Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-720340/6/SR/WU

Linz, 28.05.2013

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geb. X, deutscher Staatsangehöriger, c/o X, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 2. April 2013, GZ.: 1075775, betreffend die Verhängung eines auf drei Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes gegen den Berufungswerber nach dem Fremdenpolizeigesetz, nach Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung am 27. Mai 2013, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, als das gegen den Berufungswerber auf drei Jahre befristet erlassene Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich auf eine Befristung von einem Jahr herabgesetzt wird; im Übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

 Entscheidungsgründe

 

1. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion von Oberösterreich vom 2. April 2013, GZ.: 1075775, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis des § 67 Abs. 1 iVm. Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, ein auf drei Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich verhängt. Gemäß § 70 Abs. 3 FPG wurde dem Bw ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt.

Begründend führt die belangte Behörde ua. zum Sachverhalt aus:

 

Sie wurden am 16.11.2012 (rk 20.11.2012) vom LG Linz, 27 Hv 85/2012 w, wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z. 1 und 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, bedingt auf 3 Jahre, verurteilt.

 

Das Gericht hatte als erwiesen angesehen, dass Sie am 09.07.2012 im X - Ärztezentrum, X

 

1)     eine fremde bewegliche Sache, nämlich das Kameraobjektiv einer Überwachungskamera im Eingangsbereich des Ärztezentrums beschädigten, indem Sie die Kamera verdrehten, um den gefilmten Bereich zu verändern, wodurch ein Schaden von € 533,28 entstand;

2)     Verfügungsberechtigten der Fa. X fremde bewegliche Sachen, und zwar Bargeld in Höhe von € 373,20, durch Einbruch in einen abgeschlossenen Raum und Aufbrechen eines Behältnisses, mit dem Vorsatz weggenommen haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem Sie sich zuerst mit einem Flachwerkzeug über eine verschlossene Tür Zugang zu den Büroräumlichkeiten der Fa. X verschafften und in der Folge einen dort befindlichen Rollcontainer durch starkes Ziehen an einer Lade aufbrachen, sodass am Rollcontainer ein Schaden in Höhe von € 79,20 entstand.

 

Zur beabsichtigten Erlassung des Aufenthaltsverbotes geben Sie am 12.03.2013 an, 2011 nach Österreich gekommen zu sein, weil es Ihnen in Deutschland nicht mehr gefallen hat, und Sie Arbeit gesucht haben.

 

Seit etwa November 2011 arbeiten Sie als geringfügig Beschäftigter bei Fa. Jaksch & Partner. Als Höchstbetrag dürfen Sie € 380,- verdienen; das haben Sie aber nicht jeden Monat, sondern eventuell weniger (Leistungspauschale).

Seit 26.09.2011 sind Sie in der X in der X gemeldet. Sie schlafen bei verschiedenen Bekannten und Freunden. Sie sind geschieden, haben keine Sorgepflichten und in Österreich keine Angehörigen. Am Tag Ihrer Tat waren Sie alkoholisiert, und es tut Ihnen sehr leid.

 

Nach Darstellung der Rechtslage nahm die belangte Behörde folgende rechtliche Beurteilung vor:

 

Die besondere Dreistigkeit, mit der Sie beim Einbruch vorgegangen sind, bringt zu Tage, dass von Ihnen eine nicht zu unterschätzende Gefahr für den Schutz fremden Eigentums ausgeht, dies auch insbesondere im Hinblick auf Ihre doch eher triste finanzielle Situation.

 

Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass Ihr oben näher geschildertes persönliche kriminelle Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, nämlich das Grundinteresse an der Verhinderung und Bekämpfung von Eigentumsdelikten und der Kriminalität überhaupt.

 

So hat auch das Gericht fehlende Diversionsvoraussetzungen damit begründet, weil die ganzheitliche Abwägung aller Unrechts- und schuldrelevanten Tatumstände fallbezogen bereits eine schwere Schuld begründet, weil ein hoher Handlungsunwert (mit erheblicher Intensität ausgeführte Tatbegehensweise) gegeben ist.

 

Abgesehen davon, dass Sie in Österreich keine privaten oder familiären Bindungen haben, ist die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht nur zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten, sondern auch im Licht des § 61 Abs. 2 FPG zulässig, auch wenn dadurch zumindest in Ihr Privatleben eingegriffen wird.

 

2. Gegen diesen am 5. April 2013 zugestellten Bescheid erhob der Bw mit Schriftsatz vom 17. April 2013, persönlich eingebracht bei der belangten Behörde am 18. April 2013, rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung

 

Die Berufung wurde wie folgt begründet:

 

  1. Es besteht seit längerer Zeit eine feste Bindung zu einer Partnerin österreichischer Nationalität.
  2. Des Weiteren wurden keine persönlichen Motive weder noch vor Gericht noch bei der Fremdenpolizei berücksichtigt, was ungerechter Weise einen rechtlichen Fehler aufweißt!
  3. Habe ich schon bei der Vernehmung, sowie vor Gericht angegeben das ich keine Tür sowie Kamera beschädigt habe. Hier werden mir dann hohe Strafen aufgebürdet die überzogen sind.
  4. Die Strafe ist im Sinne der Bestrafung zu hoch angesetzt und mit den Dingen des zusätzlichen Aufenthaltsverbot eine unzulässige „Doppelbestrafung“ für EWG-Bürger. Ich bitte Sie das zu berücksichtigen und kein Aufenthaltsverbot zu erlassen

 

Bitte prüfen Sie diesen Fall erneut. Ich bin zusätzlich ehrenamtlich in einer Diakonieeinrichtung tätig und habe meine Hilfe stets angeboten. So wie mehrere Verkehrstafeln als Fundsache sowie 1 Schlüsselbund, 1KfzBrief oder einen Rucksack mit Geld und Papieren bei der Polizei als Fundsache eingereicht. Briefe über diese guten Taten sind entweder beim Magistrat im Wissensturm oder im neuen Rathaus dokumentiert und einsehbar. Damit widerspreche ich der Tatsache eine Gefahr für die allgemeine Sicherheit zu sein. [Unterschrift]

P.S. Ich bekomme keine finanzielle Unterstützung vom Staat, also bin ich ein Opfer des Systems!

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat, da der Bw unvertreten ist, nach Rücksprache mit ihm für den 27. Mai 2013 eine öffentlich mündliche Verhandlung anberaumt und dazu die Verfahrensparteien geladen. Die belangte Behörde ist entschuldigt und der Bw ist unentschuldigt der Verhandlung ferngeblieben.

 

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde und die Berufungsschrift.

 

Die Erhebungen im Anschluss an die mündliche Verhandlung bei der X der X in X ergaben, dass die Verständigung über die Hinterlegung am 16. Mai 2013 in das Brieffach des Bw in der X eingelegt worden ist, sich der Bw laut Besucherliste am 25. Mai 2013 in der X aufgehalten, die Hinterlegungsanzeige jedoch nicht entgegen genommen hat.

 

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus der Aktenlage.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von den unter den Punkten 1., 2. und 3.1. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

4. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1.1. Gemäß § 67 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes – 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 87/2012, ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

 

4.1.2. Beim Bw handelt es sich um einen deutschen Staatsangehörigen, der von seiner Freizügigkeit Gebrauch machte, indem er sich in Österreich niederließ, also um eine Person des in § 67 Abs. 1 FPG erster Satz angesprochenen Adressatenkreises.

 

4.2.1. Es ist – im Hinblick auf die oa Bestimmung - nun zu prüfen, ob das Verhalten des Bw auch aus derzeitiger Sicht geeignet erscheint, die öffentliche Ordnung oder Sicherheit zu gefährden und das Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gemeinschaft berührt.

 

Nachdem sich der Bw erst seit September 2011 im Bundesgebiet aufhält, kommt der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1, 2. Satz FPG zum Tragen. Eine Aufenthaltsverfestigung gemäß § 64 FPG liegt nicht vor.

 

4.2.2. Zunächst ist das Tatbestandsmerkmal der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit der Republik näher auszulegen.

 

Hinsichtlich der nach dem FPG anzustellenden Prognosebeurteilungen hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur ausgesprochen, dass es letztlich immer auf das in Betracht zu ziehende Verhalten des Fremden ankommt. Es ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Das FPG legt, bezogen auf unterschiedliche Personenkreise oder nach bestimmter Aufenthaltsdauer, ein unterschiedliches Maß für die zu prognostizierende Gefährlichkeit des Fremden fest. So verlangt § 67 Abs 1 FPG ("tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt") im Verhältnis zu § 64 Abs 4 FPG ein höheres Maß der Gefährdungsprognose, die sich zudem nach dem fünften Satz des § 67 Abs 1 FPG ("nachhaltige und maßgebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit") noch weiter steigert (vgl. VwGH vom 20. November 2008, 2008/21/0603; E vom 3. April 2009, 2008/22/0913).

