Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101596/13/Weg/Km

Linz, 01.06.1994

VwSen-101596/13/Weg/Km Linz, am 1. Juni 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 1. Kammer (Vorsitzender Dr. Guschlbauer, Berichter Dr. Wegschaider, Beisitzer Dr. Keinberger) über die Berufung des H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M, vom 27. Oktober 1993 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 14. Oktober 1993, VerkR96/1230/1993/Ja, nach der am 16. Mai 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51i VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 und § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 18.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Tagen verhängt, weil dieser am 1. Mai 1993 um 2.02 Uhr den Kombi, Kennzeichen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand in Freistadt, Waaggasse auf Höhe des Hauses Nr. 29 in Fahrtrichtung Heiligengeistgasse gelenkt hat. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 1.800 S sowie als Ersatz der Barauslagen für das Alkomatenröhrchen 10 S in Vorschreibung gebracht.

Die Erstbehörde nahm es als erwiesen an, daß der Berufungswerber zum angeführten Zeitpunkt das angeführte Kraftfahrzeug gelenkt hat. Die Überprüfung der Atemluft auf Alkohol ergab schließlich einen Wert von 0,4 mg/l, was eine Alkoholbeeinträchtigung im Sinne des § 5 Abs.1 StVO 1960 dargestellt habe.

2. Der Berufungswerber wendet dagegen ein, er habe das Kraftfahrzeug nicht selbst gelenkt, sondern seine Bekannte J ihn mit seinem Kraftfahrzeug in der gegenständlichen Nacht von Linz nach Freistadt chauffiert habe. Er beantragt die Vernehmung dieser Zeugin und die Durchführung eines Ortsaugenscheines.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Durchführung eines Ortsaugenscheines, durch Vernehmung der Zeugin J und des Zeugen Gr.Insp.

M sowie Vernehmung des Beschuldigten anläßlich der mündlichen Verhandlung am 16. Mai 1994.

Aufgrund dieser Beweismittel ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

J hat über Ersuchen des Berufungswerbers diesen mit seinem eigenen Kraftfahrzeug von Linz nach Freistadt chauffiert. Sie waren am Abend am Urfahrer-Jahrmarkt, wo der Beschuldigte auch alkoholische Getränke in einem Ausmaß zu sich nahm, welches ihm seine eigene Fahrtauglichkeit zweifelhaft erscheinen ließ. Aus diesem Grund ersuchte er die Zeugin, sie möge das Kraftfahrzeug lenken. Diesem Ersuchen kam die Zeugin deshalb auch gerne nach, weil ihr eigener PKW in Freistadt abgestellt war und sie diesen ohnehin abholen mußte. Der Entschluß zu dieser Fahrt (ob als Mitfahrerin oder als Lenkerin) ist bereits am Vortag gefallen, an welchem die Zeugin ihren PKW in Freistadt zurücklassend mittels Mitfahrgelegenheit von Freistadt nach Linz gelangte, weil sie an diesem Tag nicht fahrtauglich gewesen sei. Es traf sich für die Zeugin also gut, daß sich diese Gelegenheit, wieder nach Freistadt zu kommen, ergab. Die Zeugin hat das Kraftfahrzeug des Beschuldigten in der Waaggasse im Kreuzungsbereich mit der Heiligengeistgasse abgestellt. Der Beschuldigte und die Zeugin gingen daraufhin in Richtung eines Lokals namens J, um dort den Abend ausklingen zu lassen. Auf dem Weg zu diesem Lokal bemerkte der Beschuldigte, daß er seine Zigaretten im Auto habe liegen lassen, weshalb er zum Kraftfahrzeug zurückkehrte, während die Zeugin in Richtung des genannten Lokals ging, um dort auf ihn zu warten. Zum Zeitpunkt des Entschlusses, die Zigaretten zu holen, waren beide schon außerhalb der Sichtweite des abgestellt gewesenen Kraftfahrzeuges. Soweit die glaubwürdigen Aussagen der Zeugin G.

Der Berufungswerber ging daraufhin zu seinem Kraftfahrzeug zurück und bemerkte dabei auch daß die Zeugin das Licht nicht abgeschaltet hat. Die Zigaretten selbst befanden sich auf der rechten Beifahrerseite und zwar - weil sie offenbar hinunter gefallen waren - am Boden der Beifahrerseite. Bei der Suche nach den Zigaretten hat der Berufungswerber das Fahrzeug auch bestiegen und zwar von der Fahrerseite her.

Als er seine Zigaretten gefunden hatte, schaltete er das Licht aus und verließ auf der Fahrerseite das abgestellte Kraftfahrzeug. Nach seinen Ausführungen hat er das Fahrzeug nicht in Betrieb genommen.

In diesem Moment bog ein Patrouillenfahrzeug der Gendarmerie um die Ecke. Die Besatzung des Patrouillenfahrzeuges konnte sehen, wie der Berufungswerber gerade im Begriff war, das abgestellte Kraftfahrzeug zu verlassen. Wie der Zeuge Gr.Insp. J ausführte, wurde der Berufungswerber beim Lenken des Kraftfahrzeuges selbst nicht gesehen. Aufgrund der Beobachtung von Scheinwerferkegeln auf einem Haus in der Heiligengeistgasse wurde geschlossen, daß diese Scheinwerferkegeln, welche sich aus der Sicht des abgestellten Kraftfahrzeuges von rechts nach links bewegten, vom Kraftfahrzeug des Beschuldigten stammen müßten. Diese Scheinwerferkegeln waren aber nicht direkt zu sehen sondern reflektierend auf der Mauer des Hauses in der Heiligengeistgasse. Dazu muß ausgeführt werden, daß die Waaggasse in die T-förmige Kreuzung mit der Heiligengeistgasse mündet und daß das Kraftfahrzeug nur ca.

3 m, gemessen vom Sichtpunkt in die Heiligengeistgasse nach links, entfernt abgestellt war. Die Waaggasse hat dort eine ungefähre Neigung von 7 %, während die Heiligengeistgasse, die dort ungefähr 4 m breit ist, annähernd waagrecht verläuft. Hinter dem Beschuldigten waren noch eine Reihe von PKW's abgestellt gewesen und zwar ebenfalls am linken Fahrbahnrand und parallel zu diesem. Die sich bewegenden Scheinwerferkegeln strahlten das Haus in der Heiligengeistgasse so an, daß die Unterkante der reflektierenden Scheinwerferkegel ca. 1 m oberhalb der Gehsteigkante lag, die Oberkante ca. 1,80 m. Aufgrund der Aussagen des Gr.Insp. J steht des weiteren fest, daß zum Zeitpunkt des Ansichtigwerdens des Beschuldigtenfahrzeuges keine weitere Person in der unmittelbaren Gegend und außerdem bei keinem der abgestellten PKW's ein eingeschaltetes Licht zu sehen war. Allerdings hatten die Exekutivbeamten auch nicht in das Innere der abgestellten PKW's geblickt, etwa um Nachschau zu halten, ob diese Lichtkegeln möglicherweise von einem anderen im gleichen Zeitraum abgestellten Kraftfahrzeug herrühren könnten.

Der Berufungswerber hat in der ersten Phase der darauffolgenden Amtshandlung keine Erwähnung davon gemacht, daß jemand anderer das Kraftfahrzeug abgestellt hat. Erst, nachdem der Alkotest positiv verlief, wurde die Einrede vorgebracht, er habe das Kraftfahrzeug nicht selbst gelenkt.

Zu diesem Zeitpunkt nannte er jedoch die später als Lenkerin bekanntgegebene J noch nicht. Dieses dem Berufungswerber belastende Verhalten erklärte er damit, daß er - als verheirateter Familienvater - die ihn in dieser Nacht begleitend habende Dame verschweigen wollte, um befürchteten familiären Unanehmlichkeiten auszuweichen. Bei erster Betrachtungsweise klingt dieses Vorbringen nicht glaubwürdig, was aber zur Konsequenz hätte, daß die Zeugin G (sowohl vor der Erstbehörde als auch vor der Berufungsbehörde als Zeugin vernommen) die Unwahrheit gesagt hätte. Diese strafgerichtlich sanktionierbare Unwahrheit kann jedoch der Zeugin nicht unterstellt werden, sie hat wie schon erwähnt - den Verlauf dieses Abends mit den Erfahrungen des täglichen Lebens vereinbar und vor allem glaubwürdig vorgebracht.

Es verbleibt noch die Möglichkeit, daß der Berufungswerber in diesem Fall von der Zeugin nicht mehr beobachtet - im Zuge des Zigarettenholens das Kraftfahrzeug kurz in Betrieb nahm, etwa um eine günstigere Parkmöglichkeit wahrzunehmen.

Dazu hätte er jedoch nach Meinung der Berufungsbehörde aufgrund der sehr kurzen Distanz des letztlich abgestellten Kraftfahrzeuges zum Sichtpunkt in die Heiligengeistgasse und des unmittelbar hinter ihm abgestellt gewesenen Fahrzeuges rückwärts einparken müssen, was wahrscheinlich damit verbunden gewesen wäre, daß der vordere Teil des sich bewegenden Kraftfahrzeuges aus der Heiligengeistgasse und somit vom Standort der Meldungsleger aus hätte direkt gesichtet werden müssen. Dieser Schluß ergibt sich aus dem Zeit-Wegdiagramm aufgrund der Aussagen des Gr.Insp. J.

Ein in Bewegung befindliches Fahrzeug wurde aber von der Besatzung des Patrouillenfahrzeuges, welches sich im Schrittempo der Kreuzung näherte, nicht wahrgenommen.

Nach den obigen Ausführungen verbleibt also die Möglichkeit, daß der Berufungswerber das allenfalls durchgeführte Einparkmanöver möglicherweise doch so ausgeführt hat, daß er mit dem Vorderteil seines Fahrzeuges nicht in die Heiligengeistgasse ragte oder aber auch, daß die beobachteten Scheinwerferkegeln möglicherweise doch von einem anderen Kraftfahrzeug stammten. Nach Meinung der Berufungsbehörde sind beide Varianten denkbar, wobei es mit den Denkgesetzen durchaus in Einklang zu bringen ist, daß der Lenker dieses anderen PKW's bei Ansichtigwerden des Patrouillenfahrzeuges in seinem Auto verblieb und sich möglicherweise sogar versteckt halten wollte.

Es kann also nicht mit einer für ein Strafverfahren ausreichenden Sicherheit oder Wahrscheinlichkeit als erwiesen angenommen werden, daß der Berufungswerber kurz vor dem Zeitpunkt der Beanstandung sein Kraftfahrzeug selbst gelenkt hat. Diese nach dem Günstigkeitsprinzip getroffene Annahme widerspricht im übrigen auch den Aussagen des Zeugen Gr.Insp. J nicht, zumal der Berufungswerber beim Lenken selbst nicht gesehen wurde und es durchaus auch denkbar erscheint, daß die Scheinwerferkegeln von einem anderen Kraftfahrzeug stammten.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat rechtlich wie folgt erwogen:

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG ist von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

Nachdem - wie ausgeführt - die Tat nicht mit einer für ein Strafverfahren ausreichenden Sicherheit erwiesen werden konnte, war in Befolgung der zitierten Gesetzesnorm spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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