Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-600133/5/MZ/JO

Linz, 09.07.2013

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 2. Kammer (Vorsitzender: Mag. Josef Kofler, Berichter: Dr. Markus Zeinhofer, Beisitzer: Dr. Gustav Schön) über den Devolutionsantrag des X, geboren am X, vertreten durch X, betreffend ein Verfahren über die Entziehung der Lenkberechtigung zu Recht erkannt:

 

 

Der Devolutionsantrag wird als unbegründet abgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 73 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit (Mandats)Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Perg vom 21. Februar 2013, VerkR21-77-2013, wurde dem Antragsteller aufgrund eines Vorfalles im Bezirk Urfahr-Umgebung die Lenkberechtigung für die Klassen A, B und F entzogen sowie begleitende Maßnahmen angeordnet.

 

1.2. Mit Schriftsatz vom 5. März 2013 erhob der Antragsteller gegen den og Bescheid das Rechtsmittel der Vorstellung, welches am 6. März 2013 bei der belangten Behörde einlangte.

 

Da für die ggst Entziehung der Lenkberechtigung vorausgesetzt ist, dass es sich um eine Straße mit öffentlichem Verkehr handelt, macht der Antragsteller im Rechtsmittel umfangreiche Ausführungen betreffend die Eigentumsverhältnisse am der Entziehung der Lenkberechtigung zugrundeliegenden Vorfallsort. Der Antragsteller legt einen Kaufvertrag vor und beantragt als Beweise eine Einschau ins Grundbuch bzw den darin für jedermann einsehbaren Kaufvertrag vom 25. Juni 1959, sowie eine Einschau in einen Mappenplan und einen DORIS-Auszug. Weitere Beweisanträge behält sich der Bw ausdrücklich vor.

 

1.3.1. Mit Verfügung vom 7. März 2013 wurde von der belangten Behörde das Ermittlungsverfahren eingeleitet. Am gleichen Tage erging ein schriftliches Ersuchen an die PI M, allfällige Umstände, die für die Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit des Antragstellers maßgebend sind, mitzuteilen.

 

1.3.2. Mit Schreiben vom 25. März 2013 wurde der bezughabende Verwaltungsakt mit dem Ersuchen, im Wege der Amtshilfe die Zeugen GI X und RI X zu den in der Vorstellung gemachten Angaben zu vernehmen, an die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung übermittelt (eingelangt am 29. März 2013). Es wurde weiters darum ersucht, Unterlagen vorzulegen, die beweisen, dass die StVO 1960 Anwendung finde.

 

1.3.3. Mit Schreiben vom 10. April 2013 wurden die beiden in vorigem Punkt genannten Zeugen von der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung zur Einvernahme geladen.

 

1.3.4. Mit Schreiben vom 15. April 2013 urgierte die Bezirkshauptmannschaft Perg die Erledigung des Amtshilfeersuchens vom 25. März 2013.

 

1.3.5. Am 17. April 2013 erfolgte die Einvernahme der beiden Zeugen durch die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung. Die Rückübermittlung des Aktes an die Bezirkshauptmannschaft Perg erfolgte noch am gleichen Tage, wobei der Akt am 22. April 2013 einlangte.

 

1.3.6. Mit Schreiben vom 25. April 2013 wurde dem Antragsteller im Wege des Parteiengehörs die Aussage der beiden Zeugen zur Kenntnis gebracht.

 

1.3.7. Mit Schreiben vom 22. Mai 2013 (eingelangt am 24. Mai 2013) nahm der Antragsteller Stellung zu den Aussagen der Polizeibeamten, und erstattete weitere umfangreiche Vorbringen bezüglich der Eigentumsverhältnisse am Vorfallsort bzw die (Un)Anwendbarkeit der StVO 1960 an diesem.

 

1.3.8. Mit Schreiben vom 28. Mai 2013 wurde der bezughabende Verwaltungsakt nochmals mit dem Ersuchen, im Wege der Amtshilfe die Zeugen zu den in der nunmehrigen Stellungnahme gemachten Angaben zu vernehmen, an die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung übermittelt (eingelangt am 29. Mai 2013).

 

1.3.9. Mit Schreiben vom 6. Juni 2013 wurden die beiden Zeugen wiederum von der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung zur Einvernahme vorgeladen.

 

1.3.10. Am 20. Juni 2013 erfolgte die neuerliche Einvernahme der beiden Zeugen durch die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung. Die Rückübermittlung des Aktes an die Bezirkshauptmannschaft Perg erfolgte am 21. Juni 2013, wobei der Akt am 26. Juni 2013 einlangte.

 

2. Mit am 25. Juni 2013 beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich eingelangtem Antrag begehrt der Antragsteller den Übergang der Zuständigkeit. § 29 FSG sehe eine dreimonatige Erledigungsfrist vor, binnen derer von der Bezirkshauptmannschaft Perg keine Entscheidung über die Vorstellung erfolgt sei. Es lägen daher die Voraussetzungen, die § 73 AVG für eine Devolution vorsieht, vor.

 

3.1. Die belangte Behörde hat nach Aufforderung mit Schreiben vom 27. Juni 2013 den ggst Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 67d Abs 2 Z 2 AVG abgesehen werden.

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1. und 2. dargestelltem Sachverhalt aus.

 

3.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist zur Entscheidung durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer berufen (vgl § 67a AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Der im gegenständlichen Fall einschlägige § 73 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG lautet in der geltenden Fassung wie folgt:

 

Entscheidungspflicht

 

§ 73. (1) Die Behörden sind verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Sofern sich in verbundenen Verfahren (§ 39 Abs. 2a) aus den anzuwendenden Rechtsvorschriften unterschiedliche Entscheidungsfristen ergeben, ist die zuletzt ablaufende maßgeblich.

 

(2) Wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

 

(3) Für die Oberbehörde (den unabhängigen Verwaltungssenat) beginnt die Entscheidungsfrist mit dem Tag des Einlangens des Devolutionsantrages zu laufen.“

 

4.2. § 29 des Führerscheingesetzes – FSG lautet in der geltenden Fassung wie folgt:

 

„Besondere Verfahrensbestimmungen für die Entziehung

 

§ 29. (1) Im Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung sind die Behörden verpflichtet, über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber drei Monate nach deren Einlangen einen Bescheid zu erlassen. Im Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung kann ein Rechtsmittelverzicht nicht wirksam abgegeben werden.

 

(2) […]“

 

4.3. Die Verpflichtung der Behörden, über Anträge von Parteien ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen zu entscheiden, gilt gemäß § 73 Abs 1 AVG nur subsidiär, dh wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist. Der jeweilige Materiengesetzgeber kann daher derartige, von der Bestimmung abweichende Säumnisfolgen normieren, ohne an die durch Art 11 Abs 2 B-VG festgelegte Erforderlichkeit gebunden zu sein.

 

Durch die Erlassung des § 29 Abs 1 FSG hat der Führerscheingesetzgeber von der ihm eingeräumten Ermächtigung Gebrauch gemacht und die im Allgemeinen geltende Entscheidungsfrist von sechs Monaten auf drei Monate verkürzt.

 

4.4. Der ggst Devolutionsantrag ist zulässig, da der Antragsteller am 6. März 2013 eine die Entscheidungspflicht der Behörde auslösende Vorstellung eingebracht und den hier zu beurteilenden Antrag erst nach Ablauf der dreimonatigen Entscheidungsfrist (Fristende 6. Juni 2013 [vgl § 32 Abs 2 AVG]) gestellt hat.

 

4.5.1. Es ist daher in Folge zu klären, ob der Antrag auch inhaltlich berechtigt ist. Dies ist dann der Fall, wenn die Säumnis auf einem überwiegenden Verschulden der belangten Behörde beruht.

 

4.5.2 Die belangte Behörde hat sich mit dem umfangreichen Vorbringen des Antragstellers betreffend die Eigentumsverhältnisse am Vorfallsort auseinander zu setzen und hatte, da der Vorfallsort in einem anderen Bezirk gelegen ist, im Wege der Amtshilfe Zeugen einvernehmen zu lassen. Daraus ergeben sich unwillkürlich gewisse zeitliche Verzögerungen (Postlauf, Bearbeiterwechsel usw), welche im ggst Fall jedoch keineswegs als unangemessen qualifiziert werden können. Hinzu tritt, dass der Antragsteller der Aufforderung der belangten Behörde vom 25. April 2013, zu den Aussagen der beiden Polizisten Stellung zu nehmen, erst mit Schreiben vom 22. Mai 2013 entsprochen hat. Ein Gutteil der verstrichenen Frist geht damit zu Lasten des Antragstellers. Wie in den Punkten 1.3.1. bis 1.3.10. dargestellt hat die belangte Behörde hingegen während des gesamten Zeitraumes recht zügig das Verfahren betrieben. Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Säumnis auf einem überwiegenden Verschulden der Bezirkshauptmannschaft Perg beruht.

 

4.5.3 Abschließend ist festzustellen, dass, wenn eine Behörde bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Aussetzung des Verfahrens gem § 38 AVG bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage keinen formellen Aussetzungsbescheid erlässt, sondern das Verfahren „faktisch“ aussetzt, der Lauf der behördlichen Entscheidungsfrist zwar weder gehemmt noch unterbrochen wird. Es kann objektive Säumnis eintreten, gegen die ein Devolutionsantrag zulässig ist. Allerdings gehen die Gerichtshöfe öffentlichen Rechts (VwGH 14. 10. 2005, 2003/05/0061; 17. 3. 2006, 2005/05/0247; VfSlg 10.375/1985) davon aus, dass bei berechtigter Aussetzung ein überwiegendes Verschulden der Behörde zu verneinen und der Devolutionsantrag daher abzuweisen ist.

 

Aufgrund des parallel gegen den Antragsteller geführten Verwaltungsstrafverfahrens nach der StVO 1960, in welchem die Verwirklichung des Tatbestandes des § 99 Abs 1 lit b in Verbindung mit § 5 Abs 2 StVO 1960 zu klären ist, liegt im Verfahren betreffend den Entzug der Lenkberechtigung eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG vor. Die belangte Behörde wäre daher berechtigt gewesen, das Verfahren auszusetzen, ohne dadurch ein überwiegendes Verschulden im Sinne des § 73 Abs 2 AVG auf sich zu laden. Dies muss umso mehr gelten, wenn die Behörde nicht aufgrund einer faktischen Aussetzung untätig geblieben sondern das Verfahren (zügig) weiter geführt hat.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

 

Mag. Josef Kofler

 

 

 

 

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