Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-301278/2/SR/WU

Linz, 27.05.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geboren am X, X, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 24. April 2013, GZ.: S-4.701/13-2, wegen einer Übertretung nach dem Oö. Polizeistrafgesetz zu Recht erkannt:

I.    Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

II.  Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 5, 24, 44a, 45 Abs. 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG; zu II: § 66 Abs 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 24. April 2013, GZ.: S-4.701/13-2, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

Sie haben am 03.02.2013, um 22.34:Uhr, in X durch lautes Herumrücken von Möbel und lautes Trampeln, ungebührlicherweise störenden Lärm erregt, denn der Lärm ist für das menschliche Empfinden unangenehm in Erscheinung getreten und die Lärmerregung ließ jene Rücksichtnahme vermissen, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden kann.

 

Wegen des Verstoßes gegen § 3-Abs.. 1 Oö Pol.StG verhängte die belangte Behörde gegen den Bw eine Geldstrafe von 60 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden.

 

Begründend führte die belangte Behörde wie folgt aus:

 

Der Tatbestand der Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretung ist durch die Privatanzeige des X und dessen Lebensgefährtin X vom 03.02.2013 zweifelsfrei erwiesen.

Es steht daher fest, dass Sie die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung begangen haben.

Gegen die Strafverfügung vom 14.02.2013 erhoben Sie fristgerecht einen mündlichen Einspruch. In diesem führten Sie an, dass der unter Ihnen wohnende Nachbar durch die Zwischendecke, bei welcher es sich um eine Holzdecke handelt, alles durchhört, speziell dann, wenn abends die Couch ausgezogen wird. Weiters würde sich ein Kind in der Wohnung aufhalten.

Die zeugenschaftlichen Angaben des Anzeigers bzw. Zeugen, dessen Vernehmung im Beisein seiner ebenfalls von der Lärmerregung betroffenen Lebensgefährtin erfolgte, wurden Ihnen mit der Aufforderung zur Rechtfertigung am 10.04.2013 zur Kenntnis gebracht und Sie zu einer Rechtfertigung binnen einer Frist von zwei Wochen aufgefordert. Gleichzeitig wurden Sie aufgefordert, die Ihrer Verteidigung dienlichen Beweismittel bekanntzugeben.

In Ihrer mündlichen Rechtfertigung vom 18.04.2013 führten Sie an, dass Sie nach wie vor an Ihren Einspruchsangaben festhalten und die Ihnen zur Last gelegte Übertretung nicht begangen haben.

Gemäß § 3 Abs. 1 OÖ. Pol. StG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt.

Gemäß § 3 Abs. 2 OÖ. Pol. StG sind unter störendem Lärm alle wegen ihrer Dauer, Laut­stärke oder Schallfrequenz für das menschliche Empfinden unangenehm in Erscheinung tretende Geräusche zu verstehen.

Gemäß § 3 Abs. 3 OÖ. Pol. StG ist störender Lärm dann als ungebührlicherweise erregt anzusehen, wenn das Tun oder Unterlassen, das zur Erregung des Lärmes führt, gegen ein Verhalten verstößt, wie es im Zusammenleben mit Anderen verlangt werden muss und jene Rücksichtnahme vermissen lässt, die die Umwelt verlangen kann.

Gemäß § 10 Abs. 1 lit. a OÖ. Pol. StG sind Verwaltungsübertretungen gemäß § 3 OÖ. Pol. StG mit Geldstrafe bis zu € 360,- zu bestrafen.

Sie haben zur angeführten Zeit in X durch Herumrücken von Möbel und lautes Trampeln ein Verhalten gesetzt, welches eindeutig den Tatbestand einer ungebührlicherweise störenden Lärmerregung verwirklicht.

In der Sache selbst bestand für die erkennende Behörde keinerlei Anlass, an der Richtigkeit des angezeigten Sachverhaltes zu zweifeln, zumal dieser vom Anzeiger sowohl bei der Anzeigeerstattung als auch bei seiner niederschriftlichen Einvernahme als Zeuge glaubwürdig und schlüssig geschildert wurde. Weiters unterliegt der Anzeiger als Zeuge im Verwaltungsstrafverfahren der Wahrheitspflicht, wohingegen Sie sich als Beschuldigter so verantworten können, wie Ihnen dies für den Ausgang des Verfahrens am günstigsten erscheint. Somit war für die Behörde erwiesen, dass Sie tatsächlich gegen die angeführte Bestimmung des OÖ. Pol. StG verstoßen haben, weshalb nun spruchgemäß zu entscheiden war.

