Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-101588/2/Bi/Fb

Linz, 14.04.1994

VwSen-101588/2/Bi/Fb Linz, am 14. April 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des J, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Kstraße vom 22. Oktober 1993 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 6. Oktober 1993, VerkR96/3192/1993/Stei/Mu, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als Punkt 1) des angefochtenen Straferkenntnisses behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt wird.

Hinsichtlich Punkt 2) wird das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Hinsichtlich Punkt 1) ist kein Verfahrenskostenersatz zu leisten, im Punkt 2) hat der Rechtsmittelwerber zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz den Betrag von 200 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z3 und 19 VStG, §§ 20 Abs.2, 52a Z10a, 7 Abs.1 und 99 Abs.3a StVO 1960.

zu II.: §§ 64 Abs.1 und 2 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 99 Abs.3a iVm 20 Abs.2 und 52a Z10a StVO 1960 und 2) §§ 99 Abs.3a iVm 7 Abs.1 StVO 1960 Geldstrafen von 1) 10.000 S und 2) 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 240 und 2) 24 Stunden verhängt, weil er am 13. März 1993 gegen 16.30 Uhr das Motorrad, Kennzeichen auf der B130 von Pupping kommend über E nach Aschach gelenkt und dabei 1) zwischen Strkm 1,180 und 0,950 die im Ortsgebiet von Eferding zulässige Höchstgeschwindigkeit um 50 km/h überschritten habe, weiters nach dem Einbiegen von der B130 in die Bezirksstraße 1219 in Richtung Aschach zwischen Strkm 0,200 und 0,500 die im Ortsgebiet von Eferding zulässige Höchstgeschwindigkeit um 50 km/h überschritten habe, zwischen Strkm 0,600 und 1,000 die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit um 40 km/h überschritten habe, zwischen Strkm 1,220 und 1,850 die in diesem Bereich durch Vorschrifszeichen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 60 km/h überschritten habe, zwischen Strkm 1,850 und 2,600 die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit um 30 km/h überschritten habe, zwischen Strkm 3,200 und 5,400 die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit um 60 km/h überschritten habe, zwischen Strkm 5,68 und 5,85 die im Ortsgebiet von Aschach zulässige Höchstgeschindigkeit um 80 km/h und beim Haus S in Aschach die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit um 30 km/h überschritten habe, sowie 2) auf der B130 bei Strkm 1,000 nicht so weit rechts gefahren sei, wie ihm unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar gewesen sei, sondern die linke Fahrbahn benützt habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenersatz von insgesamt 1.100 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da im einzelnen keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch ein Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte entfallen, weil hinsichtlich Punkt 1) bereits aus dem Akteninhalt ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid diesbezüglich aufzuheben sein wird (§ 51e Abs.1 VStG) und hinsichtlich Punkt 2) ausdrücklich eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet und eine mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, das Straferkenntnis stelle sich als inhaltlich rechtswidrig und mangelhaft dar, weil den gesetzlich vorgeschriebenen Erfordernissen des Spruches iSd § 44a VStG nicht genüge getan worden sei. Insbesondere fehle es an der erforderlichen Umschreibung der Tatzeit. Ihm würden insgesamt neun Einzeltatbestände zur Last gelegt, wobei der erste auf der B130 im Ortsgebiet von Eferding und der letzte im Ortsgebiet von Aschach stattgefunden haben solle. Aus der örtlichen Distanz ergebe sich, daß ein erheblicher Zeitraum erforderlich gewesen sein müsse, um alle diese Delikte zu verwirklichen, während die Tatzeit hinsichtlich sämtlicher Delikte mit 16.30 Uhr angegeben werde. Dieser Zeitpunkt sei aber offensichtlich jener, zu dem ihn der Gendarmeriebeamte erstmals gesehen habe. Die ihm zur Last gelegten Verwaltungsdelikte könnten nur zu einem späteren Zeitpunkt stattgefunden haben, sodaß sich der von der Behörde angenommene Tatzeitpunkt nicht nur als unpräzise, sondern als unrichtig darstelle. Er beantrage daher die Aufhebung des Straferkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts, in eventu Behebung und Rückverweisung an die Erstinstanz, in eventu Strafmilderung oder Nachsicht.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

4.1. Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt wird der Rechtsmittelentscheidung zugrundegelegt:

Der Meldungsleger GI F wurde am 13. März 1993 gegen 16.30 Uhr als Lenker eines Gendarmeriefahrzeuges in Eferding auf der B130 von einem Motorradfahrer überholt, wobei er wegen dessen offensichtlich zu hoher Geschwindigkeit beschloß, diesem nachzufahren. Die Nachfahrt erstreckte sich vom Ortsgebiet Eferding, km 1,180 der B130, bis ins Ortsgebiet von Aschach, wo auf der B131 bei km 12,800 die Anhaltung stattfand. Der Lenker des Motorrades , der Rechtsmittelwerber, gab bei der Anhaltung an, er habe das hinter ihm fahrende Fahrzeug schon im Ortsgebiet von Eferding als Gendarmeriezivilfahrzeug erkannt, sei aber einige Zeit vorher im Bezirk Rohrbach von einer Zivilstreife gestellt worden und habe einen höheren Geldbetrag bezahlen müssen, sodaß er dies diesmal verhindern wollte und deshalb davongefahren sei. Die ihm schon bei der Amtshandlung vorgeworfenen Übertretungen der verschiedenen Geschwindigkeitsüberschreitungen wurden vom Rechtsmittelwerber im Rahmen der Amtshandlung nicht bestritten.

Der Meldungsleger hat die örtlichen Bereiche der Fahrtstrecke, an denen er eine Geschwindigkeitsüberschreitung bzw Nichteinhaltung des Rechtsfahrgebotes festgestellt hat, durch entsprechende Lichtbilder festgehalten und diese als Anzeigenbeilage mit genauen Ortsangaben und einer detaillierten Zuordnung zu den einzelnen Übertretungen vorgelegt.

Der Rechtsmittelwerber hat keineswegs bestritten, diese Übertretungen tatsächlich begangen zu haben, sondern hat lediglich geltend gemacht, der Spruch sei im Hinblick auf die Tatzeit nicht ausreichend kokretisiert.

4.2. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

zu Punkt 1) (insgesamt 8 Geschwindigkeitsüberschreitungen):

Der Rechtsmittelwerber geht davon aus, daß der Zeitpunkt 16.30 Uhr offensichtlich jenen Zeitpunkt darstelle, an dem der Meldungsleger seiner erstmals ansichtig geworden sei.

Dem ist entgegenzuhalten, daß sowohl in der Anzeige als auch im Spruch des Straferkenntnisses ebenso wie in der Ladung des Rechtsmittelwerbers vom 5. Juli 1993 nie von einem Zeitpunkt 16.30 Uhr ausgegangen wurde, sondern die Tatzeit immer mit "gegen 16.30 Uhr" angegeben war, was nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates nicht einen Zeitpunkt, sondern eine Zeitspanne charakterisiert. Richtig ist, daß der Rechtsmittelwerber eine größere örtliche Entfernung zurückgelegt hat, dies allerdings mit Geschwindigkeiten zwischen 100 km/h und 170 km/h, sodaß keineswegs von der Erforderlichkeit eines "erheblichen Zeitraumes" für die Überwindung dieser Entfernung auszugehen war. Der unabhängige Verwaltungssenat nimmt daher an, daß die in etwa 7 km lange Strecke in einer Zeit von 5 bis 6 min durchfahren wurde, weshalb hinsichtlich der zeitlichen Umschreibung dieser Fahrt im Spruch des Straferkenntnisses kein Widerspruch festzustellen ist. Da die angegebene Strecke ohne Unterbrechungen durchfahren wurde und die Umschreibung "gegen 16.30 Uhr" durchaus einen Zeitraum von etwa 5 bis 6 min umfassen kann, vermag der unabhängige Verwaltungssenat in der zeitlichen Umschreibung des Spruches keine Rechtswidrigkeit des Inhaltes zu erkennen.

Der Spruch leidet in Punkt 1) allerdings an einem anderen Mangel, nämlich dem, daß hier verschiedene Geschwindigkeitsüberschreitungen - teils gesetzlich erlaubte Höchstgeschwindigkeiten, teils individuell verordnete erlaubte Höchstgeschwindigkeiten - in eine Verwaltungsübertretung vermischt wurden, wobei eine Rechtsverletzung gemäß §§ 99 Abs.3a iVm 20 Abs.2 und 52a Z10a StVO 1960 angenommen wurde. Einen derartigen Tatbestand gibt es jedoch in der Straßenverkehrsordnung nicht, sondern nur einen solchen nach § 20 Abs.2 StVO 1960 und einen eigenen nach § 52a Z10a StVO 1960. Daraus folgt, daß der Spruch hinsichtlich der Geschwindigkeitsüberschreitungen im Ortsgebiet und auf der Freilandstraße von jenen, denen individuell verordnete Geschwindigkeitsbeschränkungen zugrundeliegen, getrennt werden hätte müssen, wobei hinsichtlich der örtlichen Umschreibung im Spruch auch davon auszugehen ist, daß die einzelnen Übertretungen nicht unmittelbar aufeinanderfolgend vorgeworfen wurden, weil sich dazwischen kurze Straßenabschnitte befinden, die vom Tatvorwurf nicht erfaßt sind.

Diesbezüglich ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach durch Überschreiten der im Ortsgebiet zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h § 20 Abs.2 StVO, durch Überschreiten einer durch Gebotszeichen kundgemachten Höchstgeschwindigkeit § 52 lit.a Z10a StVO verletzt wird, sodaß in diesen Fällen ungeachtet des Umstandes, daß die Geschwindigkeitsüberschreitungen im Zuge einer einzigen Fahrt begangen wurden, verschiedene Delikte vorliegen, die getrennt zu bestrafen sind (vgl Erkenntnis vom 25. Oktober 1989, 89/03/0145). Liegen zwischen zwei Ortsgebieten, in denen der Beschuldigte die Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h überschritten hat, mehr als zwei Kilometer, oder hat er zwischen diesen Übertretungen weitere ähnliche, aber nicht gleiche und daher auch nicht auf einem einheitlichen Willensentschluß basierende Übertretungen des § 52a Z10a StVO gesetzt, können die beiden Übertretungen des § 20 Abs.2 StVO nicht zu einer Delikteinheit zusammengefaßt werden (vgl Erkenntnis vom 11. November 1987, 86/03/0237).

Daraus folgt, daß die Erstinstanz Punkt 1) des Straferkenntnisses in mehrere Einzelübertretungen gemäß § 20 Abs.2 oder § 52a Z10a StVO unterteilen und jeweils selbständige Strafen festsetzen hätte müssen.

Eine nunmehrige Aufspaltung des Tatvorwurfs in einzelne Verwaltungsübertretungen würde einen Verstoß gegen den Grundsatz der reformatio in peius bedeuten und ist dem unabhängigen Verwaltungssenat daher verwehrt.

Da im gegenständlichen Fall aber auch keine den genannten Anforderungen gerecht werdende Verfolgungshandlung innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist gesetzt wurde, war mit der Einstellung des Verfahrens aus rein formalen Gründen vorzugehen.

Zu Punkt 2) (Verletzung des Rechtsfahrgebotes):

Der Rechtsmittelwerber hat auch die ihm in Punkt 2 des Spruchs zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht bestritten, sondern auch hier die mangelnde Tatzeitumschreibung geltend gemacht.

Der unabhängige Verwaltungssenat vermag sich auch hinsichtlich Punkt 2) der Ansicht des Rechtsmittelwerbers nicht anzuschließen, da die Tatzeitumschreibung "gegen 16.30 Uhr" auch auf den gegenständlichen Tatvorwurf zu beziehen ist, und der Tatort dieser Übertretung innerhalb der in Punkt 1) angeführten Straßenzüge liegt.

Da nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates der Tatumschreibung im Spruch keinerlei Mangel anhaftet, war der Berufung diesbezüglich keine Folge zu geben.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß die von der Erstinstanz festgesetzte Strafe unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG sowohl dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung entspricht, als auch den finanziellen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers angemessen ist. Der Rechtsmittelwerber hat die Strafbemessung in keiner Weise angefochten, sodaß davon auszugehen ist, daß sein Einkommen als Landwirt die Bezahlung der Geldstrafe ohne Gefährdung des eigenen Unterhalts ermöglicht, wobei keine Sorgepflichten vorliegen und es dem Rechtsmittelwerber gegebenenfalls freisteht, bei der Erstinstanz um die Möglichkeit, die Geldstrafe in Raten zu bezahlen, anzusuchen.

Mildernd war kein Umstand, erschwerend zwei Übertretungen gemäß § 52a Z10a StVO und eine wegen § 16 Abs.1c StVO zu werten, die nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates auf der gleichen schädlichen Neigung, nämlich dem offensichtlichen Grundsatz des Rechtsmittelwerbers, möglichst schnell und ohne Rücksicht auf Verluste weiterzukommen, beruhen. Bedenklich für den Rechtsmittelwerber ist in diesem Zusammenhang auch die unbestrittene Feststellung in der Anzeige, die Anhaltung sei auch nur deshalb möglich gewesen, weil der Rechtsmittelwerber bei der Kreuzung in Aschach mehrere Fahrzeuge im Querverkehr hatte und deshalb nicht weiterfahren konnte.

Eine Herabsetzung der verhängten Strafe ist im gegenständlichen Fall vor allem im Hinblick auf spezialpräventive Überlegungen nicht gerechtfertigt, zumal sie ohnedies an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens liegt (§ 99 Abs.3 StVO sieht Geldstrafen bis 10.000 S, Ersatzfreiheitsstrafen bis zwei Wochen vor).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum