Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104117/19/Ki/Shn

Linz, 21.04.1997

VwSen-104117/19/Ki/Shn Linz, am 21. April 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über den Antrag des Ahmet Y, vom 7. April 1997 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht erkannt: Der Antrag wird als unbegründet abgewiesen. Rechtsgrundlage: § 71 Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) Entscheidungsgründe:

1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat mit Erkenntnis vom 18. März 1997, VwSen-, einer Berufung des nunmehrigen Antragstellers dahingehend Folge gegeben, daß die verhängte Geldstrafe auf 3.000 S bzw die Ersatzfreiheitsstrafe auf 3 Tage herabgesetzt wurde. Im übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Die Entscheidung wurde nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen. An dieser Berufungsverhandlung haben trotz ordnungsgemäßer Ladung weder der Berufungswerber noch sein Rechtsvertreter teilgenommen.

2. Nunmehr beantragt der Rechtsmittelwerber die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung, der Rechtsvertreter habe irrtümlich angenommen, daß es sich beim Verhandlungsort Andrichsfurt um einen entsprechenden Ort in Deutschland handle, sodaß es sich bei gegenständlicher Verhandlung um eine Beweisaufnahmetagsatzung handle, welche von der Kanzlei nicht besucht werde. Eine solche Verwechslung sei den Vertretern des Beschuldigten nunmehr erstmals unterlaufen und sei der Beschuldigte, mit welchem vereinbart war, daß der Verhandlungstermin lediglich durch seine Rechtsfreunde wahrgenommen werde, solcherart durch ein unvorhergesehenes unabwendbares Ereignis gehindert gewesen, an der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung vor dem O.ö. Verwaltungssenat teilzunehmen. 3. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde beim O.ö. Verwaltungssenat direkt eingebracht. Dieser hatte, da in dem zugrundeliegenden Verwaltungsstrafverfahren durch ein Einzelmitglied entschieden wurde, auch über den gegenständlichen Antrag durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Gemäß § 71 Abs.1 Z1 AVG (iVm § 24 VStG) ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Der Berufungswerber begründet seinen Antrag damit, daß es sich beim Irrtum seines Rechtsvertreters bezüglich des Verhandlungsortes Andrichsfurt bzw bezüglich Inhalt der verfahrensgegenständlichen Berufungsverhandlung um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Laut Rechtsprechung des VwGH ist der Begriff des minderen Grades des Versehens als leichte Fahrlässigkeit iSd § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf auch nicht auffallend sorglos gehandelt und die ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (vgl VwGH 94/18/0038 vom 10.2.1994 ua). Im gegenständlichen Fall wurden sowohl der Berufungswerber selbst als auch dessen Rechtsvertreter rechtzeitig zu der für den 13. März 1997 bei der Autobahngendarmerie Ried, 4754 Andrichsfurt, anberaumten Berufungsverhandlung geladen. In dieser Ladung ist ausdrücklich angeführt, daß es sich um eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in einem Verwaltungsstrafverfahren handelt und es wurde überdies konkretisiert, welche Angelegenheit verhandelt wird. Aufgrund dieser konkreten ausdrücklichen Angaben muß jedenfalls für einen rechtskundigen Parteienvertreter deutlich erkennbar sein, daß es sich nicht um eine bloße Beweisaufnahmetagsatzung handelt. Wenn der Rechtsvertreter, wie im vorliegenden Fall, dennoch irrtümlich annimmt, es handelt sich nicht um eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung sondern um eine Beweisaufnahmetagsatzung, so kann von einem minderen Grad des Versehens nicht mehr die Rede sein.

Darüber hinaus wurden in der verfahrensgegenständlichen Ladung auch der Verhandlungsort eindeutig bezeichnet. Es mag zwar zutreffen, daß der Rechtsvertreter des Berufungswerbers irrtümlich annahm, es handle sich beim Verhandlungsort Andrichsfurt um einen entsprechenden Ort in Deutschland, im konkreten Fall ist jedoch aus dem gesamten Verfahren in keiner Weise der Schluß abzuleiten, daß der Verhandlungsort Andrichsfurt in Deutschland gelegen sein könnte. Bei genauer Kenntnis der Verfahrensakte hätte demnach dem Rechtsvertreter des Berufungswerbers auch dieser Irrtum nicht passieren dürfen, weshalb auch hier kein Grad minderen Versehens angenommen werden kann.

Darüber hinaus ist in keiner Weise ersichtlich, warum eine österreichische Verwaltungsbehörde außerhalb des österreichischen Bundesgebietes eine Beweisaufnahmetagsatzung vornehmen sollte.

Zusammenfassend wird daher festgestellt, daß im vorliegenden Fall die Irrtümer des Rechtsvertreters keinen minderen Grad des Versehens darstellen. Nachdem das Verschulden des Vertreters einer Partei an der Fristversäumung bzw am Fernbleiben der Verhandlung dem Verschulden der Partei gleichzustellen ist (vgl VwGH 90/10/0062 vom 26.9.1990 ua), sind im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht erfüllt, weshalb der Antrag als unbegründet abzuweisen war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Mag. K i s c h

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