Bei der Bemessung der Strafe wurde das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, berücksichtigt.

Die verhängte Geldstrafe, die sich im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens befindet, entspricht dem Unrechts- und dem Schuldgehalt der Tat und erscheint der Behörde notwendig, Sie in Hinkunft von der Begehung derartiger Übertretungen abzuhalten.

Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kam Ihnen nicht mehr zugute.

Bei der Strafbemessung wurde davon ausgegangen, dass Sie kein hiefür relevantes Vermögen besitzen, keine Sorgepflichten haben und ein Einkommen von € 980,- netto monatlich beziehen.

 

2. Gegen das dem Bw am 29. April 2013 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende rechtzeitige Berufung, die am 7. Mai 2013 von der belangten Behörde niederschriftlich aufgenommen worden ist.

 

Begründend führte der Bw aus, dass er nach wie vor an seinen Einspruchsangaben festhalte.

 

2.1. Die Landespolizeidirektion hat die Berufung - ohne vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung Gebrauch zu machen – dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 13. Mai 2013 zur Entscheidung vorgelegt.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und die Berufung.

 

Gemäß § 51e Abs. 2 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

2.3. Aus den genannten Beweismitteln ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der seiner Entscheidung zugrunde liegt:

 

2.3.1. Aufgrund einer Privatanzeige vom 3. Februar 2013 wegen einer Übertretung nach § 3 Oö. PolStG (Lärmerregung) wurde gegen den Bw am 14. Februar 2013 eine Strafverfügung (§ 47 Abs. 1 VStG !!) erlassen, in der ihm vorgeworfen wurde, dass er am 3. Februar 2013 um 22.34 Uhr durch lautes Herumrücken von Möbel und lautes Trampeln ungebührlicherweise störenden Lärm erregt habe. Der Lärm sei für das menschliche Empfinden unangenehm in Erscheinung getreten und die Lärmerregung habe jene Rücksichtnahme vermissen lassen, wie sie im Zusammenleben mit anderen verlangt werden könne.

 

Dagegen hat der Bw am 21. Februar 2013 bei der belangten Behörde Einspruch erhoben. Diese Angaben wurden niederschriftlich aufgenommen. Begründend brachte der Bw vor, dass er mit seinem Nachbarn schon jahrelang Probleme habe. Der Nachbar wohne unter ihm und durch die Zwischendecke, ein Holzdecke, höre man alles durch. Wenn abends die Couch ausgezogen werde, sei klar, dass der Nachbar dies höre. Es halte sich auch ein Kind in seiner Wohnung auf und dieses könne er nicht anbinden. Mit dem Nachbarn habe er darüber sprechen wollen, dieser habe ihn aber nur beschimpft.

 

Der am 8. April 2013 unter Wahrheitspflicht niederschriftlich befragte Privatanzeiger führte aus, dass es sich bei dem Lärm nicht um ein einmaliges Herausziehen einer Schlafcouch und das Herumspringen eines Kindes gehandelt habe. Die Geräusche würden durch Möbelrücken und Herumtrampeln verursacht. Die Lärmerregung gehe zeitweise bis in die Morgenstunden und in einem Rhythmus von 15 Minuten. Während der Polizeiinterventionen finden keine Lärmerregungen statt.

 

Während der niederschriftlichen Befragung am 18. April 2013 wurde der Bw mit den Zeugenaussagen konfrontiert. Dazu führte der Bw aus, dass er die Übertretung nicht begangen habe und bei seinen bisherigen Aussagen bleibe.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

3.1. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Oö. PolStG lauten wie folgt:

 

§ 3 (1) Wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt, begeht, außer in den Fällen einer sonst mit Verwaltungsstrafe oder einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung, eine Verwaltungsübertretung.

(2) Unter störendem Lärm sind alle wegen ihrer Dauer, Lautstärke oder Schallfrequenz für das menschliche Empfinden unangenehm in Erscheinung tretenden Geräusche zu verstehen.

(3)   Störender Lärm ist dann als ungebührlicherweise erregt anzusehen, wenn das Tun oder Unterlassen, das zur Erregung des Lärmes führt, gegen ein Verhalten verstößt, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muss und jene Rücksichtnahme vermissen lässt, die die Umwelt verlangen kann.

(4)   Soweit dadurch ungebührlicherweise störender Lärm erregt wird, ist als Verwaltungsübertretung im Sinne des Abs. 1 insbesondere anzusehen:

Lauf Verkehrsflächen, die nicht Straßen mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 1 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159, sind,

a)   das Laufenlassen von Kraftfahrzeugmotoren bei stehendem Fahrzeug,

b)  die Abgabe von Schallzeichen mittels Hupe;

2.    das Befahren von Toreinfahrten, Hausvorplätzen, Höfen von Wohnhäusern, Parkplätzen und sonstigen Grundflächen - soweit es sich hiebei nicht um Straßen mit öffentlichem Verkehr handelt - mit Kraftfahrzeugen bei laufenden Motoren;

3.    die Benützung von Rundfunk- und Fernsehgeräten, Lautsprechern und sonstigen Tonwiedergabegeräten.

 

§ 44a des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991 (WV) lautet:

 

"§ 44a. Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1.   die als erwiesen angenommene Tat;

2.   die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3.   die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4.   den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5.   im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten."

 

3.3. Nach der vom Verwaltungsgerichtshof zu § 44a Z 1 VStG entwickelten Judikatur ist die dem Bw angelastete Tat im Spruch des Straferkenntnisses so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den vorgeworfenen Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl. VwSlg. 11.466 A/1984 verst. Sen.; 11.894 A/1985 verst. Sen.).

 

Im Spruch sind somit zum einen alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind, und zum anderen die Tathandlungen, durch die der Tatbestand verwirklicht wurde, zu beschreiben. Eine nähere Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht, ebenso wie die bloße Wiedergabe des Gesetzeswortlautes, nicht aus (vgl. VwGH 13.1.1982, 81/03/0203; VwSlg 11.069 A/1983; VwGH 15.2.1983, 81/11/0122; vgl auch Hauer/Leu kauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003] VStG §44a Anm. 2).

 

Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn

a. im Spruch des Straferkenntnisse dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und

b. der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003] VStG § 44a Anm. 2; VwGH 03.10.1985, 85/02/0053).

 

3.4. Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses hat sich die belangte Behörde im Wesentlichen auf die verba legalia beschränkt, den Bw entgegen der Aktenlage als unmittelbaren Täter bezeichnet und außer Acht gelassen, dass es sich bei der vorliegenden Übertretung um ein Erfolgsdelikt handelt.

 

3.4.1. Der Tatvorwurf wird dem Bw auf Grund einer Privatanzeige gemacht. Im Spruch wird er trotz anderslautender Verantwortung als „unmittelbarer Täter" angesehen. Eigene dienstliche Wahrnehmung von den einschreitenden Beamten liegt nicht vor. Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang auch, dass die „Lärmerregung" nur zum Zeitpunkt „22.34 Uhr" stattgefunden haben soll.

 

Folgt man der nachvollziehbaren Verantwortung des Bw, so liegt der Verdacht nahe, dass er es allenfalls als Verantwortlicher dieser Räumlichkeit unterlassen hat dafür zu sorgen, dass durch Herumrücken von Möbel und lautes Trampeln nicht ungebührlicherweise störender Lärm erregt wird. Nach der Rechtsprechung des VwGH zur gleichlautenden Vorgängerbestimmung im EGVG wäre von einem Begehungsdelikts durch Unterlassung auszugehen (Kommissivdelikt per omissionem, vgl. u.a. VwGH 20.02.1984, 83/10/0268).

