Linz, 17.06.2013
E r k e n n t n i s
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn H J, geb. X, E, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 13. Mai 2013, Zl. VerkR96-136-2013/BER, zu Recht:
I. Die Berufung wird im Schuldspruch als unbegründet abgewiesen; das Strafausmaß wird jedoch auf 150 Euro ermäßigt.
II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demnach auf 15 Euro, für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.
Rechtsgrundlagen:
Zu I. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013 – AVG iVm § 24, § § 51 Abs.1 und § 51e Abs.3 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013 – VStG.
Zu II. § 65 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber, wegen der Übertretung nach § 103 Abs.2 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe in Höhe von 170 Euro und im Nichteinbringungsfall je 35 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, wobei nachfolgende Tatvorwürfe erhoben wurden:
1.1. Die Behörde erster Instanz traf nachfolgende Erwägungen:
2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung:
2.1. Mit diesen, wenngleich aus subjektiver Sicht des Berufungswerbers überzeugenden Ausführungen, vermag jedoch eine Rechtswidrigkeit des Schuldspruches nicht aufgezeigt werden.
3. Die Behörde erster Instanz hat die Akte zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier mit Blick auf das sich im Ergebnis nur auf die Lösung beschränkende Berufungsvorbringen in Verbindung mit der fernmündlichen Erklärung des Berufungswerbers unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z1 VStG).
4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Behörde erster Instanz vorgelegten Verfahrensakt und die Darlegung der Sach- u. Rechtslage im Rahmen eines mit dem Berufungswerber geführten Ferngespräches.
4.1. Aktenlage:
Gegen den Berufungswerber wurde ursprünglich wegen Übertretung nach § 38 Abs.5 iVm § 38 Abs.1 lit.a StVO 1960 am 1.10.2012, wegen einer „Rotlichtfahrt am 28.8.2012 um 16:54 Uhr, eine Strafverfügung mit einem Strafbetrag von 150 Euro erlassen (Aktenseite 2). Wie der Berufungswerber offenbar zu Recht reklamierte, fand sich dieser Strafverfügung keine zweite Seite, d.h. keine Rechtsmittelbelehrung angeschlossen. Auch ein Zustellvorgang (Rückschein) findet sich nicht im Akt.
Mit Email vom 8.10.2012 wurde diese Strafverfügung vom Berufungswerber beeinsprucht, worin der Berufungswerber im Ergebnis ausführte sich nach nunmehr 41 Tagen sich an den Vorfall nicht erinnern zu können.
Auf Seite 5 des Aktes findet sich eine Stellungnahme der Meldungsleger unter Anschluss von Fotos von der sogenannten Rotlichtkamera, sowie die Anzeige vom 26.9.2012 (Seite 9 u. 9a).
Am 9.1.2013 erging an den Berufungswerber eine Aufforderung zur Rechtfertigung (Seite 10).
Diese wurde vom Berufungswerber mit Email vom 12.1.2013 beantwortet, wobei er als Grund der Fahrt den Krankentransport seiner Mutter ins KH der B, sowie die Sorgepflichten für vier Kinder bekannt gab.
Am 24.1.2013 erging an den Berufungswerber die Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers nach § 103 Abs.2 KFG.
Auf diese antwortete er im Ergebnis mit dem Hinweis, dass als Lenker nur er oder seine Frau in Betracht kämen.
Am 12.4.2012 erging schließlich abermals eine Strafverfügung wegen der h. verfahrensgegenständlichen Übertretung. Diese wurde vom Berufungswerber am 16.4.2013 beeinsprucht.
Am 22.4.2013 erging an ihn abermals eine Aufforderung zur Rechtfertigung. Diese wurde von ihm am 2.5.2013 mit Email und offenbar nach einer nicht im Akt dokumentierten telefonischen Kontaktaufnahme mit einem weiteren Email mit Anhang v. 22.5.2013 beantwortet. Dieser Anhang findet sich nicht im Akt.
Schließlich wurde am 13.5.2013 das hier angefochtene Straferkenntnis erlassen.
5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass hier die Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers erst knappe fünf Monate nach einer mit seinem PKW begangenen StVO-Übertretung erfolgte. Das diese Fahrt ins Krankenhaus unter besonders berücksichtigungswürdigen Umständen erfolgte soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, wenngleich dies im gegenständlichen Verfahren rechtlich unbeachtlich ist.
Es kann letztlich auch dahingestellt bleiben, ob es dem Berufungswerber zuzumuten gewesen wäre, eventuell doch sich Klarheit darüber zu verschaffen wer der Lenker bzw. die Lenkerin bei diesem Krankentragsport war.
