Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-360180/3/MB/BZ

Linz, 04.06.2013

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 11. Kammer (Vorsitzender: Dr. Weiß; Berichter: Dr. Brandstetter; Beisitzer: Dr. Grof) über die Berufung des X, geb. X, X, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Braunau am Inn vom 7. März 2013, Zl Pol96-551-2011-Bu, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

I.            Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG eingestellt.

II.         Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat der Bezirkshauptmann von Braunau am Inn (im Folgenden: belangte Behörde) wie folgt abgesprochen:

 

"Straferkenntnis

Die Firma X mit dem Sitz in X hat jedenfalls am 18.12.2010 gegen 18.20 Uhr zur Teilnahme vom Inland aus im Lokal Pub X in X mittels des auf eigene Rechnung betriebenen betriebsbereit aufgestellten Eingriffsgegenstand 'X' mit der Gehäusebezeichnung X und der Seriennummer 240VAC/100W, FA-Nr. 3 verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 des Glücksspielgesetzes veranstaltet, da für die Ausspielungen keine Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz erteilt wurde und die Ausspielungen auch nicht gemäß § 4 vom Glücksspielmonopol des Bundes angenommen waren.

 

Als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der Firma X mit dem Sitz in X, sind Sie für die Zuwiderhandlung verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 52 Abs. 1 Z. 1 und § 2 Abs. 4 Glücksspielgesetz iVm § 9 Abs. 1 VStG 1991

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von                  falls diese uneinbringlich ist,                 Freiheitsstrafe                gemäß

                Ersatzfreiheitsstrafe von                von

 

2500 Euro            38 Stunden            ---            § 52 Abs. 1 Z. 1                                                             Glücksspielgesetz

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

250,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

2750,00 Euro.

 

Zahlungsfrist:

..."

1.2. Zur Begründung führt die belangte Behörde (auszugsweise) wie folgt aus:

 

"Die Ihnen umseits zur Last gelegte Verwaltungsübertretung ist durch die vorliegende Anzeige des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom 22.12.2010, Zahl: 050/70053/30/2010, insbesondere durch die von den Kontrollorganen getroffenen Feststellungen sowie durch das durchgeführte Ermittlungsverfahren als erwiesen anzunehmen.

 

Ihr strafbares Verhalten wurde Ihnen mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 22.11.2011 nachweislich zur Kenntnis gebracht. In Ihrer dazu ergangenen Stellungnahme vom 06.02.2012 haben Sie sich im Wege Ihres ausgewiesenen Vertreters hinsichtlich der Ihnen vorgeworfenen Übertretung für nicht schuldig bekannt. Sie führten an, dass es sich bei dem in Rede stehenden Eingriffsgegenstand um keinen Glücksspielapparat handelt, sondern um eine Kombination aus Musikbox und Geldwechselautomat, was durch ein beigeschlossenes Gutachten vom 30.12.2010 bestätigt wurde.

 

Zu diesem Vorbringen sei angemerkt, dass sich der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach mit der Glücksspielautomateneigenschaft von sogenannten 'X-Wechslern' auseinandergesetzt hat. In den dazu ergangenen Entscheidungen vom 16.11.2011, Zahl: 2011/17/0238,14.12.2011, Zahl: 2011/17/0124 und 28.11.2011, Zahl: 2011/17/0068 wurde die Glücksspielqualifikation von 'X-Wechslern', welche die selben Funktionsweisen aufweisen, wie der verfahrensgegenständliche Apparat, immer wieder bestätigt.

 

Alleiniger Anknüpfungspunkt der Strafnorm ist aber ohnehin das Tatbestandselement der 'verbotenen Ausspielung' im Sinne des § 2 Abs. 4 des Glücksspielgesetzes. Dieses ist durch den festgestellten Sachverhalt anlässlich der Kontrolle am 18.12.2010 sowie auch aufgrund der Angaben des Lokalbetreibers X in der Niederschrift vom 18.12.2010 hinreichend als erwiesen anzusehen.

 

Herr X gab im Zuge der Kontrolle an, dass er das Lokal 'X' in X, seit 07.05.2010 gemeinsam mit Herrn X betreibt. Der 'X-Wechsler' wurde von der Firma X aufgestellt und wird von dieser auch (jedenfalls seit 07.05.2010) betrieben. Gewinne werden dabei 50:50 zwischen der Aufstellerfirma und dem Lokalbetreiber aufgeteilt. Verluste werden ausschließlich von der Firma X als Eigentümer der Automaten getragen.

