Linz, 17.06.2013
E r k e n n t n i s
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung von Frau H K, N, N, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, vom 06. Februar 2013, Zl. VerkR96-4103-2013, nach der am 17. Juni 2013 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:
I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden als Kosten für das Berufungsverfahren 12 Euro auferlegt (20% der verhängten Geldstrafe).
Rechtsgrundlagen:
Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 100/2011 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch, BGBl. I Nr. 33/2013 VStG.
Zu II.: § 64 Abs.1 u.2 VStG.
Entscheidungsgründe:
1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend Folgendes aus:
2. In der dagegen fristgerecht per Email übermittelten Berufung tritt die Berufungswerberin dem Schuldspruch mit sinngemäß folgenden Ausführungen entgegen:
3. Die Behörde erster Instanz hat den Verfahrensakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.
Der Unabhängige Verwaltungssenat ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 51c VStG). Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schien angesichts der im Ergebnis bestreitenden Verantwortung erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).
Gesondert mit der Ladung zur Berufungsverhandlung wurde der Berufungswerberin in einer per Email übermittelten Darstellung, die Sach- u. Rechtslage aufgezeigt und auf die Mitwirkungspflicht hingewiesen. Insbesondere gelangte bereits darin zum Ausdruck, dass es nicht genüge die Lenkeigenschaft bloß zu bestreiten um der Sanktionsfolge einer mit dem eigenen Fahrzeug begangenen Verwaltungsübertretung zu entgehen.
3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt und dessen Verlesung im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Daran nahm die Berufungswerberin – wie bereits in einem Email vom 4.6.2013 bereits angekündigt - letztlich unentschuldigt nicht teil. Die Behörde erster Instanz entschuldigte die Nichtteilnahme aus terminlichen Gründen.
4. Beweislage:
Mit dem von der Berufungswerberin gehaltenen Kraftfahrzeug wurde an der oben bezeichneten Örtlichkeit die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten. Weder im Einspruch noch im Laufe des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens benannte die Berufungswerberin einen Lenker. So erklärte sie bereits anlässlich des Einspruches gegen die vorerst erlassene Strafverfügung, sie habe das Fahrzeug nicht selbst gelenkt, könne aber auch nicht sagen wer ihr Fahrzeug lenkte.
Alleine diese Verantwortung indiziert einen Widerspruch in sich, weil damit immerhin vorgegeben wird, „vorgeblich zu wissen nicht selbst gelenkt zu haben.“
Es widerspricht grundsätzlich jeglicher Lebenserfahrung, dass es einer Fahrzeughalterin nach zwei Monaten die Ausforschung des Lenkers/Lenkerin nicht mehr zumutbar wäre. Dies trifft insbesondere für eine Auslandesfahrt zu, wobei es der überwiegenden Praxis entspricht, dass Fahrzeuge vom (der) HalterIn selbst gelenkt werden.
Die Verantwortung der Berufungswerberin sowohl im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens, als auch deren Mitteilung anlässlich der Ladung zur Berufungsverhandlung lässt sich insgesamt als inhaltsleer und jegliche Mitwirkung verweigernd qualifizieren.
In der Sache selbst scheint sie sich auf die deutsche Rechtslage zu berufen, der zur Folge keine Mitwirkungspflicht an der Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers besteht. Mit Blick darauf ist sie ebenfalls der Aufforderung zu Lenkerbekanntgabe vom 4.4.2013 nicht nachgekommen.
Welcher Lenker – wenn nicht sie selbst - etwa in Betracht kommen hätte können erklärte sie bei dieser Gelegenheit ebenso wenig wie eine Aussage darüber zu machen welche Hindernisse einem diesbezüglichen Bemühen entgegengestanden wären bzw. welche Anstrengungen sie in dieser Richtung überhaupt unternommen hat.
Vor diesem Hintergrund sieht auch die Berufungsbehörde keine Veranlassung nicht davon auszugehen, dass, den logischen Denkgesetzen folgend, wohl nur die Berufungswerberin selbst die Lenkerin ihres Fahrzeuges zur fraglichen Zeit gewesen ist.
5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:
Auf dem Radarfoto ist das Kennzeichen des Kraftfahrzeuges im „Vergrößerungsfeld“ gut erkennbar. Auch die Tatzeit ist am Radarfoto festgehalten. Dass der Tatort in der Anzeige korrekt bezeichnet ist steht auch für den Unabhängigen Verwaltungssenat ebenfalls außer Zweifel. Wie ferner aus zahlreichen anderen Verfahren bekannt, liegt für das betreffende Radarmessgerät zum Tatzeitpunkt eine gültige Eichung vor. Dadurch ist auch dessen Funktionsfähigkeit und das Messergebnis an sich in einer für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit belegt.
