Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-360118/5/MB/WU

Linz, 08.07.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Brandstetter über die Berufung des X, gegen den Einstellungsbescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Nietzschestraße 33, 4020 Linz, zu AZ: S-20986/12-2, nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid der Landespolizeidirektion von Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) vom 12. März 2013, AZ: S-20986/12-2, wurde das gegen Herrn X zur Zahl: AZ:S-20986/12-2 geführte Strafverfahren wegen eines Verstoßes gegen das Glücksspielgesetz (in der Folge GSpG) eingestellt.

Ihre Entscheidung begründet die belangte Behörde wie folgt:

„Aufgrund einer Anzeige der Finanzpolizei vom 21.5.2012 wurde Ihnen mit ha. Schreiben vom 28.8.2012 folgende Verwaltungsübertretung vorgeworfen:

 

Sie haben, wie am 25.04.2012, 10.45 Uhr in X, im Lokal ‚X" von Organen des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr anlässlich einer Kontrolle festgestellt worden ist, als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der Fa. X, etabl. in X, sich als Unternehmer an zur Teilnahme vom Inland aus verbotenen Ausspielungen beteiligt , indem Sie für elf Glücksspielgeräte mit den Gerätebezeichnungen 1) „X", Seriennummer 9080207000181, 2) „X", Seriennummer 9080207000166, 3) „X", Seriennummer 9081109003825, 4) „X", Seriennummer 9081109003821, 5) „X", Seriennummer 9080207000167, 6) „X", Seriennummer 9080207000198, 7) „X", Seriennummer 9080207000150, 8) „X Auftrags Terminal", Seriennummer 9080207000168, 9) „X M.G. Auftragsterminal", Se­riennummer 9080207000199, 10) „X X Amüsement", Seriennummer A0609 und 11) „www.X.eu", Seriennummer 1255, die Aufstellflächen und besonders ausgebilde­tes Personal in oa. Örtlichkeit zur Verfügung gestellt haben. Mit diesen Geräten wurden seit 1.4.2012 Glücksspiele in Form von Walzenspielen (Geräte Nr. 1-10) und Hunderennen (Ge­rät Nr. 11) durchgeführt und aufgrund der möglichen Einsätze von € 0,20 bis € 6,- und der in Aussicht gestellten Gewinne wurde in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen, weil die dafür erforderliche Konzession des Bundesministeriums für Finanzen nicht vorlag.

 

Verwaltungsübertretungen nach §§ 9 Abs. 1 VStG iVm §§ 2 Abs. 1 und 4 GSpG und 52 Abs. 1 Zi. 1 Tatbild 4 GSpG‘

 

Sämtliche Geräte waren mit einer Automatik-Taste ausgestaltet. Außerdem sahen die Geräte äußerst günstige Gewinn-Verlust-Relationen vor.

 

Da bei der LPD im vorliegenden Fall der begründete Verdacht einer Strafbarkeit gem. § 168 Abs. 1 StGB entstanden, war nach ständiger Rechtsprechung des VwGH (vgl. VwGH 22.3.1999, 98/17/0134; VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233) die Behörde verpflichtet, das an­hängige Verwaltungsstrafverfahren gem. § 30 Abs. 2 VStG auszusetzen und gem. § 78 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft wegen Verdachts einer gerichtlich strafbaren Hand­lung zu erstatten. Mit Schreiben vom 6.9.2012 wurde diese Anzeige an die Staatsanwalt­schaft Linz erstattet.

 

Am 25.1.2013 teilte die Staatsanwaltschaft Linz schriftlich mit, dass das gegen Sie geführte Verfahren gem. § 190 Z. 2 StPO eingestellt wurde, weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung besteht.

 

Aus dieser verfügten Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens ergibt sich, dass auf Basis der Beweisergebnisse des Ermittlungsverfahrens eine Verurteilung nicht wahrscheinlicher war als ein Freispruch (vgl Nordmeyer, WK-StPO § 190 Rz 14). Das bedeutet aber, dass der angelastete Sachverhalt jedenfalls unter § 168 StGB zu subsumieren und somit eine diesbe­zügliche Zuständigkeit der Gerichte gegeben ist. Dies insbesondere vor dem Hintergrund des § 190 Z 1 1. Fall StPO, der ausdrücklich die Möglichkeit einer Verfahrenseinstellung für den Fall vorsieht, dass die Tat "nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist" [vgl Nordmeyer, WK-StPO§190 Rz12.] Im Hinblick auf die im vorliegenden Fall grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts kann auf Grund des § 52 Abs 2 GSpG in Verbindung mit der von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts judizierten stillschweigenden Subsidiarität der glücksspielrechtlichen Strafbestimmungen, nach der eine Strafbarkeit nach dem Glücksspielgesetz hinter eine Strafbarkeit nach § 168 StGB zurücktritt, keine strafbare Verwaltungsübertretung vorliegen. Auch der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primären Straftatbe­stand des § 168 StGB (etwa durch den Strafaufhebungsgrund der Verjährung) kann nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestan­des des § 52 Abs 1 GSpG nicht neu begründen (UVS v. 18.10.2012, VwSen-301207/10/WEI/ER/Ba ua.).“

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 26. März 2013. Der Berufungswerber begründet diese wie folgt:

„Die Landespolizeidirektion Oberösterreich hat das Verwaltungsstrafverfahren wegen § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG eingestellt und ihre Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass sich aus der verfügten Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens ergebe, dass der angelastete Sachverhalt jedenfalls unter § 168 StGB zu subsumieren und damit eine weitere verwaltungsbehördliche Verfolgung unzulässig sei.

Diese Auffassung wird seitens des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr aus nachstehenden Gründen nicht geteilt:

Die belangte Behörde verkannte die Rechtslage hinsichtlich der Subsidiaritätsbestimmungen des § 52 Abs. 2 GSpG sowie der dazu bestehenden höchstgerichtlichen Judikatur.

Für die Behörde ergibt sich auf Grundlage der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Verpflichtung, jene Spiele zu ermitteln, bei denen die Wertgrenze des § 52 Abs. 2 GSpG nicht überschritten wurde. Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 22.08.2012, 2012/17/0156, ausgesprochen:

„Da § 52 Abs. 2 GSpG auf die Leistung eines Einsatzes von mehr als EUR 10 in einem einzelnen Spiel abstellt, hat die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden nach den für die Spiele geleisteten Einsätzen zu erfolgen.

Eine Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand ergibt sich daher nur für die Veranstaltung von Spielen, bei denen der Einsatz EUR 10 überstieg. Im Übrigen verbleibt die Zuständigkeit bei den Verwaltungsstrafbehörden."

