Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531325/5/Bm/TK

Linz, 13.06.2013

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwälte x, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 2.1.2013, Ge20-4012/36-2010, mit dem der x GmbH, x, die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage durch Errichtung (Zubau) und Betrieb einer Lager- und Produktionshalle im Standort x, Grst. Nr. x, KG x, erteilt wurde, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs. 4, 67 und 67 a Abs. 1  Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 idgF (AVG).

§§ 359 a und 356 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 2.1.2013, Ge20-4012/36-2010, wurde über Antrag der x GmbH die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage im Standort x, Grundstück Nr. x, KG x, durch Errichtung (Zubau) und Betrieb einer Lager- und Produktionshalle unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.

Dies im Wesentlichen mit der Begründung, das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass durch die Änderung der Betriebsanlage bei Einhaltung der im Spruchabschnitt I angeführten Auflagen Gefährdungen von Leben oder Gesundheit im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 GewO 1994 vermieden und Belästigungen und Beeinträchtigung der im § 74 Abs. 2 Z 2 – 5 GewO 1994 angeführten Schutzinteressen nach den Gutachten der Amtssachverständigen auf ein zumutbares Ausmaß beschränkt werden.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber (in der Folge: Bw) innerhalb offener Frist Berufung erhoben und darin im Wesentlichen ausgeführt, der Bw habe mit Eingabe seines Vertreters vom 8.4.2010 gegen die geplante Abänderung der Betriebsanlage der x GmbH durch Errichtung (Zubau) einer Lager- und Produktionshalle am Standort x, unter anderem Einwendungen wegen von der Betriebsanlage ausgehenden Immissionen in Form von Lärm, die im Sinne des § 74 Abs. 1 Z 1 GewO geeignet seien, die Gesundheit des Bw und die seiner Familie zu gefährden und den Bw und seine Familie im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 GewO in unzumutbarer Weise zu belästigen, erhoben. An der Verhandlung am 13.4.2010 habe der Bw unvertreten teilgenommen. Nachdem der Amtssachverständige in seinem Befund geäußert habe, dass nicht zu erwarten sei, dass von der geänderten Betriebsanlage höhere Schallemissionen ausgehen würden als bisher, habe der Bw in seiner Stellungnahme folgendes ausgeführt (wobei die Diktion nicht von ihm stamme):

"Ich gebe bekannt, dass nach dem Ergebnis der heutigen Verhandlung meine Befürchtungen bezüglich Lärmbelästigungen und Gesundheitsgefährdungen durch Lärm nicht weiter aufrecht erhalten werden und stelle fest, dass diesbezüglich in allen Punkten Konsens erzielt wurde. Im Übrigen wird auf die Ausführungen des anlagentechnischen ASV und der Verhandlungsleiterin verwiesen."

Werden vom Nachbarn zunächst Einwendungen zurückgezogen, gehe damit die Parteistellung verloren. Es müsse jedoch eine in dieser Richtung eindeutige Erklärung vorliegen (VwGH 25.11.1997, 96/04/0238). Weder die Bekanntgabe, dass nach dem Ergebnis der Verhandlung die "Befürchtungen bezüglich Lärmbelästigungen und Gesundheitsgefährdungen durch Lärm" nicht weiter aufrecht erhalten würden, noch die Feststellung, dass diesbezüglich in allen Punkten Konsens erzielt worden wäre, noch der Verweis auf die Ausführungen des anlagentechnischen ASV und der Verhandlungsleiterin würden eine eindeutige Erklärung im Sinne einer Zurücknahme der diesbezüglichen Einwendungen des Bw darstellen. Ob der Bw aufgrund der Ausführungen des Amtssachverständigen und der Verhandlungsleiterin in der Verhandlung "Befürchtungen" nicht aufrecht erhalten habe, sei in diesem Zusammenhang irrelevant. Für einen Verlust der Parteistellung wäre die eindeutige Zurückziehung der bereits schriftlich erhobenen Einwendungen erforderlich gewesen. Dies sei nicht der Fall. Die Parteistellung würde daher nach wie vor bestehen und sei der Bw zur Berufung gegen den angefochtenen Bescheid legitimiert.

