Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730364/17/BP/WU

Linz, 10.06.2013

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in: Zimmer, Rückfragen:

Mag. Dr. Bernhard Pree 5A02, Tel. Kl. 18060

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, StA der Türkei, vertreten durch X, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Wels-Land vom 23. Februar 2011, GZ: Sich40-195-2007, mit dem ein Antrag des Berufungswerbers auf Aufhebung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes abgewiesen wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 30. August 2011, nach Aufhebung eines Erkenntnisses vom 31. August 2011 durch den Verwaltungsgerichtshof, erneut zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, als das in Rede stehende Aufenthaltsverbot aufgehoben wird.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 


Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Wels-Land vom 8. Jänner 2008, GZ: Sich40-195-2007, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden Bw) ein unbefristetes Aufenthaltsverbot rechtskräftig erlassen.

 

1.2. Mit Bescheid vom 23. Februar 2011 wies die belangte Behörde einen Antrag des Bw auf Aufhebung dieses Aufenthaltsverbotes vom 10. Dezember 2009 gemäß § 65 Abs. 1 FPG in der damals geltenden Fassung ab.

 

Begründend führt die belangte Behörde u. a. aus, dass der Bw, ein türkischer Staatsangehöriger, erstmals in der Zeit vom 25. September 1995 bis 2. Oktober 1995 in Österreich polizeilich gemeldet gewesen sei. Aufgrund des Antrages vom 18. April 1997 auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung sei der Bw zumindest seit 15. Mai 1997 zum unbefristeten Aufenthalt in Österreich berechtigt gewesen.

 

Während seines Aufenthalts in Österreich sei der Bw wiederholt straffällig geworden. In einem Zeitraum von 12 Jahren (1995 – 2007) lägen folgende 16 Verurteilungen vor:

1. BG Gmunden, 1 U 34/94, rk mit 16. Mai 1995, gemäß §§ 15, 127 StGB, Geldstrafe von ATS 800, bedingt, Probezeit 3 Jahre, 10 Tage Ersatzfreiheitsstrafe,

2. BG Vöcklabruck, 4 U 122/98F, rk mit 15. April 1998, gemäß § 91 Abs. 1 StGB, Geldstrafe von ATS 4.050, 45 Tage Ersatzfreiheitsstrafe,

3. LG Wels, 13 EVR 80/99 HV 10/99, rk mit 10. April 1999, gemäß §§ 83 Abs. 1 84 Abs. 1 StGB, Geldstrafe von ATS 15.000, 75 Tage Ersatzfreiheitsstrafe,

4. BG Vöcklabruck, 4 U 40/99Y, rk mit 27. April 1999, gemäß § 83 Abs. 1 StGB, Geldstrafe von ATS 16.800, 60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe,

5. BG Gmunden, 4 U 79/2000X, rk mit 6. März 2001, gemäß §§ 81 Abs. 1, 125 StGB, Freiheitsstrafe 6 Wochen,

6. BG Gmunden, 4 U 36/2001z, rk mit 16. Juni 2001, gemäß § 125 StGB, keine Zusatzstrafe,

7. BG Linz-Land, 3 U 258/2001H, rk mit 16. Oktober 2001, gemäß §§ 287, 83 Abs. 1 StGB, Geldstrafe von ATS 10.000, 50 Tage Ersatzfreiheitsstrafe,

8. BG Linz, 18 U 528/2001X, rk mit 25. Dezember 2001, gemäß § 27 Abs. 1 SMG, Freiheitsstrafe 2 Monate bedingt, Probezeit 3 Jahre,

9. LG Wels, 15 HV 59/2003Z/B vom 21. Mai 2003, (Verlängerung der Probezeit),

10. LG Wels, 15 HV 107/2005M vom 14. Oktober 2005,

11. LG Wels, 13 HV 1069/2001M, rk mit 9. März 2002, gemäß § 107 Abs. 1 u. 2 StGB, Freiheitsstrafe 4 Monate bedingt, Probezeit 3 Jahre,

12. LG Wels, 15 HV 59/2003Z, rk 26. Mai 2003, gemäß § 27 Abs. 1 u 2 Z. 2 SMG, Freiheitsstrafe 4 Monate bedingt, Probezeit 3 Jahre,

