vorganges als Verkehrsunfall mit Sachschaden ohne Belang. In dem Moment, in dem der Zaun beschädigt worden war, war der Fremdschaden eben eingetreten gewesen, welche Tatsache alleine entscheidend für die Bewertung des Vorganges ist.

 

4. Die Berufungswerberin hat den Verkehrsunfall telefonisch direkt – also nicht über die Bezirksleitstelle der Polizei – bei der Polizeiinspektion Ostermiething, laut Anzeige um 21.00 Uhr, gemeldet. Über dieses Telefongespräch, das vom Meldungsleger entgegen genommen wurde, gibt es divergierende Angaben.

Der Meldungsleger schilderte das Telefonat in der Berufungsverhandlung zusammengefasst wie folgt:

Die Anruferin habe sich als x zu erkennen gegeben. Sie erklärte, dass sie gerade mit ihrem Auto zwischen x und x einen Zaun umgefahren habe. Der Meldungsleger fragte nach, wo sich die Anruferin gerade befindet. Es wurde erklärt, sie befinde sich bei ihr zu Hause in x Nr. x. Ihr wurde vom Beamten erklärt, dass sofort hinausgefahren werden würde zur Unfallstelle, um diese zu besichtigen. Danach sei vorgesehen, dass die Beamten zu ihr nach Hause kommen würden, um einen Alkotest zu machen. Der Beamte habe noch einmal nachgefragt, ob sie sicher in x zu Hause anwesend sei, da sonst ja die Fahrt dorthin umsonst wäre. Als sie vom vorgesehenen Alkotest hörte, habe sie in einer nicht näher zu bestimmenden Weise reagiert, der Zeuge schilderte seinen Eindruck so, als ob sie sein Begehren ins Lächerliche ziehen wollte. Im Gespräch wurde offenkundig wiederholt darauf hingewiesen, dass die Beamten zu ihr nach Hause kommen würden, um einen Alkotest zu machen. Vorher sei noch die Besichtigung der Unfallstelle erforderlich, um festzustellen, ob wirklich ein Unfall vorlag. Die vorgesehene Vorgangsweise der Beamten sei laut Eindruck des Meldungslegers für Frau x jedenfalls verständlich gewesen, im Zuge des Gespräches habe der Beamte zwar den Eindruck gehabt, dass hier eine Alkoholisierung vorliegen könne, von Verständigungsschwierigkeiten habe aber nicht die Rede sein können. Nach Beendigung des Telefonats fuhr der Meldungsleger mit einem Kollegen dann zur Unfallstelle, besichtigte diese und das auch in der Nähe verbliebene Fahrzeug der Berufungswerberin und fuhr dann weiter an deren Wohnadresse. Die Wegzeit von der PI Ostermiething bis zur Unfallstelle gab der Zeuge mit etwa 5 Minuten an, die Unfallaufnahme wird auch etwa 5 Minuten gedauert haben, dann sei man weitergefahren zum unmittelbar in der Nähe gelegenen Wohnort der Berufungswerberin. In Summe dürfte sich ein Zeitaufwand von etwa 20 Minuten zwischen Telefonat und Eintreffen bei der Berufungswerberin zu Hause ergeben haben.

Dort habe der Zeuge den Namen der Berufungswerberin auf dem Klingelbrett des Hauses ausfindig gemacht und geläutet. Hierauf erfolgte allerdings keine Reaktion. Daraufhin wurde ein Nachbar herausgeläutet, der die Beamten in das Stiegenhaus ließ. Dann wurde auch noch direkt an der Wohnungstür der Berufungswerberin geläutet und auch geklopft. Schließlich versuchte es der Meldungsleger mit mehreren Anrufversuchen auf der Handynummer der Berufungswerberin, zumal er diese bei dem vorangegangenen Gespräch am Posten Ostermiething abgelesen und notiert hatte. Auch diese Versuche scheiterten. Nach einem Aufenthalt vor der Wohnungstüre der Berufungswerberin von etwa 5 Minuten sei die Polizei dann wieder abgerückt.

 

Erst Tage nach dem Vorfall sei es dann zu einem direkten Kontakt zwischen der Berufungswerberin und dem Meldungsleger gekommen.