Seit Frühjahr 2011 sei die neue Absackanlage ständig in Betrieb. Dabei habe sich herausgestellt, dass die Auflagen 22 und 23, wonach das äußerst westlich gelegene sowie das äußerst südlich gelegene Fenster in der Produktionshalle für Lüftungszwecke lediglich gekippt und nicht geöffnet werden dürfen und das in der nordwestlichen Umschließungswand gelegene Sektionaltor nur bei Stillstand der Absackanlage geöffnet werden darf, völlig ungenügend seien. Tatsache sei, dass die Absackanlage immer wieder bei geöffnetem Tor betrieben werde, sei es, dass das gesamte Sektionaltor geöffnet, sei es, dass die in diesem Sektionaltor eingelassene Gehtüre geöffnet werde. Dies sei insbesondere in der warmen Jahreszeit ständig der Fall. Für die Schallimmissionen sei es dabei unwesentlich, ob das gesamte Tor oder nur die Gehtüre geöffnet sei. Die Konsenswerberin sei wiederholt telefonisch und auch schriftlich ersucht worden, die Absackanlage nicht bei geöffnetem Tor laufen zu lassen. Die Interventionen seien leider vergeblich gewesen. Die Konsenswerberin halte sich nicht daran. Sobald es wärmer werde, würden Türe und Tor geöffnet werden. Außerdem habe sich herausgestellt, dass es entgegen der Angabe der Konsenswerberin in der Verhandlung vom 13.4.2010, wonach voraussichtlich keine wahrnehmbare belästigende Tätigkeit außerhalb des Betriebsgebäudes stattfinden werde und sich die Ist-Situation gegenüber dem derzeitigen Zustand nicht nachteilig verändere, zu einer signifikanten Erhöhung von Anlieferungsfahrten und Entladungen von Silowägen gekommen sei. Während vor der Erweiterung der Betriebsanlage nur gelegentlich Silowägen entladen worden seien, weshalb sich die davon ausgehende Lärmimmission schon zeitlich in Grenzen gehalten habe, komme es nunmehr gegenüber früher zu einer vervielfachten Anzahl von Anlieferungen. An manchen Tagen würden bis zu drei Silowägen kommen, deren Ladungen in einem jeweils ca. 2,5 Stunden dauernden Entladevorgang ausgeblasen würden. Der Bw habe sich ein Schallmessgerät gekauft und hätten die Messungen ergeben, dass bei der Entladung eines Silowagens auf der Terrasse des Bw Lärmpegel von 65,5 bis 72,4 dB (A) erreicht würden. Es handle sich dabei um einen ca. 2,5 Stunden gleichbleibenden Dauerschall. Ein Verweilen außerhalb des Hauses bei diesem Dauerlärm sei kaum möglich. Selbst innerhalb des Hauses habe bei der Entladung eines Silowagens bei geschlossenen Fenstern und Türen ein Wert noch von 42,7 dB (A) gemessen werden können. Eine Entlüftungsöffnung des Mischfutterwerkes, welche der Belieferung der Absackanlage diene, erzeuge in regelmäßigen Abständen einen Lärm, dessen Pegel rund 65 dB (A) erreiche. Dies bei Vollbetrieb der Anlage 24 Stunden täglich, 7 Mal in der Woche. Die Öffnung sei direkt auf Grundstück und Haus des Bw gerichtet. Zur Dokumentation würden Messergebnisse bei verschiedenen Betriebszuständen sowie Fotos beigelegt werden.

