Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-360224/2/MK/HK

Linz, 10.06.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Markus Kitzberger über die Berufung der Firma X, vertreten durch Prof. Dr. X, Rechtsanwalt, X, X, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Steyr vom 10.05.2013, AZ: S-2668/ST/13, wegen einer Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz (GSpG) zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

1.           Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Steyr vom 10.05.2013, AZ: S-2668/ST/13, der sowohl der Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) als auch dem Finanzamt gegenüber ergangen ist, wurde wie folgt abgesprochen:

 

„BESCHLAGNAHMEBESCHEID

 

 

Über die am 11.04.2013 in X, X, Lokal „X" von Or­ganen des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr durchgeführte vorläufige Beschlagnahme eines Glücksspielgerätes ergeht von der Landespolizeidirektion , Polizeikommissariat Steyr als gemäß § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz zuständige Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz folgender

 

Spruch:

 

Gemäß § 53 Abs.1 Z1 lit.a Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 112/2011, wird von der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Steyr zur Sicherung der Einziehung die Beschlagnahme des vorläufig beschlagnahmten Glücksspiel-gerätes mit der Geräte(Gehäuse)bezeichnung „KAJOT M.G." Auftragsterminal, Seriennummer 9071205001345 angeordnet.

 

2.           Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 17.05.2013, eingelangt bei der belangten Behörde am 21.05.2013, mit der sinngemäß beantragt wird, den angefochtenen Bescheid aufzuheben bzw. abzuändern und die Beschlagnahme des Gerätes (Terminals) aufzuheben-

 

3.           Mit Schreiben vom 23.05.2013 legte die belangte Behörde dem Oö. Verwaltungssenat die Berufung und ihren Verwaltungsakt zur Entscheidung vor, ohne eine Gegenschrift zu erstatten.

 

Nach § 51c VStG hat der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt sowie den zu VwSen-360224 vorgelegten Verwaltungsakt.

 

Da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte eine mündliche Verhandlung nicht nur gemäß § 51e Abs.4 VStG (vgl. dazu VwGH 14.12.2011, 2011/17/0171; ebenso VwGH vom 27.04.2012, 2011/17/0313, sowie 2011/17/0315) sondern auch gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG entfallen.

 

4.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

4.2.1. Der in Rede stehende Bescheid vom 10.05.2013 wurde an die Bw zu Handen ihres rechtsfreundlichen Vertreters sowie an das zuständige Finanzamt laut Absendevermerk auf der im Akt befindlichen Durchschrift des Bescheides am 10.05.2013 abgesendet.

 

4.2.2. Die Bw ist – wie auch in der Berufungsschrift selbst ausdrückliche festgestellt – Eigentümerin des in Rede stehenden Gerätes. In diesem Zusammenhang ist weiters darauf hinzuweisen, dass die Beschlagnahme eben dieses Gerätes bereits mit einem Beschlagnahmebescheid vom 26.04 2013 ausgesprochen wurde; dieser Bescheid wurde – wie zu VwSen-360224 protokolliert – der X GmbH (als Eigentümerin des Banknotenlesegerätes des beschlagnahmten Gerätes) zu Handen ihres rechtsfreundlichen Vertreters sowie dem zuständigen Finanzamt zugestellt. Auf dem im Akt befindlichen Rückschein ist ersichtlich, dass dieser Bescheid dem zuständigen Finanzamt konkret am 30.04.2013 zugestellt wurde; demnach gilt der zu VwSen-360224 protokollierte Bescheid (jedenfalls) als mit 30.04.2013 – und damit vor dem verfahrensgegenständlichen Beschlagnahmebescheid vom 10.05.2013 – erlassen.

 

Mit Erkenntnis vom 07.06.2013, VwSen-360224/2, wurde die Berufung über den chronologisch ersterlassenen Beschlagnahmebescheid vom 26.04.2013 durch den Oö. Verwaltungssenat aufgrund des hinreichend substanziierten Verdachtes auf einen fortgesetzten Verstoß gegen Bestimmungen des § 52 Abs.1 GSpG als unbegründet abgewiesen und der Beschlagnahmebescheid bestätigt.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Zur Zulässigkeit der – rechtzeitig erhobenen – Berufung:

 

5.1.1. Die Bw ist Eigentümerin des oa. Glücksspielgerätes. Als Eigentümerin der Geräte kommt dem Bw Parteistellung im Beschlagnahmeverfahren zu. Die gegenständliche Berufung ist daher zulässig.

 

5.1.2. Bezüglich der Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates ist darauf hinzuweisen, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate gemäß § 50 Abs.1 GSpG für die Durchführung von Strafverfahren in zweiter Instanz zuständig sind. Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung (VwGH 3.7.2009, 2005/17/0178; 3.7.2009, 2009/17/0065) davon aus, dass die "Vorschriften des § 53 [GSpG] als (von § 39 VStG abweichende) Regelungen des Verwaltungsstrafverfahrens zu verstehen" sind. Eine solche Beschlagnahme sei daher "nicht ... als eine Beschlagnahme, die nicht im Rahmen eines Strafverfahrens ergeht, zu qualifizieren". Da der bezogene Regelungsgehalt des § 53 GSpG auch in der gegenständlich maßgeblichen Rechtslage im Wesentlichen unverändert geblieben ist, ist nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des UVS § 53 GSpG (nach wie vor) dem Verwaltungsstrafverfahren zuzurechnen. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben, da dieser gem. § 50 Abs.1 GSpG (sowie auch unmittelbar nach Art. 129a Abs.1 Z1 B-VG; vgl. diesbezüglich die zitierten Entscheidungen des VwGH sowie auch jüngst VwGH 20.7.2011, 2011/17/0097, 27.4.2012, 2012/17/0057) für Strafverfahren (nicht aber für Administrativverfahren – mit Ausnahme von Betriebsschließungen) zuständig ist.

 

Örtlich zuständig ist dabei gemäß § 50 Abs.1 GSpG iVm § 51 Abs.1 VStG der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

5.2. In der Sache:

 

5.2.1. Vorweg ist festzuhalten, dass die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Bescheiderlassung nach § 50 Abs.1 Glücksspielgesetz – GSpG, BGBl. Nr. 620/1989, in der im Beschlagnahmezeitpunkt geltenden Fassung, gegeben war.

 

5.2.2. Mit der Novelle BGBl. I Nr. 73/2010 wurde das Glücksspielwesen einem grundsätzlich neuen System unterstellt, und zwar derart, dass neben den dem Monopol des Bundes unterliegenden Ausspielungen in Form von Lotterien und Spielbanken nunmehr auch das für vergleichsweise geringere Einsätze und Gewinne konzipierte sog. "kleine Glücksspiel" mittels Automaten explizit einer Konzessionspflicht unterstellt und damit für zulässig erklärt ist, wobei die darauf bezüglichen Vorschriften vom Landesgesetzgeber zu erlassen sind; hinsichtlich derartiger "Landesausspielungen" besteht sohin (mangels eines entsprechenden Kompetenztatbestandes in Art. 12 B-VG) eine ergänzende, inhaltlich allerdings auf jener des Bundes notwendig aufbauende Regelungszuständigkeit der Länder (die jedoch – im Gegensatz zum Verhältnis zwischen Grundsatz- und Ausführungsgesetz gemäß Art. 12 B-VG – von Letzteren nicht in Anspruch genommen werden muss, also auch ungenutzt bleiben kann).

 

Im Besonderen gilt nunmehr Folgendes:

 

5.2.3. Gemäß § 53 Abs.1 Z1 lit.a Glücksspielgesetz – GSpG, BGBl. Nr. 620/1989, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 112/2012, kann die Behörde die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, sonstigen Eingriffsgegenständen und technischen Hilfsmitteln anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn der Verdacht besteht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs.1 GSpG verstoßen wird.

 

Gemäß § 53 Abs.2 GSpG können die Organe der öffentlichen Aufsicht die in Abs.1 genannte Gegenstände auch aus eigener Macht vorläufig in Beschlag nehmen, um unverzüglich sicherzustellen, dass die Verwaltungsübertretungen nach einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs.1 nicht fortgesetzt begangen oder wiederholt werden.

 

Gemäß § 53 Abs.3 GSpG hat die Behörde in den Fällen des Abs.2 unverzüglich das Verfahren zur Erlassung des Beschlagnahmebescheides einzuleiten und Ermittlungen zur Feststellung von Identität und Aufenthalt des Eigentümers der Gegenstände, des Veranstalters und des Inhabers zu führen. Soweit nach der vorläufigen Beschlagnahme keine dieser Personen binnen vier Wochen ermittelt werden kann oder sich keine von diesen binnen vier Wochen meldet oder die genannten Personen zwar bekannt, aber unbekannten Aufenthaltes sind, so kann auf die Beschlagnahme selbständig erkannt werden, wenn im Übrigen die Voraussetzungen dafür vorliegen. Die Zustellung des Bescheides kann in einem solchen Fall durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen.

 

5.2.4. Wie bereits oben dargelegt, wurde die Beschlagnahme des im Spruch genannten Gerätes durch unterschiedliche (d.h. nicht idente) Beschlagnahmebescheide ausgesprochen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner stRsp davon aus, dass im Mehrparteienverfahren ein Bescheid durch seine Zustellung an (nur) eine Partei des Verfahrens bereits als „erlassen“ und damit auch von sämtlichen Parteien des Verfahrens bekämpfbar gilt (vgl. VwGH vom 27.04.2012, 2011/17/0313). Die Beschlagnahme des im Spruch genannten Gerätes erfolgte somit chronologisch betrachtet erstmals durch den Beschlagnahmebescheid vom 26.04.2013, der – wie bereits zu VwSen-360224 protokolliert – dem Finanzamt bereits am 10.05.2013 zugestellt wurde und damit als zu diesem Zeitpunkt erlassen gilt.

 

Mit dem in weiterer Folge ergangenen (mit dem vorhergehenden Bescheid nicht identen) Beschlagnahmebescheid vom 10.05.2013 wurden seitens der Erstbehörde das Datum und die Spezifizierung des Adressaten in zwei Passagen abgeändert.

 

Eine inhaltliche Abänderung oder Behebung eines Bescheides ist allerdings nur innerhalb der engen Grenzen des § 68 Abs.1 AVG oder im Wege der Einrichtung eines eigenen Rechtsschutzregimes (wie insbesondere §§ 63 ff AVG) vorgesehen.  Mit anderen Worten ist – abgesehen von der den Parteien an die Hand gegebenen Möglichkeiten der Erhebung eines Rechtsmittels und der damit verbundenen Abänderung oder Aufhebung eines Bescheides – eine „sonstige Abänderung von Bescheiden“ iSd IV. Teils des AVG außerhalb der Voraussetzungen des § 68 AVG nicht zulässig. Im Ergebnis kann daher ohne einer speziellen gesetzlichen Grundlage ein einmal erlassener Bescheid zu keinem Zeitpunkt aus anderen als den in § 68 AVG geregelten Gründen respektive abseits einer Berufungs(vor)entscheidung wiederholt oder gar abgeändert werden (vgl.) eingehend Leeb, Bescheidwirkungen und ihre subjektiven Grenzen nach dem AVG unter besonderer Berücksichtigung von Vorfragenentscheidungen [2010] 14 ff).

 

Nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates wäre daher auch im gegenständlichen Fall eine amtswegige Abänderung eines bereits einmal erlassenen Beschlagnahmebescheides ausschließlich bei Vorliegen einer speziell geregelten gesetzlichen Grundlage zulässig. Mangels einer solchen gesetzlichen Grundlagekann daher ein einmal rechtswirksam bescheidmäßig beschlagnahmter Gegenstand nicht erneut durch einen weiteren Bescheid beschlagnahmt werden.

 

Diese „Sperrwirkung“ eines einmal erlassenen Beschlagnahmebescheides ergibt sich schon allein aus dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung und damit der sofortigen Rechtswirksamkeit (Vollstreckbarkeit) der Beschlagnahme und wird nicht zuletzt durch die quasi-dinglich Wirkung und der damit verbundenen – über den Bescheidadressaten hinausgehenden – Rechtswirkung dieses Bescheides für andere Personen, denen ebenfalls Rechte an der beschlagnahmte Sache zustehen, bekräftigt. So kann ein Gegenstand naturgemäß nur ein einziges Mal beschlagnahmt werden.

 

Auch indiziert schon der Gesetzeswortlaut des § 53 Abs.3 GSpG, dass der Gesetzgeber selbst hinsichtlich eines Gegenstandes ebenfalls ausschließlich von EINEM einzigen Beschlagnahmebescheid, der gegebenenfalls mehreren Parteien zuzustellen ist, ausgegangen ist (arg.: „das Verfahren zur Erlassung des Beschlagnahmebescheides einzuleiten und Ermittlungen zur Feststellung von Identität und Aufenthalt des Eigentümers der Gegenstände, des Veranstalter und des Inhabers zu führen“). Dafür spricht auch die in § 53 Abs.3 GSpG ebenfalls vorgesehene Möglichkeit, über die Beschlagnahme gegebenenfalls selbständig zu erkennen; in diesem Fall erfolgt die „Zustellung des Bescheides“ (d.h. eines einzigen Bescheides) durch öffentliche Bekanntmachung.

 

Diese Rechtsauffassung wird im Übrigen auch dadurch bestärkt, dass der – für eine Beschlagnahme nach dem GSpG notwendige – Verdacht, dass mit dem Gerät fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs.1 GSpG verstoßen wird, im Falle einer bereits rechtswirksam erfolgten Beschlagnahme des betroffenen Gegenstandes jedenfalls ab diesem Zeitpunkt naturgemäß nicht mehr vorliegen kann.

 

6. Im Ergebnis war der Berufung stattzugeben und der angefochtene  Bescheid mangels bestehender Rechtsgrundlage für die darin angeordnete Beschlagnahme aufzuheben.

 

7. Abschließend darf nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass die im Spruch des gegenständlich bekämpften Bescheides genannten Gegenstände bereits – wie zu VwSen-360224 protokolliert – rechtswirksam durch den Bescheid vom 26.04.2013 beschlagnahmt worden sind.

 

Die vorliegende Entscheidung ändert somit nichts an der Tatsache, dass sämtliche in Rede stehenden Gegenstände als beschlagnahmt gelten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Mag. Markus Kitzberger

 

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