 

Gem. § 3 Abs 3 Oö. PolStG ist störender Lärm dann als ungebührlicherweise erregt anzusehen, wenn das Tun oder Unterlassen, das zur Erregung des Lärmes führt, gegen ein Verhalten verstößt, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muss und jene Rücksichtnahme vermissen lässt, die die Umwelt verlangen kann. Strafbar ist also nicht jedes Unterlassen, durch das eine Lärmerregung nicht verhindert wird, sondern nur jenes, das gegen ein "im Zusammenleben mit anderen" gebotenes Tun verstößt. Zu diesem gebotenen Tun gehört es z.B. für den Inhaber öffentlicher, allgemein zugänglicher Gast- und Kaffeehauslokalitäten, von sich aus alle Vorkehrungen zu treffen, um die Ruhe und Ordnung in seinem Betrieb zu sichern und eine allfällige Erregung ungebührlichen Lärms durch Gäste abzustellen. Unterlässt er dies, ist er für den durch seine Gäste erregten Lärm in gleicher Weise verantwortlich, als wenn er selbst der Erreger des Lärms gewesen wäre (VwGH 14. Dezember 1951, Slg. Nr. 2375/A). Dieser Grundsatz kann aber nicht schlechtwegs auf jeden Wohnungsinhaber, gleichsam wie die Haftung für Schäden, die durch aus der Wohnung herabfallende Gegenstände entstanden sind, ausgedehnt werden. Hat der Wohnungsinhaber selbst keinen ungebührlich störenden Lärm erregt, so kann er wegen einer ungebührlichen Lärmerregung nur dann schuldig erkannt werden, wenn er, obwohl es ihm möglich gewesen wäre, es unterlassen hat, den in seiner Wohnung entstandenen ungebührlichen Lärm abzustellen (vgl. u.a. VwGH 20.02.1984, 83/10/0268; 13. September 1977, 693/77).

 

Die Strafbarkeit der Unterlassung hängt somit von der konkreten Möglichkeit der Verhinderung ab (VwGH 13.03.1978, 2790/76). Diese stellt ein wesentliches Tatbestandsmerkmal des § 3 Oö. PolStG in der Begehungsform des Unterlassungsdelikts dar und ist daher auch in den Tatvorwurf aufzunehmen, um dem Beschuldigten eine effektive Verteidigung zu ermöglichen.

 

Eine entsprechende Verfolgungshandlung wurde dem Bw gegenüber nicht gesetzt. Eine Korrektur des Spruches war daher nicht zulässig, da dem Bw ein „Tun" und nicht ein „Unterlassen" angelastet worden ist. Zudem blieb die konkrete Möglichkeit des Bw zur Verhinderung der Lärmerregung von der Erstbehörde gänzlich ungeprüft, weshalb schon aus diesem Grund der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs 4 AVG stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war.

 

3.4.2. Darüber hinaus ist der Berufung auch deshalb stattzugeben und das
Straferkenntnis aufzuheben, da die belangte Behörde das Verschulden des Bw
nicht hinreichend nachgewiesen hat.

 

Da es sich bei der Übertretung des § 3 Abs 1 Oö. PolStG um ein Erfolgsdelikt handelt (Rangger, Oberösterreichisches Landespolizeirecht - Praxiskommentar [2009] 205 mwN), ist § 5 Abs 1 2. Satz VStG nicht anwendbar, womit Fahrlässigkeit nicht ohne weiters angenommen werden kann. § 5 Abs 1 2. Satz VStG ist nur auf sogenannte Ungehorsamsdelikte, also Delikte, deren Tatbestand sich in der Zuwiderhandlung gegen ein Verbot oder in der Nichtbefolgung eines Gebotes erschöpft, anwendbar. Bei einem Erfolgsdelikt hat die Behörde dem Bw das Verschulden vielmehr nachzuweisen (VwGH vom 26. September 1990, 89/10/0224), auch wenn wie hier gemäß § 5 Abs 1 1. Satz VStG Fahrlässigkeit zur Verwirklichung des Verschuldens genügt. Die Behörde ist jedoch in Ihrer Begründung in keiner Weise auf das Verschulden eingegangen. Da die zumindest fahrlässige Deliktsbegehung auch nicht im Sinne des § 5 Abs 1 2. Satz VStG ohne weiteres angenommen werden konnte^ hat dies den Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet.

 

3.4.3. Im Hinblick auf § 31 VStG war das Verwaltungsstrafverfahren nicht
einzustellen.

 

4. Vor diesem Hintergrund war dem Bw gemäß § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den  Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich noch ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde vorzuschreiben.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Stierschneider

 

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