In der Entscheidung vom 14.12.2011, 2011/17/0233.stellt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass nicht der allenfalls mögliche, sondern ausschließlich der tatsächlich geleistete Einsatz verfahrensrelevant ist:

„Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung ist Voraussetzung für die Subsidiarität der Strafbarkeit nach dem GSpG somit der Umstand, dass für ein Spiel Vermögenswerte Leistungen von über EUR 10,— geleistet werden. Insoweit ist die belangte Behörde zutreffend davon ausgegangen, dass es auf Grund der hier anzuwendenden Rechtslage (die eine andere ist, als jene, die dem hg. Erkenntnis vom 22. März 1999, ZI. 98/17/0134, zu Grund lag) darauf ankommt, welche Einsätze tatsächlich geleistet wurden und nicht darauf, weiche Einsätze hätten geleistet werden können."

Der belangten Behörde lagen klare Angaben bezüglich der mittels Testspielen geprüften Geräte vor. Bei sämtlichen Geräten wurden ein möglicher Höchsteinsatz von € 5,00 bzw. € 5,50 und € 6,00 festgestellt. Die durchgeführten und dokumentierten Testspiele wurden hinsichtlich der maximal möglichen Einsätze pro Spiel nicht entsprechend gewürdigt. Es lag auch kein konkreter Hinweis bzw. Nachweis in Form einer aussagekräftigen Gerätebuchhaltung für eine tatsächlich erbrachte Einsatzleistung von über € 10 vor. Weder der Eigentümer noch der Inhaber der Geräte behaupteten, dass an den Geräten Einsätze von mehr als € 10 pro Spiel technisch möglich bzw. tatsächlich jemals geleistet worden wären.

Ohne weitere Ermittlungsschritte gesetzt zu haben, gelangte die belangte Behörde zu dem Ergebnis, dass eine weitere verwaltungsstrafrechtliche Verfolgung nicht mehr zulässig sei, da der vorliegenden Einstellung der Staatsanwaltschaft die Bedeutung einer Zuständigkeit der Gerichte zukomme.

Damit verkennt die belangte Behörde, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 14.12.2011, 2011/17/0233, unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 22.03.1999, 98/17/0134, ausgesprochen hat, dass im Falle einer Verfahrenseinstellung oder eines freisprechenden Urteiles die Verwaltungsbehörde die Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag, selbstständig zu beurteilen hat.

Die belangte Behörde hätte daher, nachdem sie von der Staatsanwaltschaft Linz über die Einstellung des Verfahrens benachrichtigt worden war, selbständig zu prüfen gehabt, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag. Eine derartige Beurteilung wurde von der Landespolizeidirektion Oberösterreich weder vorgenommen noch begründet.

Die belangte Behörde bzw. die Berufungsbehörde möge daher entsprechend dem Grundsatz der materiellen Wahrheit iSd § 37 AVG den tatsächlichen Sachverhalt ermitteln und ein Beweisverfahren zur Klärung der Frage, ob tatsächlich und allenfalls bei welchem Spiel an welchem der Geräte ein Einsatz von mehr als € 10 pro Spiel erbracht wurde, durchführen.

Im Hinblick darauf stellt das Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr als Amtspartei iSd § 50 Abs. 5 GSpG den Beweisantrag, dem Veranstalter die Vorlage der Gerätebuchhaltungen zum Nachweis dafür, welche konkreten Einsätze im gesamten vorgeworfenen Tatzeitraum an den in Rede stehenden Geräten tatsächlich geleistet wurden, aufzutragen.

Die Landespolizeidirektion Oberösterreich führt in der Begründung des Einstellungsbescheides weiters an, dass sämtliche Geräte mit einer Automatik-Taste ausgestaltet waren und außerdem äußerst günstige Gewinn-Verlust-Relationen vorsahen. Die offensichtlich von der belangten Behörde vertretene Auffassung, dass das bloße Vorhandensein einer Automatikstarttaste bei Glücksspielgeräten als Nachweis für die Durchführung von Glücksspielen gemäß § 168 StGB zu werten wäre, wird aus nachstehenden Gründen nicht geteilt:

Eine Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze im Sinne des § 168 Abs. 1 StGB liegt nach ho. Ansicht jedenfalls dann noch nicht vor, wenn die bloße Möglichkeit zur Durchführung von Spielen mithilfe der Automatikstarttaste vorliegt. Die Tatsache, dass der Spieler für das Starten eines weiteren Spielvorganges keine Taste drücken muss, kann jedenfalls nicht als Unterscheidungskriterium für das Vorliegen eines Deliktes nach § 168 StGB und § 52 GSpG herangezogen werden. Die bloße Existenz einer (funktionstüchtigen) Automatikstarttaste kann ferner auch schon deshalb nicht als Unterscheidungsmerkmal herangezogen werden, weil eine Spielauslösung mittels Automatikstarttaste sich nicht von einer rasch unmittelbar hintereinander erfolgenden Bedienung der Starttaste, also von Serienspielauslösungen mittels der Starttaste, unterscheidet.

Eine strafgerichtliche Zuständigkeit bei bloßer Feststellung des Vorliegens einer Automatikstarttaste ist auch dann nicht geboten, wenn man die Judikatur des OGH vom 03.10.2002, 120s 49/02, zugrunde legt:

„Mag auch die Frage, ob ein Spie! um geringe Beträge vorliegt, im Allgemeinen nach der Höhe des jeweiligen einzelnen Einsatzes zu beurteilen sein (Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 168 Rz 12 und 13), kommt eine derartige Sicht dann nicht in Betracht, wenn - wie hier - vom Spielveranstalter Rahmenbedingungen geschaffen wurden, etwa dadurch, dass am Spielautomaten für die Höhe des Einzeleinsatzes zugunsten von Beträgen außerhalb der Geringfügigkeitsgrenze nicht einmal eine Einwurfmöglichkeit vorgesehen ist (ON 15, S 17 f des Aktes AZ 1 U 81/00t des Bezirksgerichtes Güssing), die insgesamt ein Serienspiel sowohl auf Veranstalter- als auch auf Spielerseite als objektiv sicher und auch so gewollt erscheinen lässt."

Diese Entscheidung legt nahe, dass grundsätzlich eine Betrachtung jedes einzelnen Einsatzes anzustellen ist. Lediglich eine technische Vorrichtung, die Vorlagebeträge unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze von € 10 pro Spiel gar nicht zulässt, wäre nach dieser Entscheidung als Zwang zum Serienspie! zu interpretieren, wenngleich der im „Kredit-Feld dargestellte Vorlagebetrag gleichzeitig auch jenen Betrag darstellt, der bei Beendigung der Spieltätigkeit in Form von Bargeld durch das Personal oder besondere Auszahlungsautomatten ausgezahlt wird. Die Höhe des Vorlagebetrages lässt nicht eine Schlussfolgerung auf die Höhe tatsächlich geleisteter Einsätze pro Spiel zu. Die bloße Möglichkeit, sich einer Automatik-Starttaste zu bedienen, wird hingegen auch diesen strengen Kriterien nicht gerecht, zumal grundsätzlich die Einzelspielbetrachtung heranzuziehen ist. Letztlich wäre auch das rasche Betätigen der Starttaste ein Äquivalent zur Automatikstarttaste und macht damit die Unterscheidung von gerichtlicher und verwaltungsbehördlicher Strafbarkeit praktisch unmöglich.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass ein festgestellter Sachverhalt nur dann als Tatbestand an die Staatsanwaltschaften anzuzeigen sein wird, wenn ein konkreter Hinweis auf eine tatsächliche Einsatzleistung von mehr als € 10 pro Spiel vorliegt oder durch technische Vorrichtungen ein Spiel unter diesem Geringfügigkeitsbetrag praktisch verunmöglicht wurde, wenn also ein Einsatz von € 10 oder weniger pro Spiel zu setzen gar nicht möglich gewesen wäre. Weder unbewiesene Behauptungen der Betreiber („Flucht ins Kriminalstrafrecht") noch die Hinweise auf Automatikstarttasten alleine lassen die Subsidiarität des Verwaltungsdeliktes eintreten.

Der gegenständliche Bescheid ist außerdem mit einem Verfahrensmangel behaftet. Eine von der Bezirksverwaltungsbehörde oder von der Landespolizeidirektion beabsichtige Aufhebung einer Beschlagnahme oder die Einstellung eines Strafverfahrens ist gemäß § 50 Abs. 6 GSpG im Falle des Vorliegens einer Anzeige einer Abgabenbehörde dieser zuvor unverzüglich zur Stellungnahme zu übermitteln. Die Landespolizeidirektion Oberösterreich hat das Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr vor der Einstellung des Strafverfahrens zu keiner Stellungnahme aufgefordert und auch die Schreiben der Staatsanwaltschaft Linz betreffend der Einstellung des gerichtlichen Strafverfahren nicht zur Kenntnisnahme übermittelt.“

Abschließend wird der Antrag gestellt:

„Das Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr als Amtspartei iSd § 50 Abs. 5 GSpG stellt aufgrund der vorstehenden Ausführungen den Antrag, der Berufung mittels Berufungsvorentscheidung durch die belangte Behörde bzw. in eventu mit Berufungsentscheidung durch die Berufungsbehörde stattzugeben, den angefochtenen Einstellungsbescheid aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren im Sinne des gelegten Strafantrages unverzüglich fortzusetzen.“

3.1. Die belangte Behörde legte am 16. April 2013 die Berufung samt ihrem Bezug habenden Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.

3.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde. Gemäß § 51e Abs 3 Z 1 VStG konnte von der Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus den Pkt. 1 und 2.

3.3. Gemäß § 51c VStG hat der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall durch eines seiner Mitglieder zu entscheiden.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

4.1. Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 111/2010 begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, "wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt".

Nach § 168 Abs 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der "ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".

Werden gemäß § 52 Abs 2 GSpG in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10 Euro von Spielern oder anderen geleistet, so handelt es sich nicht mehr um geringe Beträge und tritt insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück. Die Befugnisse der Organe der öffentlichen Aufsicht gemäß § 50 Abs. 2 sowie die Befugnisse im Rahmen der behördlichen Sicherungsmaßnahmen nach §§ 53, 54 und 56a bleiben davon unberührt.

4.2. Zur Abgrenzungsregel des § 52 Abs 2 GSpG und zu den Anwendungsumfängen des § 168 StGB sowie des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG hat der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13. Juni 2012, zu B 422/2013-9, wie folgt ausgesprochen:

1. Gemäß Art. 4 Abs. 1 des 7. ZPEMRK (in seiner deutschen Übersetzung) darf ‚[n]iemand [...] wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden.‘

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 14.696/1996 und diesem folgend VfSlg. 15.128/1998 sowie 15.199/1998) widerspricht eine Regelung, wonach durch eine Tat unterschiedliche Delikte verwirklicht werden (Idealkonkurrenz), nicht zwingend dem Doppelbestrafungsverbot des Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK. Die Verfolgung wegen ein und desselben tatsächlichen Verhaltens nach zwei verschiedenen Straftatbeständen ist daher grundsätzlich zulässig, sofern diese sich in ihren wesentlichen Elementen unterscheiden (vgl. VfSlg. 18.833/2009 und 19.280/2010 im Hinblick auf EGMR 10.2.2009 [GK], Fail Zolothukin, Appl. 14.939/03). Eine verfassungsrechtlich unzulässige Doppel- oder Mehrfachbestrafung im Sinne des Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK liegt dann vor, wenn eine Strafdrohung oder Strafverfolgung wegen einer strafbaren Handlung bereits Gegenstand eines Strafverfahrens war, also der herangezogene Deliktstypus den Unrechts- und Schuldgehalt eines Täterverhaltens vollständig erschöpft. Ein weitergehendes Strafbedürfnis entfällt daher, weil das eine Delikt den Unrechtsgehalt des anderen Delikts in jeder Beziehung mitumfasst. "Strafverfolgungen bzw. Verurteilungen wegen mehrerer Delikte, deren Straftatbestände einander wegen wechselseitiger Subsidiarität, Spezialität oder Konsumtion ausschließen, bilden verfassungswidrige Doppelbestrafungen, wenn und weil dadurch ein und dieselbe strafbare Handlung strafrechtlich mehrfach geahndet wird" (VfSlg. 14.696/1996). Eine gesetzliche Strafdrohung widerspricht Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK, wenn sie den wesentlichen Gesichtspunkt ("aspect") eines Straftatbestandes, der bereits Teil eines von den Strafgerichten zu ahndenden Straftatbestandes ist, neuerlich einer Beurteilung und Bestrafung durch die Verwaltungsbehörden unterwirft (VfSlg. 15.128/1998), sich also die Entscheidung des Strafgerichts einerseits und der Verwaltungsbehörde andererseits auf das "gleiche Verhalten" gründen (EGMR 23.10.1995, Fall Gradinger, Appl. 15.963/90).

 

2. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 15.199/1998 zu §52 Abs. 1 GSpG in der Fassung BGBl. 695/1993 feststellte, ist es nicht ausgeschlossen (sondern vielmehr die Regel), dass eine an sich unter die Strafdrohung des §52 Abs. 1 Z5 erster Fall GSpG (in der Fassung BGBl. 695/1993) fallende Handlung ("wer Glücksspielapparate oder Glücksspielautomaten, die dem Glücksspielmonopol unterliegen, außerhalb einer Spielbank betreibt [Veranstalter] oder zugänglich macht [Inhaber]") in Tateinheit mit einer unter die Strafdrohung des § 168 Abs. 1 erster Fall StGB fallenden Handlung ("wer ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet [...], um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden") begangen wird. Der Verfassungsgerichtshof ging davon aus, dass "Veranstalten" eines Glücksspiels im Sinne des § 168 Abs. 1 (erster Fall) StGB heißt, "einem bestimmten oder unbestimmten Kreis von Interessenten Gelegenheit zum Glücksspiel zu geben". In diesen Fällen wird - so der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 15.199/1998 zur Rechtslage nach dem Glücksspielgesetz in der Fassung BGBl. 695/1993 - in der Regel davon auszuge­hen sein, dass das Delikt des Glücksspiels gemäß §168 Abs. 1 {erster oder zweiter Fall) StGB den Unrechts- und Schuldgehalt des Delikts des § 52 Abs. 1 Z 5 erster Fall GSpG (in der Fassung BGBl. 695/1993) vollständig erschöpft. Zu einem möglichen Verstoß des §52 Abs. 1 Z5 erster Fall GSpG (in der Fassung BGBl. 695/1993) gegen das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art. 4 Abs. 1 des 7. ZPEMRK führte der Verfassungsgerichtshof aus:

 

"Weder aus dem Wortlaut des §52 GSpG noch aus dem Wortlaut der übrigen Bestimmungen des GSpG ergibt sich, daß bei der Ahndung der Delikte gemäß § 52 GSpG die Annahme einer Scheinkonkurrenz nicht zulässig wäre; diese ist vielmehr gegebenenfalls aus dem Erfordernis, eine Gesetzesbestimmung einer -soweit möglich - verfassungskonformen Auslegung zuzuführen, geboten (vgl. VfSlg. 12469/1990, 13336/1993, 13805/1994, 14631/1996; VfGH 11.3.1998, G 262/97 ua.). In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (69 BlgNR XVIII GP, S. 8) zur Novelle des Glücksspielgesetzes, BGBl. Nr. 344/1991, mit der die Verwal­tungsstrafbestimmung des § 52 Abs. 1 eingeführt wurde (die Vorläuferbestimmung normierte lediglich - nicht eigens nach dem Glücksspielgesetz sanktionierte - 'Verbote'), wurde zwar festgehalten, daß ‚(d)er Übergang zu einem kumulativen Verwaltungsstraftatbestand deshalb erforderlich (ist), weil Abgrenzungsprobleme zwischen Gerichten und Verwaltungsstrafbehörden bisher zu einer unbefriedigenden Ahndung von Eingriffen in das Glückspielmonopol führten'. Diese - offensichtliche - Absicht des Gesetzgebers, eine kumulative Bestrafung nach dem GSpG und dem StGB vorzusehen, hat jedoch nicht in einer -eine verfassungskonforme Interpretation ausschließenden - Weise Niederschlag im Wortlaut des Gesetzes gefunden, wie dies vergleichbar mit der vom Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 14696/1996 aufgehobenen Wortfolge des § 99 Abs. 6 lit. c StVO 1960 erfolgt ist. Ist aber eine verfassungskonforme Ausle­gung möglich, dann ist diese vorzunehmen, selbst dann, wenn in den Materialien der Gesetzwerdung entgegenstehende Aussagen enthalten sind (vgl. VfSlg. 10066/1984,11576/1987). § 52 Abs. 1Z 5 erster Fall GSpG ist daher - für den Fall einer drohenden Doppelbestrafung - einer verfassungskonformen, das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art. 4 Abs. 1 des 7. ZPEMRK berücksichtigenden Interpretation zugänglich. Die Bestrafung nach § 168 Abs. 1 erster oder auch zweiter Fall StGB schließt die Bestrafung wegen desselben Verhaltens (im Sinne eines weitgehend identen Sachverhaltes im Lichte der angewendeten bzw. in Betracht kommenden materiellen Strafbestimmungen) nach § 52 Abs. 1 Z 5 erster Fall GSpG aus."

 

Dieser Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes folgte auch der Verwaltungsgerichtshof (vgl. zB VwGH 22.3.1999, 98/17/0134 und VwGH 8.9.2009, 2009/17/0181).

 

3. Mit der Glücksspielgesetz-Novelle BGBL I 54/2010 wurde unter anderem § 52 Abs. 1 und 2 GSpG geändert. Es entfiel § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG, der das Veranstalten von Glücksspielen mittels Glücksspielapparaten oder Glücksspielautomaten außerhalb einer Spielbank unter Strafe gestellt hatte. Der Grund dürfte darin liegen, dass bereits mit der Glücksspielgesetz-Novelle BGBl. I 126/2008 in §52 Abs. 1 ZI GSpG der Straftatbestand des ‚Veranstaltens‘ von Glücksspielen ge­setzlich verankert wurde, welcher auch die bisherige Regelung betreffend das Veranstalten von Glücksspielen mittels Glücksspielautomaten abdeckte (vgl. Strejcek/Bresich, GSpG2, § 52 GSpG, Rz 10). Mit der Glücksspielgesetz-Novelle BGBl. I 54/2010 verankerte der Gesetzgeber zum einen ausdrücklich die Abgrenzung der Strafbarkeit nach dem Glücksspielgesetz gegenüber jener nach § 168 StGB; zum anderen präzisierte der Gesetzgeber mit dieser Novelle das Zurücktre­ten einer allfälligen Strafbarkeit nach dem Glücksspielgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB: Gemäß § 52 Abs. 2 GSpG sind nun Einsätze von über € 10,- für (Automaten)Spiele nicht mehr als ‚geringe Beträge‘ zu qualifizieren, sodass in diesen Fällen die verwaltungsrechtliche Strafbarkeit nach dem Glücksspielgesetz "hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurücktritt]". (Vor der Novelle BGBl. I 54/2010 lag nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ein "geringer Betrag" im Sinne des § 168 StGB dann vor, wenn der Gesamteinsatz eines Spielers im Zuge einer Spielveranstaltung die Summe von ATS 200 - nicht überstieg [vgl. zB OGH 9 Os 137/82]).

 

3.1. Die Erläuterungen zu § 52 GSpG - speziell zum neu gefassten Abs. 2 - in der Fassung BGBl. I 54/2010 besagen, dass die ‚Strafzuständigkeit der Verwaltungsbehörden [...] ausschließlich bei Einsätzen pro Spiel bis zu 10 Euro gegeben [ist]. Mit Abs. 2 wird auch der unbestimmte Gesetzesbegriff der geringen Beträge im Sinne des § 168 Abs. 1 letzter Halbsatz StGB legal definiert. Nur bei Vorliegen solcher geringen Beträge ist eine Strafbarkeit nach § 168 Abs. 1 letzter Halbsatz ausgeschlossen, gleichgültig ob bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib gespielt wird. Ab Übersteigen dieses Betrages ist die Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu übermitteln und besteht Gerichtszuständigkeit‘ (RV 658 BlgNR24.GP, 8).

 

3.2. Auf Grund der Glücksspielgesetz-Novelle BGBl. I 54/2010 sah sich der Verwaltungsgerichtshof veranlasst, seine Rechtsprechung zu § 52 GSpG zu ändern. So führte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. August 2012, 2012/17/0156 - nach der Wiedergabe der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes zur (verfassungskonformen) Auslegung des §52 Abs. 1 Z5 GSpG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I 54/2010 und des § 168 StGB - aus:

 

‚[…]‘

 

Mit BGBl, i Nr. 54/2010 hat der Bundesgesetzgeber in §52 Abs. 2 GSpG eine Vorschrift eingefügt, derzufolge dann, wenn 'in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen Vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10 Euro von Spielern oder anderen geleistet1 werden, es sich 'nicht mehr um geringe Beträge__ handle und 'insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurücktrete.

 

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu BGBl. 1 Nr. 54/2010, 658 BlgNR, 24. GP, 8, wird zu dieser Neufassung des § 52 Abs. 2 GSpG ausge­führt:

 

'[...]'

 

Der Gesetzgeber hat damit nunmehr ausdrücklich die bis zum Inkrafttreten der genannten Novelle BGBl. I Nr. 54/2010 nur im Wege verfassungskonformer Auslegung zu ermittelnde Subsidiarität 'eine(r) allfällige(n) Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz' gegenüber einer ‚allfälligen Strafbarkeit‘ nach § 168 StGB festgelegt.

 

Da § 52 Abs. 2 GSpG auf die Leistung eines Einsatzes von mehr als EUR 10,-- in einem einzelnen Spiel abstellt, hat die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden nach den für die Spiele geleisteten Einsät­zen zu erfolgen.

 

Eine Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand ergibt sich daher nur für die Veranstaltung von Spielen, bei denen der Einsatz EUR 10,-- überstieg. Im Übrigen verbleibt die Zuständigkeit bei den Verwaltungsstrafbehörden.

 

2.4. Da somit im Falle des Betreibens eines Glücksspielgeräts (unabhängig davon, ob es sich um einen Glücksspielautomaten oder um elektronische Lotte­rien handelt) die Zuständigkeit des Gerichts nur für jene Spiele gegeben ist, bei denen der geleistete Einsatz EUR 10,-- überstieg, im Übrigen aber die Zuständig­keit der Verwaltungsbehörden gegeben ist, durfte die belangte Behörde aus der Feststeilung, dass an den gegenständlichen Apparaten auch mit Einsätzen über EUR 10,-- gespielt worden sei, nicht ableiten, dass hinsichtlich sämtlicher, mit den Apparaten durchgeführter Spiele eine Zuständigkeit des Gerichts nach § 168 Abs. 1 StGB gegeben gewesen sei.

 

2.5. Die belangte Behörde war daher auf dem Boden ihrer Sachverhaltsfeststellungen schon deshalb nicht befugt, das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen."

 

3.3. Diese Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. auch VwGH 27.2.2013, 2012/17/0342, zuletzt VwGH 15.3.2013, 2012/17/0365), welche auch dem angefochtenen Bescheid des UVS Niederösterreich zugrunde liegt, wider­spricht jedoch dem Doppelbestrafungsverbot gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK:

 

Gemäß dem im Beschwerdefall präjudiziellen - und auch in den zitierten Er­kenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes maßgeblichen -Verwaltungsstraftatbestand des §52 Abs. 1 ZI GSpG in der Fassung BGBl. I 54/2010 ist zu bestrafen, ‚wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspie­lungen im Sinne des § 2 Abs. 4 [GSpG] veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 [GSpG] daran beteiligt‘.

 

Daran anknüpfend grenzt §52 Abs. 2 GSpG in der Fassung BGBl. I 54/2010 die Strafbarkeit nach § 52 Abs. 1 (Z 1) GSpG und jene nach § 168 StGB sowie damit auch die Zuständigkeit der Verwaltungs- (§ 52 Abs. 1 GSpG) und Strafgerichts­barkeit (§ 168 StGB) voneinander ab: ‚Werden in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen Vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10 Euro von Spielern oder anderen geleistet, so handelt es sich nicht mehr um geringe Beträge und tritt insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bun­desgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück.‘

 

Ungeachtet der Formulierung des § 52 Abs. 2 GSpG (iVm dem Straftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG) kann diesem nicht der (verfassungswidrige) Inhalt unterstellt werden, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörde nach dem Glücksspielgesetz und der Strafgerichte nach § 168 StGB nach den vom jeweiligen Spieler tatsächlich geleisteten Einsätzen (höchstens oder über € 10,-) abhängt. Der Verwaltungsstraftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG erfasst nämlich das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG. Die Strafbarkeit knüpft somit nicht - wie dies aus der Textierung des § 52 Abs. 2 GSpG missverstanden werden könnte - an das Verhalten des konkreten Spielers - also daran, ob dieser im Einzelfall einen Einsatz von höchstens oder unter € 10,- an einem Glücksspielautomaten tatsächlich leistet - an, sondern stellt auf das Verhalten jener Person ab, die einem Spieler verbotene Ausspielungen er­möglicht ("wer ... veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht ..."- § 52 Abs. 1Z 1 GSpG). Bei der Abgrenzung der Strafbarkeit nach § 52 Abs. 1 (Z 1) GSpG und nach § 168 StGB sowie damit auch der Zustän­digkeit der Verwaltungsstrafbehörden und der Strafgerichte ist somit - bei einer verfassungskonformen, das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK berücksichtigenden Auslegung (vgl. VfSlg. 15.199/1998 mwN) - darauf abzustellen, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücks­spielapparat oder Glücksspielautomaten bzw. mit einem darauf installierten Spielprogramm veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugäng­lich macht, der bzw. das Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als € 10,-ermöglicht. Würde auf die tatsächlichen Einsätze des jeweiligen Spielers abge­stellt {wie dies der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Rechtsprechung und die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid tun), würde eine Tat, also ein Lebenssachverhalt bzw. dasselbe Verhalten einer Person (nämlich des in § 52 Abs. 1 [Z 1] GSpG und § 168 StGB umschriebenen Täterkreises), in mehrere straf­bare Handlungen zerlegt, obwohl diese strafbaren Handlungen dieselben wesentlichen Elemente ("essential elements") aufweisen und die eine strafbare Handlung den Unrechtsgehalt der anderen in jeder Beziehung mitumfasst. Das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen, bei denen Einsätze bis zu € 10,- pro Spiel geleis­tet werden können, erschöpft sich vollständig in dem gemäß § 168 Abs. 1 StGB strafbaren Verhalten in Bezug auf (Automaten)Glücksspiele bzw. die darauf installierten Spielprogramme mit Einsätzen über € 10,-.

 

Bei einer verfassungskonformen Interpretation des § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z1) GSpG hinsichtlich der Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsbehör­den von jener der Strafgerichte darf es somit nur darauf ankommen, ob eine "Glücksspielveranstaltung" {also das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen mit Spielau­tomaten über einen bestimmten Zeitraum) mit einem Einsatz von über € 10,-pro Spiel ermöglicht wird, und nicht darauf, ob der jeweilige Spieler Einsätze von höchstens € 10 - oder mehr als € 10,- tatsächlich leistet. Dabei umfasst das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen jeweils nur einen konkreten Spielautomaten und nicht mehrere Spielautomaten (gemeinsam).

3.4. Die belangte Behörde hat somit dem § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z 1) GSpG einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt, indem sie nicht auf den maximal möglichen Einsatz der vom Beschwerdeführer betriebenen Glücksspielautoma­ten, sondern auf den jeweils von Spielern geleisteten Einsatz pro Spiel abstellte. Da der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen Ausspielungen mit zwei Glücks­spielautomaten, welche einen Höchsteinsatz von € 10,50 pro Spiel ermöglichten, veranstaltete und deswegen auch in erster Instanz strafgerichtlich gemäß § 168 StGB verurteilt wurde, scheidet eine doppelte Bestrafung wegen ein und dersel­ben Tat nach § 52 Abs. 1Z 1 (iVm § 52 Abs. 2) GSpG aus.

 

3.5. Aus der dargelegten verfassungskonformen Interpretation der Abgrenzungs­regelung des § 52 Abs. 2 GSpG ergibt sich im Übrigen die Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde - auch nach Maßgabe der verfassungsgesetzlich ge­währleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art. 7 B-VG bzw. Art. 2 StGG und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs. 2 B-VG - stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielautomat geleistet werden kann (bzw. ob Serienspiele veran­lasst werden können), um derart beurteilen zu können, ob eine Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB oder die Zuständigkeit der Verwaltungs­strafbehörden gemäß § 52 Abs. 1 GSpG besteht.“

4.3. Zusammenfassend ist der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu entnehmen, dass – entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – nicht die tatsächlich geleisteten Einsätze für ein Spiel für die Beurteilung der behördlichen oder der gerichtlichen Zuständigkeit herangezogen werden dürfen. Vielmehr ist darauf abzustellen, welcher Einsatz möglich gewesen wäre bzw. ob ein Serienspiel durchgeführt hätte werden können.

4.4. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat die Verwaltungsbehörde im Falle einer Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens die Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag, selbstständig zu beurteilen (vgl ua VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233 unter Hinweis auf VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134). Diese Verpflichtung trifft im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren somit den UVS Oberösterreich.

4.4.1. Durch die Erläuterungen zur Fotodokumentation der mit dem gegenständlichen Geräten vorgenommenen Probespiele ist eindeutig belegt, dass gegenständliche Geräte mit den FA-Nr: 1-10 mit einer "Automatik-Start-Taste" ausgestattet sind. Dies belegt entgegen den Ausführungen der Bw die gerichtliche Strafbarkeit des Betriebs dieser Geräte, da somit Serienspiele iSd verfassungsgerichtlichen Judikatur ermöglicht werden. Diese Schlussfolgerung wurde nicht zuletzt angesichts der Ergebnisse eines am 22. August 2012 durch den UVS vorgenommenen Lokalaugenscheins – im Zuge dessen Probespiele an vergleichbaren Geräten durchgeführt wurden – noch bestärkt. Dabei konnte festgestellt werden, dass bei Auslösung eines Spiels im Wege der "Automatic-Start-Taste" diese nur einmal betätigt werden muss, um die Walzenabläufe rasch und kontinuierlich hintereinander durchführen zu lassen. Der wechselnde Vorgang von Einsatzabbuchung vom Spielguthaben und Walzenablauf erfolgt so lange fortgesetzt nacheinander, bis das Spielguthaben verbraucht ist, der Einsatz höher als das Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird (vgl den Aktenvermerk vom 23.08.2012, Zl. VwSen-810683/17/JK).

Weiters ist der von der Bw gestellte Beweisantrag an dieser Stelle als nicht entscheidungserheblich zu erkennen, da weder die Beurteilung nach § 52 Abs 2 GSpG noch die Strafbarkeit des §§ 15, 168 StGB ein derartiges Sachverhaltssubstrat voraussetzen (s dazu weiter unter Pkt 4.4.2.).

 

4.4.2. Aufgrund der eindeutig belegten Ausgestaltung der Geräte mit der FA-Nr. 1-10 mit einer "Automatic-Start-Taste" und der beschriebenen Funktionsweise dieser Taste werden nach Auffassung des erkennenden Mitgliedes des Oö. Verwaltungssenats erwerbsmäßig Serienspiele ermöglicht.

 

Im gegebenen Zusammenhang liegt daher der strafbare Versuch einer gemäß § 168 StGB iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor, da allein schon das unternehmerische Zugänglichmachen ebenso wie das Aufstellen bzw. zur Verfügung Stellen von Glücksspielgeräten eine Versuchshandlung iSd § 15 Abs 2 StGB hinsichtlich des Tatbildes der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (vgl dazu § 168 Abs 1 StGB 2. Tabildvariante) und überhaupt das vorsätzliche Verschaffen einer Spielgelegenheit – etwa durch den "Spielautomatenaufsteller" oder einen "die Gewinnabgeltung besorgenden Gastwirt" (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 168 Rz 14 uHa Rainer, SbgK § 168 Rz 12) – auf mit "Automatic-Start-Taste" ausgestatteten Glücksspielgeräten schon vor dem ersten Spielgeschehen den strafbaren Versuch der Veranstaltung von Serienglücksspielen im Sinne der 1. Tatbildvariante des § 168 Abs 1 StGB darstellt (vgl allgemein zu den Begehungsweisen Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 168 Rz 14 ff, die etwa die Förderung einer Glücksspielzusammenkunft schon "durch Beistellung entsprechender Räume oder Spielutensilien, durch Werbung oder durch sonstige Dienstleistungen" bejahen, und Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3 §168 Rz 9 ff). Allein der Umstand des zur Verfügung Stellens derartiger Geräte stellt bei entsprechendem Tatvorsatz somit jedenfalls schon den strafbaren Versuch der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (§ 168 Abs 1 2. Tatbildvariante) sowie allenfalls auch die strafbare Beteiligung am Versuch der Veranstaltung eines Glücksspiels (§ 168 Abs 1 1. Tatbildvariante StGB) dar.

Mit anderen Worten: Bereits durch die Beistellung, betriebsbereite Aufstellung und öffentliche Zugänglichmachung eines mit "Automatic-Start-Taste" ausgestatteten Glücksspielgeräts, bei dem angezeigten Spiele mit dieser Taste ausgelöst werden können, wird der strafbare Versuchsbereich der Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB als Ausführungshandlung oder zumindest ausführungsnahe Handlung in Bezug auf die Veranstaltung von Serienglücksspielen und die Förderung der Abhaltung von Serienglücksspielen beschritten. Umso mehr als man sich vergegenwärtigt, dass der Anknüpfungspunkt für die ausführungsnahe Handlung iSd § 15 Abs 2 StGB die Ausführungshandlung selbst ist, welche in ihrer Reichweite aufgrund der Ausgestaltung des § 168 StGB als Gefährdungsdelikt, weit zu verstehen ist.

Darüber hinaus ist nach den gegebenen Umständen zu erkennen, dass der Bw im Sinne des § 5 Abs 1 2. Halbsatz StGB die Verwirklichung des Tatbildes ernstlich für möglich gehalten und sich damit auch abgefunden hat:

Schon die Tatsache, dass auf den mit "Automatic-Start-Taste" ausgestatteten Glücksspielgeräten Glücksspiele im Sekundentakt ablaufen, zeigt ganz offensichtlich, dass solche Ausspielungen sowohl vom Veranstalter als auch vom Lokalbetreiber und Inhaber ebenso wie von sonstigen unternehmerisch Beteiligten (etwa dem beteiligten Geräteeigentümer) in gewinnbringender Absicht beigestellt, betrieben bzw. veranstaltet werden. Dies indiziert mindestens den erforderlichen dolus eventualis in Bezug auf die beiden Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB. So ist im Regelfall davon auszugehen, dass Veranstalter und/oder Lokalbetreiber ebenso wie sonstige unternehmerisch Beteiligte (etwa der beteiligte Geräteeigentümer) es für möglich halten und sich auch damit abfinden, dass mit der Verschaffung einer Spielgelegenheit bzw. der Zugänglichmachung von entgeltlichen Glücksspielen auf entsprechend ausgestatteten Geräten ebenso wie schon mit der erwerbsmäßigen Beistellung solcher Geräte auf unrechtmäßige (monopolwidrige) Art und Weise Geld verdient wird. Dementsprechend gehen auch Kirchbacher/Presslauer im Wiener Kommentar zum StGB (vgl dieselben in WK² § 168 Rz 13) unter Hinweis auf eine "realistische Sicht" davon aus, dass wohl "jedem Automatenbetreiber, der keine Vorkehrung gegen 'Serienspiele' trifft, ein entsprechender dolus eventualis unterstellt werden" müsse. Beim Einsatz von Glücksspielgeräten mit "Automatic-Start-Taste" werden aber sogar nicht nur keine Vorkehrungen gegen Serienspiele getroffen, sondern solche Serienspiele geradezu provoziert. Im Fall der Betätigung der "Automatic-Start-Taste" durch den Spieler wird – wie oben dargelegt – der wechselnde Vorgang der Einsatzabbuchung mit anschließendem Walzenlauf so lange selbsttätig fortgesetzt, bis das gesamte Spielguthaben verbraucht, der Einsatz höher als das (verbleibende) Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird.

Betreffend das Gerät mit der FA-Nr. 11, mit dem virtuelle Hunderennen angeboten werden, ist hinsichtlich der festgestellten außergewöhnlich günstigen Relation zwischen Einzeleinsatz und dazu in Aussicht gestelltem Höchstgewinn ebenfalls von einem ermöglichten Serienspiel auszugehen (vgl OGH vom 20.4.1983, 11 Os 39/83). Im Hinblick auf die in der Regel nur sehr kurze Einzelspieldauer können zahlreiche Glücksspiele innerhalb nur sehr kurzer Zeiträume ablaufen, wobei bei jedem Einzelspiel ein Gewinn in außergewöhnlich günstiger Relation zum geleisteten Einsatz (5 : 455,50 Euro) in Aussicht gestellt wird. Diese in Aussicht gestellten Höchstgewinne sind offenkundig darauf gerichtet, einen besonderen Anreiz für den gewinnsüchtigen Spieler zu Serienspielen zu bieten. Der Spieler kann dadurch nicht nur sein Gewinnstreben an sich ausleben, sondern auch bei bereits eingetretenen Verlusten eine gute Chance sehen, diese durch wenige Einzelspiele wieder ganz oder teilweise wettzumachen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich Gewinne in dieser Höhe erreicht wurden, zumal alleine das unternehmerische Zugänglichmachen ebenso wie das Aufstellen bzw. zur Verfügung Stellen von Glücksspielgeräten eine Versuchshandlung iSd § 15 Abs 2 StGB hinsichtlich des Tatbildes der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft darstellt.

Im Hinblick auf den Tatentschluss ergibt sich dahingehend nichts anderes als bei den Gerätschaften mit den FA-Nr. 1-10 ausgeführt wurde.

4.5. Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ist nach der selbstständigen Beurteilung dem Tatbestand des § 168 Abs 1 StGB zu unterstellen und nach dem § 168 Abs 1 iVm. § 15 Abs 2 StGB gerichtlich strafbar.

4.6. Bestätigt wird dies zudem dadurch, als die Staatsanwaltschaft mit Beschluss vom 15. Jänner 2013 zur Zahl 449 47 BAZ 626/12z-13 das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten – wegen § 190 Z 2 StPO einstellte, da auf Basis der Beweisergebnisse des Ermittlungsverfahrens eine Verurteilung nicht wahrscheinlicher war als ein Freispruch (vgl. Nordmeyer, WK-StPO § 190 Rz. 14). Das bedeutet aber, dass der angelastete Sachverhalt jedenfalls unter § 168 StGB zu subsumieren und somit eine diesbezügliche Zuständigkeit der Gerichte gegeben ist. Dies insbesondere vor dem Hintergrund des § 190 Z 1 1. Fall StPO, der ausdrücklich die Möglichkeit einer Verfahrenseinstellung für den Fall vorsieht, dass die Tat "nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist" [vgl. Nordmeyer, WK-StPO § 190 Rz. 12).]!

Gemäß § 57 Abs. 3 StGB beträgt die Verjährungsfrist ein Jahr, wenn die Handlung – wie im Fall des § 168 StGB – mit nicht mehr als sechsmonatiger Freiheitsstrafe oder nur mit Geldstrafe bedroht ist. Die Tathandlung wurde im konkreten Fall bis maximal 25. April 2012 gesetzt und ist somit iSd § 57 Abs. 3 StGB nunmehr jedenfalls gerichtlich verjährt. Eine Fortführung von dem nach § 190 StPO beendeten Ermittlungsverfahren ist somit ausgeschlossen, da die Strafbarkeit der Tat gegenständlich bereits verjährt ist.