 

5. Demgegenüber gab die Berufungswerberin bei der Berufungsverhandlung an, von ihr zu Hause aus die Polizei nach dem Verkehrsunfall angerufen zu haben. Sie war von ihrem Bekannten, Herrn x, von der Unfallstelle abgeholt und nach Hause gebracht worden. Das Fahrzeug habe sie zurückgelassen, da sich die Fahrertür nicht mehr habe öffnen lassen.

Sie habe bei dem Telefonat dem Beamten die Unfallstelle beschrieben und auch angegeben, wo das Fahrzeug stand. Auch habe sie gesagt, dass sie bei sich zu Hause sei. Der Beamte habe erklärt, dass die Polizei in 10-15 Minuten bei ihr erscheinen würde. Er habe aber weder gesagt, dass er zum Unfallort fahren noch dass er einen Alkotest machen würde. Das ganze Gespräch habe keine 30 Sekunden gedauert. Die Berufungswerberin habe allerdings schon die Sache so verstanden, dass sie die 10-15 Minuten warten müsse, bis die Polizei erscheine. Diese sei allerdings nicht erschienen, auch habe kein Anruf stattgefunden. Bei dem Telefonat sei Herr x zu Hause anwesend gewesen und habe mit ihr das Eintreffen der Polizei abgewartet. Die beiden hätten bis gegen 21.30 Uhr gewartet, dann seien sie aus der Wohnung gegangen und die in ganz geringer Entfernung gelegene Wohnung des Herrn x aufgesucht. Sie könne sich die Angaben des Meldungsleger bei der Berufungsverhandlung nicht erklären. Auch wurde von ihr darauf hingewiesen, dass in x kein schlechter Handyempfang herrsche. Zudem sei keine Mitteilung vom Gerät registriert worden über einen Anruf in Abwesenheit.

 

Im Hinblick auf das Telefonat gab die Berufungswerberin an, sie habe von einem Alkotest beim Telefonat nichts gehört oder verstanden. Allerdings behaupte sie auch nicht, dass der bei der Verhandlung befragte Polizist gelogen hätte.

 

Bei der Berufungsverhandlung wurde auch der von der Rechtsmittelwerberin stellig gemachte Lebensgefährte zeugenschaftlich befragt. Mit dem Verkehrsunfall direkt hatte er demnach nichts zu tun gehabt, er war zu diesem Zeitpunkt mit seinem LKW unterwegs in der Stadt Salzburg gewesen. Dort habe er einen Anruf der Berufungswerberin erhalten, worin sie ihm erklärte, dass sie gerade mit dem Fahrzeug in einen Weidezaun gerutscht sei. Auch habe sie ihm die Unfallstelle beschrieben. Des Weiteren gab sie an, dass ein Freund bei ihr sei und sie mit ihm auf die Polizei warte. Bei dem Anruf seien die beiden noch an der Unfallstelle gewesen. Dies habe die Berufungswerberin beim Gespräch erklärt.

 

Der Anruf dürfte gegen 21.00 Uhr stattgefunden haben, bei Frau x zu Hause eingetroffen ist der Zeuge gegen 22.00 Uhr bzw. 22.30 Uhr. Als der Zeuge in der Wohnung seiner Lebensgefährtin eintraf, sei Herr x noch anwesend gewesen.

 

6. Bei der Würdigung dieser Angaben tun sich einige Widersprüchlichkeiten auf. Auffällig ist zum einen, dass, geht man von der Glaubwürdigkeit des Lebensgefährten der Berufungswerberin aus, sie ihm gegenüber erklärt haben musste, zusammen mit Herrn x an der Unfallstelle zu sein und nach der telefonischen Meldung des Vorfalles bei der Polizei dort auf das Eintreffen der Beamten zu warten. Ganz anders sind zum andern die Angaben der Berufungswerberin selbst und des Meldungslegers, wonach Telefonat und Warten auf die Polizei zu Hause erfolgt sein sollen. Eine dritte Variante der Örtlichkeit, von wo aus die Polizei verständigt wurde, findet sich in der rechtsfreundlich verfassten Rechtfertigung vom 16. Jänner 2013, wo es heißt, dass sie Herrn x nach dem Verkehrsunfall angerufen habe und dieser sie zu ihm mit nach Hause genommen habe. Von dort aus, also der Wohnung x, sei dann der Anruf bei der Polizei erfolgt. Diese Variante wurde allerdings in der Stellungnahme vom 04. Februar 2013 wiederum „berichtigt“, wonach der Anruf doch aus der Wohnung von Frau x erfolgt sei. Wenngleich die Örtlichkeit, von wo aus mittels Mobiltelefon die Polizei verständigt wird, letztendlich nicht wirklich entscheidungsrelevant ist, muss es doch als bemerkenswert angesehen werden, dass zeitweise drei Örtlichkeiten in einem Verfahren genannt werden.

 

Ein weiterer Widerspruch wird von der Berufungsbehörde zwischen den Angaben des Lebensgefährten und jenen der Berufungswerberin erblickt. Als der Zeuge laut eigenen Angaben bei der Berufungswerberin zu Hause eingetroffen sei, etwa 22.00 bzw. 22.30 Uhr, habe er diese zusammen mit Herrn x in ihrer Wohnung angetroffen. Anders die Schilderung der Berufungswerberin selbst, die angab, dass ihr Lebensgefährte in der Wohnung des Herrn x eingetroffen sei, als sie noch bei ihm zu Hause gewesen sei. Danach seien er und sie von Herrn x weg zu ihr nach Hause gegangen.

 

Auch hier gibt es noch eine andere Variante, nämlich in der Rechtfertigung vom 16. Jänner 2013, wo es heißt, die Beschuldigte habe insgesamt ca. 20 Minuten mit Herrn x gewartet. Nachdem jedoch niemand von der Polizei gekommen sei, habe sie sich von Herrn x zu x, x x, x x, dem Lebensgefährten der Beschuldigten, führen lassen.

Bei der Berufungsverhandlung war davon nicht einmal ansatzweise die Rede, vielmehr habe sie ihre Wohnung gemeinsam mit Herrn x in Richtung dessen Wohnung verlassen.

 

Die Schilderungen der Geschehnisse durch die Berufungswerberin im Rahmen des erstbehördlichen Verwaltungsstrafverfahrens bzw. in der Berufungsverhandlung gehen in manchen Details weit auseinander. Es dürfte ihr offenkundig daran gelegen gewesen sein, eine für sie möglichst günstige Variante zu schildern, wobei es ihr nicht gelungen ist, in allen Bereichen des Vorganges eine halbwegs gleiche Darstellung abzugeben. Widersprüchlichkeiten bei den Angaben eines Beschuldigten sprechen naturgemäß nicht für seine Glaubwürdigkeit.

 

7. Demgegenüber hat der Meldungsleger seine Angaben zum Vorfall inhaltlich immer in der gleichen Weise gemacht. Dieser hat in Summe fünfmal den Sachverhalt geschildert, nämlich einmal in der GENDIS-Anzeige vom 12. Dezember 2012, in der Verkehrsunfallanzeige vom 13. Dezember 2012, im Rahmen seiner zeugenschaftlichen Befragung vor der Erstbehörde am 22. Jänner 2013, in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 27. Februar 2013 und schließlich anlässlich der Berufungsverhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat am 16. Mai 2013.

Der Meldungsleger hat dabei den Inhalt des Telefongespräches mit der Berufungswerberin stets gleichbleibend wiedergegeben, insbesondere im Hinblick auf die Akündigung, dass sie von Polizeibeamten zu Hause aufgesucht werden würde, um einen Alkotest durchzuführen. Vorher werde noch die Unfallstelle besichtigt, dann war der Alkotest vorgesehen. Es besteht für die Berufungsbehörde nicht der geringste Grund zu Annahme, dass die Berufungswerberin diesen einfachen Inhalt des Telefongespräches nicht verstanden hätte. Auch ist beim Telefonat klar hervorgekommen, dass sie auf das Eintreffen der Polizeibeamten zu warten hätte, eine Schlussfolgerung, die sogar von ihr selbst gezogen wurde. Aufgrund der Tatsache, dass sie, als die Beamten etwa 20 Minuten nach dem Telefongespräch bei ihr zu Hause erschienen, dann nicht (mehr) dort war, hat sie der telefonischen Aufforderung zur Alkomatuntersuchung eben nicht entsprochen gehabt. Wenn die Berufungswerberin behauptet, von einem Alkotest sei beim Telefonat nie die Rede gewesen, so muss dies als bloße Schutzbehauptung abgetan werden. Der Meldungsleger hat, wie schon oben angeführt, insgesamt fünfmal im Verfahren das Gegenteil behauptet. Man müsste ihm also, glaubte man den Angaben der Berufungswerberin, unterstellen, dass er wiederholt die völlige Unwahrheit geschrieben bzw. zeugenschaftlich ausgesagt hätte. Für eine solche Annahme findet sich aber nicht der geringste Grund. Vielmehr hat der Meldungsleger bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme vor der Berufungsbehörde einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen und schlüssige Angaben gemacht. Die Beamten haben demnach an der Wohnungstür der Berufungswerberin geläutet und auch durch Klopfzeichen versucht, sich bemerkbar zu machen. Darüber hinaus erfolgten seitens des Meldungslegers noch Anrufversuche bei der Berufungswerberin, wobei dieser allerdings sogleich an die Mailbox geriet. Es mag nun dahingestellt bleiben, welche Schilderungsvariante seitens der Berufungswerberin den Tatsachen entsprach, also ob sie zu diesem Zeitpunkt zu Hause war oder sich bei Herrn x bzw. sonst wo aufhielt, aufgrund des Umstandes, dass den Beamten nicht geöffnet wurde und sie daher der Alkomatuntersuchung mit ihr nicht durchführen konnten, hatte sie die Verweigerung derselben begangen. Genau genommen sind die Anrufversuche seitens des Meldungslegers als „Fleißaufgabe“ anzusehen, zumal die Aufforderung ja schon vorangegangen am Telefon ausgesprochen worden war und als Ort der Untersuchung die Wohnung der Berufungswerberin vorgesehen war, wo sie sich laut eigenen Angaben beim Telefonat ja aufhielt. Als die Beamten etwa 20 Minuten danach eintrafen, war die Berufungswerberin entweder nicht mehr da oder sie öffnete nicht.

Weitere Erhebungsschritte seitens der Berufungsbehörde, wie von der Rechtsmittelwerberin bei der Berufungsverhandlung verlangt, sind daher völlig entbehrlich. Die beantragte Überprüfung der Rufdaten der dienstlichen Mobiltelefone des Meldungslegers ist schon aus dem erwähnten Grund, dass die Berufungswerberin ja auf Läuten bzw. Klopfen hätte öffnen müssen, zur Wahrheitsfindung nicht erforderlich. Im Übrigen würde die Durchführung einer solchen Beweisaufnahme außerdem voraussetzen, dass Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussage des Meldungslegers geboten wären. Man müsste ihm also unterstellen, dass er die Anrufversuche völlig frei erfunden hätte und diesen Umstand in einem Verwaltungsstrafverfahren insgesamt fünfmal aufrechterhalten hätte. Einer solchen Mutmaßung kann die Berufungsbehörde allerdings nicht näher treten.

 

Auch die zeugenschaftliche Befragung des Herrn x hätte am Ergebnis des Berufungsverfahrens nichts ändern können. Dies zum einen schon deshalb, da ja die Berufungswerberin selbst verschiedene Varianten aufgetischt hat, bei denen Herr x vorkommt. Abgesehen davon ist zudem noch auf die mangelnde Relevanz der Anrufversuche des Meldungslegers zu verweisen. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch die Begründung der verlangten Einvernahme des Zeugen x in der Berufungsschrift. Demnach „kann zumindest indirekt erhoben werden, dass die Berufungswerberin am Telefon keinesfalls zur Durchführung des Alkotests aufgefordert worden oder ein derartiger Test angekündigt worden ist“. Solche „indirekte“ Wahrnehmungen können die glaubwürdigen Angaben eines Zeugen, der sie ja direkt gemacht hat, keinesfalls widerlegen.

 

Wenn die Berufungswerberin ihr angeblich erfolgloses Warten auf die Polizei sich damit erklärt, den Beamten wäre wohl etwas dazwischen gekommen und sie hätten Wichtigeres zu tun gehabt, als die Aufnahme eines relativ unbedeutenden Verkehrsunfalles, so könnte ein anderer Erklärungsversuch für die misslungene direkte Kontaktaufnahme realitätsnäher sein. Als die Berufungswerberin am Telefon vernahm, dass sie die Beamten – offenkundig wider Erwarten – zu Hause aufsuchen würden, um eine Alkomatuntersuchung durchzuführen, könnte sie bestrebt gewesen sein, diesen aus dem Weg zu gehen, weshalb sie entweder, obwohl zu Hause, den Beamten nicht öffnete, oder sich von dort – wohin auch immer – entfernte.

 

Wenn der Meldungsleger bei dem erwähnten Telefonat den Eindruck hatte, eine Alkoholisierung bei der Berufungswerberin aufgrund ihrer Sprechweise nicht ausschließen zu können, später allerdings beim direkten Kontakt mit ihr offenkundig den Eindruck erhielt, dass die für ihn als ungewöhnlich empfundene Sprechweise offenkundig ihre normale ist, so kommt diesem Detail nach Ansicht der Berufungsbehörde keine Bedeutung aus den nachstehenden Erwägungen heraus zu.

 

8. Gemäß § 5 Abs.2 Z2 StVO 1960 sind die Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, bei denen der Verdacht besteht, dass ihr Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Eine solche im Hinblick auf Alkoholisierung verdachtsfreie Aufforderung kann also dann erfolgen, wenn beim einschreitenden Organ der Verdacht entsteht, dass das Verhalten der betreffenden Person am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht. Gegenständlich hat die Berufungswerberin selbst den Verkehrsunfall telefonisch bei der Polizei zur Anzeige gebracht, sodass beim einschreitenden Beamten naturgemäß der Verdacht entstehen musste, dass entsprechend den Angaben am Telefon sich eben ein solcher Verkehrsunfall zugetragen hatte. Damit war er berechtigt, eine Aufforderung zur Alkomatuntersuchung auszusprechen. Ob sich dieser Verdacht dann bei der Nachschau am Unfallsort vor der vorgesehenen Untersuchung noch durch eigene Wahrnehmungen bekräftigt, spielt nach der Diktion dieser Gesetzesbestimmung keine Rolle.

 

In den erläuternden Bemerkungen 05/1 heißt es dazu:

„Mit der Änderung dieser Bestimmung wird der Judikatur (etwa dem Erkenntnis des VwGH vom 20.4.2004, 2004/02/0043) Rechnung getragen, wonach eine Aufforderung zur Ablegung einer Atemluftprobe ohne Vorliegen eines Verdachts auf Alkoholbeeinträchtigung nur im Zuge einer ‚unmittelbar‘ an das Lenken anschließenden Amtshandlung zulässig ist. Gerade bei Verkehrsunfällen treffen die Organe der Straßenaufsicht jedoch zwangsläufig praktisch immer erst zu einem Zeitpunkt am Unfallort ein, der im Sinne der Rechtssprechung nicht mehr unmittelbar an das Lenken heranschließt.

Somit darf nunmehr bei allen Verkehrsteilnehmern, deren Verhalten mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, eine Atemluftuntersuchung vorgenommen werden. Der Verdacht einer Alkoholbeeinträchtigung muss nicht vorliegen. Diese Bestimmung findet auch auf Personen Anwendung, die in Verdacht stehen, an einem Verkehrsunfall beteiligt gewesen zu sein, sich aber nicht mehr am Unfallort befindet (z.B. Fahrerflüchtige).“

 

Dass beim Meldungsleger beim Telefonat auch der Verdacht in Richtung einer Alkoholisierung – wohl nur in einem geringen Ausmaß, da bei einem Telefonat hier zuverlässige Wahrnehmungen eher die Ausnahme sind - entstand, ist eine bloß zusätzliche Komponente, aber auch ohne diesem Verdacht wäre die Aufforderung rechtens gewesen, auch in der erfolgten telefonischen Form (VwGH 12.9.2006, 2006/02/0181).

 

9. Zur Strafbemessung hinsichtlich dieser Übertretung:

Seitens der Erstbehörde wurde gegenständlich die für die Verweigerung der Alkomatuntersuchung vorgesehene gesetzliche Mindeststrafe des § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960, nämlich 1600 Euro, verhängt. Gesetzliche Mindeststrafen dürfen, wie der Name schon sagt, von den Behörden in Strafbescheiden nicht unterschritten werden. Einzige Ausnahme hievon ist die Bestimmung des § 20 VStG, die voraussetzt, dass die Erschwerungsgründe von den Milderungsgründen beträchtlich überwogen werden. Der Berufungswerberin kommt zwar nach der Anlage der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute, dieser Umstand alleine rechtfertigt aber noch nicht eine Anwendung dieser Bestimmung, da ansonsten wohl jedem Ersttäter diese Rechtswohltat zukommen müsste, wovon keinesfalls auszugehen ist.

Die Voraussetzung für eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG sind gegenständlich schon gar nicht gegeben. Von geringfügigem Verschulden seitens der Berufungswerberin kann angesichts ihres Verhaltens nicht ausgegangen werden.

 

10. Die Berufungswerberin hat nach der telefonischen Verständigung der Polizei vom Verkehrsunfall nichts mehr zur Klärung des Sachverhaltes beigetragen. Wie schon oben ausführlich dargelegt, war sie entgegen der telefonischen Aufforderung durch den Meldungsleger, bis zum Eintreffen der Polizei bei ihr zu Hause dort zu warten, nicht mehr auffindbar. Die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Mitwirkungspflicht im Sinne des § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 verlangt eine aktive Mitwirkung an der Sachverhaltserhebung. Diese Erhebung wird in der Regel am Unfallsort vorzunehmen sein, selbst wenn dort keine oder verhältnismäßig wenige sichtbare Spuren zurückgeblieben sind (VwGH 28.4.1976, 1434/75). Die Berufungswerberin hat sich nicht nur von der Unfallstelle entfernt, sondern war dann für die weiteren Ermittlungen überhaupt nicht mehr verfügbar. Zur genauen Sachverhaltsfeststellung wäre es aber ohne Zweifel geboten gewesen, dass die Berufungswerberin auch von den Polizeibeamten persönlich befragt wird, insbesondere für Feststellungen dahingehend, in welcher Verfassung sie sich befindet. Ihr war mitgeteilt worden, dass sie von den Beamten zu Hause aufgesucht werden würde, was im Rahmen des Vorganges nur den Zweck haben konnte, die Umstände des Unfalles – eben auch mit einer Alkomatuntersuchung – festzustellen. Dazu ist es aber durch das Verhalten der Berufungswerberin nicht gekommen.

Eine Geldstrafe in der Höhe von 250 Euro kann nach Ansicht der Berufungsbehörde nicht als überhöht angesehen werden.

 

Der Schutzzweck des § 4 StVO 1960 ist ein mehrfacher. Insbesondere sollen hiedurch mögliche weitergehende Folgen eines Verkehrsunfalles hintangehalten, die Ursachen eines solchen möglichst umgehend ermittelt werden können, aber auch soll ein Unfallgeschädigter in die Lage versetzt werden, ohne unverhältnismäßigen Aufwand davon Kenntnis zu erlangen mit wem er sich hinsichtlich der Schadensregulierung auseinanderzusetzen haben wird. Der Unrechtsgehalt von Übertretungen des § 4 StVO 1960 muss daher als erheblich angesehen werden, worauf bei der Strafbemessung anhand der Kriterien des
§ 19 Abs.1 VStG Bedacht zu nehmen ist.

 

Der Berufungswerberin ist zwar zugute zu halten, dass sie den Unfall telefonisch gemeldet hat, als sie allerdings erfuhr, dass ein persönlicher Kontakt mit ihr durch die Polizei bevorstünde, wurde von ihr offenkundig ganz bewusst versucht, einen solchen zu vermeiden. Bei einem derartigen Verhalten ist für die Berufungsbehörde eine Herabsetzung der hier verhängten Geldstrafe nicht angebracht.

 

Den in der Begründung des Straferkenntnisses angenommenen persönlichen Verhältnissen der Berufungswerberin, insbesondere ihrem monatlichen Nettoeinkommen von ca. 1200 Euro, wurde im Berufungsverfahren nicht entgegengetreten, sodass diese auch der Berufungsentscheidung zugrunde gelegt werden konnten. Es kann demnach erwartet werden, dass sie zur Bezahlung der gegenständlichen Verwaltungsstrafe in der Lage sein wird. In Bezug auf die gesetzliche Mindeststrafe für das Alkoholdelikt erübrigen sich diesbezügliche Ausführungen ohnehin, da bei Mindeststrafen die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten nicht in die Bemessung einfließen können.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

S c h ö n

 

 

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