 

Der 'X-Wechsler' wurde laut Aktenlage von den Kontrollorganen betriebsbereit und eingeschaltet vorgefunden und es wurde ein Probespiel durchgeführt. Das Spiel konnte nur nach Eingabe von Geld durchgeführt werden. Für jedes Spiel wurde ein Mindesteinsatz bedungen (mindestens 1 Euro). Es konnte aber auch mit einem Einsatz von 2 Euro und 4 Euro gespielt werden. Die dabei in Aussicht gestellten Höchstgewinne betrugen, abhängig vom Einsatz, 20 Euro, 40 Euro oder 80 Euro.

Im Zuge der Kontrolle wurde festgestellt, dass ein Benutzer im Falle eines beleuchteten Musiknotenfeldes das damit zur allfälligen Vorführung bereitstehende Musikstück 'probehören' kann, also bestenfalls die Anfangstakte des Musikstückes. Trifft der Benutzer daraufhin durch Geldeingabe und Tastenbedienung eine 'Kaufentscheidung', wird das Musikstück wiedergegeben. Erkennt der Benutzer, dass er sich in der Beurteilung der ersten Takte geirrt hat und ein anderes als das erwartete Musikstück ertönt, so kann er durch Tastenbedienung die Vorführung sofort abbrechen und gleichzeitig den Verlust der erbrachten vermögenswerten Leistung in Kauf nehmen. Der Benutzer kann aber auch, nach Geldeingabe und ohne Probeanhörung, durch Tastenbetätigung sofort auf die Wiedergabe verzichten. Dadurch wird stets unverzüglich automatisch ein Beleuchtungsumlauf mit zufallsbedingtem Stillstand auf der einem Glücksrad ähnelnden Frontscheibe des Gerätes bewirkt.

Bleibt danach ein Notenfeld beleuchtet stehen, steht wieder ein - noch unbekanntes - Musikstück zur Vorführung bereit, welches nach Geldeingabe und 'Kaufentscheidung' abgespielt wird. Bei einem beleuchteten Ziffern- oder Zahlenfeld wird, nach Geldeingabe, der angegebene Wert in Form von Münzen ausgefolgt.

 

Um zu den in Aussicht gestellten Bargeldgewinnen zu gelangen, steht dem Spieler nur eine Möglichkeit offen, nämlich so lange Geld einzuwerfen und ein Musikstück zu 'kaufen' und anzuhören oder die Wiedergabe abzubrechen, bis bei dem anschließend stets selbständig ausgelösten Beleuchtungsumlauf ein Geldbetrag beleuchtet stehen bleibt, welcher nach neuerlicher Geldeingabe auch ausgefolgt wird.

 

Das durchgeführte Spiel war ein Glücksspiel im Sinne des § 1 Abs. 1 des Glücksspielgesetzes, weil den Spielern keinerlei Möglichkeiten geboten wurde, bewusst Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Zahlen zu nehmen, sondern die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich vom Zufall abhing.

 

Laut Akteninhalt haben Sie als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der X jedenfalls seit 07.05.2010 den im Spruch angeführten Eingriffsgegenstand in X, im Lokal mit der Bezeichnung ‚X' selbstständig zur Erzielung von Einnahmen betrieben. Sie haben Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Glücksspielgesetz veranstaltet, da Sie als Unternehmer Glücksspiele veranstaltet haben, bei denen die Spieler eine vermögenswerte Leistung mit der Teilnahme am Glücksspiel erbracht haben und denen von Ihnen als Unternehmer eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt worden ist.

 

Weil nun aber für derartige Ausspielungen weder eine Konzession noch eine Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz erteilt wurde, noch solche Ausspielungen vom Glücksspielmonopol des Bundes gem. § 4 Glücksspielgesetz ausgenommen sind, wurden diese Glücksspiele in Form einer verbotenen Ausspielung durchgeführt."

Nach Wiedergabe von Rechtsgrundlagen begründet die belangte Behörde ihre rechtlichen Erwägungen wie folgt:

 

"Mit ho. Schreiben vom 08.01.2013 wurde Ihnen die Stellungnahme des Finanzamtes vom 05.03.2012, in welcher die Rechtsansicht der Abgabenbehörde ausführlich dargelegt und eindeutig von einem Verstoß gegen die zitierten Rechtsvorschriften ausgegangen wurde, nachweislich zur Kenntnis gebracht. Zugleich wurde Ihnen Gelegenheit zur Abgabe einer Äußerung binnen 14 Tagen ab Zustellung gegeben. Da Sie jedoch bislang keine Stellungnahme abgegeben haben, kann davon ausgegangen werden, dass Sie dem Sachverhalt nichts mehr entgegenzuhalten haben.

 

Nach Ansicht der erkennenden Behörde ist durch das durchgeführte Beweisverfahren als erwiesen anzunehmen, dass Sie die Ihnen zur Last gelegte Tat begangen und als Verwaltungsübertretung zu verantworten haben. Da der entscheidungsrelevante Sachverhalt somit hinreichend erwiesen schien, war aufgrund der bestehenden Sach- und Rechtslage spruchgemäß zu entscheiden."

Die belangte Behörde schließt mit Erwägungen zur Strafbemessung.

 

2.1. Gegen dieses am 14. März 2013 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig am 18. März 2013 eingelangte Berufung vom selben Tag.

Darin wird vorgebracht, dass das Straferkenntnis in seinem gesamten Inhalt und Umfang angefochten werde und der Antrag gestellt, das Straferkenntnis möge aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werden, in eventu möge von einer Bestrafung gegen förmliche Ermahnung abgesehen werden, in eventu möge die verhängte Geldstrafe herabgesetzt werden.

In der Folge wird eingewendet, dass der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen habe.

Selbst wenn der objektive Tatbestand verwirklicht wäre, komme dem Beschuldigten ein schuldausschließender Verbotsirrtum nach § 5 Abs 2 VStG zugute. Der Beschuldigte hätte davon ausgehen dürfen, dass dieser Apparat kein Glücksspielapparat sei, da es sich hiebei um eine Weiterentwicklung, welche nicht mehr mit dem zu VwGH 2010/17/0017 behandelten Gerät vergleichbar wäre, handle.

Der Bw habe bereits bei der Entwicklung des Gerätes einen Sachverständigen beigezogen und habe ihm dieser mitgeteilt, dass dieser Apparat nicht den Beschränkungen des GSpG unterliege. Diesbezüglich wird auf das vorgelegte Gutachten vom 30.12.2010 verwiesen. Der Bw habe auf diese Ausführungen vertraut, da sich diese Ansicht bereits in anderen Behördenverfahren bestätigt hätte (Bescheides der BPD Wels vom 22.12.2010, S-25439/10; Entscheidungen des UVS Oö, VwSen-301018/2/BP/Gr vom 22.03.2011 und VwSen-300998/2/BP/Gr vom 24.02.2011).

Sofern man dennoch fahrlässiges Handeln des Bw annehmen würde, so könne dem Bw lediglich ein minderer Grad des Versehens angelastet werden, da er seine Handlungsweise nach den Auskünften im Rahmen der Entwicklung des Gerätes sowie nach den ihm vorliegenden Entscheidungen der BPD Wels und des UVS Oö in der Annahme, es unterliege das Gerät X-Wechsler nicht den Beschränkungen des GSpG, gerichtet habe. Da es sich um eine erstmalige Beanstandung handeln würde und die Rechtslage zum Tatzeitpunkt nicht ohne weiteres erkennbar gewesen wäre, würden die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ermahnung vorliegen.

Unrichtig sei auch, dass – wie im Straferkenntnis auf Seite 4 behauptet – keine Stellungnahme mehr abgegeben worden sei. Am 9.1.2013 sei per Mail eine Stellungnahme eingereicht worden.

Zudem sei die Verwaltungsbehörde nicht zuständig, da eine gerichtliche Zuständigkeit gemäß § 168 StGB vorliegen würde, sodass das dennoch erlassene Straferkenntnis rechtswidrig sei.

 

Auch entspreche das angefochtene Straferkenntnis nicht den Konkretisierungsanforderungen des § 44a Z 1 VStG, da dem Beschuldigten lediglich angelastet werde, er sei als das zur Vertretung nach außen berufene Organ verantwortlich, dass die X verbotene Ausspielungen iSd § 2 Abs 4 GSpG veranstaltet habe. Dabei würde es sich lediglich um die Wiedergabe der verba legalia handeln, ohne dass der Spruch konkrete Sachverhaltselemente aufweisen würde. Feststellungen, durch welches Verhalten des Beschuldigten das herangezogene Tatbild verwirklicht worden sein sollte, würden völlig fehlen.  Dieser Mangel setze den Beschuldigten der Gefahr einer möglichen Doppelbestrafung aus, sodass das Straferkenntnis auch aus diesem Grund rechtswidrig sei.

