Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240943/2/Gf/Rt

Linz, 10.05.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Gróf über die Berufung des Ing. E gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 12. April 2013, Zl. SanRB96-4-2013, wegen einer Übertretung des Arzneiwareneinfuhrgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Verfahrenskosten vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 12. April 2013, Zl. SanRB96-4-2013, wurde über den Beschwerdeführer eine Geld­strafe in Höhe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 35 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 10 Euro) verhängt, weil er per Fernkommunikationsmittel in Indien Arzneiwaren bestellt und diese am 9. Dezember 2012 ohne die erforderliche Bescheinigung ins Bundesgebiet eingeführt habe. Dadurch habe er eine Übertretung des § 21 Abs. 1 des Arzneiwareneinfuhrgesetzes, BGBl.Nr. I 79/2010 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 65/2011 (im Folgenden: AWEG), begangen, weshalb er nach dieser Bestimmung zu bestrafen gewesen sei. 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass das dem Beschwerdeführer angelastete Verhalten im Zuge einer Kontrolle durch Organe des Zollamtes Wien festgestellt und somit als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei seine bisherige Unbescholtenheit als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (monatliches Nettoeinkommen: 800 Euro; kein Vermögen; keine Sorgepflichten) seien entsprechend berücksichtigt worden. 

1.2. Gegen dieses ihm am 16. April 2013 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 29. April 2013 – und damit rechtzeitig – per Telefax eingebrachte Berufung. 

Darin wird zu den bereits im Einspruch vorgebrachten Einwänden darauf hingewiesen, dass ohne entsprechende Ermittlungen nicht davon ausgegangen werden könne, dass er die an ihn adressierte Sendung auch tatsächlich bestellt hat.

Daher wird – erschließbar – beantragt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung zu Zl. SanRB96-4-2013; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden. 

2.2. Gemäß § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil eine den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 21 Abs. 1 i.V.m. § 3 AWEG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen, der dosierte Arzneiwaren ohne Bescheinigung des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen einführt.

 

Nach § 2 Z. 1 lit. c AWEG i.V.m. der Verordnung (EWG) 2658/87 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (im Folgenden: VO 2658/87) gelten Waren der Position 3004 als Arzneiwaren.

 

3.2. Mit Blick auf den gegenständlichen Fall ergibt sich zunächst, dass das hier in Rede stehende Produkt ("Sildenafil") im Anhang I (Kombinierte Nomenklatur – KN) zur VO 2658/87 als solches nicht angeführt ist; lediglich zufolge der Anzeige des Zollamtes Wien vom 9. Dezember 2011, Zl. 100000/106765/2011 (vgl. S. 2), soll dieses vom KN-Code 3004900000 erfasst sein.

 

Ohne nähere Ermittlungen und/oder entsprechende Belege kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass dieses tatsächlich eine (dort nicht näher umschriebene) "andere" Arzneiware i.S.d. Anhanges I Teil II Abschnitt VI Kapitel 30 der VO 2658/87 und damit zugleich eine Arzneiware i.S.d. § 2 Z. 1 lit. c AWEG verkörpert.

 

3.3. Davon abgesehen ist nach § 29a VStG eine Übertragung des Strafverfahrens nur an eine Behörde im selben Bundesland zulässig.

 

Im gegenständlichen Fall wurde das Verwaltungsstrafverfahren zunächst vom Magistrat der Stadt Wien geführt (vgl. z.B. die Strafverfügung vom 12. März 2012, MBA23-S-58475/11) und in der Folge dem Bürgermeister der Stadt Linz abgetreten, der dieses mit Schreiben vom 16. Jänner 2013 an die belangte Behörde "zuständigkeitshalber weitergeleitet" hat.

 

Im Ergebnis wurde der Beschwerdeführer somit durch die entgegen § 29a VStG vorgenommene Übertragung des Strafverfahrens vom Magistrat der Stadt Wien an eine nicht in demselben Bundesland gelegene (nämlich: an die belangte) Behörde sowie durch das von dieser erlassene und gegenständlich angefochtene Straferkenntnis in seinem nach Art. 83 Abs. 2 B‑VG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt.

 

3.4. Der vorliegenden Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG einzustellen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis entfällt gemäß § 66 Abs. 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten ist.

Dr.  G r ó f

 

VwSen-240943/2/Gf/Rt vom 10. Mai 2013

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

31987R2658 Kombinierte Nomenklatur Anh1 Teil2;

AWEG 2010 §2;

B-VG Art93 Abs2;

VStG §29a

 

* Da das verfahrensgegenständliche Produkt ("Sildenafil") im Anhang I (Kombinierte Nomenklatur – KN) zur VO (EWG) 2658/87 nicht angeführt ist, kann ohne nähere Ermittlungen und/oder entsprechende Belege nicht davon ausgegangen werden, dass dieses tatsächlich eine (dort nicht näher umschriebene) "andere" Arzneiware iSd Anhanges I Teil II Abschnitt VI Kapitel 30 der VO (EWG) 2658/87 und damit zugleich eine Arzneiware iSd § 2 Z. 1 lit. c AWEG 2010 verkörpert;

 

* Dadurch, dass das Verwaltungsstrafverfahren zunächst vom Magistrat der Stadt Wien geführt und in der Folge dem Bürgermeister der Stadt Linz abgetreten wurde, der dieses mit Schreiben vom 16. Jänner 2013 an die belangte Behörde (BH Urfahr-Umgebung) "zuständigkeitshalber weitergeleitet" hat, wurde der Beschwerdeführer im Wege einer entgegen § 29a VStG vorgenommenen Übertragung an eine nicht in demselben Bundesland gelegene Behörde in seinem nach Art. 83 Abs. 2 B VG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt.

 

 

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