Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101594/9/Kei/Bk

Linz, 31.01.1995

VwSen-101594/9/Kei/Bk Linz, am 31. Jänner 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des Rz, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. G, B, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 20. September 1993, Zl.

VU/P/2601/92W, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung (StVO), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9. Jänner 1995 und mündlicher Verkündung der Entscheidung am 11. Jänner 1995, zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird im Hinblick auf die Schuld keine Folge gegeben. Im Hinblick auf die Strafe wird ihr teilweise Folge gegeben und die Geldstrafen hinsichtlich des Deliktes 1 mit 600 S, der Delikte 2 und 3 mit je 200 S, die Ersatzfreiheitsstrafen hinsichtlich des Deliktes 1 mit 20 Stunden, der Delikte 2 und 3 mit je sechs Stunden festgesetzt.

Rechtsgrundlage:

§ 24 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) iVm § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG), § 51 VStG.

II. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens 10 % der verhängten Strafen, das sind 100 S (= 60 S + 20 S + 20 S), binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu leisten.

Die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem O.ö. Verwaltungssenat hatte hingegen zu entfallen.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2, § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 700 S (24 Stunden), 2) 300 S (12 Stunden) und 3) 300 S (12 Stunden) verhängt, weil er "als Lenker des Fahrrades 'Peugeot' schwarz-pink am 27.6.1992 gegen 18.45 Uhr in Linz, ungeregelte gleichrangige Krzg. SeilerstätteMagazingasse, auf der Seilerstätte geradeaus, die Krzg. Ri.

Rudigierstr. überquerend, 1) den Vorrang des von rechts, von der Magazingasse kommenden PKW verletzt" habe, "weil dessen Lenkerin zu einem unvermittelten Bremsen ihres Fahrzeuges genötigt" worden sei, "2) dieses Fahrrad dort gelenkt" habe, "obwohl dieses nicht mit einer vorschriftsmäßigen, helleuchtenden, mit dem Fahrrad fest verbundenen, nach vorne leuchtenden Lampe ausgerüstet" gewesen sei, "3) es nicht mit einem roten Rücklicht ausgerüstet" gewesen sei. Dadurch habe er eine Übertretung zu 1) des § 19 Abs.7 StVO iVm § 19 Abs.1 StVO, zu 2) des § 66 Abs.2 Z3 StVO und zu 3) des § 66 Abs.2 Z4 StVO begangen, weshalb er jeweils gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO zu bestrafen gewesen sei.

2. Gegen dieses dem Berufungswerber am 28. September 1993 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die am 11. Oktober 1993 der Post zur Beförderung übergebene und fristgerecht erhobene Berufung.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz vom 14. Oktober 1993, Zl.III-VU/P/2601/92 W, Einsicht genommen und am 9. Jänner 1995 eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e VStG durchgeführt.

Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

Die Landstraße und die Seilerstätte (einschließlich der Radfahrstreifen) waren Parallelstraßen. Eine Verbindung zwischen beiden war die Magazingasse. Die Landstraße war geltend für den Bereich der Einmündung in die Magazingasse gekennzeichnet mit dem Hinweiszeichen "Fußgängerzone" und der Tafel "Ladetätigkeit v. 18.30 - 10.40 Uhr. Zufahrt für Taxi gestattet". Die Seilerstätte war eine Einbahn (Vorschriftszeichen "Einfahrt verboten", Zusatztafel "Ausgenommen Radfahrer"). Ein Befahren von der Rudigierstraße her war erlaubt. Über die Magazingasse in die Seilerstätte einzufahren war möglich und erlaubt, sowohl von der Magazingasse aus als auch von der Landstraße her kommend (Taxis und Fahrzeuge im Zusammenhang mit einer Ladetätigkeit). Ungefähr in der Mitte der etwa 150 m langen Magazingasse befand sich die Wohnung der Frau Mag. A M. Im Bereich der Einmündung der Magazingasse in die Seilerstätte waren einige Sträucher aufgestellt, was eine Einschränkung der Sicht von Verkehrsteilnehmern bewirkte.

Die Magazingasse hatte eine Breite von ca sechs Metern.

Wegen auf beiden Seiten aufgestellter Gegenstände (zB Mülltonnen) war der durch Fahrzeuge benutzbare Bereich ca vier Meter breit. Der Bereich des Friedensplatzes und der Magazingasse unterschieden sich in baulicher Hinsicht von der Seilerstätte. Dies insbesondere insoferne, als der Friedensplatz und die Magazingasse mit einem rechteckigen Pflaster (ca 25 cm mal 20 cm) belegt waren und sich auf der Seilerstätte glatter Asphalt befand.

Am 27. Juni 1992 um ca 18.45 Uhr ist die Frau Mag. Annemarie M mit dem Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen in der Magazingasse Richtung Seilerstätte gefahren. Zur gleichen Zeit sind der Berufungswerber und hinter ihm seine Gattin J jeweils mit einem Fahrrad, auf dem Radfahrstreifen der Seilerstätte von der Langgasse kommend gefahren. Im Bereich der Kreuzung der beiden Straßen stießen der Berufungswerber mit dem Fahrrad und die Frau Mag. A mit dem Auto zusammen.

Das Fahrrad des Berufungswerbers war während des Lenkens nicht mit einer vorschriftsmäßigen, helleuchtenden, mit dem Fahrrad fest verbundenen, nach vorne leuchtenden Lampe verbunden und nicht mit einem roten Rücklicht ausgerüstet.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 19 Abs.1 StVO haben Fahrzeuge, die von rechts kommen, sofern die folgenden Absätze nichts anderes bestimmen, den Vorrang; Schienenfahrzeuge jedoch auch dann, wenn sie von links kommen.

Gemäß § 19 Abs.7 darf, wer keinen Vorrang hat (der Wartepflichtige), durch Kreuzen, Einbiegen oder Einordnen die Lenker von Fahrzeugen mit Vorrang (die Vorrangberechtigten) weder zu unvermitteltem Bremsen noch zum Ablenken ihrer Fahrzeuge nötigen.

Gemäß § 66 Abs.2 StVO muß jedes einspurige Fahrrad - sofern sich aus Abs.2a nichts anderes ergibt - ausgerüstet sein mit (Z3) einer helleuchtenden mit dem Fahrrad fest verbundenen Lampe mit weißem oder gelblichem nicht blendendem Licht, das die Fahrbahn mindestens 15 m, jedoch nicht mehr als 20 m weit nach vorne ausreichend beleuchtet und (Z4) mit einem roten Rücklicht, dessen Wirksamkeit vom Fahrer während der Fahrt überwacht werden kann, ohne daß dieser in der sicheren Führung des Fahrrades beeinträchtigt ist.

Gemäß § 99 Abs.3 StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer (lit.a) als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 2 oder 4 zu bestrafen ist.

4.2. Auch wenn die Verkehrsfläche - die Magazingasse und der Friedensplatz - von der baulichen Gestaltung her so ausgesehen hat, wie mitunter Fußgängerzonen ausehen, so ist eine solche - mangels Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen. Die Verkehrsfläche hätte was nicht der Fall gewesen ist - mit einem Hinweiszeichen "Fußgängerzone" (§ 53 Abs.1 Z9 lit.a) gekennzeichnet sein müssen.

Der Berufungswerber hat nicht nur damit rechnen müssen, daß Fahrzeuge von der Magazingasse aus fahrend kommen sondern auch damit, daß Taxis und andere Fahrzeuge im Zusammenhang mit der Durchführung einer Ladetätigkeit von der Landstraße her über die Magazingasse in die Seilerstätte einfahren.

Die Verkehrsfläche - die Magazingasse und der Friedensplatz - war bezogen auf den 27. Juni 1992 nicht als untergeordnete Verkehrsfläche iSd § 19 Abs.6 StVO zu qualifizieren. Aus diesem Grund ist die Bestimmung des § 19 Abs.1 StVO ("Rechtsvorrang-Regelung") zum Tragen gekommen. Diese Beurteilung hat die Konsequenz, daß der Berufungswerber als Wartepflichtiger gegenüber der von rechts kommenden Mag.

A den Vorrang verletzt hat. Diesbezüglich wurde der objektive Tatbestand des § 19 Abs.1 iVm § 19 Abs.7 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO verwirklicht.

Mangels Vorliegen von in § 21 Abs.1 erster Satz VStG angeführten Voraussetzungen konnte in bezug auf die Delikte 1, 2 und 3 nicht diese Bestimmung angewendet und nicht von der Verhängung der Strafen abgesehen werden.

4.3. Zur Strafbemessung:

Im Hinblick auf das Delikt 1 wird das Verschulden - im Unterschied zur Beurteilung durch die belangte Behörde deshalb als etwas geringer bewertet, weil durch die Sträucher die Sicht des Berufungswerbers etwas eingeschränkt war. Im Hinblick auf die Delikte 2 und 3 wird das bei der öffentlichen mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebrachte Geständnis als weiterer Milderungsgrund gewertet, weshalb die Höhe der diesbezüglichen Strafen herabgesetzt wurde Im übrigen konnte nicht festgestellt werden, daß die belangte Behörde bei der Strafbemessung nicht rechtmäßig vorgegangen wäre.

5. Aus den angeführten Gründen war die Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG hinsichtlich des Schuldspruches abzuweisen und die verhängten Strafen spruchgemäß festzusetzen.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in der Höhe von 10 % der verhängten Strafe, das sind 100 S, vorzuschreiben. Da der Berufung teilweise Folge gegeben wurde, sind für das Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat keine Kosten zu leisten (§ 65 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Keinberger

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