Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253123/10/Kü/Ai

Linz, 21.06.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über die Berufung von Frau A S, V, A vom 23. April 2012 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 3. April 2012, SV96-54-2011 wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12. Juni 2013 zu Recht erkannt:

 

 

I.          Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen auf jeweils 730 Euro herabgesetzt werden, die Ersatz­freiheitsstrafen bleiben unverändert. Im Übrigen wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.         Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Strafverfahrens reduziert sich auf 292 Euro (4 x 73 Euro). Die Berufungswerberin hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 3. April 2012, SV96-54-2011, wurden über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 33 Abs.1 iVm § 111 Abs.1 Z1 Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) vier Geldstrafen in Höhe von jeweils 2.180 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit jeweils Ersatzfreiheitsstrafen von 90 Stunden verhängt.

 

Diesem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

„Sie haben es als Dienstgeberin im Sinne des § 35 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) zu verantworten, dass dieses Unternehmen am 9.2.2011 gegen 14.35 Uhr

 

1.            C R, geb. X

2.            G T, geb. X

3.            H O, geb. X

4.            P A, geb. X

 

auf der Baustelle der Reihenhäuser, A F, L, (Hauseigentümer: S Bau GesmbH, G) in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit beschäftigte.

Obwohl diese Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung pflichtversichert sind, wurde hierüber vor Aufnahme der Tätigkeit keine Meldung beim zuständigen Sozialversicherungsträger erstattet.“

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig von der Rechtsvertretung der Bw – zwischenzeitig wurde das Vollmachtsverhältnis beendet – eingebrachte Berufung mit der beantragt wird, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Begründend wurde festgehalten, dass aus sämtlichen aufgenommenen Beweisen sich der Sachverhalt ergebe, dass die Firma P GmbH als Unternehmer mit den Bauarbeiten beauftragt worden sei und Dienstgeber der auf der Baustelle angetroffenen 4 Personen gewesen sei. Gegenteilige Beweise würden nicht existieren. Die Aussage des Liegenschaftseigentümers, dass mit den Bauarbeiten (zunächst, grundsätzlich) die Firma A S beauftragt worden sei, stehe hierzu in keinerlei Widerspruch, da selbstverständlich – wie üblich – solche Bauarbeiten dann an Subunternehmer weitergegeben werden könnten und tatsächlich weitergegeben würden. Solche Subunternehmerfirmen müssten keineswegs ihren Firmensitz am Ort oder in der Nähe der Bauausführung haben; dies widerspreche keineswegs der Lebenserfahrung. Die Dienstnehmer des  Subunternehmers seien selbstverständlich nicht (zugleich) Dienstnehmer des Auftragsgebers des Subunternehmers; die Melde- und Versicherungspflichten nach ASVG würden ausschließlich den Subunternehmer als Dienstgeber treffen.

 

Die verhängte Strafe sei in jedem Fall zu hoch und stehe in krassen Widerspruch zu ihren Einkommensverhältnissen (sie betreibe kein Unternehmen mehr, sei Hausfrau und habe mehrere Sorgepflichten).

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 30. April 2012 vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer, bestehend aus 3 Mitgliedern, berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akten­einsicht­nahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12. Juni 2013, an welcher die Bw in Begleitung ihres Ehegatten sowie ein Vertreter der Finanzverwaltung teilgenommen haben.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Die Bw war im Jahr 2011 als Einzelunternehmen unter dem Firmennamen Bauunternehmung A S (Sitz der Firma: V, A) im Baugewerbe tätig. Zum damaligen Zeitpunkt waren in der Firma der Bw ihr Ehegatte, ein Baumeister sowie 3 weitere Mitarbeiter beschäftigt. Zwischenzeitig ist die Firma aufgelöst worden.

 

Der Ehegatte der Bw ist mit dem türkischen Staatsangehörigen A P bekannt. Bei einem zufälligen Treffen auf einer Baustelle haben der Ehegatte der Bw und Herr A P darüber gesprochen, ob Aufträge an Herrn A P und dessen Firma weiter gegeben werden könnten. Nach dem die Firma der Bw im Februar 2011 mit Innenputzarbeiten auf der Baustelle in L A F (Reihenhausanlage der S Bau GmbH) beauftragt wurde, ist der Ehemann der Bw an Herrn P hereingetreten und hat diesen mit der Durchführung der Arbeiten beauftragt. Herr P hat drei weitere türkische Arbeiter zur Durchführung der Arbeiten beigezogen.

 

Am 9.2.2011 wurde die Baustelle in L von Organen des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck kontrolliert und wurden dort die türkischen Staatsangehörigen A P, R C, T G und O H bei Innenputzarbeiten angetroffen. Über Anfrage bei welcher Firma sie arbeiten würden, konnte Herr P den Firmennamen erst durch Nachschau auf seinem Handy bekannt geben und erklärte diesen Umstand damit, dass er erst seit 2 Tagen für diese Firma arbeitet. Herr P hat die Firma P GmbH M, W als Arbeitgeber genannt. Den Kontrollorganen gegenüber hat Herr P angegeben, dass ein gewisser Herr O ihm gesagt hat, dass auf dieser Baustelle in L Innerverputzarbeiten durchzuführen sind. Laut Auskunft von Herrn P sind die für die Innenverputzarbeiten benötigten Maschinen angemietet worden.

 

Die Abrechnung der Innenputzarbeiten der vier Arbeiter erfolgte direkt mit Herrn A P in bar, dies wurde per e-mail von der P GmbH so vorgegeben. Auf der Baustelle L wurden die vier türkischen Arbeiter vom Ehegatten der Bw eingewiesen, welche Arbeiten durchzuführen sind. Arbeiter der Bauunternehmung A S haben bei den Innenputzarbeiten nicht mitgeholfen. Die türkischen Staatsangehörigen verfügten über eigenes Werkzeug und sind mit einem eigenen Fahrzeug zur Baustelle gekommen. Das verwendete Material stammte von der Bw. Vom Ehegatten der Bw wurde die Baustelle insgesamt zwei Mal besucht und wurden dabei die Arbeiten der vier türkischen Staatsangehörigen kontrolliert.

 

Unmittelbar nach der Kontrolle haben die Kontrollorgane auch mit Herrn Ing. S von der S Bau GmbH Kontakt aufgenommen und haben sie ersucht, den mit der Firma P GmbH abgeschlossenen Werkvertrag vorzulegen. Herr Ing. S teilte den Kontrollorganen aber mit, dass die Firma der Bw mit den Innenverputzarbeiten beauftragt worden sei und der S Bau GmbH nicht bekannt sei, dass Dienstnehmer der P GmbH auf der gegenständlichen Baustelle die Innenputzarbeiten durchführen würden. Über telefonische Anfrage bei der Bw erhielt Herr Ing. S die Auskunft, dass sie den Auftrag für die Innenputzarbeiten an die P GmbH weitergegeben habe. Die Bw wurde daraufhin von den Kontrollorganen aufgefordert, mitzuteilen mit welcher Kontaktperson der P GmbH sie diesen Vertrag abgeschlossen hat, gleichzeitig wurde um Übermittlung einer Ausfertigung des Werkvertrages ersucht. Auch Herr Ing. S selbst forderte die Bw auf eine Kontaktperson der Firma P GmbH bekannt zu geben, sowie einen abgeschlossenen Werkvertrag vorzulegen.

 

Am Tag nach der Kontrolle, dem 10.2.2011 konnte die S Bau GmbH den Kontrollorganen einen zwischen der P GmbH und der Bauunternehmung A S abgeschlossenen Werkvertrag vorlegen, der allerdings keine Unterschriften aufweist. Auffällig ist, dass in diesem Werkvertrag die Firma P GmbH die Bauunternehmung A S beauftragt und nicht umgekehrt. Dieser Werkvertrag trägt das Datum 1.2.2011. Gegenstand des Werkvertrages sind Innenverputzarbeiten ohne Material, wobei der - Preis von 5 Euro vereinbart wird. Als Bauvorhaben ist das Gewerk L genannt.

 

In der Folge wurde von den Kontrollorganen eine Abfrage beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (Stand 18.5.2011) durchgeführt und konnte festgestellt werden, dass die vier angetroffenen türkischen Staatsangehörigen in der Zeit von 7.2.2011 – 28.2.2011 von der W Bau GmbH als Arbeiter angemeldet wurden. Die W Bau GmbH ist laut Firmenbuchabfrage mit Generalversammlungsbeschluss vom 22.10.2010 in P GmbH umbenannt worden. Die Ergebnisse der Kontrolle veranlassten die Kontrollorgane an die Behörde erste Instanz einen Strafantrag mit der Begründung zu stellen, dass die vier angetroffenen türkischen Staatsangehörigen laufend als Dienstnehmer amtsbekannter Scheinfirmen aufscheinen würden und auch bei den Kontrollorganen der begründete Verdacht besteht, dass es sich bei der P GmbH um eine Scheinfirma handelt. Begründet wurde dies damit, dass ein im Firmenbuch eingetragener handelsrechtlicher Geschäftsführer bereits bei diversen Scheinfirmen handelsrechtlicher bzw. gewerberechtlicher Geschäftsführer gewesen ist.

 

Auf Grund des Strafantrages wurde von der Erstinstanz mit Aufforderung zu Rechtfertigung das Verwaltungsstrafverfahren gegen die Bw eingeleitet. In ihrer Rechtfertigung vom 12.8.2011 legt die Bw dar, dass die Arbeiter bereits bei der Kontrolle die von der P GmbH über das elektronische Datensammelsystem der Sozialversicherungsträger erstatteten Anmeldungen der türkischen Staatsangehörigen vom 7.2.2011 vorgewiesen haben. Zudem legte die Bw einen zwischen der Bauunternehmung A S und der P GmbH abgeschlossenen Werkvertrag über das Bauvorhaben L, Innenputz ca. 700 , zum Preis von 5 Euro pro vor. Als Arbeitsbeginn ist in diesem Werkvertrag der 7.2.2011 festgelegt, als Auftragnehmer scheint die  P GmbH mit dem Sitz in W auf. Über Anfrage in der mündlichen Verhandlung, mit welcher Kontaktperson der P GmbH dieser Werkvertrag abgeschlossen worden ist, gab die Bw bekannt, dass sie nicht weiß, mit wem dieser Vertrag abgeschlossen wurde, da dieser per Fax bzw. Mail hin und her geschickt worden ist und so unterschrieben worden ist. Die Bw gab in der mündlichen Verhandlung außerdem an, dass der Vertrag vor Beginn der Innenputzarbeiten abgeschlossen worden ist.

 

Vor Abschluss des Vertrages hat die Bw eigenen Angaben zufolge keine Erkundigungen über die für die P GmbH bestehenden Gewerbeberechtigungen eingeholt. Laut Abfrage des Gewerberegisters lautet die Gewerbeberechtigung der P GmbH auf Handelsgewerbe und Handelsagent.

 

Von der Bauunternehmung A S wurden keine Anmeldungen der vier türkischen Staatsangehörigen beim Sozialversicherungsträger durchgeführt.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Strafantrag des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom 20. Mai 2011 und den genannten Beilagen sowie den von der Bw mit Schreiben vom 12.8.2011 vorgelegten schriftlichen Unterlagen. Die Bw bzw. ihr Ehegatte führten in der mündlichen Verhandlung selbst aus, hinsichtlich der Firma P GmbH keine weiteren Erkundigungen über deren Gewerbeberechtigungen eingeholt zu haben sondern der Ehegatte der Bw mit Herrn A P bezüglich der Durchführung der Innenputzarbeiten Kontakt gehabt hat. Außerdem geben die beiden in der mündlichen Verhandlung an, keine Kontaktperson der Firma P nennen zu können, da der Abschluss des Werkvertrages nur über Fax bzw. E-Mail erfolgt ist. Der Umstand, dass die Abrechnung der Arbeit mit Herrn P für die P GmbH erfolgte, ergibt sich ebenso aus der Aussage des Ehegatten der Bw genauso wie der Umstand, dass dieser selbst die vier Arbeiter auf der Baustelle angewiesen hat, welche Arbeiten durchzuführen sind und diese auch kontrolliert hat.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1.     Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.     Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.     Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.     gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß § 111 Abs.2 ASVG ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 von der Bezirks-verwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

-      mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-      bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungs­strafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 33 Abs.1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Nach § 35 Abs.1 ASVG gilt als Dienstgeber i.S. dieses Gesetzes u.a. derjenige, für dessen Rechnung jener Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 ASVG pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

Nach § 4 Abs.2 ASVG ist als Dienstnehmer anzusehen, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 539a Abs.1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

 

5.2. Fest steht, dass die vier türkischen Staatsangehörigen A P, R C, T G und O H am 9.2.2011 Innenverputzarbeiten auf der Baustelle in L, A F, durchgeführt haben und die Bauunternehmung A S vom Bauherrn den Auftrag für diese Arbeiten übernommen hat. Fraglich ist, ob die vier Arbeiter der Firma der Bw zurechenbar sind oder ob – wie von der Bw in der Berufung und im Verfahren vorgebracht – der Auftrag für die Innenputzarbeiten von der Bw an die Firma P GmbH mit dem Sitz in W als Subunternehmer weitergegeben wurde. Erwähnenswert und bezeichnend für eine Zusammenarbeit ist, dass es zwischen den Verantwortlichen der Bauunternehmung A S sowie der P GmbH keinen Kontakt gegeben hat, vielmehr die Durchführung der Abreiten zwischen dem Ehegatten der Bw sowie Herrn A P vereinbart und abgesprochen worden sind. Mit der P GmbH hat lediglich Kontakt per E-Mail bestanden, und konnte weder von der Bw noch von ihrem Ehegatten in der mündlichen Verhandlung eine verantwortliche Person der P GmbH, mit welcher Absprachen getroffen und der Vertrag abgeschlossen worden sind, genannt werden. Zudem hat weder die Bw noch ihr Ehegatte Kenntnis davon, über welche Gewerbeberechtigungen die P GmbH verfügt. Weder vor dem konkreten Fall nach im Nachhinein gab es eine weitere Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Firmen, somit handelte es sich um eine einmalige Zusammenarbeit.

 