Im Ergebnis kommt der verfahrensgegenständlichen staatsanwaltschaftlichen Einstellung vor der materiellen Sicht des Art 4 7. ZPzEMRK auch vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich eingetretenen gerichtlichen Verjährung jedenfalls die Bedeutung eines "Freispruchs" iSd Art. 4 7. ZPzEMRK zu.

4.6.1. Nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates stellt unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Fall Zolotukhin nunmehr auch die Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens durch den öffentlichen Ankläger in der hier vorliegenden Form eine rechtskräftige und somit "unwiderrufliche" Erledigung im weit zu verstehenden Sinn des Art 4 7. ZPzEMRK dar (vgl EGMR v. 10.2.2009, Bsw.Nr. 14939/03, RN 107 f), die eine weitere Verfolgung oder Bestrafung eines Beschuldigten wegen einer Tat, die im Wesentlichen auf ein und demselben Sachverhalt gründet, ausschließt, zumal in diesem Fall unabhängig von der Einstellungsvariante bereits Verjährung gemäß § 57 Abs 3 StGB eingetreten ist und daher eine Fortführung des Ermittlungsverfahrens gemäß dem § 193 StPO nicht mehr möglich ist. Im Ergebnis liegt daher eine mit der oa. Judikatur vergleichbare Situation vor.

Demzufolge erscheint auch die überkommene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof (vgl zB VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233) zur selbstständigen Beurteilung der Strafbarkeit durch die Verwaltungsbehörde im Falle eines Freispruchs vom Gerichtsdelikt vor dem Hintergrund dieser Rechtsentwicklung im Rahmen des Doppelbestrafungs- und -verfolgungsverbotes der EMRK jedenfalls teilweise überholt.

Der Oö. Verwaltungssenat hatte gegenständlich allein die vom Verfassungsgerichtshof nach Art. 4 7. ZPzEMRK geforderte Prüfung vorzunehmen, ob die Betroffene für dasselbe (in den wesentlichen Elementen) strafbare Verhalten, für das sie bereits rechtskräftig freigesprochen oder verurteilt wurde, nunmehr neuerlich verfolgt oder bestraft werden soll (s dazu auch jüngst VfGH vom 13.6.2013, B 422/2013-9). Im Rahmen dieser Prüfung ist die Identität der gerichtlich strafbaren Handlung (Serienspiel mit Glücksspielgeräten bzw. jedenfalls strafbarer Versuch) mit den gegenständlich angelasteten Verwaltungsdelikten aber jedenfalls zu bejahen (vgl oben Punkt 4.5.).

In diesem Zusammenhang ist auch auf die jüngste Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 25.9.2012, Zl. 2012/17/0040) hinzuweisen, der zufolge hinsichtlich der "verbotenen Ausspielungen" iSd § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG auf die einzelnen "im Lokal aufgestellten Geräte" abzustellen sei; wenn aber nach dieser Rechtsprechung für eine Bestrafung nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG auf die einzelnen Geräte und nicht auf die einzelnen auf den Geräten jeweils verfügbaren Spiele abzustellen ist, so scheint eine Abgrenzbarkeit des maßgeblichen Sachverhaltes in Bezug auf die jeweiligen Einzelspiele von vornherein unzulässig und im Übrigen auch faktisch kaum möglich (zu diesem gerätebezogenen Ergebnis kommend VfGH vom 13.6.2013, B 422/2013-9 Rz 28).

Daraus ergibt sich weiter, dass der Oö. Verwaltungssenat nach der durch die zuständige Staatsanwaltschaft pauschal verfügten Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens (= "final decision" iSd EGMR-Urteils vom 10.2.2009, Bsw.Nr. 14939/03, RN 107 f) nicht mehr befugt war, weitere Ermittlungstätigkeiten zu setzen. Davon abgesehen ist auch nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts im Falle der Tateinheit einer unter beide Strafdrohungen fallenden Handlung davon auszugehen, dass das Delikt des Glücksspieles gemäß § 168 Abs 1 StGB den Unrechts- und Schuldgehalt der einschlägigen Verwaltungsstrafbestimmung des Glücksspielgesetzes vollständig erschöpft und daher unter Berücksichtigung des Doppelbestrafungs- und Doppelverfolgungsverbotes gemäß Art 4 Abs 1 7. ZPzEMRK eine verfassungskonforme Interpretation insofern geboten ist, als eine Bestrafung nach § 168 Abs. 1 StGB eine solche nach dem Glücksspielgesetz wegen desselben Verhaltens ausschließt (vgl VfGH vom 13.6.2013, B 422/2013-9; VfSlg 15.199/1998; VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134; VwGH 8.9.2008, Zl. 2009/17/0181). Mit Blick auf das erwähnte Doppelverfolgungsverbot hat daher überdies auch bereits jede weitere Verfolgung der Beschuldigten zu unterbleiben.

Dieses Ergebnis wird im Übrigen auch durch die jüngste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zum Grundsatz "ne bis in idem" vom 11. Dezember 2012, Asadbeyli et al v. Azerbaijan, bestärkt. In diesem Fall wurde in der rechtskräftigen strafrechtlichen Erstentscheidung keinerlei (detaillierte) Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts getroffen, anhand derer beurteilt werden hätte können, ob das zweite Verfahren dieselben oder im wesentlichen übereinstimmende Fakten betraf. Unter Hinweis auf das Urteil im Fall Zolotukhin konstatierte der Gerichtshof, dass in einer solchen Fallkonstellation von einer Vermutung für eine – unzulässige – zweifache Bestrafung, die sich auf dieselben Vorgänge bezieht, auszugehen ist. Im Zweifel geht der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte somit zugunsten des Betroffenen von einem identischen oder im Wesentlichen gleichen Sachverhalt aus. Schon allein aufgrund der von der Staatsanwaltschaft im vorliegenden Fall pauschal ausgesprochenen Verfahrenseinstellung gegenüber der Beschuldigten stellte somit jede weitere verwaltungsstrafbehördliche Verfolgung eine Verletzung des Art. 4 7. ZPzEMRK dar.

5. Auf Grund der – in § 52 Abs 2 GSpG teilweise normierten bzw. sich im Lichte des verfassungsgesetzlich verankerten Doppelbestrafungs- und ‑verfolgungsverbots gemäß Art. 4 des 7. ZPzEMRK stillschweigend ergebenden – Subsidiarität hat eine Verfolgung wegen des verdrängten Verwaltungsstraftatbestands des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG zu unterbleiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Markus Brandstetter

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum