Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167592/6/Zo/TR/AK

Linz, 04.07.2013

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Gottfried ZÖBL über die Berufung der x, vertreten durch x Rechtsanwälte, x x, x x, x, vom 23.1.2013, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmanns von Ried im Innkreis vom 2.1.2013, VerkR96-10036-2012, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 13.6.2013, zu Recht erkannt:

 

I.            Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II.         Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag von 12 Euro zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs 4 AVG iVm § 51 Abs 1, § 51 e und § 19 VStG sowie § 52 lit a Z 10a StVO.

zu II: § 64 Abs 2 VStG.


Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die BH Ried im Innkreis hat der Berufungswerberin im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass sie am 13.8.2012 um 12:07 Uhr den PKW mit dem amtlichen Kennzeichen x (x) auf der B x bei Straßenkilometer 8.416, Gemeinde x bei x, Fahrtrichtung x, gelenkt habe und die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 14 km/h (unter Abzug der in Betracht kommenden Messtoleranz) überschritten habe. Dadurch habe sie § 52 lit a Z 10a Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO verletzt, weshalb über sie gem § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe von 60 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Stunden) verhängt werde.

Weiters werde sie zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in der Höhe von 6 Euro verpflichtet (je ein Tag Freiheitsstrafe werde gleich 15 Euro angerechnet).

 

Rechtlich begründete die belangte Behörde die Entscheidung wie folgt:

 

Nach ständiger Judikatur des VwGH und der UVS in Österreich stelle auch die mittels Heckaufnahme vorgenommene Messung mit einem Radar ein taugliches Beweismittel dar. Da angesichts des Tatortes österreichisches Recht anzuwenden sei, sei ein Frontfoto für die Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens nicht erforderlich; auf dem vorliegenden Radarfoto sei das Fahrzeug mit dem Kennzeichen x (x) deutlich ersichtlich.

Nach stRsp des VwGH habe eine Auskunft so zu erfolgen, dass der verantwortliche Lenker eines Fahrzeuges jederzeit ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen seitens der Behörde festgestellt werden könne. Sie dürfe weder widersprüchlich noch unklar sein. Da die Berufungswerberin keine eindeutige Auskunft erteilt habe, werde im Zuge der freien Beweiswürdigung gem § 45 Abs 2 AVG angenommen, dass sie das ihr überlassene Fahrzeug zur Tatzeit selbst gelenkt habe. Es entspreche weiters der allgemeinen Erfahrung, dass Zulassungsbesitzer ihr Fahrzeug idR selbst lenken. Die Berufungswerberin habe keine Beweisangebote geliefert, die diesen Schluss widerlegen. Abgesehen davon sei es, insb wenn nur zwei Lenker in Frage kommen, aller Erfahrung nach leicht möglich den Lenker zu benennen; dies insb bei Urlaubsfahrten.

Aufgrund der Anzeige des Landesverkehrsabteilung und des vorliegenden Radarfotos sehe die Behörde die angeführte Verwaltungsübertretung als erwiesen an.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führt die Berufungswerberin zusammengefasst aus, dass weder sie noch ihr Ehemann für jeden Tag und für jede Stunde Buch darüber führen würden, wer wann mit dem Fahrzeug gefahren sei, zumal man es nicht bemerke, wenn man „geblitzt“ werde. Sowohl sie selbst als auch ihr Ehemann seien Fahrzeugnutzer. Die zulassungstechnische Bezeichnung eines Halters bedeute nicht, dass hiermit  nichttäterbezogen Bestrafungen akzeptiert würden. Dies werde sicherlich im österreichischen Rechtssystem anders geregelt, da sonst nicht Fahrzeughecks fotografiert würden.

Es sei zwar bedauerlich, dass die Geschwindigkeit übertreten worden sei, allerdings würde sie, wie ihr Ehemann sich strafbar machen, wenn sie eine unrichtige Auskunft erteilen würden, nämlich dass der eine oder der andere gefahren sei, selbst wenn dies nicht mehr nachvollziehbar sei.

Ein logischer Schluss, dass im Sinn einer Beweiswürdigung der Zulassungsbesitzer auch der Fahrer sei und man sich gerade auf einer Urlaubsfahrt merken könne, wer das Fahrzeug gelenkt habe, sei mit keinem Lebenssachverhalt in Einklang zu bringen, zumal dieses Ereignis bei erstmaliger Erkenntnis bereits fast zwei Monate her sei. Weder die Berufungswerberin noch ihr Ehemann könnten nicht einmal das Datum verifizieren, zu welchem sie in der Gemeinde x das Fahrzeug gefahren haben.

Sie könne nicht verstehen, wie auch österreichische rechtsstaatliche Prinzipien „in dubio pro reo“ außer Acht gelassen werden haben können.

Abschließend werde noch einmal darauf hingewiesen, dass eine Unterlassung der Benennung eines Fahrers nicht erfolgt sei, sondern vielmehr wahrheitsgemäß mitgeteilt worden sei, dass sie und ihr Ehemann sich mit dem Fahren während des Urlaubsaufenthaltes abgewechselt haben und folglich hier das Bezichtigen der einen oder anderen Person auch aus rechtsstaatlichen Gründen nicht in Betracht komme. Würde die Berufungswerberin einräumen gefahren zu sein, würde dies im Zweifel nicht zutreffen, sodass sie sich nach österreichischem Recht wegen einer solchen Aussage bereits strafbar mache.

 

3. Der BH von Ried im Innkreis hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat Oberösterreich, UVS zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt  sich daher die Zuständigkeit des UVS, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der UVS hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 13.6.2013, an welcher der Vertreter der Berufungswerberin Mag. x teilnahm. Die belangte Behörde bzw ein Vertreter von dieser war entschuldigt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentlicher Sachverhalt:

Aufgrund einer Anzeige der Landesverkehrsabteilung vom 12.10.2012 wurde in weiterer Folge von der BH Ried im Innkreis am 27.9.2012 eine Strafverfügung erlassen, in welcher der Berufungswerberin vorgeworfen wurde, mit dem oben bezeichneten PKW zur genannten Tatzeit und am genannten Tatort die in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 14 km/h (unter Abzug der in Betracht kommenden Messtoleranz) überschritten zu haben. Die Messung erfolgte mit einem stationären Radargerät der Marke MUVR 6FA mit der Nummer 1075. Dieses Messgerät war zum Messzeitpunkt gültig geeicht. Auf dem Radarfoto ist die Lenkerin bzw ihr Fahrzeug von hinten zu sehen. Die Berufungswerberin ist Zulassungsbesitzerin des gegenständlichen Fahrzeuges.

Dagegen erhob die Berufungswerberin fristgerecht Einspruch. Mit Schreiben vom 23.11.2012 wurde die Berufungswerberin von der BH Ried im Innkreis aufgefordert, den Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen x (x) am 13.8.2012 um 12:07 bekannt zu geben. Dabei wurde sie darauf hingewiesen, dass eine ungenaue oder unvollständige Auskunft als Verwaltungsübertretung strafbar sei. Dazu gab die Berufungswerberin bekannt, dass es ihr nicht mehr erinnerlich sei, wer zu diesem Zeitpunkt das Fahrzeug gelenkt habe.

Die Berufungswerberin wurde vom UVS zu einer mündlichen Berufungsverhandlung geladen, zu welcher sie nicht persönlich erschienen ist. Ihr Rechtsvertreter wiederholte darin nochmals, dass die Bestimmung des § 103 Abs 2 KFG problematisch sei. Die Berufungswerberin wisse nach wie vor nicht, ob sie oder ihr Gatte gefahren sei. Die Geschwindigkeitsübertretung als solche sei zwar als richtig anerkannt worden, doch komme es immer wieder in Einzelfällen zu Fehlern.

Abschließend wird nochmal darauf hingewiesen, dass das Verfahren keine konkreten Hinweise darauf ergeben habe, dass tatsächlich die Berufungswerberin das Fahrzeug gelenkt habe. Bloß aus dem Umstand, dass sie Zulassungsbesitzerin sei, dürfe das nicht geschlossen werden. Es werde auf die Problematik mit Art 6 EMRK („fair trial“) hingewiesen und beantragt der Berufung stattzugeben.

 

4.2. Zu dieser Darstellung wird in freier Beweiswürdigung folgendes festgehalten:

Die Berufungswerberin ist Zulassungsbesitzerin des gegenständlichen KFZ, weshalb es durchaus wahrscheinlich ist, dass sie mit diesem selbst gefahren ist. Sie hat im Verfahren mehrmals die Möglichkeit gehabt, ihre Lenkereigenschaft nachvollziehbar zu widerlegen, wenn sie selbst nicht die Lenkerin gewesen wäre. Sie hätte dazu lediglich den tatsächlichen Lenker bekannt geben müssen, was der Behörde die Möglichkeit eröffnet hätte, diese Angaben zu prüfen. Die Berufungswerberin hat sich jedoch im gesamten Verfahren darauf berufen, sich nicht mehr daran erinnern zu können, ob sie selbst oder ihr Ehegatte das besagte KFZ gelenkt habe. Auch im Zuge der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnten vom Vertreter der Berufungswerberin keine weiteren Beweise hervorgebracht werden und wurden auch keine weiteren Beweisanträge gestellt. Aufgrund dieser Tatsachen, insb des Umstandes, dass der Zulassungsbesitzer eines KFZ idR selbst sein Fahrzeug lenkt und die Berufungswerberin im gesamten Verfahren keine Fakten ins Treffen geführt hat, welche diesen Schluss widerlegen, obwohl sie dazu mehrfach Gelegenheit hatte, besteht nach Ansicht des UVS kein Zweifel daran, dass die Berufungswerberin das Fahrzeug selbst gelenkt hat. Darüber hinaus hat die Berufungswerberin auch an der mündlichen Berufungsverhandlung nicht teilgenommen, weshalb es nicht möglich war, einen persönlichen Eindruck von ihrer Glaubwürdigkeit zu bekommen.  

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Das Verkehrszeichen gem § 52 Z 10 lit a StVO „Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)“ zeigt an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl in Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

5.2. Die gegenständliche Geschwindigkeitsmessung erfolgte mit einem geeichten Radargerät. Es bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit der Messung. Wie in der Beweiswürdigung in Punkt 4.2. ausgeführt, ist es als erwiesen anzusehen, dass die Berufungswerberin das Fahrzeug selbst gelenkt und daher die Verwaltungsübertretung begangen hat. Die Berufungswerberin hat folglich die erlaubte Geschwindigkeit von 70 km/h um 14 km/h überschritten und folglich die ihr vorgeworfene Übertretung zu verantworten.

Nach Ansicht des UVS verstößt die Entscheidung auch nicht gegen Art 6 EMRK, da die Berufungswerberin im gesamten Verfahren ausreichend Gelegenheit geboten wurde, einen anderen Fahrzeuglenker bekannt zu geben bzw glaubhaft zu machen. Die Berufungswerberin hat im Verfahren jedoch nur stets betont, dass sie sich nicht mehr erinnern könne, wer zur besagten Zeit und am besagten Ort das gegenständliche KFZ gelenkt habe. Die Schlussfolgerungen des UVS OÖ entsprechen auch der Rechtsansicht des VfGH zur gegenständlichen Frage (VfSlg 19.491/2011).

Im gesamten Verfahren sind keine Umstände hervorgetreten, welche ihr Verschulden ausschließen würden. Infolge dessen ist gem § 5 Abs 1 VStG von einer fahrlässigen Begehung der Tat auszugehen.

 

5.3. Gem § 19 Abs 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gem. § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gem § 99 Abs 3 lit a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist.

 

Die verhängte Geldstrafe schöpft den Strafrahmen nur zu ca 8 % aus und ist daher im unteren Bereich dessen angesiedelt. Angesichts der Tatsache, dass Geschwindigkeitsübertretungen zu den gravierendsten Verstößen gegen die StVO zählen und eine der häufigsten Unfallursachen sind, ist es sowohl aus spezialpräventiven als auch aus generalpräventiven Erwägungen erforderlich die verhängte Geldstrafe aufrechtzuerhalten, um zum einen die Berufungswerberin und zum anderen auch die anderen Verkehrsteilnehmer davon abzuhalten gegen solche Bestimmungen zu verstoßen. 

Als strafmildernd kann lediglich die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit im Bezirk Ried im Innkreis gewertet werden; sonstige Strafmilderungs- wie Erschwerungsgründe lagen nicht vor. Die verhängte Geldstrafe entspricht auch den persönlichen Verhältnissen der Berufungswerberin, welche mangels Angaben mit einem Einkommen von 1.300 Euro behördlich geschätzt wurden. 

Gesamt betrachtet ist die verhängte Geldstrafe damit jedenfalls dem Unrechts- und Schuldgehalt als entsprechend und angemessen zu werten.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Gottfried ZÖBL

 

 

 

 

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