Im Zuge der Erlassung der Strafverfügung wegen des StVO-Deliktes unterlief ein Fehler, indem offenbar nur ein Teil der Strafverfügung zu Versendung gelangte. Dies unter der Annahme der Zulassungsbesitzer sei auch der Lenker gewesen. Dieser findet sich auch kein Zustellnachweis angeschlossen.
Wenn nun vorerst nach einem doch recht verwaltungsaufwändig betriebenen Verfahren wegen des StVO-Deliktes letztlich nach fünf Monaten erst die Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe erfolgte, hält dem der Berufungswerber durchaus plausibel die dazwischen verstrichene Zeitdauer entgegen.
Vor diesem Hintergrund sieht es der Unabhängige Verwaltungssenat als sachgerecht nun keine höhere Strafe auszusprechen als diese wegen des StVO-Deliktes ausgesprochen wurde, welches am 19.11.2012 zur Einstellung gelangte (Aktenseite 7). Vermutlich hätten die Umstände dieser Fahrt auch einen schuldmildernden Aspekt beim StVO-Strafausspruch indiziert.
5.1. Gemäß der Bestimmung § 103 Abs.2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.
Um die Auskunftspflicht des § 103 Abs.2 KFG auszulösen, genügt es, dass die Behörde an den Zulassungsbesitzer eine den inhaltlichen Kriterien der genannten Gesetzesstelle entsprechende Anfrage richtet (VwGH 7. September 1990, 90/18/0087). Der Zulassungsbesitzer hat sich den zur Beantwortung einer Anfrage nach § 103 Abs.2 KFG erforderlichen Wissensstand so zu verschaffen, dass er dazu nicht der Einsicht in behördliche Akten bedarf (VwGH 26. Mai 1999, 99/03/0074).
Die Auskunftspflicht im Sinne des § 103 Abs.2 KFG ist immer erst dann erfüllt, wenn die geschuldete Auskunft auch tatsächlich fristgerecht bei der Behörde, die die Anfrage gestellt hat, einlangt, und dem Gesetz entsprechend vollständig und richtig erteilt wird. Die erteilte Lenkerauskunft darf weder in sich widersprüchlich noch unklar sein; sie muss vielmehr in solcher Weise richtig und vollständig sein, dass auf Grund dieser Auskunft der Lenker des Fahrzeuges ohne weitere Umstände oder langwierige und umfangreiche Erhebungen festgestellt und allenfalls zur Verantwortung gezogen werden kann (VwGH 26. Jänner 1998, 97/17/0361).
Der zur Last gelegte Tatbestand der Nichterteilung einer Lenkerauskunft ist eine eigenständige - vom Grunddelikt unabhängige - Verwaltungsübertretung, die mit dem Verstreichen der zweiwöchigen Frist zur Erteilung der Lenkerauskunft (zwei Wochen nach Zustellung der Aufforderung) als verwirklicht gilt.
Dieses Verfahren hat keine Umstände hervorgebracht, welche den Berufungswerber entlasten und somit sein Verschulden ausschließen hätten können, sodass gemäß § 5 Abs.1 VStG zumindest von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist. Es ist damit auch die subjektive Tatseite der vorgeworfenen Übertretung als erfüllt zu bewerten.
Als schuldmildernd war hier der Zeitpunkt und die Umstände zu werten ehe sich die Behörde erster Instanz zur Lenkeranfrage durchgerungen hatte. Wenn aus verfahrensökonomischen Gründen vor Erlassung der Strafverfügung auf eine solche Auskunft verzichtet wird, trägt nicht zuletzt auch die Behörde erster Instanz dazu bei, dass die Bekanntgabe eines Lenkers nicht gerade erleichtert wird. Diesbezüglich ist der Einwand des Berufungswerbers auf den verstrichenen Zeitraum zumindest nicht gänzlich verfehlt.
Dennoch ist der Lenker jederzeit verpflichtet einer derartigen Aufforderung nachzukommen.
5.2. Zur Straffestsetzung ist festzustellen, dass gemäß § 19 Abs.1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Nach der anzuwendenden Verwaltungsstrafbestimmung des § 134 Abs.1 KFG begeht, wer unter anderem diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5.000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, zu bestrafen.
Zu berücksichtigen waren die Sorgepflichten für vier Kinder, sowie die bereits oben erwähnten Umstände, welche in der doch recht lange zurückliegenden Zeitdauer bis es zu dieser Aufforderung gekommen ist.
Dies begründet einen schuldmildernden Umstand. Wenn die Behörde erster Instanz von einem geschätzten Monatseinkommen in Höhe von 1.200 Euro ausging ist die nunmehr festgesetzte Geldstrafe durchaus noch als schuldangemessen zu erachten. Einer Korrektur auch der Ersatzfreiheitsstrafe bedurfte es nicht.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r