Linz, 20.06.2013
B e s c h l u s s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Markus Kitzberger über die Beschwerde der X und X GmbH, vertreten durch Dr. X, Dr. X, Rechtsanwälte, X, X, vom 24.05.2013 wegen Vornahme einer Betriebsschließung nach dem Glücksspielgesetz – GSpG am 06.05.2013 in X, X, durch 1. Organe des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck und 2. Organe der Bezirkshauptmannschaft Gmunden den Beschluss gefasst:
I. Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
II. Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmannschaft Gmunden) Kosten in Höhe 57,40 Euro (Vorlageaufwand) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Rechtsgrundlagen:
Zu I.: Art 129a Abs.1 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) iVm § 67a Z 2 AVG;
Zu II.: § 67c, 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm UVS-Aufwandersatzverordnung 2008.
Entscheidungsgründe:
1. Mit der dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 28.05.2013 postalisch übermittelten Eingabe vom 24.05.2013 hat die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) durch ihren Rechtsvertreter rechtzeitig Beschwerde wegen einer Amtshandlung von Organen des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck (erstbelangte Behörde) und der Bezirkshauptmannschaft Gmunden (zweitbelangte Behörde) am 06.05.2013 in X, X, betreffend eine Betriebsschließung nach dem Glücksspielgesetz erhoben.
Begründend wird dazu – neben dem Zitat der einschlägigen bzw. ins Treffen geführten Bestimmungen – im Wesentlichen ausgeführt wie folgt (die umfangreichen Ausführungen werden straff zusammengefasst, da weite Passagen des Vorbringens für die gegenständliche Entscheidung nur mittelbar relevant sind):
1.1. Am 06.05.2013 sei von Organen der erstbelangten Behörde sowie einem Vertreter der zweitbelangten Behörde über der Geschäftsbetrieb des X, X, X, die Betriebsschließung verfügt worden, ohne dass die Bf vorher zur Einstellung der vermeintlich gegen die Bestimmungen des GSpG durchgeführten Glücksspiele aufgefordert worden wäre.
Davon abgesehen hätte die Bf keine Übertretung des GSpG zu verantworten.
Die belangte Behörde habe dadurch auch jeglichen Versuch der Anwendung eines gelinderen Mittels unterlassen, da eine Betriebsschließung lediglich als ultima ratio zulässig sei. Dies sei rechtswidrig.
1.2. Die Bf agiere – entgegen der offensichtlichen Ansicht der belangten Behörde – völlig rechtmäßig im Rahmen ihrer aufrechten Gewerbeberechtigung (Durchführung erlaubter Kartenspiele ohne Bankhalter gemäß § 5 Abs.3 GewO 1994). Weder veranstalte sie verbotene Ausspielungen iSd § 2 Abs.4 GSpG, noch organisiere sie oder mache sie solche verbotenen Ausspielungen unternehmerisch zugänglich oder sei als Unternehmer daran beteiligt. Es biete sich keine Verdachtslage nach § 52 Abs.1 GSpG.
1.3. Die verfügte Betriebsschließung greife in die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums (Art. 5 StGG) und Freiheit der Erwerbsausübung (Art. 6 StGG) ein und stelle eine Maßnahme unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar. Seit der Maßnahme seien noch keine sechs Wochen vergangen. Die Beschwerde sei daher zulässig und rechtzeitig.
1.4. Als Beschwerdegrund wurde ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Grundrechte auf Unversehrtheit des Eigentums und Freiheit der Erwerbsausübung vorgebracht und wie folgt argumentiert:
1.4.1. Denkunmöglicher Rechtsanwendung, die mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen sei.
1.4.1.1. Die bestehende Gewerbeberechtigung sei missbräuchlich nicht für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage herangezogen worden. Der von der Betriebsschließung betroffene Standort sei als weitere Betriebsstätte bewilligt.
Die Bf sei zur „Durchführung erlaubter Kartenspiele ohne Bankhalter“ gewerblich berechtigt. Sie betreibe mit insgesamt ca. 650 MitarbeiterInnen Kartencasinos an 13 Standorten in Österreich. Es würden die klassischen Varianten des Pokers gespielt, die iSd der höchstgerichtlichen Judikatur als Geschicklichkeitsspiel zu qualifizieren seien. Die Bf stelle dabei nur räumlich gebundene Sachmittel und personelle Dienstleistungen ohne betrieblichen Kapitaleinsatz (Bankkapital) gegen ein sachlich angemessenes Entgelt zur vertraglich gebundenen Nutzung zur Verfügung. Es handle sich demzufolge um Gastronomie- und Freizeitbetriebe.
Die Betrieb der Kartencasinos der Bf würde – durch rechtskräftige Urteile untermauert – auch keinen Verstoß gegen § 168 StGB darstellen.
Selbst wenn man Poker – was ausdrücklich in Abrede gestellt würde – als Glücksspiel bezeichnete, sei § 168 StGB durch § 4 Abs.1 GSpG materiell derogiert worden. Während ersterer (auf Basis der Legaldefinition) alle Glücksspiele verbiete, erlaube das GSpG die Durchführung von Glücksspielen unter bestimmten Voraussetzungen.
Auf der Grundlage der Versteinerungstheorie ergebe sich auch aus den (historischen) Bestimmungen der Gewerbeordnung, dass die „Haltung von erlaubten Spielen“ als (mittlerweile) freies Gewerbe ausgeübt werden könne.
Kartenpoker sei demnach ein Geschicklichkeitsspiel und kein Glücksspiel.
1.4.1.2. Die Übergangsbestimmung des § 60 Abs.24 GSpG sei missbräuchlich nicht für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage herangezogen worden, und
1.4.1.3. Das rechtskräftige (präjudizielle) Urteil des BG Innere Stadt, GZ 18 U 194/01b vom 24.05.2004, in dem die Daten und Fakten der rechtlichen Entstehung, des Inhaltes, des Umfanges und der Ausübung dieser Befugnisse im Sinne der Gewerbeordnung anschaulich vergleichbar dargestellt seien, wären – obwohl dieses Urteil seit Jahren der Finanzverwaltung bekannt sei - missbräuchlich nicht für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage herangezogen worden.
Im Ergebnis sei zu den letzten beiden Unterpunkten festzuhalten, dass – was im hier zu beurteilenden Zusammenhang zutreffe – bestehende Gewerbeberechtigungen durch die beiden letzten Novellen zum GSpG nicht aufgehoben worden wären, weil und soweit keine gegenteilige Vorschrift bestehe.
1.4.1.4. Der bei der Ausübung von behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anzuwendende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei missbräuchlich verletzt worden, da mit der verfügten Betriebsschließung der nach der Festnahme schwerste Eingriff in die Rechte des Betroffenen gesetzt worden sei.
1.4.2. Legislatives Unrecht:
In der sog. Engelmann-Entscheidung habe der EuGH die Unionsrechtswidrigkeit der Art und Weise der Konzessionsvergabe des Bundes im Zusammenhang mit dem Glücksspielmonopol ausgesprochen. Das Finanzministerium habe daraufhin in einer Novelle zum GSpG – in offenkundiger Überschreitung der innerstaatlichen Rechtssetzungsbefugnis – Übergangsfristen für einen allfälligen Weiterbetrieb nach Wegfall der Rechtsgrundlage für den Betrieb erlassen.
Weder Herrn X (seinerzeit), noch der Bf (aktuell seit 31.12.2012 – mit dieses Frist wäre der Betrieb der Pokerkartencasinos durch Novell bzw. Erkenntnis des VfGH vom 30.06.2012 zu G 51/11-8 begrenzt) sei es verwehrt, eine Konzession für ihren jeweiligen Spielbetrieb zu erlangen. Die Erteilung der Konzessionen ohne vorangegangene (EU-weite) Ausschreibung stelle einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und somit eine mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit dar. Durch die Engelmann-Entscheidung würden die unionsrechtswidrigen innerstaatlichen Bestimmungen unanwendbar, was sich auch auf die daran anknüpfenden Strafbestimmungen erstrecke. Auch eine vorübergehende Anwendung sei ausgeschlossen.
Ein (faktisches) Verwaltungshandeln auf der Grundlage unanwendbarer d.h. nichtiger Bestimmungen verstoße zudem gegen die EU-Grundrechte-Charta.
1.4.3. Administratives Unrecht:
Die Prolongation des Betriebes von Spielbanken (einschließlich der Veranstaltung von Kartenpokerspielen) auf der Grundlage des Abgabenänderungsgesetzes 2012 trotz festgestellter Europarechtswidrigkeit und gleichzeitiger faktischer Verweigerung der Lizenzvergabe stelle einen qualifizierten Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht dar. Im Ergebnis würden dadurch EU-konforme Gewerbebetriebe verboten, EU-widrige Konzessionen aber verlängert werden.
Eine „Aussetzung“ von Entscheidungen des EuGH bis zur Korrektur der innerstaatlichen sach- und Rechtslage sei unionsrechtlich im Grundsatz nicht vorgesehen und nur unter außergewöhnlichen Umständen und nur solange möglich, als es (unbedingt) erforderlich sei, die Rechtswidrigkeit zu beheben. Ein derartiges Vorgehen könnte nur durch zwingende Erwägungen der Rechtssicherheit, die mit allen betroffenen öffentlichen wie privaten Interessen zusammenhängten, gerechtfertigt werden, worüber aber nur der EuGH selbst befinden könne. Das Vorliegen der diesbezüglichen Voraussetzungen sei dringend zu bezweifeln.
Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts sei auf allen Ebenen bindend. Die einschlägigen innerstaatlichen Regelungen (einschließlich der Strafbestimmungen) seien unanwendbar, weshalb Sanktionen gegen Anbieter bis zur unionsrechtskonformen Vergabe aller Glücksspiellizenzen unzulässig wären.
1.5. Es würde daher beantragt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, die in Beschwerde gezogene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und den Kostenersatz zuzuerkennen.
2. Am 05.06.2013 übermittelte die Bezirkshauptmannschaft Gmunden den auf der Grundlage der am 06.05.2013 verfügten Betriebsschließung basierenden Bescheid vom 07.05.2013, mit dem gemäß § 56a GSpG gegenüber der X GmbH, vertreten durch Herrn X, geb. X, X, X, die gesamte Schließung des „X“ im Standort X, X, mit Wirkung 07.05.2013, 15.00 Uhr, verfügt wurde.
Begründend wurde darin im Wesentlichen (wiederum straff zusammengefasst) Folgendes dargelegt:
2.1. Am 22.06 und 07.08.2012 seien von Organen der Finanzverwaltung Kontrollen des gegenständlichen Lokals der X GmbH (handelsrechtlicher Geschäftsführer: Herr X) durchgeführt worden, bei denen mehrere Glücksspielapparate betriebsbereit und teilweise von Gästen bespielt vorgefunden worden wären. Zum Teil sei die Internetverbindung getrennt, teilweise sei die Mitwirkung ganz allgemein verweigert worden, bzw. habe der Betreiber auf der Grundlage des Hausrechts die Tätigkeit der Organe zu unterbinden versucht. Am 07.08. seien schließlich insgesamt 8 Glücksspielapparate vorläufig beschlagnahmt worden (rechtskräftiger Beschlagnahmebescheid der BH Gmunden vom 14.01.2013).
Mit Schreiben vom 23.04.2013 sei Herr X als handelsrechtlicher Geschäftsführer der X GmbH und somit Lokalbetreiber gesondert und nachweislich auf die Möglichkeit einer Betriebsschließung bei fortgesetzten Verstößen gegen das GSpG hingewiesen worden.
Anlässlich einer weiteren Kontrolle am 25.04.2013 seien wiederum 9 betriebsbereite Glücksspielgeräte vorgefunden worden. Kurz nach Beginn der Kontrolle sei erneut die Internetverbindung getrennt worden.
Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 26.04.2013 sei eine teilweise Schließung des Betriebes, und zwar jenes Bereiches, in dem die Spielautomaten aufgestellt gewesen seien, erlassen worden. Auf die Möglichkeit einer Gesamtschließung bei weiterhin fortgesetzten mutmaßlichen Verstößen gegen das GSpG habe die Behörde wiederum ausdrücklich hingewiesen.
Am 06.05.2013 seien anlässlich einer neuerlichen Kontrolle in einem weiteren Raum 7 Glücksspielapparate festgestellt worden, die bei Eintreffen der Organe der Finanzverwaltung sowie der Bezirksverwaltungsbehörde von 4 Gästen auch bespielt worden wären. Dies sei fotografisch eindeutig festgehalten worden. Auch anlässlich dieser Kontrolle sei die Internetverbindung unterbrochen worden.
2.3. Im Hauptraum des Lokals seien weiters 6 Pokertische aufgestellt. Dieser Bereich sei vom Lokalbetreiber als Hauptmieter an die Bf als Untermieterin in Bestand gegeben worden. Bereits bei der Kontrolle am 25.04.2013 hätte an den Tischen reger Spielbetrieb festgestellt werden können. Für die Finanzpolizei habe sich der dringende Verdacht der Durchführung illegaler Glücksspiele ergeben. Die Tische seien daher vorläufig beschlagnahmt worden.
2.4. Im Zusammenhang mit der Betriebsschließung führt die Bezirksverwaltungsbehörde im obzitierten Bescheid über die gesamte Betriebsschließung wörtlich aus wie folgt:
Die in der Berufung ausladend vorgebrachten unionsrechtlichen Bedenken gegen die österreichische Rechtslage nach dem Glücksspielgesetz greifen nicht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits in seinem Erkenntnis vom 28. Juni 2011, Zl.2011/17/0068, mit der Judikatur des EuGH (insbesondre Urteil v 8.09.2010, Rs C-316/07 ua, Rechtssachen Placanica und Stoß, und Urteil v 9.09.2010, Rs C‑64/08, Rechtssache Engelmann) zum Art. 43 und 49 EGV (nunmehr Art. 49 und 56 AEUV) und weiter im darauffolgenden Erkenntnis vom 20.07.2011, Zl. 2011/17/0097, damit befasst. Dabei hat er ausgesprochen, dass aus der jüngeren Judikatur des EuGH nicht abgeleitet werden könne, dass das Gemeinschaftsrecht (Unionsrecht) der Anwendung jeglicher nationaler Vorschrift auf dem Gebiet des Glücksspielwesens entgegenstünde, sobald nur eine Regelung auf diesem Gebiet nicht unionsrechtskonform ist. Die Verpflichtung zur Nichtanwendung nationaler Rechtsvorschriften bestehe nach der Rechtsprechung des EuGH nur für solche Rechtsvorschriften, die im Widerspruch zu Unionsrecht stehen. So könne eine nationale Vorschrift, die das Erfordernis einer bestimmten Rechtsform (Aktiengesellschaft) für die Verleihung einer Konzession auf dem Gebiet des Glücksspielwesens normiere, für sich nicht unionsrechtlich bedenklich sein. Eine aus der Rechtsprechung des EuGH ableitbare Unanwendbarkeit von Sanktionen gegenüber Personen, denen unionsrechtswidriger Weise die Erlangung einer Konzession verwehrt worden wäre, greife etwa gegenüber einem Rechtsträger in Form einer GmbH nicht. Dies sei auch auf die Rechtsform der Limited zu übertragen.
Entsprechend der vom EuGH in der Rechtssache Engelmann (Urteil v 9.09.2010, Rs C-64/08) mit Rücksicht auf das Transparenzgebot geforderten Ausschreibung wurde die österreichische Rechtslage der §§ 14 und 21 GSpG zur Konzessionsvergabe bekanntlich inzwischen geändert (BGBl I Nr. 111/2010) und eine öffentlich Interessentensuche vorgesehen, wobei sich auch Wirtschaftsteilnehmer mit Sitz im Hoheitsgebiet von anderen Mitgliedsstaaten bewerben können.
Auch aus der Rechtssache Dickinger und Ömer (Urteil v 15.09.2011, Rs C 347/09) lässt sich die in der Berufung behauptete Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols und die Unanwendbarkeit von glücksspielrechtlichen Bestimmungen nicht ableiten. Der EuGH hat in dieser Entscheidung zur österreichischen Rechtslage festgehalten, dass ein Mitgliedstaat, der bestrebt ist, ein besonderes Schutzniveau für Verbraucher im Glücksspielsektor zu gewährleisten, Grund zu der Annahme haben kann, dass ihm nur die Errichtung eines Monopols zugunsten einer einzigen Einrichtung, die von den Behörden genau überwacht wird, erlaubt, die Kriminalität in diesem Sektor zu beherrschen und hinreichend wirksam zu verfolgen. In diesem Zusammenhang können auch gewisse verhältnismäßige Beschränkungen des Monopolinhabers erforderlich sein: Etwa kann das Erfordernis einer bestimmten Rechtsform der Glücksspielanbieter durch das Ziel der Geldwäsche- und Betrugsvorbeugung gerechtfertigt sein; ebenso kann sich das Erfordernis, über ein Gesellschaftskapital in einer bestimmten Höhe zu verfügen, als nützlich erweisen, um eine gewisse Finanzkraft des Anbieters zu gewährleisten und sicherzustellen, dass er in der Lage ist, die Verpflichtungen zu erfüllen, die er gegenüber Gewinnern haben könnte. Das Unionsrecht sei auch derart auszulegen, dass – um mit den Zielen der Kriminalitätsbekämpfung und der Verringerung der Spielgelegenheiten im Einklang zu stehen – eine nationale Regelung nur den Einsatz maßvoller Werbung zulassen darf.
Der Umstand, dass ein Mitgliedstaat ein anderes Schutzsystem als ein anderer Mitgliedstaat gewählt hat, könne keinen Einfluss auf die Beurteilung der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit der einschlägigen Bestimmungen haben.
Im zitierten Urteil des EuGH in der Rechtssache Dickinger und Ömer hält der Gerichtshof fest, dass es den Mitgliedstaaten grundsätzlich frei steht, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele – im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung – festzulegen. Es steht durchaus im Einklang mit den unionsrechtlichen Vorgaben, wenn der österreichische Gesetzgeber davon ausgeht, dass das Glücksspielmonopol vorrangig ordnungspolitischen Zielen (wie Verbraucherschutz iSv Spielerschutz sowie soziale Sicherheit der Familien und Kinder, Jugendschutz, Vorbeugung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, Kriminalitätsabwehr, Wettbewerbsfairness – vgl. eingehend RV 657 BlgNR 14. GP) dient (vgl. die Erl der RV 1067 und AB 1139 BlgNR 17. GP; weiters Strejcek/Bresich, Glücksspielgesetz-Kommentar [2009], 24 und Rz 9 ff zu § 3 GSpG).
Eine entsprechende Aufsicht über die Ausübung der Konzessionen durch den Bundesminister für Finanzen ist ausdrücklich im § 31 GSpG vorgesehen. Durch das Erfordernis eines gewissen Stamm- und Grundkapitals für die Erteilung einer Konzession (nach § 14 Abs.2 und nach § 21 Abs.2 GSpG) will der Gesetzgeber sicherstellen, dass "das verlangte eingezahlte Eigenkapital dem konzessionierten Spielbetrieb bei Konzessionsantritt als Haftungsstock auch unbelastet zur Verfügung steht" (RV 981 BlgNR 14. GP zu § 14 und zu § 21 GSpG). Weiters wird im § 56 Abs.1 GSpG normiert, dass bei Werbeauftritten ein "verantwortungsvoller Maßstab" zu wahren ist, was im Aufsichtswege überwacht wird.
Nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats hat die Berufung keine hinreichend schlüssige Argumentation vorgebracht, warum die geltende Regelung nicht im Sinne der Judikatur des EuGH verhältnismäßig sein soll. Deshalb sind beim erkennenden Mitglied des Oö. Verwaltungssenats auch keine Bedenken wegen der behaupteten Unionsrechtswidrigkeit aufgekommen. Von der schlechthin behaupteten Unanwendbarkeit von glücksspielrechtlichen Bestimmungen kann – insbesondere auch im Lichte der dargestellten höchstgerichtlichen Judikatur (vgl. u.a. VwGH 21.12.2012, 2010/17/0221) – überhaupt keine Rede sein.
„(1) Besteht der begründete Verdacht, dass im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit Glücksspiele entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes veranstaltet oder durchgeführt werden, und ist mit Grund anzunehmen, dass eine Gefahr der Fortsetzung besteht, so kann die Behörde ohne vorausgegangenes Verfahren, aber nicht ohne vorher zur Einstellung der entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes veranstalteten oder durchgeführten Glücksspiele aufgefordert zu haben, an Ort und Stelle die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes verfügen. Von einer Betriebsschließung ist Abstand zu nehmen, wenn eine weitere Gefährdung der Interessen des Glücksspielmonopols durch andere geeignete Vorkehrungen, wie die Stilllegung von Einrichtungen, Beschlagnahmen oder sonstige Maßnahmen, mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann.
(2) Bei der Erlassung einer Verfügung nach Abs. 1 sind bestehende Rechte soweit zu schonen, als dies ohne Gefährdung der Ziele dieses Bundesgesetzes möglich ist. Eine Verfügung nach Abs. 1 ist unverzüglich aufzuheben, wenn feststeht, dass der Grund für ihre Erlassung nicht mehr besteht.
(3) Über eine Verfügung nach Abs. 1 ist binnen drei Tagen ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die Verfügung als aufgehoben gilt. Ein Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn eine Zustellung an den Verfügungsberechtigten an dessen Unternehmenssitz oder an der Betriebsstätte nicht möglich ist. Die Zustellung des Bescheides kann in einem solchen Fall durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen.
(4) In einem Bescheid nach Abs. 3 können auch andere nach Abs. 1 zulässige Maßnahmen angeordnet werden.
(5) Ordentlichen Rechtsmitteln gegen Bescheide über Verfügungen nach Abs. 1 kommt keine aufschiebende Wirkung zu.
(6) Die Bescheide gemäß Abs. 3 treten, wenn sie nicht kürzer befristet sind, mit Ablauf eines Jahres außer Wirksamkeit. Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der von den einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen betroffenen Anlagen, Anlagenteile oder Gegenstände wird die Wirksamkeit dieser Bescheide nicht berührt.
(7) Liegen die Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides gemäß Abs. 3 nicht mehr vor und ist zu erwarten, dass in Hinkunft jene glücksspielrechtlichen Vorschriften, deren Nichteinhaltung für die Maßnahmen nach Abs. 3 bestimmend war, von der Person eingehalten werden, die die betriebliche Tätigkeit ausüben oder die Betriebsanlage betreiben will, so hat die Behörde auf Antrag dieser Person die mit Bescheid gemäß Abs. 3 getroffenen Maßnahmen ehestens zu widerrufen.“
Eine Maßnahme der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt verliert aber ihre Eigenschaft als eigenständig bekämpfbarer Verwaltungsakt, wenn die Maßnahme von der Verwaltungsbehörde mit Bescheid bestätigt wird. In diesem Falle ist ein Maßnahmebeschwerdeverfahren gemäß § 67c AVG einzustellen, wenn über die Beschlagnahme nach Erhebung der Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat bescheidmäßig entschieden wurde (vgl. zur Maßnahmenbeschwerde an den Verfassungsgerichtshof nach der Rechtslage vor der B-VG-Novelle 1988, BGBl. Nr. 685, VfSlg. 12.211/1989, sowie zur nunmehrigen Rechtslage nach Art. 129a Abs. 1 Z 2 B-VG und § 67a und 67c AVG das hg. Erkenntnis vom 20. März 2008, Zl. 2008/02/0273, mit Hinweis auf Hengstschläger/Leeb, Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrens-gesetz, 3. Teilband, 1030, Rz 68 zu § 67a AVG, und das hg. Erkenntnis vom 23. November 2000, Zl. 99/07/0169). Ein Kostenzuspruch nach § 79a AVG hat in diesem Falle zu unterbleiben (VwGH vom 10.08.2010, 2010/17/0091).
Der Rechtsbehelf der Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt und Zwangsgewalt dient dem Zweck, eine Lücke im Rechtsschutzsystem zu schließen, es sollten mit dieser Beschwerde aber nicht Zweigleisigkeiten für die Verfolgung ein und desselben Rechtes geschaffen werden. Was in einem Verwaltungsverfahren ausgetragen werden kann, kann daher nicht Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerdesein, wobei die Zulässigkeit dieser Beschwerde insbesondere auch nicht von der (allenfalls längeren) Dauer des sonst zur Rechtsdurchsetzung zur Verfügung stehenden Verwaltungsverfahrens abhängt (VwGH vom 29.09.2009, 2008/18/0687).
Ab dem Zeitpunkt der Bescheidzustellung an die X GmbH stand der Bf also nur mehr der Antrag auf Bescheidzustellung bzw. die Einbringung einer Berufung offen.
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweise:
1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.
2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in der Höhe von (jeweils) 14,30 Euro (Eingabe- und Beilagengebühren) angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.
Mag. Markus Kitzberger