13. BG Wels, 16 U 89/2004D, rk mit 20. Juli 2004, gemäß § 27 Abs. 1 (1. u. 2. Fall) SMG, Freiheitsstrafe 3 Monate,

14. LG Wels, 13 HV 201/2004V, rk mit 5. März 2005, gemäß §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB, Freiheitsstrafe 5 Monate,

15. LG Wels, 15 HV 107/2005M, rk mit 14. Oktober 2005, gemäß § 146 StGB, § 27 Abs. 1 (1.,2. u. 6. Fall) SMG, Freiheitsstrafe 3 Monate,

16. LG Wels, 12 HV 123/2007W, rk mit 28. August 2007, gemäß §§ 142 Abs. 1, 143 2. Fall StGB, Freiheitsstrafe 5 Jahre

 

In seinem Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbots habe der Bw ua. angeführt, dass er in der JA X am sozialen Kompetenztraining teilgenommen habe. Weiters sei er seit 7. Jänner 2008 im Unternehmensbetrieb 1 (JA X) beschäftigt gewesen und habe dort gute Arbeitsleistungen erbracht sowie der Hausordnung entsprochen. Eine Langzeittherapie sei von Frau X empfohlen worden. Die Arbeits- und Therapiemotivation sei sehr hoch. Ebenfalls sei die Teilnahme an einem Anti-Aggressionstraining im November 2008 in der JA X angeführt. Überdies habe sich der Bw seit 18. Juni 2009 zur suchttherapeutischen Entwöhnungsbehandlung in der JA X befunden. Im Schreiben der JA X sei weiters angeführt worden, dass der Bw von seiner Familie oft besucht und unterstützt worden sei.

 

Am 30. September 2010 habe der Bw eine Bestätigung über Einzeltherapie-stunden im Rahmen der Inhaftierung in der JA X vorgelegt. Ebenso sei eine Therapiezusage des X vom 26. Juli 2010 eingereicht worden.

 

Mit Stichtag 10. September 2010 sei der Bw nach Verbüßung von 2/3 der verhängten Freiheitsstrafe bedingt, unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren entlassen worden. Es sei die Weisung ergangen, dass er sich unverzüglich in stationäre Therapie in das X zu begeben habe, wo er auch seit 17. September 2010 gemeldet sei.

 

In seiner Stellungnahme vom 3. Jänner 2011 habe der Bw erneut auf die im Antrag angeführten Bestätigungen verwiesen. Weiters habe er ein Schreiben vom 28. Dezember 2010 des X vorgelegt, wo er sich in stationärer Behandlung befunden habe. Darin werde von der Leitung der Drogentherapiestation bestätigt, dass der Bw alle Phasen der Therapie gut bewältigen würde, er in Einzel- und Gruppentherapie engagiert sei und ernsthaft an seiner Suchterkrankung arbeiten würde. Weiters sei das arbeitstherapeutische Programm gut verlaufen, und es sei dem Bw durch die positive Annahme des Behandlungsprogramms möglich, sich Handlungskompetenzen für eine normale Alltagsbewältigung zu erwerben. Er würde nach der stationären Behandlung die dezentrale Phase der Therapie absolvieren. Die Leitung stelle fest, dass ein sehr guter Behandlungsverlauf vorliege und eine durchaus gute Prognose zu stellen sei.

 

Zu den persönlichen Verhältnissen des Bw führt die belangte Behörde an, dass er türkischer Staatsbürger, volljährig, ledig und beschäftigungslos sei. Weiters habe er für in Österreich lebende Personen keine Sorgepflichten geltend gemacht.

 

In ihren rechtlichen Überlegungen kommt die belangte Behörde nach Erstellung einer weiterhin ungünstigen Zukunftsprognose und nach eingehender Interessensabwägung zu dem Schluss, dass die nachteiligen Folgen einer Aufhebung des in Rede stehenden Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer wögen, als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Bw. Die während der Haftverbüßung und auch danach dokumentierten Therapien und positiven Beschreibungen des Bw seien ihm sicherlich hilfreich sein Leben besser meistern zu können, gäben aber keineswegs die Garantie ab, dass sich das Verhalten des Bw von Grund auf geändert habe, dass er fortan rechtstreu handeln werde und er sich den von der inländischen Rechtsordnung geschützten Werten innerlich verbunden fühlen werde.

 

Zusammenfassend könne daher angeführt werden, dass eine Gegenüberstellung einerseits der Vielzahl, der Vielfalt und des langen Zeitraumes der vom Bw verwirklichten Straftaten sowie des daraus ableitbaren Fehlverhaltens und andererseits der möglichen Gründe, die für einen Wegfall des Aufenthaltsverbotes angeführt worden seien, zum Ergebnis führe, dass eine Änderung der maßgebenden Umstände nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes zu seinen Gunsten nicht vorliege und dessen Aufrechterhaltung im öffentlichen Interesse dringend geboten erscheine.

 

1.3. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw durch seinen Rechtsvertreter rechtzeitig Berufung mit Schriftsatz vom 16. März 2011.

 

Darin wird der angefochtene Bescheid in vollem Umfang angefochten und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.

 

Gemäß § 65 Abs. 1 FPG habe die Behörde eine Interessensabwägung vorzunehmen und hiebei zu eruieren, ob ein relevanter Eingriff im Sinne des § 66 FPG vorliege und auch abzuwägen, ob die Aufrechterhaltung eines Aufenhtaltsverbotes dringend geboten sei; gegebenenfalls ferner, ob sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes jene Umstände, die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten bzw. familiären Interessen andererseits maßgeblich seien, zu Gunsten des Fremden geändert hätten.

 

 

Aus der Aktenlage ergebe sich darüber hinaus, dass – wie im angefochtenen Bescheid der SID im Verfahren St 27/08 Seite 4 ausgeführt – der Bw, wie er selbst zuvor auf Seite 3 des genannten Bescheides angebe, seit dem zweiten Lebensjahr in Österreich lebe bzw. wie von der Behörde festgestellt werde, bei der Erstanmeldung 7 Jahre alt gewesen sei. Der Bw lebe daher von klein auf in Österreich; dies hätte seitens der Erstbehörde festgestellt werden müssen, was an dieser Stelle als Feststellungsmangel geltend gemacht werde.

 

Gemäß § 61 Z. 4 FPG dürfe ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn der Fremde von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen sei, es sei denn, der Fremde wäre wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung rechtskräftig zu mehr als einer unbedingten zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Auch wenn letztere Bedingung im Fall des Bw erfüllt sei, sei jedoch gemäß Art. 8 EMRK eine entsprechende Verhältnismäßigkeitsabwägung vorzunehmen. Durch die frühzeitige Entlassung des Bw aus der Strafhaft werde klar, dass das Gericht davon ausgegangen sei, dass der bisherige Vollzug der Freiheitsstrafe ausgereicht habe, den Bw von der Verübung weiterer Straftaten abzuhalten.

 

Wiewohl diese Entscheidung die Verwaltungsbehörde nicht präjudiziere, hätte sich die Erstbehörde mit diesem Aspekt auseinandersetzen müssen. Es wäre daher seitens der Erstbehörde zu überprüfen gewesen, inwieweit das Verhalten des Bw, welches zur bedingten Entlassung geführt habe, auch unter dem Aspekt der Aufhebung des Aufenthaltsverbotes zu beachten sei. Diese habe aber im angefochtenen Bescheid aufgrund der vom Bw beigebrachten Bestätigungen, Feststellungen hinsichtlich der von ihm vorgenommenen Bemühungen um seine Resozialisierung, lediglich festgestellt, dass der Bw sicherlich motiviert sei und Engagement zeige.

 

Nach der Rechtsprechung des VwGH führe ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes dann zum Erfolg, wenn sich seit der Erlassung der Maßnahme die dafür maßgeblichen Umstände zugunsten des Fremden geändert hätten. Eine Garantie werde seitens des VwGH nicht gefordert und könne auch niemals beigebracht werden. Andererseits führe bereits die Erstbehörde richtig aus, dass der Bw nunmehr sicherlich motiviert sei und Engagement zeige. Aufgrund dieser Feststellung und unter Bedachtnahme auf die bedingte Entlassung aus der Strafhaft hätte aber auch die Erstbehörde zum Ergebnis kommen müssen, dass die Voraussetzungen für die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes vorlägen; dies insbesondere auch unter Berücksichtigung des § 66 FPG und des Umstandes, dass sich die gesamte Familie des Bw in Österreich befinde, sodass bei der gegebenen Sachlage die Abschiebung des Bw unverhältnismäßig wäre.

