Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730734/3/SR/WU

Linz, 20.06.2013


E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geboren am X, StA von Algerien, vertreten durch X, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 22. April 2013, GZ.: 1052316/FRB, betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines auf fünf Jahre befristeten Einreiseverbots für den gesamten Schengenraum gegen den Berufungswerber zu Recht erkannt:

 

I.            Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbotes auf 3 Jahre herabgesetzt wird; im Übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

II.         Gemäß § 55 FPG wird dem Berufungswerber eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise eingeräumt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 9 Abs 1a, 52, 53, 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013).

 

 

Entscheidungsgründe

 

1. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 22. April 2013, GZ.: 1052316/FRB, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis der §§ 52 Abs. 1 und 53 Abs. 3 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, ein Rückkehrverbot in Verbindung mit einem auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

 

Begründend führt die belangte Behörde neben Anführung der relevanten Rechtsgrundlagen zunächst zum Sachverhalt Folgendes aus:

 

Sie gelangten im August 2004 illegal nach Österreich und stellten einen Asylantrag, der mit 17.10.2011 - verbunden mit einer Ausweisung - rechtskräftig abgewiesen wurde. Seither halten Sie sich ohne jegliche fremden- bzw. asylrechtliche Bewilligung und somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

 

Mittlerweile scheinen über Sie folgende Verurteilungen auf:

 

1)     BG Traun 3 U 161/2007 b vom 25.07.2007 (rk 31.07.2007), wegen Vergehens nach § 27 Abs. 1 1. und 2. Fall SMG, Freiheitsstrafe 6 Wochen bedingt auf 3 Jahre;

2)     BG Braunau am Inn 1 U 122/2008 y vom 15.12.2008 (rk 19.12.2008), wegen des Vergehens des Diebstahls als Beteiligter nach §§ 12, 127 StGB, Freiheitsstrafe 1 Monat bedingt auf 3 Jahre;

3)     LG Wien 45 Hv 22/2012 a vom 26.11.2012 (rk 26.11.2012), wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 5. Fall SMG, Freiheitsstrafe 18 Monate, davon 12 Monate bedingt auf 3 Jahre.

 

ad 1): Sie haben vor dem 20.02.2007 in Leonding und Wien insgesamt 68 Gramm Cannabiskraut erworben und bis zur Sicherstellung am 20.02.2007 besessen;

 

ad 2): Sie haben am 05.12.2007 in Braunau am Inn X durch Übernehmen der Beute unterstützt, der Fa. X fremde bewegliche Sachen, nämlich einen Flachbildschirm im Wert von € 209,90, mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich oder einen Dritten dadurch unrechtmäßig zu bereichern.

 

ad 3): Sie haben in Wien und anderen Orten nachgenannten Suchtgiftabnehmern vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Haschisch (Wirkstoff Delta-9-THC) mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 7,37 % und Marihuana (Wirkstoff Delta-9-DHC) mit einem durchschnittlichen Reinhaltsgehalt von 6,44 %, in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge überlassen, und zwar:

Im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB)

von  01.01.2012   bis  27.07.2012  dem   X   insgesamt  420  Gramm

Cannabisprodukte zu einem Grammpreis von € 7,-;

von 01.12.2011 bis 31.07.2012 dem X insgesamt 60 Gramm Marihuana zu einem Grammpreis von € 10,-;

von 01.01.2012 bis 01.07.2012 der X insgesamt 70 Gramm Cannabisprodukte zu einem Grammpreis von € 12,-;

von 01.03.2012 bis 31.07.2012 dem X eine nicht mehr feststellbare Menge im Zug des gemeinschaftlichen Konsums;

von 01.01.2012 bis 31.07.2012 dem X insgesamt 500 Gramm Cannabisprodukte zu einem Grammpreis von € 9,-.

Allein am 03.07.2012 dem X 30 Gramm Marihuana um € 250,-.

 

Anlässlich Ihrer fremdenpolizeilichen Einvernahme am 15.02.2013 gaben Sie an, in Österreich keine Verwandten zu haben. 2010 haben Sie in Bad Leonfelden ein paar Monate als Koch gearbeitet. Derzeit gehen Sie keiner Beschäftigung nach und bestreiten Ihren Lebensunterhalt durch Zuwendung von Freunden.

 

Die belangte Behörde nahm folgende rechtliche Beurteilung vor:

Sie halten sich nun seit 8 1/2 Jahren in Österreich auf, weshalb Ihnen eine der Dauer des Aufenthaltes entsprechende Integration zuzubilligen ist. Allerdings ist es Ihnen bislang -abgesehen von 2 Monaten im Jahr 2010 - nicht gelungen, beruflich Fuß zu fassen. Dessen ungeachtet ist Ihnen ohnedies in Anbetracht Ihrer strafbaren Handlungen die für das Ausmaß einer Integration wesentliche soziale Komponente völlig abzusprechen.

 

Schon im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität, insbesondere des Suchtgifthandels, ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes auch bei ansonsten völliger sozialer Integration des Fremden dringend geboten, weil das maßgebliche öffentliche Interesse (an der Verhinderung von strafbaren Handlungen zum Schutz der Gesundheit) in diesen Fällen unverhältnismäßig schwerer wiegt, als das private Interesse des Fremden.

 

Ein rigoroses Vorgehen gegen Suchtgiftdelikte, ganz gleich in welcher Form, ist schon deshalb dringend geboten, da der immer größer werdende Konsum von Suchtgiften zu verheerenden Schäden und Folgen in der Gesellschaft und hier wiederum vor allem bei Jugendlichen, führt.

 

Außerdem nimmt die mit dem Genuss von Suchtgiften einhergehende Suchtgiftkriminalität bereits Dimensionen an, die zu einer eklatanten Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit führen.

 

Nicht zuletzt bezeichnet auch der EuGH Suchtgifte als „Geißel der Menschheit". Die Suchtgiftkriminalität ufert bereits mit besorgniserregenden Wachstumsraten immer mehr zu einem gesellschaftlichen Destabilisierungsfaktor aus, dessen wirksame Bekämpfung gerade aus der Sicht seiner grenzüberschreitenden Intensivierung auf immer größere Schwierigkeiten stößt.

 

Dass notorischen, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Belastungen und Risken, die mit Suchtgiftmissbrauch regelmäßig verbunden sind, hinreichend Anlass zu konsequenter Wahrnehmung der verfügbaren Abwehrmöglichkeiten bieten, bedarf ebenso wenig einer weiterreichenden Erörterung, wie die Abhängigkeit der präventiven Wirksamkeit strafrechtlicher Sanktionen vom Gewicht ihrer Täterbelastung und ihrem Bekanntheitsgrad in potentiellen Täterkreisen.

 

Im Hinblick auf den Schutz der Gesellschaft, und hier vor allem wiederum der Jugendlichen, die diesen Gefahren auf Grund ihrer mangelnden Reife vermehrt ausgesetzt sind, ist eine derartige Maßnahme dringend erforderlich.

 

Abgesehen davon, dass Sie in Österreich weder familiäre, soziale oder berufliche Bindungen haben, ist aus allen oben angeführten Tatsachen die Erlassung des Einreiseverbotes nicht nur zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten, sondern auch im Licht des § 61 Abs. 2 FPG zulässig.

 

Die Festlegung einer Frist gem. § 55 zur freiwilligen Ausreise erübrigt sich insofern, als gegen Sie eine seit 17.10.2011 durchsetzbare Ausweisung besteht, und Sie schon aufgrund dieser Ausweisung zur Ausreise verpflichtet sind.

 

2. Gegen diesen Bescheid, der dem Bw am 24. April 2013 zu eigenen Handen zugestellt wurde, erhob der Bw am 8. Mai 2013 rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung.

 

Darin stellt der Bw die Anträge, die Rechtsmittelbehörde möge

 

1.   den angefochtenen Bescheid zur Gänze beheben und damit die gegen mich erlassene Rückkehrentscheidung und das unter Einem erlassene Einreiseverbot aufheben;

2.   in eventu den angefochtenen Bescheid beheben und zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die erste Instanz zurückverweisen;

3.   in eventu die Befristung des Einreiseverbotes von 5 Jahren herabsetzen;

Begründend führt der Bw in seiner Berufung Folgendes aus:

 

Aus meiner Sicht ist der angefochtene Bescheid in mehreren Punkten fehlerhaft.

 

Zunächst halte ich es für rechtswidrig, wenn eine österreichische Behörde ein Einreiseverbot für den gesamten Schengen-Raum ausspricht.

 

Die Gültigkeit des Einreiseverbots für den gesamten Schengenraum ist - wie im Folgenden näher ausgeführt wird - eine (mögliche) Rechtsfolge, die sich unmittelbar aus dem Schengen-Vertrag und insbesondere dem Schengener Grenzkodex ergibt, sie ist jedoch nicht von österreichischen Behörden normativ anzuordnen. Dass es dem Berufungswerber aufgrund des über ihn von österreichischen Behörden verhängten Einreiseverbots in der Regel verwehrt sein wird, in einen anderen Schengen- Mitgliedstaat einzureisen, ergibt sich aus der Verordnung (EG) 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 (Schengener Grenzkodex) und einer sich darauf gründenden Entscheidung des Mitgliedstaates, in den der mit einem österreichischen Einreiseverbot belegte Drittstaatsangehörige einzureisen beabsichtigt. Ein von österreichischen Behörden rechtskräftig verhängtes Einreiseverbot ist in das Schengener-Informationssystem einzutragen. Gemäß Art 5 Abs 1 Ht. d Schengener Grenzkodex ist als Einreisevoraussetzung verankert, dass der Drittstaatsangehörige nicht im Schengener-Informationssystem zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist. Gemäß Art 13. Abs 1 Schengener Grenzkodex wird die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten verweigert, wenn nicht alle Voraussetzungen des Art. 5 erfüllt sind. Gemäß Art 13 Abs 2 leg. dt ist diese Entscheidung zu begründen und wird die Entscheidung von einer nach nationalem Recht im Einreisestaat zuständigen Behörde erlassen.

 

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass über eine allfällige Einreisemöglichkeit in einen anderen Schengen-Mitgliedstaat als Österreich nicht österreichische Behörden abschließend entscheiden, sondern die zuständige Behörde des Mitgliedstaates, in den der mit einem österreichischen Einreiseverbot belegte Drittstaatsangehörige enzureisen beabsichtigt. Die Gültigkeit des gegenständlich verhängten Einreiseverbots für den gesamten Schengenraum ist daher aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides zu streichen.

 

Dazu gibt es bereits mehrere Entscheidungen durch die UVS, etwa: UVS Wien zu Zahl: FRG/46/12805/2011, UVS Wien zu Zahl: FRG/13/13 529/2011 oder UVS Salzburg zu Zahl: UVS-8/10344/2-2012.

 

Weiters stellt es aus meiner Sicht eine unrechtmäßige zweite Entscheidung in derselben Sache dar, wenn die Erstbehörde gegen mich eine Rückkehrentscheidung verhängt.

 

Wie in dem angefochtenen Bescheid angeführt, wurde mein Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen und diese Entscheidung mit einer rechtskräftigen Ausweisung verbunden. Gem. § 10 Abs. 7 AsylG gilt eine Ausweisung ab dem Zeitpunkt an dem sie durchsetzbar wird, als durchsetzbare Rückkehrentscheidung im Sinne des Fremdenpolizeigesetzes 2005. Die asylrechtliche Ausweisung wurde mit Rechtskraft vom 17.10.2011 durchsetzbar. Somit besteht seit diesem Zeitpunkt auch eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung im Sinne des

Fremdenpolizeigesetzes 2005 und die neuerliche Verhängung einer Rückkehrentscheidung verstößt gegen den Grundsatz: „ne bis in idem" und ist somit rechtswidrig.

 

Aber auch die Verhängung des Einreiseverbotes in der Höhe von 5 Jahren ist für mich sachlich nicht nachvollziehbar. Die Gründe dafür habe ich bereits im Rahmen des Parteiengehörs erläutert.

 

Das Einreiseverbot wurde mit dem Vorliegen von strafrechtlichen Verurteilungen, die auch in dem angefochtenen Bescheid aufgelistet wurden, begründet.

 

Zu meiner Rechtfertigung möchte ich folgendes sagen:

 

Ad 1) Es handelt sich dabei um den Besitz von Cannabiskraut zum Eigenbedarf. Ich wurde zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 6 Wochen bestraft. Ich habe dadurch keine Mitmenschen in Gefahr gebracht.

 

Ad 2) Ich wurde hier als Beteiligter für einen Diebstahl an einem Flachbildschirm verantwortlich gemacht. Ich wusste nicht, dass der Bildschirm gestohlen ist und hatte mit dem Diebstahl nichts zu tun. Trotzdem wurde ich zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat bedingt verurteilt.

 

Ad 3) Auch in diesem Fall wurde ich als Mittäter geführt. Ich habe aber nie als Drogendealer agiert und nie Drogen verkauft. Wir sind im Freundeskreis manchmal zusammengesessen und haben gemeinsam Cannabisprodukte konsumiert. Dabei haben wir uns ab und zu gegenseitig ausgeholfen. Mehr war nicht. Verkauft hat lediglich die als Haupttäter geführte Person.

 

Ich möchte also nicht abstreiten, dass ich früher Cannabisprodukte zum Eigengebrauch besessen und konsumiert habe. Dafür wurde ich auch bestraft. Ich habe aber nicht Drogen an unschuldige Mitmenschen weitergegeben, gewerbsmäßig gedealt oder gar jemanden zum erstmaligen Drogenkonsum verführt. Das stellt für mich einen großen Unterschied dar, weil ich dadurch keine Gefahr für die Öffentlichkeit oder für die Volksgesundheit dargestellt habe und auch in Zukunft nicht darstelle.

 

Wenn in dem angefochtenen Bescheid angeführt wird, dass ein rigoroses Vorgehen gegen die Suchtgiftkriminalität von allen Seiten gefordert wird, so bezieht sich das hauptsächlich auf den Handel mit Drogen. Bezogen auf meinen Fall läuft diese Argumentation deshalb ins Leere.

Ich habe inzwischen auch den Konsum von Cannabisprodukten eingestellt und bin bei Bedarf auch gerne bereit das durch regelmäßige ärztliche Kontrollen nachzuweisen.

 

Zum Nachweis, dass ich in meiner Heimat Algerien niemals straffällig geworden bin, möchte ich eine Übersetzung eines Strafregisterauszuges vom zuständigen Gericht in Oran vorlegen.

 

Bezüglich meiner Integration in Österreich möchte ich folgendes sagen: Ich bin seit 8 ½ Jahren in Österreich, weshalb mir auch von der Fremdenpolizei ein der Dauer entsprechende Integration zugebilligt wird. Wenn mir vorgeworfen wird, dass ich bislang beruflich nicht Fuß fassen konnte, so möchte ich doch sagen, dass ich mir stets jede Mühe gegeben habe, um die Möglichkeit zu bekommen einem Beruf nachzugehen. Jedoch hat mir mein Aufenthaltsstatus, zunächst als Asylwerber und auch nach Abschluss des Verfahrens nicht zugelassen, dass ich einer legalen Beschäftigung nachgehe. Dass ich versucht habe eine Beschäftigungsbewilligung zu beantragen, kann ich nachweisen (siehe Beilage). Ich könnte nach wie vor, sofort wieder als Pizzakoch arbeiten, wenn ich einen Aufenthaltstitel erlangen kann, der das zulässt.

 

Ich bin auch gerade dabei einen Antrag auf Niederlassung beim Magistrat zu stellen. Die nötigen Informationen habe ich schon eingeholt. Ich musste eine Deutschprüfung nachholen. Das habe ich inzwischen beim Sprachinstitut X in der X in Linz gemacht. Das Ergebnis sollte in den nächsten Tagen einlangen. Ich werde den Nachweis weiterleiten.

 

Diese Rückkehrentscheidung und das damit einhergehende Einreiseverbot würden auch eine positive Erledigung dieses Antrages auf Niederlassung bedeuten.

 

Falls von dem Einreiseverbot nicht abgesehen werden kann, ersuche ich darum, dass zumindest die Dauer des Einreiseverbotes herabgesetzt wird, da wie oben bereits gesagt, aufgrund meines bisherigen Verhaltens in Österreich nicht von einer Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgegangen werden kann.

 

Seiner Berufung legte der Bw einen beglaubigten Strafregisterauszug vom 5. Februar 2013 (Justizministerium, Gericht von Oran, Kanzlei Nr. 315/1/2141) und drei Bescheide des AMS Linz bei.

 

3. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 13. Mai 2013 dem Unabhängigen Verwaltungssenat Oberösterreich vor.

 

Mit Schriftsatz vom 21. Mai 2013 gab der nunmehrige Rechtsvertreter seine Bevollmächtigung bekannt und legte Kopien eines Prüfungszeugnisses über die am 26. April 2013 bestandene Deutschprüfung auf Niveau A2 und einer ecard bei.

 

Ergänzend zur Berufungsschrift erstattete der Rechtsvertreter folgendes Vorbringen:

 

Mit dem angefochtenen Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich wird über den Berufungswerber auf die Dauer von fünf Jahren ein befristetes Einreiseverbot für den gesamten Schengenerraum erlassen.

Der Berufungswerber befindet sich seit 8 ½ Jahren in Österreich und verfügt aufgrund des langen Aufenthalts in Österreich über eine gute Integration. Der Berufungswerber verfügt über keine Kontakte mehr in seinem Herkunftsstaat. Der Berufungswerber hat mittlerweile die Deutschprüfung auf der Niveaustufe A2 des Europarates positiv abgelegt. Der Berufungswerber verfügt über sehr gute Deutschsprachkenntnisse. Aufgrund des langen Aufenthaltes in Österreich besteht ein Privat- und Familienleben in Österreich. Durch den nun angefochtenen Bescheid wird in das Privatleben des Berufungswerbers eingegriffen und hierdurch das gemäß Art. 8 EMRK geschützte Grundrecht auf Privat- und Familienleben verletzt. Bei der Erlassung eines Einreiseverbotes hat eine Einzelfallprüfung zu erfolgen. Es hat eine Gefährlichkeitsprognose unter der Betrachtung des Gesamtverhaltens zu erfolgen. Wie bereits in der Berufung schriftlich dargetan, besteht durch den Verbleib des Berufungswerbers in Österreich keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Das erlassene Einreiseverbot ist nicht für die Erreichung der im Art. 8 (2) EMRK genannten Ziele notwendig.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eine Interessensabwägung vorzunehmen (VwGH 24.11.2009, 2009/21/0262).

Aufgrund des langen Aufenthaltes in Österreich und des Umstandes, dass der Berufungswerber über keine Verbindungen mehr zu seinem Heimatstaat verfugt und über einen Freundeskreis in Österreich verfugt, besteht seitens des Berufungswerbers ein sehr großes Interesse am Verbleib in Österreich.

Im angefochtenen Bescheid hat unrichtigerweise eine Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen und den Interessen des Berufungswerbers zum Nachteil des Berufungswerbers stattgefunden.

 

3.1. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da im vorliegenden Fall der Sachverhalt völlig unbestritten feststeht, lediglich die Klärung von Rechtsfragen vorzunehmen war und auch kein darauf gerichteter Parteienantrag (auch nicht vom rechtsfreundlich vertretenen Bw) gestellt wurde.

 

3.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1., 2. und 3. dieses Erkenntnisses dargestellten Sachverhalt aus.

 

Ergänzend ist festzustellen, dass sich der Bw bereits seit Mitte Juli 2011 nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Der Beschwerde gegen den Bescheid des Asylgerichtshofes hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 18. August 2011 keine aufschiebende Wirkung zuerkannt und die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 26. September 2011 abgelehnt.

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 52 Abs. 1 ist gegen einen Drittstaatsangehörigen, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

 

Gemäß § 53 Abs. 1 wird mit einer Rückkehrentscheidung wird ein Einreiseverbot unter Einem erlassen. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

 

Gemäß Abs. 2 ist ein Einreiseverbot nach Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

 

[…]

 

Gemäß Abs. 3 ist ein Einreiseverbot nach Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

 

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

 

[…]

 

Gemäß Abs. 4 beginnt die Frist des Einreiseverbotes mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

 

[…]

 

4.2. Dass der Bw Drittstaatsangehöriger und im Sinne des § 52 FPG seit Mitte Juli 2011 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig ist, bedarf aufgrund der unstrittigen Feststellungen und des Beweisergebnisses keiner weiteren Begründung.

 

Es ist daher grundsätzlich eine Rückkehrentscheidung gegen ihn zu erlassen und diese mit einem Einreiseverbot zu verbinden.

 

4.2.1. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots stellt unzweifelhaft einen Eingriff in das Privatleben des Bw dar. Vor dem Hintergrund obiger Ausführungen gilt es daher zunächst, die Zulässigkeit dieses Eingriffs dem Grunde nach zu prüfen. Dabei ist auf die von Art. 8 EMRK geschützten Interessen des Bw sowie § 61 FPG 2005 Bedacht zu nehmen.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist allerdings ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

4.2.2. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein  aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

4.3.1. Es ist festzuhalten, dass es gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Höchstgerichte grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um massiven Gefährdungen des öffentlichen Interesses effektiv begegnen zu können. Zweifelsohne liegt die Verhinderung von strafbaren Handlungen und der Schutz der Rechte anderer im öffentlichen Interesse und sind massive Gefährdungen dieses Interesses durch das Ergreifen geeigneter Maßnahmen zu verhindern.

Der Bw wurde am 26. November 2012 rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon 6 Monate unbedingt, verurteilt. Daher kann über den Bw ein Einreiseverbot von bis zu zehn Jahren verhängt werden.

 

4.3.2. Maßgeblich ist aber nicht primär, dass eine strafgerichtliche Verurteilung bzw. hier mehrere strafgerichtliche Verurteilungen ausgesprochen wurden, sondern dass im Sinne einer Prognoseentscheidung das gegenwärtige und zukünftige Verhalten einer Person im Lichte ihrer strafgerichtlichen Verurteilung(en) rechtlich zu würdigen ist. Es ist also im konkreten Einzelfall zu analysieren, ob davon ausgegangen werden muss, dass der Bw eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

 

Daher ist – aus Gründen der Verhältnismäßigkeit – vor Erlassung eines Einreiseverbots von mehr als fünf Jahren zu prüfen, ob das Verhalten des Bw aus derzeitiger Sicht geeignet erscheint, in Hinkunft die öffentliche Ordnung oder Sicherheit schwerwiegend zu gefährden.

 

In die Beurteilung hat jedenfalls einzufließen, dass der Bw bereits im Jahr 2007 wegen eines Vergehens nach dem SMG verurteilt wurde. Auch wenn er, wie in der Folge wegen eines Verstoßes nach dem StGB, nur zu einer bedingten Strafe verurteilt worden ist, lassen sich aus diesen Verfehlungen Schlüsse auf seine kriminelle Energie, die in der Folge zugenommen hat, ziehen.

 

Die Tathandlungen und Verurteilungen fanden überwiegend in einem Zeitraum statt, in dem dem Bw lediglich ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht nach dem Asylgesetz zugekommen ist. Schon daraus ist zu ersehen, welche negative Einstellung der Bw gegenüber der österreichischen Rechtsordnung hat.

 

Zwar führt der Bw in der Berufung aus, dass er nicht abstreiten möchte, dass er früher Cannabisprodukte zum Eigengebrauch besessen und konsumiert habe und dafür sei er auch bestraft worden, ein einsichtiges oder reuiges Verhalten kommt dabei aber nicht zum Ausdruck. Im Gegenteil, der Bw versucht in der Folge sein strafrechtlich relevantes Verhalten, das vom LG für Strafsachen Wien als Verbrechen gewertet wurde, zu beschönigen und sein Verschulden zu verniedlichen.

 

So will der Bw seine „Mittäterschaft“ massiv abschwächen und den „Haupttäter“ als den wahren Schuldigen präsentieren. Demnach habe er keine Mitmenschen in Gefahr gebracht, sei nie als Drogendealer aufgetreten und habe auch keine Drogen verkauft. Lediglich im Freundeskreis sei man zusammengesessen, habe gemeinsam Cannabisprodukte konsumiert und sich ab und zu gegenseitig ausgeholfen. Den vorgeworfenen Verkauf habe die als Haupttäter geführte Person erledigt. Er selbst habe keine Drogen an unschuldige Mitmenschen weitergegeben, nicht gewerbsmäßig gedealt und auch niemanden zum erstmaligen Drogenkonsum verführt. Aus diesem Grund stelle er auch keine Gefahr für die Volksgesundheit und die Öffentlichkeit dar.

 

Läge nicht die Verurteilung des Bw durch das LG Wien für Strafsachen vom 26. November 2012 vor, könnte das Vorbringen des Bw als glaubhaft gewertet werden.

 

Ein Blick in das angesprochene Urteil zeigt aber ein deutlich anderes Bild und lässt die nicht unerhebliche kriminelle Energie deutlich zu Tage treten. Danach wurde der Bw als unmittelbarer Täter, der „in bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) anderen Personen gegen Geld Haschisch und Marihuana in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge im Zeitraum 1. November 2011 bis 31. Juli 2012 überlassen hat, wegen des Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG rechtskräftig verurteilt. Im Urteil findet sich kein „Haupttäter“. Der Bw und ein weiterer „Mittäter“ haben gemeinsam die Taten begangen, die zu der angesprochenen Verurteilung geführt haben.

 

Im Gegensatz zur nunmehrigen Verantwortung hat der Bw zumindest in der Verhandlung (LG Wien) ein teilweise reumütiges Geständnis abgelegt. Ob diese Vorgangsweise nur aus taktischen Gründen erfolgt ist, um ein milderes Urteil zu erwirken, kann dahingestellt bleiben. Das erkennende Gericht hat jedenfalls das Geständnis als Milderungsgrund angesehen. Straferschwerend wirkten sich die zwei einschlägigen Vorstrafen und das Zusammentreffen mit einem Verbrechen aus.

 

Wie sich dem Strafverfahren und dem Urteil entnehmen lässt, hat der Bw den dem Urteil zugrundeliegenden Sachverhalt objektiv begangen, ernsthaft mit der Verwirklichung der Tatbilder gerechnet und sich damit abgefunden. Der Bw wusste über die Art und Qualität der Suchtgifte Bescheid. Ebenso war dem Bw bewusst, dass durch das wiederkehrende Überlassen (Verkauf und Weitergabe) auch kleiner Mengen der genannten Wirkstoffe diese sich mit der Zeit auf die Grenzmenge übersteigende Mengen summieren. Ungeachtet dessen hat sich der Bw entschlossen, fortlaufend die angeführten Suchtgifte zu verkaufen.

 

Der Bw ist an Suchtmittel gewöhnt und hat die Taten begangen, um sich einerseits den persönlichen Bedarf und andererseits den sonstigen Lebensunterhalt zu finanzieren. Da das Verschulden des Bw als schwer anzusehen war, lagen nach Ansicht des erkennenden Gerichts auch die Voraussetzungen für eine Diversion nicht vor.

 

Im Berufungsverfahren wies der Bw darauf hin, dass er den „Konsum von Cannabisprodukten“ eingestellt habe. Einen entsprechenden Nachweis dazu ist der Bw bis dato schuldig geblieben.

Es ist also im Ergebnis davon auszugehen, dass vom Bw nach wie vor eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit ausgeht.

 

4.3.3. Im Sinne der oben zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen  Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

Im Rahmen der Interessenabwägung ist festzustellen, dass das gegenständliche Einreiseverbot in das Privatleben des Bw eingreift, da sich der Bw seit über acht Jahren im Bundesgebiet aufhält.

 

Auch wenn in der Berufungsergänzung allgemein gehalten von einem bestehenden Familienleben in Österreich und keinen Kontakten zum Herkunftsstaat gesprochen wird, ist den eindeutigen Aussagen des Bw vom 31. August 2012 und 16. Februar 2013 zu folgen. Demnach bestehen in Österreich keine familiären und beruflichen Bindungen. In Österreich halten sich auch keine Verwandten des Bw auf und er hat auch keine Sorgepflichten. Die Eltern des Bw leben in Algerien. Der Lebensunterhalt wurde teilweise durch die X bestritten.

 

Trotz der langen Aufenthaltsdauer in Österreich hat der Bw auf keine relevanten Sozialkontakte hingewiesen und keinerlei Betätigungen in caritativen oder sonstigen Vereinen vorgenommen. In der Berufungsergänzung wurde nur auf seinen Freundeskreis hingewiesen. Laut Aktenlage handelt es sich dabei um jene Freunde, die schon in Berufungsschrift angesprochen wurden und die dem Suchtgiftmilieu entstammen.

 

Der Bw hat erst Ende April 2013 – nach Erlassung des angefochtenen Bescheides - seine Deutschkenntnisse mittels Absolvierung der Deutschprüfung auf Niveau A2 belegt.

 

Während des mehr als acht Jahre andauernden Aufenthaltes ist der Bw lediglich in der Zeit vom 14. September bis 31. Oktober 2010 einer Beschäftigung nachgegangen.

 

Im Hinblick darauf, dass der Bw bis zu seinem 29. Lebensjahr in seinem Herkunftsstaat gelebt und die gesamte Schulausbildung dort genossen hat, was für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht unwesentlich ist, da er in diesen Lebensjahren in der Lage war, die Kultur und gesellschaftlichen Gepflogenheiten seiner Heimat kennenzulernen, ist eine Reintegration – wenn auch unter gewissen Schwierigkeiten – durchaus nicht undenkbar. Unbestritten leben die Eltern des Bw im Herkunftsstaat. 

 

Das Asylverfahren hat zwar Jahre in Anspruch genommen und der Bw hat dadurch eine gewisse Integration erlangt, das Ausmaß dieser wird durch seine Verurteilungen deutlich geschmälert. In der Zusammenschau wirkt sich auch negativ aus, dass der Bw nach Abschluss seines Asylverfahrens keinerlei Anstalten machte, unverzüglich auszureisen und Schritte zur Erlangung eines „Bleiberechtes“ erst dann setzte, als er von der belangten Behörde von der Vornahme weiterer fremdenrechtlicher Maßnahmen in Kenntnis gesetzt wurde. Bedeutsam ist auch, dass der Bw jene Verbrechen, wegen der er zuletzt verurteilt worden ist, in einem Zeitraum gesetzt hat, in dem er sich nicht mehr rechtmäßig in Österreich aufgehalten hat.

 

4.3.4. Insgesamt ist also der belangten Behörde zu folgen, dass den öffentlichen Interessen an der effektiven Verhinderung von Eigentums- und Suchtgiftdelikten sowie an einem geordneten Fremdenwesen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK im konkreten Einzelfall eindeutig der Vorrang vor den privaten Interessen des Bw gegeben werden muss.

 

Der Bw kann sich somit nicht erfolgreich auf den Schutz seines Privat- und Familienlebens berufen.

 

4.4. Abschließend gilt es nunmehr, die Dauer, für welche der Bw nicht in das Gebiet der Mitgliedstaaten einreisen darf, zu prüfen.

 

4.4.1. Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot im Fall der Z 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

 

4.4.2. § 53 Abs. 5 FPG zufolge liegt eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

 

4.4.3 Durch die Verwirklichung der oben angeführten, nicht getilgten Verurteilung zu 18 Monaten Freiheitsstrafe (davon 12 Monate bedingt) hat der Bw eine unter § 53 Abs. 3 Z 1 FPG zu subsumierende Handlung gesetzt. Darüber hinaus wurde der Bw mehrfach wegen derselben schädlichen Neigung rechtskräftig verurteilt. Vor diesem Hintergrund kann ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Zumindest hat das Einreiseverbot gemäß dem Einleitungssatz des § 53 Abs. 2 FPG 18 Monate zu betragen.

Bei der konkreten Bemessung der Dauer des über den Bw zu erlassenden Einreiseverbotes ist dessen bisheriges gesamtes Verhalten zu beurteilen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

Das kriminelle Verhalten des Bw, das in Form von einem Eigentumsdelikt und Verbrechen und Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz innerhalb von sechs Jahren zu Tage trat, zeigt – wie unter 4.3.2. ausführlich dargelegt, dass dieser nicht gewillt ist, sich der Rechts- und Werteordnung im Gastland zu fügen.

 

Ein relevantes Wohlverhalten im Bundesgebiet kann nicht konstatiert werden. Das Vorbringen des Bw scheint als nicht ausreichend, um einen geänderten Gesinnungswandel dokumentieren zu können. Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang, dass sich auch die Rahmenbedingungen nicht zum Vorteil des Bw geändert haben und er dieselben Verhältnisse (gleicher Freundeskreis, ungesicherter Lebensunterhalt) vorfindet, die für seine kriminellen Handlungen ausschlaggebend waren.

 

Das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates folgt daher der Ansicht der belangten Behörde, dass das Verhalten des Bw auch zum jetzigen bzw. zukünftigen Zeitpunkt eine schwerwiegende Gefährdung des Grundinteresses der Gesellschaft an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie der Verhinderung von Straftaten bildet.

 

Hinsichtlich der Dauer des gegenständlichen Einreiseverbotes finden sich im angefochtenen Bescheid keinerlei Ausführungen. Es ist dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich daher nicht möglich, die Beweggründe der belangten Behörde nachzuvollziehen, wenn sie zur Auffassung gelangt ist, dass gegen den Bw ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot zu erlassen ist.

 

Der Bw wurde zuletzt zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, 12 Monate davon bedingt, verurteilt. Der unbedingte Strafanteil beträgt daher 6 Monate. In Anbetracht dieser Verurteilung, der Tathandlungen, der nicht unbeachtlichen Prognose des erkennenden Strafgerichtes, des langen Aufenthalts des Bw in Österreich und seinen Sprachkenntnissen geht der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich davon aus, dass mit einem auf drei Jahre befristeten Einreiseverbot das Auslangen gefunden werden kann.

 

4.4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

4.5. Gemäß § 55 FPG war die spruchgemäß vorgesehene Frist für die freiwillige Ausreise festzusetzen.

5. Von einer Übersetzung gemäß § 59 Abs. 1 FPG konnte aufgrund der sehr guten Deutschkenntnisse des Bw abgesehen werden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 52,00 Euro (Eingabe- und Beilagengebühr) angefallen.

 

 

 

Mag. Christian Stierschneider

Beachte:


Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.


VwGH vom 12. September 2013, Zl.: 2013/21/0145-3

 

 

 

 

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