Nach der Kontrolle wurde zunächst über Aufforderung ein nicht unterzeichneter Werkvertrag zur Vorlage gebracht, der die Bauunternehmung A S als Auftragnehmer der P GmbH ausweist. Erst nach Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens hat die Bw einen unterschriebenen Werkvertrag vorgelegt, der nicht datiert ist, sondern nur den Arbeitsbeginn 7.2.2011 ausweist. Dieser Sachverhalt berechtigt zur Annahme, dass vor Beginn der Innenputzarbeiten eine vertragliche Regelung zwischen den vermeintlich beteiligten Firmen nicht bestanden hat, vielmehr diese erst auf Grund der Kontrolle der Finanzbehörden fixiert wurde. Zudem ist zu beachten, dass die P GmbH auf Grund ihrer Gewerbeberechtigungen nicht zur Übernahme von Innenputzarbeiten berechtigt ist. Die Bw verweist zwar darauf, dass Anmeldungen der P GmbH bezüglich der vier türkischen Arbeiter vorgelegt wurden, doch ist nicht nachvollziehbar, dass der Versicherungsdatenauszug jedes Arbeiters vom Mai 2011 als Arbeitgeber die W Bau GmbH ausweist, obwohl diese Firma bereits mit Wirksamkeit Oktober 2010 in P GmbH umbenannt worden ist. Es bestehen daher berechtigte Zweifel, ob die vorliegenden Meldungen den Tatsachen entsprechen. Eine  wirtschaftliche Betrachtungsweise der Vorgänge führt auch beim Unabhängigen Verwaltungssenat zur Annahme, dass von der Bw die Firma P GmbH insofern zwischengeschaltet wurde, als es nur dadurch scheinbar möglich wird, eine Melde- und Abgabenpflicht zu umgehen. Der Umstand, dass ausschließlich mit dem türkischen Arbeiter A P die Arbeiten vereinbart wurden und von diesem drei weitere Arbeiter beigezogen wurden, führt zur rechtlichen Beurteilung, dass diese Arbeiter nicht der P GmbH sondern der Bau Unternehmung A S GmbH zurechenbar sind. Die Bauunternehmung A S hat die vier Arbeiter als Erfüllungsgehilfen für den von ihr übernommenen Auftrag der Innenputzarbeiten herangezogen, gleichsam wie eigene Arbeiter in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit verwendet und mit dessen Vorarbeiter die Leistungen abgerechnet und bei diesem bezahlt. Insofern hätte seitens der Bw die Verpflichtung bestanden, die Arbeiter vor Arbeitsbeginn zur Sozialversicherung anzumelden. Die Bw ist allerdings ihrer Meldeverpflichtung nicht nachgekommen, weshalb ihr die gegenständliche Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht vorwerfbar ist.

 

5.3. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht.

 

Wie bereits oben dargestellt ergeben sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat Zweifel an der Richtigkeit der von der Bw vorgelegten Unterlagen und geben diese Unterlagen nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenat nicht den wahren Sachverhalt wieder. Von der Bw wurden darüber hinaus im gesamten Verfahren keine nachvollziehbaren Gründe vorgebracht, die einen Zweifel an ihrer subjektiven Verantwortung hätten begründen können. Der Bw ist vielmehr anzulasten, keinerlei Erkundigungen über eine ihr nicht bekannte Firma eingeholt und auf diese Weise die für sie günstigste Möglichkeit der Erfüllung eines Auftrages gewählt zu haben. Insofern ist der Bw zumindest fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen, weshalb ihr es nicht gelungen ist, glaubhaft zu machen, dass sie an der Nichteinhaltung der verletzten Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

5.4. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu  nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Die Erstinstanz berücksichtigt – ohne dies exakt auszusprechen – offensichtlich bei ihrer Strafbemessung eine einschlägige Verwaltungsvorstrafe, geht daher von einem Wiederholungsfall aus und verhängt die vorgesehene Mindeststrafe in Höhe von 2.180 Euro je beschäftigten Arbeiter. Der im Akt einliegende Strafregisterauszuges zeigt allerdings, dass zum fraglichen Tatzeitpunkt und zwar dem 9.2.2011 eine einschlägige rechtskräftige Verwaltungsvorstrafe der Bw nicht bestanden hat, weshalb im gegenständlichen Fall von keinem Wiederholungsfall auszugehen ist und der Strafrahmen für die gegenständliche Verwaltungsübertretung gemäß § 111 Abs.2 ASVG von 730 Euro bis 2.180 Euro reicht. Der Unabhängige Verwaltungssenat kommt auf Grund der konkreten Umstände des Einzelfalles sowie die Berücksichtigung der Tatsache, dass die Bw mittlerweile seit 2 Jahren nicht mehr selbstständig tätig ist, ihre Firma aufgelöst hat und der im gegenständlichen Fall zweifelsohne vorliegenden langen Verfahrensdauer zum Schluss, dass mit der Verhängung der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden kann und auch dadurch die vorliegende Verwaltungsübertretung dem Verschulden entsprechend geahndet ist. Insofern war daher der Berufung hinsichtlich des Strafausmaßes Folge zu geben und die Strafe entsprechend zu reduzieren.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

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