 

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung sei erforderlich.

 

Abschließend stellt der Bw den Antrag:

1. der Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass das verhängte unbefristete Aufenthaltsverbot aufgehoben werde;

2. in eventu:

Der Berufung Folge zu geben, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Rechtsache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Erstbehörde zurückzuverweisen.

3. in jedem Fall eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen.

 

 

2.1. Die belangte Behörde legte zunächst den in Rede stehenden Verwaltungsakt der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vor.

 

Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl. I Nr. 38/2011 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG in der nunmehr geltenden Fassung in Verbindung mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ergibt sich, dass der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung über die Berufung zuständig ist, weshalb der in Rede stehende Verwaltungsakt von der Sicherheitsdirektion – nach In-Krafttreten der Novelle am 1. Juli 2011 – dem Oö. Verwaltungssenat übermittelt wurde.

 

2.2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

Zusätzlich wurde am 30. August 2011 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt, zu der allerdings nicht der Bw selbst, sondern nur sein Rechtsvertreter erschien.

 

2.2.2. Der Rechtsvertreter führte - zum Sachverhalt befragt – aus, dass nach Mitteilung des Betreuers des Bw die stationäre Behandlung sehr erfolgreich verlaufen sei, sodass dem Bw habe gestattet werden können, eine private Unterkunft bei seiner Schwester in X aufzunehmen. Nach Mitteilung des Betreuers halte der Bw auch sämtliche Termine mit ihm ein und besuche wie vorgesehen den Kurs beim AMS. Am morgigen Tag sei zwischen Betreuer und Bw ein weiteres Informationsgespräch bzw. ein Besprechungstermin vorgesehen.

 

Der Bw gehe zurzeit keiner Erwerbstätigkeit nach. Er sei nach wie vor ledig. An den persönlichen Verhältnissen habe sich – nach Wissen – des Rechtsvertreters nichts geändert.

 

2.3.1. Grundsätzlich ist das Vorbringen des bislang beobachteten Therapieverlauf – vor allem hinsichtlich der Aggressionsbekämpfung – durchaus glaubwürdig. Festzustellen ist aber auch, dass die Therapie bis dato nicht abgeschlossen ist.

 

2.3.2. Eine am 30. August 2011 eingeholte Auskunft aus dem Zentralen Melderegister ergab, dass der Bw von 16. Mai 2011 bis 22. Juni 2011 in X (Unterkunftgeber: X), von 22. Juni bis 11. August 2011 in X (Unterkunftgeber: X) gemeldet war.

 

Seit 11. August 2011 ist der Bw nunmehr unter der Adresse X gemeldet. Als Unterkunftgeber ist X, eine Notschlafstelle für obdachlose Personen im niederschwelligen Drogenbereich, ausgewiesen. Geht man davon aus, dass die Meldung korrekt erfolgte, sind Zweifel an der Feststellung berechtigt, dass der Bw bei seiner Schwester wohne. 

 

2.3.3. Es war dem erkennenden Mitglied des Oö. Verwaltungssenates - aufgrund der Absenz des Bw während der mündlichen Verhandlung – nicht möglich einen persönlichen Eindruck vom Bw (wie in der Berufung beantragt) zu gewinnen. Nachdem jedoch nicht angezweifelt wird, dass der Bw derzeit am Therapieprogramm mitwirkt, konnte diese Beweisaufnahme auch entfallen.

 

2.4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat wies mit Erkenntnis vom 31. August 2011 die in Rede stehende Berufung als unbegründet ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid.

 

2.4.2. Aufgrund einer dagegen eingebrachten Beschwerde hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 16. Mai 2013, Zl. 2011/21/0272-15, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts auf.

 

In diesem Erkenntnis wird ua. ausgeführt, dass im Rahmen der Beurteilung des Falles auch die geänderte Rechtslage, sohin § 64 Abs. 1 Z. 2 iVm. § 69 Abs. 2 FPG zur Anwendung hätte gebracht werden müssen.

 

2.5. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.2. und 2.3. dieses Erkenntnisses dargestellten völlig unbestrittenen Sachverhalt aus.

 

2.6. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 69 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 68/2013, sind eine Ausweisung und ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

 

3.1.2. Diese Bestimmung korrespondiert zu der des § 65 Abs. 1 FPG in der vorhergehenden Fassung. Sie ist im vorliegenden Fall anwendbar, zumal der Bw bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes über einen Aufenthaltstitel verfügte.

 

3.2.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dem inhaltlich mit dem aktuellen § 69 Abs. 2 FPG vergleichbaren § 65 Abs. 1 FPG in der vorhergehenden Fassung kann ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgeblichen Umstände zugunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung der Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist.

 

Bei dieser Beurteilung ist maßgeblich, ob eine Gefährlichkeitsprognose weiterhin zu treffen ist, sodass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes erforderlich ist, um eine vom Fremden ausgehende erhebliche Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden, und ob die Aufrechterhaltung dieser Maßnahme im Grunde des nunmehrigen § 61 FPG (Schutz des Privat- und Familienlebens) zulässig ist.

 

Der UVS des Landes Oberösterreich hat sich somit mit der Frage auseinanderzusetzen, ob im konkreten Fall ein relevanter Eingriff im Sinne des § 61 FPG vorliegt und – gegebenenfalls – ob die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes weiterhin dringend geboten ist. Bejahendenfalls ist ferner zu erörtern, ob sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die Umstände, die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen andererseits maßgebend sind, zugunsten des Fremden geändert haben. Diese Interessen sind daran anschließend gegeneinander abzuwiegen.

 

3.2.2. Es ist jedoch eindeutig darauf hinzuweisen, dass ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 69 Abs. 2 FPG keinesfalls dazu geeignet sein kann, Umstände die bei der Erlassung des ursprünglichen Aufenthaltsverbotes gewürdigt wurden und durch die Rechtskraft der Entscheidung gedeckt sind, neu oder anders zu beurteilen, da dies in Hinblick auf § 68 Abs. 1 AVG unzulässig wäre. Umstände, die bei Beurteilung im Rahmen der Verhängung der Maßnahme unverändert bestanden, unterliegen daher nicht den Überprüfungsmöglichkeiten im Rahmen des ggst. Verfahrens.

 

3.2.3. Nach dem zu diesem Fall ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Mai 2013, Zl. 2011/21/0272-15, kann eine Änderung der Rechtslage allerdings auch den Wegfall eines Grundes für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes darstellen und ist demnach bei der Prüfung der Zulässigkeit der Aufrechterhaltung dieser Maßnahme zu berücksichtigen.

 

3.3.1. Gemäß § 64 Abs. 1 FPG darf gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, eine Ausweisung gemäß § 62 und ein Aufenthaltsverbot gemäß § 63 nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StBG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

 

3.4.2. Aus dem in Rede stehenden Sachverhalt ergibt sich zunächst zweifelsfrei, dass der Bw bereits seit seinem 2. Lebensjahr in Österreich aufhältig war, weshalb er im Bundesgebiet als von klein auf niedergelassen anzusehen ist; er kann sich also auf § 64 Abs. 1 Z. 2 FPG stützen.

 

Ein Aufenthaltsverbot dürfte nach geltender Rechtslage somit gegen ihn nicht erlassen werden.

 

3.3.3. Im Hinblick auf die oa. Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet dies aber für den vorliegenden Fall, dass – durch Berücksichtigung der geänderten Rechtslage - § 69 Abs. 2 FPG dahingehend auszulegen ist, dass sich die Umstände, die zur Verhängung des Aufenthaltsverbotes geführt hatten, als weggefallen anzusehen sind.

 

3.4.1. Es war daher der Berufung stattzugeben und der erstinstanzliche Bescheid dahingehend abzuändern, als das im Jahr 2008 für unbefristete Dauer erlassene Aufenthaltsverbot aufzuheben war. 

 

3.4.2. Nachdem der Bw der deutschen Sprache ausreichend mächtig ist, konnte gemäß § 67 Abs. 5 iVm. § 59 Abs. 1 FPG die Übersetzung des Spruchs und der Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides unterbleiben.  

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

Bernhard Pree

 

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