Linz, 10.06.2013
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, geb. X, StA von Kosovo, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt X, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 2. Mai 2013, GZ: S-13.150/13-2, wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz zu Recht erkannt:
I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses der Tatzeitraum mit 5. April 2013 begrenzt wird und der Strafausspruch durch folgenden Ausspruch ersetzt wird:
"Gemäß § 21 VStG wird von der Verhängung einer Strafe abgesehen."
II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.
Rechtsgrundlagen:
zu I: §§ 24, 21 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) iVm
§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG);
zu II: §§ 65f VStG.
Entscheidungsgründe:
1.1. Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom
2. Mai 2013, GZ: S-13.150/13-2, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) gemäß § 120 Abs. 1a des Fremdenpolizeigesetzes (FPG) iVm § 31 Abs.1 Z 2 bis 4 und 6 FPG eine Geldstrafe in der Höhe von 500,-- Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen, verhängt.
Die belangte Behörde führt im Spruch aus, dass wie vom fremdenpolizeilichen Referat der LPD OÖ am 3. April 2013 anlässlich einer fremdenpolizeilichen Überprüfung festgestellt worden sei, der Bw ein Fremder im Sinne des § 2 Abs.4 Z1 FPG sei und er sich seit 14. März 2013 unrechtmäßig im Bundesgebiet von Österreich aufhalte, da er weder aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz noch aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sei. Der Bw sei nicht im Besitze eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels, ihm komme eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz nicht zu und er sei nicht Inhaber einer Beschäftigungsbewilligung, Entsendebewilligung oder Anzeigebestätigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz.
Ihre Entscheidung begründet die belangte Behörde wie folgt:
1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 17. Mai 2013.
Zu Beginn werden die Anträge gestellt, die Berufungsbehörde möge
a) das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos beheben, in eventu
b) die angefochtene Strafe angemessen herabsetzen, sowie
c) eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumen und durchführen.
Begründend führt der Bw Folgendes aus:
2.1.1. Mit Schreiben vom 23. Mai 2013 – beim UVS eingelangt am 28. Mai 2013 – übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt dem UVS des Landes Oberösterreich.
Mit E-Mail vom 6. Juni 2013 wurde der noch in der Berufung gestellte Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung ausdrücklich zurückgezogen.
2.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt.
Da im Verfahren der entscheidungswesentliche Sachverhalt feststand, im angefochtenen Bescheid keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, lediglich eine Rechtsfrage zu klären war und auch ein ursprünglicher Parteienantrag zurückgezogen wurde, konnte auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs. 3 VStG verzichtet werden.
2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter den Punkten 1.1. sowie 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus.
2.4. Da im angefochtenen Bescheid keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).
3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:
3.1. Gemäß § 120 Abs. 1a des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2013, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 2.500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 2.500 Euro bis zu 7.500 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltsortes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,
1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;
2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;
3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;
4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;
5. (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)
6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungs- gesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebe- willigung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder
7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.
3.3.1. Das FPG enthält keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).
3.3.2. Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Beschuldigter initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.
3.3.3. In der Berufungsschrift macht der Bw geltend, dass ihm bereits mit 22. März 2013 der Eheschließungstermin X bekannt gewesen sei und ihn daher nur geringes Verschulden treffe.
Da sich der Bw aber seines illegalen Aufenthalts hätte bewusst sein müssen und dennoch nicht das Erforderliche unternahm (z.B. rechtzeitige Beschaffung der erforderlichen Dokumente für die Einreise und den Aufenthalt bis zur Eheschließung), kann sich der Bw auch nicht betreffend die vorliegende Tat entschuldigen. Im Sinne eines Ungehorsamsdelikts ist es ihm also keinesfalls gelungen darzulegen, inwieweit ihn an der Tatbegehung kein Verschulden trifft.
Es ist somit auch vom Vorliegen der subjektiven Tatseite in Form zumindest fahrlässigen Verhaltens auszugehen.
3.4.1. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.
3.4.2. Hinsichtlich der verhängten Strafe ist festzustellen, dass im vorliegenden Fall ohnehin die gesetzliche Mindeststrafe verhängt wurde, weshalb auch die Einschränkung des Tatzeitraums von 14. März 2013 bis 5. April 2013 keine Reduktion der Strafe nach sich ziehen würde.
Allerdings ist im in Rede stehenden Fall besonders auf § 21 VStG einzugehen.
3.5.1. Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Schuld nur dann geringfügig, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt.
3.5.2. Im Gegensatz zum grundsätzlich typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt der übertretenen Normen bleibt die Schuld hier erheblich zurück, da der Bw offensichtlich schon bei seiner illegalen Einreise den späteren auf Grund der baldigen Eheschließung mit einer rumänischen Staatsangehörigen zu erwartenden legalen Aufenthalt vor Augen hatte.
Durch das geringe Verschulden und dem Umstand, dass die Tat dem Grunde nach folgenlos blieb, zumal dem Bw mit 8. April 2013 ein Aufenthaltstitel ausgestellt wurde, bedurfte es aus Gründen der Spezialprävention keiner Geldstrafe und auch keiner Ermahnung. Es bestand daher ein Rechtsanspruch auf die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG, weshalb der Unabhängige Verwaltungssenat von der Verhängung einer Strafe abzusehen hatte.
4. Bei diesem Ergebnis waren dem Bw gemäß § 65 VStG keine Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen. Die Kosten des Verfahrens vor der Behörde erster Instanz haben gemäß § 66 VStG zu entfallen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.
Bernhard Pree