2.2. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 16. April 2013 die Berufung mit ihrem Verfahrensakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde (einschließlich der Schriftsätze der Parteien). Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

3.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch die zuständige Kammer zu entscheiden.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

4.1. Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 daran beteiligt.

4.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass diese erstens nach Tatort und Tatzeit unverwechselbar feststeht sowie zweitens eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und damit auch die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985); im Spruch sind daher alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind.

Der Vorschrift des § 44 a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhalten nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Eine Umschreibung der Tat bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG sowie VwSlg 11069 A/1983).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 25.3.1994, 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Gegenstand des Spruchs im angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl VwGH 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.9.1992, 92/09/0178; VwGH 8.2.1995, 94/03/0072; VwGH 3.9.1996, 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl ua VwGH 24.3.1994, 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl VwGH 20.11.1997, 97/06/0170).

4.3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat sieht einen wesentlichen Spruchmangel in der Umschreibung des Tatzeitraumes mit "… jedenfalls am 18.12.2010 gegen 18.20 Uhr …". Zum einen wird dem Bw als Tatzeit der Tag sowie die Uhrzeit der Kontrolle vorgeworfen. Dem Verfahrensakt der belangten Behörde ist jedoch zu entnehmen, dass am 18.12.2010 gegen 18:20 Uhr die Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz durch die Organe der Abgabenbehörde stattfand. Ein Veranstalten von verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs 4 GSpG im Zeitpunkt der Kontrolle ist jedoch nicht möglich, da bei der Kontrolle die Geräte durch die Organe der Abgabenbehörde – wie dem Verfahrensakt zu entnehmen ist – probebespielt wurden und in der Folge mit Versiegelungsplaketten versehen und vorläufig beschlagnahmt wurden. Der Bw konnte daher jedenfalls am 18.12.2010 gegen 18:20 Uhr keine strafbare Handlung setzen.

Zum anderen ist bei einem fortgesetzten Delikt eine kalendermäßig eindeutige Umschreibung des Tatzeitraumes erforderlich (vgl ua VwGH 29.9.1989, 86/18/0044). Mit anderen Worten: Sofern es sich beim Tatzeitpunkt um einen Zeitraum handelt, ist dessen Anfang und Ende in einer kalendermäßig eindeutig umschriebenen Art zu umfassen (so auch VwGH 6.11.1995, 95/04/0122). Die Umschreibung im angefochtenen Straferkenntnis "jedenfalls am 18.12.2012, gegen 18:20 Uhr" erfüllt die Vorgaben an die korrekte Angabe eines Zeitraumes nicht, da ein Zeitraum korrekter Weise mit "von ... bis ..." anzugeben und nicht bloß das "Zeitfenster" zu schließen, ohne es zu öffnen, ist.

4.3.2. Da sowohl der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22. November 2012 als auch dem angefochtenen Straferkenntnis vom 7. März 2013 keine korrekte Tatzeit zu entnehmen ist, kann dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt keine taugliche Verfolgungshandlung entnommen werden. Auch unter Berücksichtigung der jüngst ergangenen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 21.12.2012, 2012/17/0386, worin das Höchstgericht konstatiert, dass es Aufgabe der Berufungsbehörde ist "[a]llenfalls ergänzende Feststellungen zum Tatzeitpunkt zu treffen und gegebenenfalls gemäß § 24 VStG in Verbindung mit § 66 Abs 34 AVG den Spruch eines allfälligen Strafbescheides (falls die übrigen Voraussetzungen für eine Strafbarkeit vorliegen) zu präzisieren ...", kann der Oö. Verwaltungssenat aufgrund des Vorwurfes einer falschen Tatzeit keine taugliche Verfolgungshandlung feststellen. Im Hinblick auf die angelastete Tatzeit ist die gemäß § 52 Abs 5 GSpG vorgesehene einjährige Verfolgungsverjährungsfrist mittlerweile am 18. Dezember 2011 abgelaufen, weshalb der aufgezeigte wesentliche Spruchmangel im Berufungsverfahren jedenfalls nicht mehr korrigierbar war.

5. Im Ergebnis war das angefochtene Straferkenntnis daher mangels einer zutreffend und ausreichend angelasteten Verwaltungsübertretung aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG einzustellen.

Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Dr. Weiß

 

 

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum