Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253127/8/BMa/TO/Ai

Linz, 18.06.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des Finanzamts Linz gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 4. April 2012, GZ: 0037084/2011, mit dem A S T, T, S, wegen Übertretungen des Arbeitsvertragsrecht-Anpassungsgesetz (AVRAG) eine Ermahnung erteilt wurde, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 8. Mai 2013 zu Recht erkannt:

 

 

I. Aus Anlass der Berufung des Finanzamts wird die erteilte Ermahnung aufgehoben und durch folgenden Strafausspruch ersetzt:

"Wegen diesen Verwaltungsübertretungen wird über A S T eine Geldstrafe in der Höhe von 750 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Stunden verhängt.“

 

II. Die Berufung der A vom 2. April 2013 wird zurückgewiesen.

 

 

 

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013, iVm §§ 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013

zu II.: § 64 ff VStG

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Bescheid wurde gegen  A S T, T, S, aufgrund des mit Strafantrag des Finanzamtes Linz, FA-GZ: 046/77104/2011, eingeleiteten Strafverfahrens wegen Verwaltungsübertretungen nach § 7i Abs.2 AVRAG eine Ermahnung erteilt.

 

 

1.2. Diesem Erkenntnis liegt folgender Spruch zugrunde:

"I. Tatbeschreibung

Der Beschuldigte, Herr A T, geboren am X, wohnhaft: T, S, hat folgende Verwaltungsübertretungen als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher nach außen Vertretungsbefugter der A mit dem Sitz in Ungarn, G, R, zu vertreten:

Die A hat als Arbeitgeber am 3.8.2011 für die folgenden auf der Baustelle "G" in L, mit dem Aufstellen von Trennwänden beschäftigten ungarischen Arbeitnehmern (zur Erbringung einer fortgesetzten Arbeitsleistung nach Österreich entsandten Arbeitnehmer), die zur Überprüfung der den Arbeitnehmern nach der österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts erforderlichen Unterlagen (Lohnunterlagen) in deutscher Sprache auf der Baustelle nicht bereitgehalten:

1.   K-L F, geb. X,

2.   R F, geb. X,

3.   T Z, geb. X,

4.   T G, geb. X,

5.   Z R, geb. X.

Herr K-L, Herr R und Herr T konnten lediglich Arbeitsverträge, jedoch keine Lohnzettel, oder Kassen- bzw. Überweisungsbelege vorlegen. Herr T und Herr Z konnten weder Arbeitsverträge noch Lohnzettel, oder Kassen- bzw. Überweisungsbelege vorlegen.

Die fehlenden Lohnunterlagen wurden auch nicht an die Abgabebehörde übermittelt.

 

II. Verletzte Verwaltungsvorschrift(en) in der gültigen Fassung:

§ 7i Abs.2 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG)

 

III. Strafausspruch

Es wird jedoch von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung erteilt.

Rechtsgrundlage: § 21 des Verwaltungsstrafgesetzes"

 

1.3. Begründend führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlage im Wesentlichen aus, obwohl der Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht erfüllt sei, könne die Behörde nach den Bestimmungen des § 21 Abs. 1 VStG von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig sei und die Folgen der Übertretung unbedeutend seien. Die Behörde könne den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich sei, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Da der Beschuldigte im Zuge des Strafverfahrens sowohl Arbeitsverträge für alle Arbeitnehmer vorgelegt als auch die Auszahlungsbelege nachgereicht habe, sei davon auszugehen, dass der Beschuldigte bemüht gewesen sei, die Bestimmungen des AVRAG einzuhalten. Sein Verschulden werde als geringfügig beurteilt und weil durch diese Verwaltungsübertretung auch keine nachteiligen Folgen eingetreten seien, habe von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden können.

 

1.4. Dagegen wurde rechtzeitig vom Finanzamt Linz Berufung erhoben. Diese führt im Wesentlichen aus, durch die Nichtvorlage von notwendigen Lohnunterlagen sei die Überprüfung, ob die in Österreich geltenden Mindestlöhne ausbezahlt würden, sowie die korrekte Einstufung in den jeweils gültigen Kollektivvertrag faktisch nicht möglich gewesen. Weder das Verschulden sei geringfügig, da bei zwei von fünf Arbeitnehmern die übersetzten Arbeitsverträge nicht am Kontrollort bereitgehalten worden seien, obwohl die Bestimmungen des § 71 AVRAG offensichtlich bekannt gewesen seien. Auch die Folgen der Übertretung seien nicht unbedeutend, weil durch das Nichtbereithalten der erforderlichen Lohnunterlagen der Kontrollzweck vereitelt worden sei.

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des Ermahnungsbescheides und die Erlassung eines Strafbescheides beantragt.

 

2.1. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 4. Mai 2012 vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

2.2. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51 c VStG).

 

2.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 8. Mai 2013. An dieser Verhandlung hat ein Vertreter der Organpartei teilgenommen, der die Aufhebung des Ermahnungsbescheides und Erlassung eines Strafbescheides beantragt hat.

Die Berufung des Finanzamtes Linz wurde dem Beschuldigten mit Schreiben vom 14. März 2013 (VwSen-253127/2/BMa/HU) mit der Aufforderung zur Stellungnahme übermittelt. Er selbst hat auf dieses Schreiben nicht reagiert, jedoch wurde von der A, mit Faxmitteilung vom 2. April 2013  eine an das Finanzamt gerichtete Berufung beim Unabhängigen Verwaltungssenat eingebracht.

A S T ist der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 8. Mai 2013 unentschuldigt ferngeblieben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Weil lediglich gegen die Erteilung einer Ermahnung und damit nur gegen die Strafhöhe berufen wurde, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist dessen neuerliche Überprüfung verwehrt.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist.

Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheids so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafmessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Die Strafe ist nach den Bestimmungen des § 7i Abs.2 AVRAG, welche für die gegenständliche Verwaltungsübertretung einen Strafrahmen von 500 Euro bis 5.000 Euro, im Wiederholungsfall von 1.000 Euro bis 10.000 Euro vorsehen, festzusetzen.

 

Strafmildernd ist die absolute verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschuldigten und die nachträgliche Vorlage der Unterlagen zu werten, straferschwerend die Nichtbereithaltung von erforderlichen Unterlagen auf der Baustelle für insgesamt fünf Personen.

 

Der berufungswerbenden Organpartei ist beizupflichten, wenn sie ausführt, dass durch das Nichtbereithalten der geforderten Unterlagen der Kontrollzweck vereitelt wurde und damit die Folgen der Übertretung nicht unbedeutend sind.

Die Erteilung einer Ermahnung scheidet damit bereits mangels Vorliegens der kumulativen Voraussetzungen (geringfügiges Verschulden und unbedeutende Folgen der Tat), die in § 21 VStG normiert sind, aus. Die Tat bleibt nicht hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück.

Denn für die Überprüfung der Bestimmungen des LSDB-G ist es unumgänglich, dass die Arbeits- bzw. Stundenaufzeichnungen am Kontrollort vorgelegt werden. Um eine korrekte Einstufung in den jeweils gültigen  Kollektivvertrag vornehmen zu können, sind auch der berufliche Werdegang sowie die SV-Daten erforderlich.

Überdies ist der Beschuldigte gehalten, sich über die mit der Ausübung seines Gewerbes verbundenen Rechtsvorschriften zu informieren. Den Ausführungen der belangten Behörde ist in diesem Zusammenhang entgegenzuhalten, dass die vom Beschuldigten zur Schau getragene Sorgfaltswidrigkeit kein geringfügiges Verschulden begründet.

Unter Beachtung der allgemeinen Rechtsgüterabwägung und einer speziellen Analyse der Schutzinteressen des AVRAG ist ersichtlich, dass durch ein Vorgehen, wie das des Bw, soziale Errungenschaften Österreichs wie die Garantie eines bestimmten Lohnniveaus in Gefahr sind.

Dies war bei der Strafbemessung nach § 19 VStG unter generalpräventiven Aspekten zu berücksichtigen.

 

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die nunmehr verhängte Strafe tat- und schuldangemessen ist.

 

4. Die mit Faxmitteilung vom 2. April 2013 von der A eingebrachte Berufung war mangels Beschwer der K zurückzuweisen, ist die K doch nicht Beschuldigte im gegenständlichen Verfahren.

Sollte diese Mitteilung aber vom Beschuldigten unterzeichnet worden sein, was sich aus der unleserlichen Unterschrift und dem Text der Eingabe nicht ergibt, so wäre diese als verspätet zurückzuweisen gewesen, wurde der Ermahnungsbescheid mit dem Hinweis auf eine zweiwöchige Rechtsmittelfrist dem Beschuldigten doch bereits am 10. April 2012 zugestellt und vom Beschuldigten wurde nicht dargetan, dass ihm eine rechtzeitige Einbringung eines Rechtsmittels unmöglich gewesen wäre.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

2. Mit Rechtskraft dieses Bescheides ist die Eintragung des Beschuldigten und jenes Unternehmens, dem die Bestrafung zuzurechnen ist, in die Evidenz beim Kompetenzzentrum LSDB, verbunden (§ 7l AVRAG).

 

 

 

Mag.a Gerda Bergmayr-Mann

 

 

 

 

 

 

 

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