Die Berufungswerberin hat letztlich während des gesamten Verfahrens kein Vorbringen getätigt, welches objektiv geeignet wäre Zweifel an der eigenen Verwendung seines Fahrzeuges aufkommen zu lassen, zumal er auch keine Person zu benennen vermochte welcher er sein Fahrzeug zum Lenken überlassen gehabt haben könnte. Eine rechtwidrige Verwendung des Pkw´s wird von ihr ebenfalls nicht behauptet. Vor diesem Hintergrund kommt realistisch besehen nur sie selbst als Fahrzeughalterin als Lenkerin in Betracht.
Das er offenbar an einer Mitwirkung a priori nicht geneigt war, zeigt er zuletzt durch sein unentschuldigtes Fernbleiben auch bei der Berufungsverhandlung, wenngleich es nachvollziehbar ist, dass sie „aus ökonomischen Gründen“ nicht geneigt war zur Verhandlung anzureisen. Dies entschuldigt jedoch nicht die unterbliebene Mitwirkung und hindert demnach den Unabhängigen Verwaltungssenat nicht im Rahmen der Beweiswürdigung die Fahrzeugführerschaft nur in der Person der Fahrzeughalterin zu erblicken.
6. Das Verwaltungsstrafverfahren ist grundsätzlich nach den Vorschriften des AVG und VStG zu führen, somit ist der maßgebliche Sachverhalt nach den §§ 37 ff AVG von Amts wegen zu ermitteln. Einer amtswegigen Ermittlung der Person, die ein Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt hat, sind jedoch Grenzen gesetzt. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher in derartigen Fällen mehrfach auf die Mitwirkungspflicht des Beschuldigten bei der Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes hingewiesen (vgl. VwGH 08.02.1995, Zl 94/03/0108 ua). Ein Zulassungsbesitzer (Fahrzeughalter) darf sich demnach nicht darauf beschränken, die Lenkereigenschaft bloß zu bestreiten. Die Mitwirkungspflicht einer Beschuldigten erfordert es vielmehr, dem Tatvorwurf konkrete Behauptungen entgegenzusetzen und dafür auch entsprechende Beweise anzubieten (vgl VwGH 28.09.1988, 88/02/0030 ua).
In lebensnaher Würdigung dieser Umstände gelangte daher auch die Berufungsbehörde zur Überzeugung, dass Die Berufungswerberin in das betreffende Kraftfahrzeug zum Zeitpunkt dieser Geschwindigkeitsmessung selbst gelenkt hat.
Von einer Zulassungsbesitzerin (Fahrzeughalterin), die ihr Fahrzeug nicht selbst gelenkt hätte, ist nämlich auch nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes zu erwarten, dass sie zumindest nachvollziehbare Aspekte darzulegen in der Lage ist die ihre Lenkerschaft (Fahrzeugführerschaft) zumindest fraglich erscheinen lassen (vgl. VwGH 20.09.1996, 96/17/0320). Ebenfalls wäre es zumutbar sich über die einschlägigen Rechtsvorschriften eines bereisten Landes, nämlich der in Österreich bestehenden Pflicht zur Lenkerbenennung zu informieren.
Wenn all das unterblieb bildet dies einen hinreichend schlüssigen Beweis dafür, dass offenbar nur sie selbst als Lenker seines KFZ in Betracht kommt.
Jüngst hat der Verfassungsgerichtshof vom 22.9.2011, B1369/10, in einem vergleichbaren Fall unter Hinweis auf die Rechtsauffassung des EGMR ausgesprochen, dass eine unzulässige Überwälzung der Beweislast auf einen Lenker nicht vorliege, wenn der Betreffende am Verfahren nicht mitwirkt oder auch zur öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht erscheint und die Berufungsbehörde demnach im Rahmen der Beweiswürdigung den Schuss zieht, die/der Betreffende habe die Verwaltungsübertretung begangen.
Gemäß § 45 Abs.2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Das bloß globale Bestreiten einer/eines Beschuldigten, ohne nähere Konkretisierung und Stellung von Beweisanträgen in einem amtswegig eingeleiteten Verfahren löst keine weitere Ermittlungspflicht aus. Unterlässt ein(e) Beschuldigte(r) die gebotene Mitwirkung im Verwaltungsstrafverfahren, so bedeutet es auch dann keinen Verfahrensmangel, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Erhebungen durchführt bzw. durch absolutes Untätigsein der/des Beschuldigten nicht durchführen kann (unter vielen VwGH vom 20.9.1999, 98/21/0137).
Ihrer Verantwortung - damals nicht gefahren zu sein – war daher nicht zu folgen gewesen (vgl. dazu die bei Mannlicher-Quell, Das Verwaltungsverfahren, Zweiter Halbband, 8. Auflage, auf Seite 678f angeführte, sowie obzit. Judikatur).
7. Zur Strafzumessung:
Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.
5.1. Nach § 99 Abs.3a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschreitet.
Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140 mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).
Vor diesem Hintergrund könnte in der mit 60 Euro bemessen Geldstrafe selbst bei bescheidensten Einkommensverhältnissen ein Ermessensfehler nicht gesehen werden.
II. Die Verfahrenskosten sind auf die oben zitierte Gesetzesstelle gestützt.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r