Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253359/16/Kü/HK

Linz, 04.07.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn Ing. G S, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. K E, D, L vom 19. Dezember 2012 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 05. Dezember 2012, SV96-424-2010, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. Mai 2013             zu Recht erkannt:

 

 

I.              Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid  bestätigt.

 

II.            Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 292 Euro zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 64 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 05. Dezember 2012, SV96-424-2010, wurden über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 33  iVm § 111  Abs.1 Z 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) zwei Geldstrafen von jeweils 730 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit jeweils Ersatzfreiheitsstrafen von 49 Stunden verhängt.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als Außenvertretungsbefugter der S B GmbH, mit Sitz in S, W, gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass diese Firma als Dienstgeber

1. Herrn S K, geb. X, und

2. Herrn M M, geb. X,  

jeweils als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt (ca. 1.600 Euro im Monat) als Arbeiter im Ausmaß von ca. 40 Stunden pro Woche zumindest seit 1.9.2010 bis 13.10.2010 beschäftigt hat, ohne vor Arbeitsantritt (1.9.2010; 7:00Uhr) eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der Oö. Gebietskrankenkasse mit Sitz in 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger zu erstatten. Dieser Sachverhalt wurde von Organen des Finanzamtes Linz bei einer Kontrolle am 13.10.2010 um 10:20 Uhr auf der Baustelle Wohnanlage K in L, indem oa. Personen beim Aufkleben von Wärmeschutz betreten wurden, festgestellt. Die Dienstnehmer waren nicht von der Vollversicherung im Sinne: des § 5 ASVG ausgenommen. Sie haben somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs. 1 ASVG verstoßen

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter des Bw eingebrachte Berufung in der beantragt wird das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Begründend wurde vorgebracht, dass sich die Behörde erster Instanz im vorliegenden Straferkenntnis offenbar in keiner Weise mit der seinerseits vorgetragenen Verantwortung/Rechtfertigung auseinandergesetzt habe. Vielmehr  seien seine Ausführungen als Schutzbehauptung abgetan worden, ohne dies näher zu begründen. In Wahrheit bediene sich die Behörde diesbezüglich Scheinbegründungen und Stehsätzen, ohne eben kritisch auf seine Verantwortung einzugehen.

 

Tatsache sei, dass lediglich mit der bereits in der Rechtfertigung genannten Firma I ein Vertragsverhältnis bestehe, nicht aber mit den Herrn M und K. Es mangle daher bereits an der Dienstnehmereigenschaft im Sinne des § 4 Abs.2 ASVG. Zu den genannten Herren würde weder ein Verhältnis der persönlichen und/oder wirtschaftlichen Abhängigkeit gegen Entgelt bestehen, ebenso wenig würden bei deren Tätigkeiten die Merkmale persönlicher und/oder wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Des Weiteren mangle es ihm bzw. seinem Unternehmen aber auch an der Dienstgebereigenschaft gemäß § 35 Abs.1 ASVG.

 

Des Weiteren sei neuerlich darauf hingewiesen, dass er (als Einzelperson) gegenständlich nicht als Außenvertretungsbefugter der S B GmbH anzusehen gewesen sei, da im besagten Zeitraum über deren Vermögen zu X des Landesgerichts Steyr das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei. In Entsprechung der gesetzlichen Bestimmungen sei er daher für die S B GmbH gar nicht vertretungsbefugt gewesen.

 

Des Weiteren sei schlichtweg unrichtig, dass zwischenzeitig auch die OÖ. Gebietskrankenkasse nach Prüfung des Sachverhalts bei beiden Personen eine Dienstnehmereigenschaft festgestellt habe. Keiner der Bescheide der OÖ. Gebietskrankenkassa sei in Rechtskraft erwachsen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land  hat die Berufung mit Schreiben vom 20. Dezember 2012, eingelangt am 10. Jänner 2013, vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. Mai 2013 an welcher der Rechtsvertreter des Bw teilgenommen hat sowie Herr S K und M M als Zeugen einvernommen wurden.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Im Jahr 2010 war der Bw handelsrechtlicher Geschäftsführer der S B GmbH mit dem Sitz in W, S. Mit Beschluss des Landesgerichtes Steyr vom 29.11.2010 zu X wurde über die S B GmbH das Sanierungsverfahren eröffnet.

 

In der Zeit von 23.03.2010 bis 21.06.2010 waren die mazedonischen Staatsbürger M M und S K als Arbeiter bei der S B GmbH beschäftigt und zur Sozialversicherung gemeldet. Beide Arbeiter haben am 21. Juni 2010 das Arbeitsverhältnis zur S B GmbH selbst aufgelöst, da zu dieser Zeit die Firma finanzielle Probleme hatte und diese nicht in der Lage war die Löhne der Arbeiter zu bezahlen.

 

Im August des Jahres 2010 haben Herr M und Herr K mit dem Bw darüber gesprochen, ob die S B GmbH wieder mehr Arbeitsaufträge hat und beide wieder für die Firma arbeiten könnten. Der Bw hat den beiden gegenüber geäußert, dass wieder mehr Aufträge vorhanden sind, die beiden aber nur dann Arbeiten übernehmen könnten, wenn sie selbständig sind. Da die beiden keine Erfahrung mit der Beantragung von Gewerbescheinen hatten, hat der Bw sie mit seiner Steuerbereiterin in Kontakt gebracht. Die Steuerberaterin hat die beiden bei der Beantragung von Gewerbescheinen für das Gewerbe Abdichter gegen Feuchtigkeit und Druckwasser unterstützt. Mit Wirkung vom 14.9.2010 waren die beiden in Besitz von entsprechenden Gewerbescheinen.

 

Ende September Anfang Oktober 2010 wurden die beiden mazedonischen Staatsangehörigen vom Bw mit der Durchführung von Vollwärmeschutzarbeiten auf einer Baustelle in O beauftragt. Nach der Baustelle in O haben die beiden Mazedonier auf einer Baustelle in L K ebenfalls Vollwärmeschutzfassaden angebracht. Die beiden Mazedonier haben die Baustellen immer zusammen mit einem Landsmann bearbeitet. Eigenes Personal der S B GmbH hat nicht mitgearbeitet. Die Arbeitseinteilung wurde vom Bw vorgenommen. Er hat auch die Bauleitung übernommen. Die beiden Mazedonier sind mit eigenen Fahrzeugen zur Baustelle gefahren und hatten eigenes Werkzeug zur Verfügung. Die Materialien für die Vollwärmeschutzfassade stammten vom Bw. Im Fall von Änderungen in der Arbeitseinteilung hatten sich die Mazedonier nicht beim Bw zu melden, sondern haben sich diese Abwesenheiten mit den Kollegen ausgemacht. Die Arbeiten der Mazedonier wurden vom Bw persönlich kontrolliert. Die beiden Mazedonier haben in dieser Zeit für keine anderen Firmen gearbeitet.

 

Die Arbeiten der beiden Mazedonier waren so organisiert, dass sie mit der Firma I T snc., das war die Firma des dritten Mazedoniers namens T, der zusammen mit M und K gearbeitet hat, einen Werkvertrag für die jeweiligen Gewerke abgeschlossen haben. Auch die Abrechnung sollte in der Weise erfolgen, dass Herr M und Herr K der Firma I T snc. Rechnungen legen sollten und keine Rechnungen direkt an die S B GmbH gestellt werden sollen. Hinsichtlich der abzurechnenden Beträge hat der Bw eine Preisliste erstellt. Zu einer tatsächlichen Abrechnung von Baustellen zwischen den Mazedoniern und dem Bw ist es aber nicht gekommen, weil über das Unternehmen des Bw im November 2010 das Sanierungsverfahren eingeleitet wurde.

 

Am 13. Oktober 2010 wurde bei der Baustelle L K von Organen der Finanzverwaltung eine Kontrolle durchgeführt. Bei dieser Kontrolle wurden Herr M und Herr K gemeinsam arbeitend angetroffen. Beide gaben übereinstimmend an für die S B GmbH seit  1. September als Isolierer zu arbeiten, 1.600 Euro netto im Monat zu bekommen und 40 Stunden pro Woche zu arbeiten.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den glaubwürdigen und übereinstimmenden Aussagen der beiden in der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen. Beide geben an, dass sie über Anraten des Bw einen Gewerbeschein beantragt haben, um nach Vorliegen des Gewerbescheins vom Bw wiederum mit der Anbringung von Vollwärmeschutzfassaden beauftragt werden zu können. Damit keine direkte Abrechnung zwischen den beiden Mazedoniern und der S B GmbH stattfinden sollte, wurde die Firma I T snc. zwischengeschaltet. Über diese Firma sollten nach Anweisung des Bw die beiden Mazedonier ihre Arbeitsleistungen abrechnen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1.     Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.     Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.     Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.     gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß § 111 Abs.2 ASVG ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 von der Bezirks-verwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

-      mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-      bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungs­strafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 33 Abs.1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Nach § 35 Abs.1 ASVG gilt als Dienstgeber i.S. dieses Gesetzes u.a. derjenige, für dessen Rechnung jener Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 ASVG pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

Nach § 4 Abs.2 ASVG ist als Dienstnehmer anzusehen, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 539a Abs.1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

 

5.2. Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortlich Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Nach dem festgestellten Sachverhalt steht zweifelsfrei fest, dass der Bw im Zeitraum 1.9. – 13.10.2010 als handelsrechtlicher Geschäftsführer der S B GmbH das zur Vertretung nach außen berufene und somit iSd § 9 VStG verantwortliche Organ gewesen ist. Das Sanierungsverfahren über die S B GmbH wurde erst am 29.11.2010 mit Beschluss des Landesgerichtes Steyr zu X eingeleitet, weshalb zum oben genannten Tatzeitraum, entgegen dem Vorbringen des Bw, keine Zweifel an seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung bestehen.

 

5.3. Die Kriterien, die für die Annahme (überwiegender) persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Einzelnen beachtlich sind, hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung ausführlich dargelegt. Die persönliche Abhängigkeit charakterisierte der Gerichtshof dabei als weitgehende Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten, die sich insbesondere in seiner Unterwerfung unter betriebliche Ordnungsvorschriften, seiner Verpflichtung zur Befolgung von Weisungen des Dienstgebers, der Überwachung der Arbeit durch den Dienstgeber und der disziplinären Verantwortlichkeit des Dienstnehmers äußere. Nach der jüngeren Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes sind bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung des Gesamtbildes seiner Beschäftigung für die persönliche Abhängigkeit des Beschäftigten vom Dienstgeber - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffes - allerdings nur die Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen rechtlicher Gestaltung der Beschäftigung. Die wirtschaftliche Abhängigkeit ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit. Das Fehlen eines an sich unterscheidungskräftigen Merkmales persönlicher Abhängigkeit lässt im Hinblick darauf, dass schon das Überwiegen genügt, keinen zwingenden Schluss darauf zu, dass die zu beurteilende Tätigkeit nicht der Versicherungspflicht unterliegt; es kommt vielmehr darauf an, ob unter Berücksichtigung aller im Einzelfall gegebenen Umstände die Bestimmungs­freiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet ist (vgl. VwGH vom 10.6.2009, Zl. 2007/08/0142, mwN).

 

Unbestritten ist, dass die beiden im Spruch des Straferkenntnisses genannten Arbeiter von Ende März bis Ende Juni 2010 beim Bw als Dienstnehmer beschäftigt gewesen sind und zur Sozialversicherung gemeldet waren. Wegen nicht rechtzeitiger Auszahlung der Löhne verbunden mit der finanziellen Situation der Firma des Bw haben beide Arbeiter ihre Dienstverhältnisse gekündigt. Eine neuerliche Kontaktaufnahme der beiden Arbeiter mit dem Bw im August 2010 ergab, dass die Firma des Bw wieder über Aufträge zur Errichtung von Vollwärmeschutzfassaden verfügte, die unter Umständen von den beiden Arbeitern ausgeführt werden könnten. Der Bw gab den beiden Arbeitern allerdings zu verstehen, dass sie nur als Selbstständige arbeiten könnten und vermittelte ihnen eine Person, die bei der Ausstellung von Gewerbescheinen behilflich gewesen ist. Nach Vorliegen der Gewerbescheine wurden die beiden Arbeiter vom Bw auf Baustellen in O und L mit der Errichtung von Vollwärmeschutzfassaden beauftragt. Um keine direkten Vertragsverhältnisse mit den beiden Arbeitern eingehen zu müssen, wurde am Papier die Firma I T snc. zwischengeschaltet. Zwischen der S B GmbH und der I T snc. wurde ein Werkvertrag über die Durchführung von Innenputz- und Außenputzarbeiten auf der Baustelle in L K abgeschlossen. Faktum ist allerdings, dass hinter der Firma I T snc. ebenfalls nur eine Person gestanden ist, die vom Bw mit der Durchführung von Fassadenarbeiten  beauftragt worden ist. Laut persönlichen Angaben von M und K hat sowohl auf der Baustelle in O als auf der Baustelle in L der Bw vor Ort alle drei Arbeiter - also auch Herrn T - angewiesen, welche Arbeiten durchzuführen sind. Sämtliches Material für die Durchführung der Fassadenarbeiten wurden von der Firma des Bw gestellt. Über das notwendige Werkzeug verfügten die Arbeiter selbst. Die Arbeiter waren vom Bw angewiesen mit der Firma I T snc. abzurechnen und keine direkten Rechnungen an die S B GmbH zu stellen. Im fraglichen Zeitraum waren die beiden Arbeiter nur im Auftrag der S B GmbH tätig. Insgesamt kann daher das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates auf Grund der konkreten Umstände der Auftragsabwicklung keine unternehmerische Tätigkeit der beiden im Spruch des Straferkenntnisses genannten Arbeiter feststellen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass zwar zur Verschleierung des wahren Sachverhaltes entsprechende vertragliche Regelungen abgeschlossen wurden, die Arbeiter aber organisatorisch in den Betriebsablauf der S B GmbH eingebunden waren, Vorgaben hinsichtlich Arbeitsort und arbeitsbezogenen Verhalten unterlegen sind und daher gleichsam wie eigene Arbeitskräfte zur Auftragsabwicklung verwendet wurden. Auch im Zuge der Kontrolle der Baustelle in L haben die beiden Arbeiter angegeben für die Firma des Bw tätig zu sein und 40 Stunden pro Woche für ein bestimmtes Nettoentgelt zu arbeiten.