Im angefochtenen Bescheid heiße es, das durchgeführte Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass durch die Änderung der Betriebsanlage bei Einhaltung der im Spruchabschnitt 1. angeführten Auflagen Gefährdungen von Leben oder Gesundheit vermieden und Belästigungen und Beeinträchtigungen nach den Gutachten der Amtssachverständigen auf ein zumutbares Ausmaß beschränkt würden. Dies sei aber, wie die Praxis zeige, nicht richtig. Durch die erteilten Auflagen müsse gegenüber den Nachbarn sicher gestellt sein, dass Gefährdungen vermieden und Belästigungen usw. auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Insbesondere die Auflagen 22 und 23 seien reine Makulatur, weil sie von der Konsenswerberin bzw. ihren Dienstnehmern nicht eingehalten würden. Die Forderung, dass die neue Absackanlage nur betrieben werden dürfe, wenn das Tor geschlossen sei, wäre nur mit Hilfe von technischen Einrichtungen, die ein automatisches Abschalten der Absackanlage bewirken, sobald das Tor oder die Gehtüre geöffnet werde, zu bewerkstelligen. Dies könne allenfalls durch Magnetschalter oder ähnliche technische Einrichtungen erreicht werden. Die Vervielfachung der Anlieferfahrten und Entleerungsvorgänge von Silofahrzeugen, von denen massive Lärmimmissionen ausgehen und die Lärmbelästigung durch die Entlüftungsöffnung seien im Verfahren überhaupt nicht berücksichtigt worden. Aufgrund der zahlenmäßig massiv erhöhten Anlieferungen wäre es erforderlich gewesen, Lärmmessungen durchzuführen und festzustellen, welche Schallemissionen von einem Silowagen, der entladen werde, ausgehen würden. Weiters wäre festzustellen gewesen, um welchen Faktor sich die Anlieferungen mit Silowägen durch die Erweiterung der Betriebsanlage erhöhen würden und welche Auswirkungen die davon ausgehenden Immissionen auf den Bw und seine Familie haben könnten. Auch die Schallimmissionen, die von der Entlüftungsöffnung ausgehen würden, hätten dabei mitberücksichtigt werden müssen.

 

Das Gutachten des Amtssachverständigen, das sich ausschließlich mit den von der neuen Absackmaschine ausgehenden Immissionen beschäftige, sei völlig unzureichend.

Im Zusammenhang mit den massiv erhöhten Anlieferungen werde auch die Zulässigkeit der Betriebszeiten zu hinterfragen sein. Nachtanlieferungen würden aufgrund der davon ausgehenden Lärmbelästigung bzw. Gesundheitsbeeinträchtigung generell auszuschließen sein, damit Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 und 2 ausgeschlossen bzw. auf ein zumutbares Maß beschränkt würden. Zur Beurteilung der Gesundheitsgefährdung werde auch ein ärztlicher Sachverständiger beizuziehen sein. Die Behörde habe im Rahmen des § 81 GewO zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Genehmigung der erfolgten Änderung vorliegen und ob sich diese Änderung auf die bereits genehmigte Anlage auswirke. Insoweit habe die Genehmigung der Änderung auch die bereits genehmigte Anlage zu umfassen. Das bedeutet, dass jedenfalls die Anlieferung durch Silowägen im Bereich der bereits genehmigten Anlage (des Mischfutterwerks) in das Genehmigungsverfahren mit einzubeziehen sei, da sich durch die beantragte Änderung der Betriebsanlage eine massive Erhöhung der Anlieferungsfahrten und Entladevorgänge ergebe. Auch die Ausblasvorgänge aus der Entlüftungsöffnung des Mischfutterwerks seien in das schalltechnische Gutachten einzubeziehen. Die Behörde könne sich wegen der massiven Erhöhung der Anlieferungsfahrten nicht auf den Standpunkt stellen, dass die Anlieferung durch Silofahrzeuge im Bereich des Mischfutterwerks nicht im Zusammenhang mit der Erweiterung der Betriebsanlagen stehe. Aus diesem Grund würden die Anlieferungsfahrten und Entladevorgänge der Silofahrzeuge sowie die Ausblasvorgänge jedenfalls in die schalltechnische Betrachtung und das zu erstattende Gutachten des Amtssachverständigen einzubeziehen gewesen.

 

Es werde daher der Antrag gestellt,

dieser Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid aufzuheben;

in eventu

den angefochtenen Bescheid nach Verfahrensergänzung, sei es durch geeignete Auflagen, sei es durch Änderung der erlaubten Betriebszeiten, insbesondere der Zeiten für die Anlieferung und Entleerung von Silowägen, dahin abzuändern, dass gewährleistet wird, dass Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 ausgeschlossen bzw. solche im Sinne de § 74 Abs. 2 Z 2 GewO auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat die Berufung gemeinsam mit dem bezughabenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359 a GewO 1994 iVm

§ 67 a Abs. 1 AVG.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu Ge20-4012/36-2010.

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus der Aktenlage, weshalb die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung nicht erforderlich war.

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Mit Eingabe vom 3.3.2010 hat die x GmbH bei der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land unter Vorlage von Projektsunterlagen um Erteilung der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung für die Änderung der Betriebsanlage durch Errichtung (Zubau) und Betrieb einer Lager- und Produktionshalle sowie Absackanlage am Standort x, Grundstück Nr. x, KG x, angesucht.

Die Erstbehörde hat nach Vorbegutachtung der Projektsunterlagen mit Kundmachung vom 24.3.2010 eine mündliche Verhandlung für den 13.4.2010 anberaumt.

Vor Durchführung der mündlichen Verhandlung wurde vom Bw durch seinen Rechtsvertreter eine schriftliche Stellungnahme zu dem beantragten Vorhaben eingebracht und darin Befürchtungen wegen Lärmimmissionen und nachteiliger Einwirkungen auf die Beschaffenheit des x vorgebracht.

Am 13.4.2010 wurde von der belangten Behörde die anberaumte mündliche Verhandlung unter Beiziehung eines anlagentechnischen Amtssachverständigen, eines Sachverständigen der Oö. Brandverhütungsstelle sowie eines Vertreters des Arbeitsinspektorates Linz durchgeführt. An dieser Verhandlung hat auch der Bw teilgenommen.

Im Zuge dieser mündlichen Verhandlung wurde vom Bw folgende Stellungnahme abgegeben:

 

"Ich gebe bekannt, dass nach dem Ergebnis der heutigen Verhandlung meine Befürchtungen bzgl. Lärmbelästigungen und Gesundheitsgefährdungen durch Lärm nicht weiter aufrecht erhalten werden und stelle fest, dass diesbezüglich in allen Punkten Konsens erzielt wurde. Im Übrigen wird auf die Ausführung des anlagentechnischen ASV und der Verhandlungsleiterin verwiesen.

Bezüglich der Einwendungen betreffend wasserrechtliche Bewilligungen wurde kein Konsens erzielt und werden die Einwendungen vollinhaltlich aufrecht erhalten werden. Ich werde die heutige Verhandlungsschrift mit meinem Rechtsberater besprechen und eine ergänzende Stellungnahme innerhalb von drei Wochen, gerechnet ab heute, der Behörde zukommen lassen."

 

Die Verhandlungsschrift wurde von der Erstbehörde dem Bw und seinem Rechtsvertreter übermittelt.

Mit Eingabe vom 15.6.2010 hat der Bw durch seinen anwaltlichen Vertreter zu der übermittelten Verhandlungsschrift eine Stellungnahme abgegeben.

Diese Stellungnahme bezieht sich ausschließlich auf wasserrechtliche Belange.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 2.1.2013, Ge20-4012/36-2010 wurde der x GmbH, x, die beantragte Änderung gewerbebehördlich genehmigt.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

1.    das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,

 

2.    die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

 

3.    die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

 

4.    die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

 

5.    eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im §74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

Gemäß § 356 Abs. 1 Gew0 1994 (idF zum Zeitpunkt der Anberaumung der mündlichen Verhandlung) hat die Behörde, wenn eine mündliche Verhandlung anberaumt wird, den Nachbarn Gegenstand, Zeit und Ort der Verhandlung sowie die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Parteistellung (§ 42 AVG) durch Anschlag in der Gemeinde (§ 41 AVG) und durch Anschlag in den der Betriebsanlage unmittelbar benachbarten Häusern bekannt zu geben. Die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden. Statt durch Hausanschlag kann die Bekanntgabe aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn erfolgen. Der Eigentümer des Betriebsgrundstückes und die Eigentümer die an dieses Gründstück unmittelbar angrenzenden Grundstückes sind persönlich zu laden.

 

Gemäß § 42 Abs. 1 AVG hat eine gemäß § 41 Abs. 1 2. Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemachte mündliche Verhandlung zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, wenn sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt; § 13 Abs. 5 2. Satz ist nicht anwendbar.

Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 2. Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.

 

5.2. Nach der geltenden Rechtslage kommt somit Nachbarn ex lege Parteistellung in den regulären Verfahren zur Genehmigung bei der Errichtung bzw. Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage zu und zwar aufgrund des § 8 AVG iVm den den Nachbarn zustehenden subjektiv – öffentlichen Rechten gemäß § 74 Abs. 2 Z 1, 2, 3 oder 5 der Gewerbeordnung. Erfolgt eine ordnungsgemäß kundgemachte mündliche Verhandlung betreffend die Genehmigung der Änderung der gewerblichen Betriebsanlage, so hat dies im Sinne der zitierten Rechtsvorschriften die Folge, dass Nachbarn ihre Parteistellung verlieren, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung zulässige Einwendungen erheben. Durch die Erhebung zulässiger und rechtzeitiger Einwendungen von Nachbarn in Verfahren zur Genehmigung der Änderung einer Betriebsanlage bleibt deren Parteistellung aufrecht. Dies aber nur im Rahmen und Umfang zulässig und rechtzeitig erhobener Einwendungen. Umgekehrt verlieren die Nachbarn ihre Stellung als Partei, soweit sie nicht zulässige und rechtzeitige Einwendungen erhoben haben.

 

Eine zulässige Einwendung im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn der Nachbar Verletzungen im subjektiven Recht geltend macht. Dem betreffenden Vorbringen muss jedenfalls entnommen werden können, dass überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechts behauptet wird und ferner, welcher Art dieses Recht ist (VwGH 10.12.1991, 1991/04/0229). Die Wahrnehmung anderer als eigener subjektiv – öffentlicher Rechte steht den Nachbarn nicht zu.

 

Dem Verfahrensakt ist zweifelsfrei zu entnehmen, dass der Bw nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung und noch vor Durchführung dieser eine schriftliche Stellungnahme eingebracht und darin Befürchtungen wegen Lärmbelästigungen vorgebracht hat.

Allerdings wurde in der mündlichen Verhandlung vom Bw eine weitere Stellungnahme abgegeben, wonach die vorgebrachten Befürchtungen betreffend Lärmbelästigung und Gesundheitsgefährdung durch Lärm nicht weiter aufrecht erhalten werden.

Damit hat der berufungsführende Nachbar die ursprünglich in der schriftlichen Stellungnahme erhobenen Einwendungen betreffend Lärmbelästigung zurückgezogen.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist es dem Nachbarn nicht verwehrt, von ursprünglich erhobenen Einwendungen, die sich auf subjektiv öffentliche Nachbarrechte beziehen wieder Abstand zu nehmen und solcher Art den Rahmen zu beseitigen, in dem er die Parteistellung beibehalten hat. Damit fällt allerdings auch die in diesem Rahmen bestehende Parteistellung weg (vgl. VwGH 25.11.1997, 96/04/0238).

Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobenen Einwendungen zurück, ist nach der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offen lässt. Maßgeblich ist daher das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung.

 

Nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates ist die in der mündlichen Verhandlung am 13.4.2010 vom Bw abgegebene Erklärung eindeutig als Zurückziehung der Einwendungen wegen Lärmbelästigung zu sehen, gründen sich doch die ursprünglich eingebrachten Einwendungen ausdrücklich auf Befürchtungen wegen Lärmbelästigungen. Vom Berufungswerber wurde ausdrücklich angegeben, diese Befürchtungen nicht weiter aufrecht zu erhalten. Dieser Aussage ist folglich auch die Erklärung immanent, die Einwendungen nicht mehr aufrecht zu erhalten.

Dies ist vor allem auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Verhandlungsschrift mit der Stellungnahme des Bw auch dem Bw bzw. seinem Rechtsvertreter mit der Möglichkeit zugestellt wurde, hiezu eine Stellungnahme abzugeben. Von dieser Möglichkeit wurde auch Gebrauch gemacht. Die diesbezügliche Stellungnahme vom 15.6.2010 durch den Rechtsvertreter enthält allerdings ausschließlich ein Vorbringen zu wasserrechtlichen Belangen, auf Lärmbelange wird darin nicht Bezug genommen.

Soweit der Bw vorbringt an der Verhandlung am 13.4.2010 habe er unvertreten teilgenommen, so ist ihm entgegen zu halten, dass die Verhandlungsschrift eben dem Rechtsvertreter zur Stellungnahme übermittelt wurde. Ein Widerspruch zu der in der mündlichen Verhandlung vom Bw abgegebenen Erklärung betreffend Lärm wurde – wie ausgeführt – nicht erhoben.

 

In Gesamtschau sämtlicher vom Bw vor Erlassung des angefochtenen Bescheides abgegebener Stellungnahmen ist sohin davon auszugehen, dass der Bw die Einwendungen wegen Lärmbelästigungen zurückgezogen hat.

Die vorgebrachten Einwendungen betreffend wasserrechtliche Belange beziehen sich auf das gesondert durchgeführte wasserrechtliche Bewilligungsverfahren und wird in der Berufung darauf auch nicht Bezug genommen.

 

Mangels aufrechter Parteistellung war der Bw somit nicht zulässigerweise berechtigt, ein Rechtsmittel gegen den ergangenen Genehmigungsbescheid zu erheben, weshalb aufgrund der dargestellten Sach- und Rechtslage wie im Spruch zu entscheiden und die Berufung als unzulässig zurückzuweisen war.

 

Abschließend sieht sich der Oö. Verwaltungssenat jedoch noch zu folgenden Ausführungen veranlasst:

Das Verfahren zur Genehmigung einer Betriebsanlage nach § 81 GewO 1994 stellt ein Projektsverfahren dar, im Zuge dessen das Vorhaben unter Zugrundelegung der vorgelegten Projektsunterlagen auf die Genehmigungsfähigkeit hin zu prüfen ist.

Bei der Entscheidung der Behörde haben Anlagen außer Bedacht zu bleiben, die nicht Gegenstand des Genehmigungsansuchens sind und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie möglicherweise tatsächlich dem eingereichten Projekt technisch zuzurechnen sind (VwGH 31.3.1992, Zl. 91/04/0267).

Gegenstand des behördlichen Verfahrens ist demnach ausschließlich das eingereichte Projekt.

Nach den Projektsunterlagen sind Antragsgegenstand ausschließlich die im Spruch des Genehmigungsbescheides genannten Anlagenteile; eine Änderung bzw. Erhöhung von Anlieferungsfahrten und Entladungen von Silowägen, wie vom Bw vorgebracht, ist vom Antragsgegenstand nicht umfasst.

Von der Konsenswerberin wurde auch ausdrücklich vorgebracht, dass sich das beantragte Vorhaben ausschließlich auf die im Spruch genannten Anlagenteile bezieht; weder eine Erhöhung der Produktionskapazität noch der Frequenz von LKW-Fahrbewegungen waren Antragsinhalt. Eine Veränderung der Produktionskapazität oder der Frequenz der LKW-Zu- und Abfahrten ist mit den beantragten Anlagenteilen auch nicht verbunden, sondern haben nach Angabe der Konsenswerberin ausschließlich organisatorische Gründe zur Änderung der bestehenden Anlage geführt.

Ausgehend vom Grundsatz des Projektsverfahrens hat diesbezüglich auch keine lärmtechnische Beurteilung zu erfolgen.

Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass im Falle einer Überschreitung des bestehenden Genehmigungskonsenses ein verwaltungsstrafrechtlicher Tatbestand vorliegt.

Das Gleiche gilt hinsichtlich des Berufungsvorbringens, die bescheidmäßig vorgeschriebenen Auflagen würden nicht eingehalten werden.

Eine solche Befürchtung kann ebenfalls nicht zur Versagung der Genehmigung führen, allerdings stellt eine tatsächliche Nichteinhaltung von Auflagen ebenso einen verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestand dar.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

 

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