 

Der EuGH hat im Urteil vom 27. Oktober 1977, Rs 30/77, ausgeführt, dass jede Gesetzesverletzung eine Störung der öffentlichen Ordnung darstellt. Neben dieser Störung der öffentlichen Ordnung muss nach Ansicht des Gerichtshofes jedenfalls eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Frühere strafrechtliche Verurteilungen dürfen nur insoweit berücksichtigt werden, als die ihnen zugrunde liegenden Umstände  ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt. Wenn auch in der Regel die Feststellung einer derartigen Gefährdung eine Neigung des Betroffenen nahelegt, dieses Verhalten in Zukunft beizubehalten, so ist es doch auch möglich, dass schon allein das vergangene Verhalten den Tatbestand einer solchen Gefährdung der öffentlichen Ordnung erfüllt. Es obliegt den nationalen Behörden und gegebenenfalls den nationalen Gerichten, diese Frage in jedem Einzelfall zu beurteilen, wobei sie die besondere Rechtstellung der dem Gemeinschaftsrecht unterliegenden Personen und die entscheidende Bedeutung des Grundsatzes der Freizügigkeit zu berücksichtigen haben.

 

Für den Oö. Verwaltungssenat steht zunächst zweifelsfrei fest, dass das Verhalten des Bw ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

Im konkreten Fall handelt es sich auch nicht um ein bloß sonstiges öffentliches Interesse sondern tatsächlich um ein Grundinteresse der Gesellschaft, das darin gelegen ist, strafbare Handlungen gegen das StGB zu verhindern.

 

Wie unter Punkt 1. dargestellt, hat der Bw bereits 10 Monate nach seiner Aufenthaltsbegründung in Österreich ein Vergehen und ein Verbrechen begangen und wurde deshalb rechtskräftig verurteilt.

 

Im Sinne der wiedergegeben Judikatur (VwGH, EGMR, EuGH) ist nicht primär maßgeblich, dass eine strafgerichtliche Verurteilung ausgesprochen wurde, sondern dass im Sinne einer Prognoseentscheidung das gegenwärtige und zukünftige Verhalten einer Person im Lichte einer strafgerichtlichen Verurteilung rechtlich zu würdigen ist. Im konkreten Einzelfall ist zu analysieren, ob davon ausgegangen werden kann, dass sich der Bw hinkünftig rechtskonform verhalten wird. Besonders aussagekräftig sind daher die einzelnen Strafzumessungsbegründungen. Diese lassen eindeutige Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Bw zu.

 

Aus dem Vorlageakt und der Berufung lassen sich Rückschlüsse auf den verwerflichen Charakter des Bw ziehen. Diese Beurteilung und die Gefährlichkeitsprognose konnte der Bw durch sein Vorbringen nicht entkräften.

Gerade das Gegenteil ist der Fall. Der Bw bereut bis heute seine Taten nicht. Der Einwand, dass er bei der Tatbegehung alkoholisiert war, findet sich im Urteil nicht. Hat sich der Bw im Gerichtsverfahren noch teilweise geständig gezeigt, betrachtet er nunmehr die Entscheidung des Gerichts als Fehlurteil, da er weder eine Kamera noch eine Tür beschädigt haben will.

 

Die strafbaren Handlungen des Bw zeigen die kriminelle Energie des Bw auf. Auch wenn der Bw vermeint, die Strafe sei überzogen, so übersieht er dabei, dass das Gericht von fehlenden Diversionsvoraussetzungen ausgegangen ist. Eine Division war demnach nicht möglich, weil die ganzheitliche Abwägung aller unrechts- und schuldrelevanten Tatumstände fallbezogen bereits eine schwere Schuld begründet hat und hoher Handlungsunwert (mit erheblicher Intensität ausgeführte Tatbegehensweise) vorgelegen ist.

 

Aus dem deliktischen Verhalten des Bw ist zu ersehen, dass die Einhaltung von Rechtsvorschriften für ihn keinen hohen Stellenwert einnimmt. Einerseits zeigt er sich anfangs nur teilgeständig und versucht in der Folge die Tatausführung mit einer – nicht im Akt aufscheinenden – Alkoholisierung zu begründen. Dieser Ansatz stimmt bedenklich, da der Bw damit einräumt, dass bei ihm im Falle einer Alkoholisierung die Hemmschwelle so absinkt, dass er selbst zu Verbrechen in der vorliegenden Ausprägung fähig ist. Da die Alkoholisierung und damit auch der Grad dieser im gesamten Verfahren kein Thema war, müsste sogar von einem minderen Grad ausgegangen werden.

 

Auch wenn das teilweise Geständnis zu einer milderen Strafe geführt hat, ist dem gesamten Verfahren deutlich die mangelnde Einsichtigkeit zu entnehmen.

 

Der Bw stuft sein strafrechtlich relevantes Verhalten als geringfügige Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen ein. Mit seinen Ausführungen, die teilweise aktenwidrig sind, versucht der Bw augenscheinlich von seiner tatsächlich bestehenden kriminellen Energie abzulenken und sein Verschulden und seine Tathandlungen als untergeordnet darzustellen. Er übersieht dabei aber, dass das erkennende Gericht das "Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen" als erschwerend gewertet und auf Grund der Tatbegehensweise die Voraussetzungen für die Division verneint hat. Der Hinweis in der Berufung auf sein Wohlverhalten (u.a. Abgabe von Fundgegenständen) kann diese Einschätzung nicht wesentlich zu Gunsten des Bw verschieben. Die Abgabe von Fundgegenständen ist von allen rechtstreuen Bürgern zu erwarten und kann nicht als besonderes Wohlverhalten gewertet werden.

 

Das Verhalten des Bw stellt somit eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, dar.

 

Mit seinem allgemein gehaltenen Vorbringen ist es dem Bw aber nicht gelungen, darzulegen, dass das beschriebene Gefährdungspotential gegenwärtig und auch zukünftig von ihm nicht mehr ausgehen werde.

 

Die Tathandlungen und die nachfolgende Verantwortung in der Berufungsschrift lassen eindeutige Rückschlüsse auf seinen verwerflichen Charakter zu und zeigen auf, dass er nicht geneigt ist, die Rechtsordnung seines Gastlandes zu respektieren.

 

Im Hinblick auf eine allfällige Alkoholisierung und damit deutlich herabgesetzte Hemmschwelle ist eine hohe Wiederholungsgefahr augenscheinlich gegeben.

 

Es muss auch weiterhin von einem akuten und nachhaltigen Gefährdungspotential für die Sicherheit der Republik Österreich ausgegangen werden, weshalb die Tatbestände des § 67 Abs. 1 FPG als gegeben anzunehmen sind.

 

Derzeit lässt das Persönlichkeitsbild des Bw keinesfalls den Schluss zu, dass er nunmehr als geläutert anzusehen ist.

 

Im in Rede stehenden Fall ist besonders auf das Privat- und Familienleben des Bw im Sinne einer Interessensabwägung Bedacht zu nehmen.

 

4.3.1. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

4.3.2. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein  aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

4.4.1. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

 

Es ist festzuhalten, dass es gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Höchstgerichte grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit der Republik Österreich effektiv zu begegnen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse äußerst hoch anzusetzen ist und ein Aufenthaltsverbot grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw. familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind.

 

4.4.2. Zur Aufenthaltsdauer des Bw im Bundesgebiet ist zunächst festzuhalten, dass diese 20 Monate beträgt. Der Aufenthalt des Bw ist durchgehend rechtmäßig.

 

4.4.3. Weiters hat das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens in die Beurteilung einzufließen.

 

Den Angaben des Bw zufolge verfügt er seit seiner Einreise in Österreich über keinen festen Wohnsitz, ist als obdachlos in X in der X der X gemeldet und schläft bei verschiedenen, namentlich nicht genannten Freunden und Bekannten. Als Zustelladresse hat er die X der X bestätigt. Erstmals in der Berufungsschrift und bei der telefonischen Kontaktaufnahme vor der Ladung zur mündlichen Verhandlung hat der Bw auf die „Bindung zu einer Partnerin österreichischer Nationalität“ hingewiesen und von dieser jedoch weder eine ladungsfähige Adresse noch Namen bekannt gegeben. Begründet wurde sein Verhalten damit, dass er diese Person nicht „hineinziehen“ wolle. Aus diesem Vorbringen kann keinesfalls auf ein bestehendes Familienleben geschlossen werden.

 

4.4.4. Einen wesentlichen Punkt bei der vorzunehmenden Rechtsgüterabwägung stellt die Schutzwürdigkeit des Privatlebens dar. Wie sich unter anderem aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Dezember 2009, 2009/21/0348, ergibt, kann unter gewissen Umständen das Privatleben eines Bw alleine eine positive Gesamtbeurteilung nach sich ziehen.

 

Im konkreten Fall ist der Bw seit 20 Monaten in der Republik Österreich aufhältig. Der Bw verfügt nur über eine Obdachlosenmeldung, keinen festen Wohnsitz und bezieht auf Grund seiner geringfügigen Beschäftigung ein monatliches Einkommen von maximal 380 Euro.

 

Neben der äußerst kurzen Aufenthaltsdauer in Österreich führt auch die geringfügige Teilnahme am Erwerbsleben nicht zur fortgeschrittenen Integration.

 

4.4.5. Merkmale für eine weitere soziale Integration des Bw in Österreich sind im Verfahren kaum hervorgekommen. Mangels anderslautender Ausführungen ist davon auszugehen, dass sich der Freundes- und Bekanntenkreis aus Personen in seinem persönlichen Umfeld zusammensetzt.

 

Er vermag auch keine entsprechende Beteiligung am gesellschaftlichen Leben (Vereinszugehörigkeit oä) nachzuweisen. Gegen die soziale Integration des Bw sprechen hingegen insbesondere die von ihm begangenen strafbaren Handlungen, bei welchen der Bw Dritte in ihren Eigentumsrechten schädigte.

 

Bei einer Gesamtbetrachtung gelangt man daher zum Ergebnis, dass eine tiefgehende Integration des Bw ins Gesellschaftsgefüge der Republik Österreich nicht gegeben ist.

 

4.4.6. Festzustellen ist weiters, dass der heute 47-jährige Bw den überwiegenden Teil seines Lebens in Deutschland verbrachte. Deutschland habe er nur deshalb verlassen, weil es ihm dort nicht mehr gefallen und er auch nicht gleich eine Arbeit gefunden habe. 

 

4.4.7. Unstrittig ist eine strafgerichtliche Unbescholtenheit aufgrund der in Punkt 1. dargestellten rechtskräftigen Verurteilung nicht gegeben.

 

4.4.8. Die im angefochtenen Bescheid angeführten Verwaltungsübertretungen und rechtskräftigen Bestrafungen wurden vom Bw nicht bestritten.

 

4.4.9. Vor dem Hintergrund der in den Punkten 4.4.1. bis 4.4.8. getroffenen Feststellungen ist zusammenfassend hinsichtlich des Eingriffs in den geschützten Bereich des Privat- und Familienlebens des Bw festzuhalten, dass sich eine Eingriffsunzulässigkeit dem Grunde nach nicht ergibt.

 

Bei den konkret vom Bw verübten Verbrechen und Vergehen handelt es sich unzweifelhaft nicht um einen Fall von "Kleinkriminalität". Es zeugt fraglos von erheblicher krimineller Energie.

 

Zwar ist dem Bw durch seine Aufenthaltsdauer im Inland von 20 Monaten ein untergeordnetes Maß an Integration bzw. ein gewisses Interesse am Weiterverbleib im Bundesgebiet zuzubilligen. Die soziale Integration ist kaum nennenswert. Wesentlich für eine Gesamtabwägung zulasten des Bw ist jedoch vor allem, dass er durch die von ihm mit erheblicher krimineller Energie verwirklichten strafrechtlichen Delikte unter Beweis gestellt hat, von einer Integration in die Rechts- und Gesellschaftsordnung des Gastlandes weit entfernt zu sein. Darüber hinaus ist dem Bw eine Reintegration in seinem Heimatland, in welchem er den überwiegenden Teil seines Lebens verbracht hat, zumutbar.

 

Insgesamt ist also der belangten Behörde zu folgen, dass den öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK im konkreten Einzelfall eindeutig der Vorrang vor den privaten Interessen des Bw gegeben werden muss. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ist daher dem Grunde nach zulässig und der Bw kann sich nicht durchschlagend auf den Schutz seines Privat- und Familienlebens berufen.

 

Auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips kommt man zu den eben dargestellten Überlegungen, wodurch grundsätzlich die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Bw gerechtfertigt ist.

 

4.5.1. Hinsichtlich der Dauer des Aufenthaltsverbotes ist auf § 67 Abs. 2 FPG zu verweisen.

 

Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens 10 Jahren erlassen werden.

 

Im angefochtenen Bescheid hatte die belangte Behörde ein auf drei Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

 

4.5.2. In Anbetracht des vorliegenden Gefährdungspotentials und der Verwerflichkeit des Tuns des Bw wird vom erkennenden Mitglied ein Zeitraum von einem Jahr als ausreichend angesehen, um die Republik Österreich vor weiteren kriminellen Aktivitäten des Bw zu schützen. Es kann nicht damit gerechnet werden, dass vor diesem Zeitpunkt eine positive Zukunftsprognose, betreffend das vom Bw ausgehende Gefährdungspotential, erstellt werden könnte.

 

4.6. Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

 

Die belangte Behörde hat zu Recht den gesetzlich vorgesehenen Durchsetzungsaufschub von einem Monat vorgesehen.

 

4.7. Auf eine Übersetzung des Spruchs bzw. der Rechtsmittelbelehrung konnte in Hinblick auf § 67 Abs. 5 iVm. § 59 Abs. 1 FPG verzichtet werden, da der Bw der deutschen Sprache mächtig ist.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

 

 

Mag. Christian Stierschneider

 

 

 

 

 

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