 

An der rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes ändert auch der Umstand nichts, dass die beiden Arbeiter im Besitz von Gewerbeberechtigungen gewesen sind und Beiträge nach dem GSVG gezahlt haben, da der Sachverhalt nicht nach der äußeren Erscheinungsform zu beurteilen ist, sondern dem wahren wirtschaftlichen Gehalt zufolge die Arbeitsleistungen der beiden als unselbstständige Tätigkeit zu werten waren. Die Erbringung eines eigenständigen Werkes bei gemeinsamer Tätigkeit der Arbeiter im Zuge der Errichtung von Vollwärmeschutzfassaden kann jedenfalls nicht erkannt werden. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht daher aufgrund der dargestellten Überlegungen davon aus, dass die beiden Arbeiter in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit zur S B GmbH gestanden sind und von keiner selbstständigen Tätigkeit ausgegangen werden kann. Insgesamt war dem Bw somit die Erfüllung des objektiven Tatbestandes anzulasten, zumal nachweislich keine Meldungen der beiden Arbeiter beim Sozialversicherungsträger vor Arbeitsaufnahme erstattet worden sind.

 

5.4. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht.

 

Beide Arbeiter haben als gemeldete Dienstnehmer bereits von März bis Juni 2010 bei der S B GmbH Fassadenarbeiten durchgeführt. Aufgrund von finanziellen Problemen und dem Ausbleiben von entsprechenden Aufträgen hat der Bw von sich aus den beiden Arbeitern angeraten die Ausstellung von Gewerbescheinen zu beantragen, um sodann zwar nach außen hin als Selbstständige aufzutreten, im Grunde aber dieselben Arbeiten im Auftrag der S B GmbH auszuführen wie als gemeldete Dienstnehmer. Dabei sollte es de facto keine Änderung im Arbeitsablauf geben, nur die äußere Erscheinungsform sollte durch Gewerbescheine bzw. Werkverträge anders gestaltet werden. Diese Sachlage führt allerdings zum Schluss, dass der Bw in Kenntnis der Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes bewusst einen anderen Weg der Beschäftigung der beiden Arbeiter gewählt hat. Ein mangelndes Verschulden des Bw kann daher nicht erkannt werden, weshalb dem Bw die angelastete Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht vorwerfbar ist.

 

5.5. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs­strafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienver­hältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Vorliegend ist die Strafe nach dem ersten Strafsatz des § 111 Abs.2 ASVG zu bemessen, wonach die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 mit Geldstrafe von 730 Euro bis 2180 Euro zu bestrafen ist. Da im gegenständlichen Fall somit hinsichtlich der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung ohnehin die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe verhängt wurde, erübrigt sich ein Eingehen darauf, ob den Bestimmungen des § 19 VStG bei der Bemessung der Strafe durch die Erstbehörde entsprochen wurde oder nicht und erweisen sich begründende Ausführungen über das Strafausmaß als entbehrlich.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt wurde, hat der Bw gemäß § 64 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen zu leisten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

Beachte:


Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 26.05.2014, Zl.: 2013/08/0174-6


 

 

 

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