Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523483/18/Br/Ai

Linz, 16.07.2013

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, geb. X, X, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 29.04.2013, Zl. VerkR21-89-2012/LL, wegen Entzug der Lenkberechtigung FSG 1997 und Abweisung des Antrages, zu Recht:

 

1.   Der Berufung wird Folge gegeben;  der mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Entzug der Lenkberechtigung der Klasse AM u. B wird angesichts der zwischenzeitig geänderten Faktenlage behoben.

 

2.   Die Lenkberechtigung wird auf drei Jahre befristet (bis 16.7.2016) und mit der Auflage erteilt, sich vor Ablauf der Befristung durch Vorlage einer neurologisch-fachärztlichen Behandlungsbestätigung mit Angaben zum Krankheitsverlauf nach sechs Monaten u. folglich jährlich, einer ärztlichen Kontrolluntersuchung unterziehen zu müssen.

 

3.   Dem Berufungswerber ist der Führerschein unverzüglich auszufolgen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4, 67a AVG, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013; §§ 24 Abs.4 iVm 8 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 43/2013 und § 12a Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung -  FSG-GV, BGBl. II Nr. 322/1997 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 280/2011.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Behörde erster Instanz hat dem Berufungswerber mit dem oben bezeichneten Bescheid als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung in Bestätigung des Mandatsbescheides vom 13.3.2013,

I. den Antrag auf „Wiederausfolgung seines Führerscheines vom 15.03.2013 abgewiesen und

II. der Vorstellung vom 15.3.2013 (offenbar vom Berufungswerber bei der Behörde persönlich überreicht) in vollständiger Bestätigung des Mandatsbescheides nicht stattgegeben. Einer Berufung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.      

 

1.1. Die Behörde erster Instanz stützte diesen Bescheid auf §§ 57 Abs.3 AVG, sowie § 28 Abs.1, § 25 Abs.2 und 3 Abs.1 Z3 Führerscheingesetz 1997 - FSG, BGBl.

 

1.2. Die Behörde erster Instanz führte dazu begründend Folgendes aus:

zu I.:

 

Gemäß § 28 Abs.1 FSG ist der Führerschein nach Ablauf der Entzugsdauer auf Antrag wieder auszufolgen.

Mit Bescheid der BH Linz-Land vom 13.03.2013, ZI. VerkR21 -89-2013/LL, wurde Ihnen die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung, berechnet ab Zustellung des Bescheides (14.03.2013) entzogen.

Gemäß § 3 Abs.1 Zif. 3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein KFZ zu lenken.

Nachdem bisher kein positives amtsärztliches Gutachten über Ihre gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen vorliegt, ist der Entzug der Lenkberechtigung nach wie vor aufrecht - eine Wiedererteilung der Lenkberechtigung bzw. Wiederausfolgung des Führerscheines kommt derzeit nicht in Frage.

 

zu II.:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat Ihnen mit Bescheid gemäß § 57 Abs.1 AVG 1991, VerkR21-89-2013/LL vom 13,03.2013 als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung in erster Instanz Ihre Lenkberechtigung für die Klasse B gemäß § 25 Abs.2 FSG iVm § 57 Abs.1 AVG 1991 für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung, beginnend ab 14.03.2013 (Zustellung des Mandatsbescheides) entzogen.

 

Grund dieser Maßnahme war, dass seitens der Amtsärztin der hsg. Behörde ein Gutachten gemäß § 8 FSG erstattet wurde, welches auf "nicht geeignet zum Lenken von KfZ" gelautet hat.

 

In Ihrer Vorstellung (bezeichnet als Einspruch) vom 15.03.2013 führen Sie im Wesentlichen aus, dass Sie das Gutachen, das die Amtsärztin von Ihnen gefordert hat, beigebracht hätten und Ihnen der Führerschein trotzdem weggenommen worden wäre. Sie würden ein neues Facharztgutachten vorlegen und möchten Ihren Führerschein zurück.

 

Aufgrund Ihrer Vorstellung wurde das ordentliche Ermittlungsverfahren eingeleitet und die von der Amtsärztin beim Facharzt eingeholte Ergänzung vom 18.03.2013 zum Gutachten vom 22.02.2013 aus fachlicher Sicht wie folgt beurteilt:

„Die von Primär Dr. X nachgereichte Ergänzung ändert nichts an der Beurteilung, weil die Stellungnahme insofern nicht schlüssig ist, als die Richtlinien der Österr. Sektion der Internationalen Liga gegen Epilepsie von KFZ (Führerscheinrichtlinien) bei Personen mit epileptischen Anfällen oder anderen anfallsartigen Bewusstseinsstörungen und -trübungen auch das Lenken von KFZ nach erstmaligem epileptischem Anfall regelt Die von Prim. Dr. X angeführte Definition entspricht nicht der gültigen Gesundheitsverordnung. Entsprechend § 12a (3) kann Personen, die an einer Epilepsie leiden, die Lenkberechtigung für die Gruppe 1 nach einer anfallsfreien Zeit von einem Jahr erteilt oder belassen werden. In der Klammer ist klar definiert, was unter dem Begriff Epilepsie zu verstehen ist:

1) mehr als ein nicht provozierter Anfall oder

2) ein nicht provozierter Anfall und im EEG epilepsietypische Veränderungen und/oder im MR nachweisbare strukturelle Veränderungen.

Auf Herrn X trifft der 2. Fall zu;

Bei ihm erfolgte ein erstmaliger, nicht provozierter Anfall und es bestehen im MR nachweisbare strukturelle Veränderungen, wenn auch das EEG unauffällig. Da diese beiden Bedingungen mit und/oder verknüpft sind, reicht eine der beiden möglichen Veränderungen zusätzlich zum nicht provozierten Anfall, um von einer Epilepsie zu sprechen.

 

Dementsprechend wird im vorliegenden Arztbrief der neurologischen Abteilung des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder vom 14.01.2013 auch die Diagnose .Epilepsie' gestellt und folgerichtig mit einer anti-epileptischen Einstellung begonnen, die leider nicht wie empfohlen fortgesetzt wurde. In diesem Arztbrief wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Patient über Verhaltensmaßnahmen - wie das Unterlassen des Lenkens von KFZ sowie Vorsicht in gefährlichen Situationen und beim Bedienen von Maschinen sowie strikte Vermeidung von Alkohol, Schlafentzug und größerem Stress - aufgeklärt wurde. Weiters wurde der Patient über die Notwendigkeit einer regelmäßigen Medikamenteneinnahme und über notwendige neurologische Verlaufskontrollen aufgeklärt."

 

Diese Stellungnahme wurde Ihnen mit Schreiben vom 09.04.2013 zur Kenntnis gebracht.

 

Der für die Beurteilung des Sachverhaltes maßgebliche Tatbestand ergibt sich aus folgenden Bestimmungen:

 

Gemäß § 24 Abs.1 Führerscheingesetz 1997 - FSG, BGBl. Nr. 120/1997, idgF. ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z 2 - 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs.2 in den Führerschein einzutragen.

 

Gemäß § 25 Abs.2 Führerscheingesetz 1997 - FSG, BGBl. Nr. 120/1997, idgF. ist bei einer Entziehung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung die Dauer der Entziehung aufgrund des gemäß § 24 Abs.4 eingeholten Gutachtens für die Dauer der Nichteignung festzusetzen.

Die Behörde hat folgendes erwogen:

 

Bereits das amtsärztliche Gutachten vom 12.03.2013, welches Grundlage für die Erfassung des nun bekämpften Bescheides vom 13.03.2013 war, wurde seitens der Behörde für schlüssig befunden. Auch die anschließend im Ermittlungsverfahren getroffenen Aussagen zur Ergänzung des fachärztlichen Gutachtens sind nachvollziehbar und ist demnach von einer Epilepsie - wie in der Führerschein-Gesundheitsverordnung beschrieben - auszugehen.

 

§ 12 a (3) FSG-GV:

Personen, die an einer Epilepsie leiden (mein- als ein nicht provozierter Anfall oder ein nicht provozierter Anfall und im EEG epilepsietypische Veränderungen und/oder im MRT nachweisbare ursächliche strukturelle Läsion) oder mehr als einen Anfall (provozierte oder gemischt provozierte und nicht provozierte) erlitten haben, kann eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 nach einer anfallsfreien Zeit von einem Jahr, eine Lenkberechtigung der Gruppe 2 nach einer anfallsfreien Zeit von zehn Jahren erteilt oder belassen werden. Bei Lenkern der Gruppe 2 kann der Zeitraum in Einzelfällen aufgrund einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme verkürzt werden.

 

Aufgrund dieser Bestimmung ist es der auch Behörde verwehrt, die Frist der Wiedererteilung der Lenkberechtigung nach Belieben zu verkürzen; Sie haben nach einem epileptischen Anfall am 28.12.2012 einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht - die notwendige anfallsfreie Zeit ist demnach noch nicht verstrichen.

 

Weiters liegt bisher kein positives amtsärztliches Gutachten vor - es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Da Fahrzeuglenker mit mangelnder gesundheitlicher Eignung die öffentliche Verkehrssicherheit gefährden, war im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahrenverzug einer gegen diesen Bescheid allenfalls eingebrachten Berufung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen.

 

 

2. Diese Ausführungen waren laut Faktenlage zum Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde erster Instanz durchaus vertretbar, selbst wenn schon zu diesem Zeitpunkt von Univ-Prof. Dr. X kein Eignungshindernis erblickt worden wäre. Das wäre aber letztlich mit den Bestimmungen der FSG-GV wohl noch nicht in Einklang zu bringen gewesen. Die Nichteignung wurde auf ein ausführliches und durchaus schlüssig abgefasstes amtsärztliche Gutachten gestützt. Selbst die im vorletzten Absatz vom Berufungswerber in seinem Rechtsmittel unter Hinweis auf § 12a Abs.2 FSG-GV zitierte Anfallsfreiheit von sechs Monaten lag zu diesem Zeitpunkt nämlich bei weitem noch nicht vor.

Alleine vor diesem Hintergrund war zu diesem Zeitpunkt seiner Vorstellung ein Erfolg zu versagen.

Im Rahmen des Berufungsverfahrens wurde einerseits ein anfallsfreier Zeitraum von sechs Monaten ebenso erreicht, wie nunmehr auch eine weitere positive fachärztliche Stellungnahme vom 26.6.2013 vorliegt, wobei letztlich die Amtsärztin noch immer nicht in der Lage scheint, sich eine Fachmeinung zu bilden und letztlich auf das amtsärztliche Gutachten Bezug nimmt.

 

2.1. Dem abweisenden Mandatsbescheid trat der Berufungswerber mit seiner am 13.5.2013 fristgerecht der Post zur Beförderung übergebenen Berufung entgegen. Diese langte bei der Behörde erster Instanz am 17.5.2013 ein. Darin wird wie folgt ausgeführt:

Ich, X, geb. X, erhebe binnen offener Frist gegen o.a. Bescheid das Rechtsmittel der Berufung und begründe diese wie folgt;

 

Mit Bescheid der BH Linz-Land vom 13.03.2013, ZI. VerkR21-89-2013/LL, wurde mir die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung, entzogen. Gemäß § 3 Abs.1 Zif. 3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein KFZ zu lenken.

 

Personen, die an einer Epilepsie leiden (mehr als ein nicht provozierter Anfall oder ein nicht provozierter Anfall und im EEG epilepsietypische Veränderungen und/oder im MRT nachweisbare ursächliche strukturelle Läsion) oder mehr als einen Anfall (provozierte oder gemischt provozierte und nicht provozierte) erlitten haben, kann eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 nach einer anfallsfreien Zeit von einem Jahr, eine Lenkberechtigung der Gruppe 2 nach einer anfallsfreien Zeit von zehn Jahren erteilt oder belassen werden. Bei Lenkern der Gruppe 2 kann der Zeitraum in Einzelfällen aufgrund einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme verkürzt werden.

Der Begriff „Epilepsie" wird im §12a Abs 3 FSG-GV näher definiert:

1. Mehr als ein nicht provozierter Anfall oder

2. ein nicht provozierter Anfall und im EEG epilepsietypische Veränderungen und/oder im MR strukturelle Veränderungen.

Auf mich trifft der 2. Fall zu: Bei mir erfolgte ein erstmaliger, nicht provozierter Anfall. Es gibt auch laut Facharztgutachten keine im EEG epilepsietypische Veränderungen bzw. im MR strukturelle Veränderungen. Somit falle ich nicht in den § 12 a Abs 3 FSG-GV, sondern §12a Abs 2 FSG-GV.

 

Gemäß § 12a Abs 2 FSG-GV kann Personen, die einen erstmaligen Anfall erlitten haben, eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 nach einer anfallsfreien Zeit von sechs Monaten, eine Lenkberechtigung der Gruppe 2 nach einer anfaflsfreien Zeit von fünf Jahren erteilt oder belassen werden. Dieser Zeitraum kann entfallen, wenn der Anfall auf eine erkennbare und vermeidbare Ursache zurückzuführen ist, deren Auftreten am Steuer unwahrscheinlich ist (provozierter Anfall). Bei nicht provozierten Anfällen kann der Zeitraum in Einzelfällen aufgrund einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme verkürzt werden.

Obwohl das auch von der BH Linz-Land schriftlich bekannt gemacht wurde, wird die Frist der Wiedererteilung der Lenkberechtigung nicht verkürzt. Zusätzlich wurde das von mir geforderte amtsärztliche Gutachten gebracht.

 

Daher stelle ich den

 

Antrag

dass mir mit Bescheid die Wiederausfolgung meines Führerscheines vom 15.03.2013 gewährt wird.

 

 

3. Der Verfahrensakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hat demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte letztlich, in Verbindung mit dem gewährten schriftlichen Parteiengehör, der niederschriftlichen Einvernahme und der mündlich erteilten Verfahrensanleitungen des mehrfach mit dem Unabhängigen Verwaltungssenat Kontakt getretenen Berufungswerber unterbleiben (§ 67d Abs.2 Z1 AVG).

 

 

3.1. Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt, durch niederschriftliche Anhörung des Berufungswerbers, sowie durch die in Abstimmung mit der Amtsärztin beigebrachte fachärztliche Stellungnahme von Dr. X sowie des abschließenden amtsärztlichen Gutachtens vom 12.7.2013.

 

 

4. Ausgangspunkt dieses Entzugsverfahrens war ein offenbar durch einen epileptischen Anfall des Berufungswerbers bedingter Verkehrsunfall vom 28.12.2012 um 02:08 Uhr. Dabei stieß der Berufungswerber als Lenker eines Taxis auf der X gegen eine Straßenlaterne. Der Berufungswerber wurde anlässlich dieses Verkehrsunfalles ins Krankenhaus verbracht. An das Unfallgeschehen konnte er sich nicht erinnern, lediglich daran, dass er sich vor dem Unfall auf einem Taxistandplatz befand.

In der Unfallmeldung wurden unter fälschlichem Hinweis auf § 7 FSG eine besondere Überprüfung (gemein der gesundheitlichen Eignung) angeregt.

Das in der Folge eingeholte amtsärztliche Gutachten vom 12.3.2013, dem bereits – wie schon erwähnt - eine die Fahreignung bejahende fachärztliche Stellungnahme von Univ.-Prof. Dr. X vom 22.2.2013 zu Grunde gelegt wurde, lautete dennoch  auf „nicht geeignet“ iSd § 8 FSG.

Dies mit der Begründung, dass sich dieser Gutachter über Richtlinien [gemeint offenbar die Richtlinie des BMVIT über die gesundheitliche Eignungsbegutachtung von KFZ-Lenkern (2006)] hinwegsetze. Die Amtsärztin erblicke daher in deren Gutachten vom 12. März 2013  „erhebliche Bedenken“ gegen die (Wieder-)Erteilung der Lenkberechtigung. Im Ergebnis wurde dies amtsärztlich damit begründet, dass

…“die anfallsfreie Zeit noch zu kurz sei um abschätzen zu können, ob Lamictal überhaupt einen ausreichenden Schutz gegen Anfälle biete.

- Ein Olfaktoriusmeningeom liegt im frontalen Bereich des Gehirns.

- Die Richtlinie beziehe sich nur auf das Lenken von Kfz der Gruppe 1. Zudem sollten Personen, die auf Grund von epileptischen Anfällen und anderen anfallsartigen Bewusstseinsstörungen und - trübungen eine befristete Lenkerberechtigung besitzen, von der gewerbsmäßigen Beförderung anderer Personen (z.B. Taxi, Schulbus) ausgeschlossen werden.

Eine Wiedererteilung der Lenkerberechtigung ist daher frühestens nach einer anfallsfreien Zeit von 6 (bzw. 18 Monaten bei Läsion im Frontalhirn) Monaten nach der Vorlage einer neurologischen Stellungnahme möglich, in der zu all diesen Punkten aus fachärztlicher Sicht Stellung genommen wird.

 

 

4.1. Nunmehr liegen seit diesem Gutachten offenbar sechs anfallsfreie Monate zurück und es liegt abermals eine weitere fachärztlich untermauerte positive Gutachtenslage vor. Über amtsärztliche Zuweisung wurde der Berufungswerber von Dr. X am 26.6.2013 neurologisch beurteilt. Darin wird die Vorgeschichte, der neurologische und psychische Status dargestellt und zusammenfassend gutachterlich ausgeführt:

„Einmaliger symptomatischer Anfall bei Olfaktoriusmeningeom, das erfolgreich entfernt wurde. Seither unkomplizierter Verlauf ohne Anfallsrezidiv. Neurologisch/psychiatrisch und vom EEG her unauffälliger Befund.

Entsprechend den einschlägigen Richtlinien ist eine Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe I nach einer Beobachtungszeit von 6 Monaten nunmehr wieder gegeben. Die Prognose hinsichtlich einer weiteren Anfallsfreiheit ist an sich gut. Mittelfristig ist ein Ausschleichen der Medikation geplant und auch sinnvoll.

Eine Befristung der Lenkerberechtigung auf 3 Jahre ist ausreichend.“

 

Diese fachärztliche Stellungnahme ist am 26.6.2013 der Amtsärztin zugeleitet worden. Sie wurde jedoch vorerst ebenfalls als nicht mit den Richtlinien in Einklang ausgeführt erachtet, sodass diese mit ergänzenden Fragen an den Fachgutachter zurückgeleitet wurde.

Mit dessen Stellungnahme vom 11.7.2013 wurde dem Ergänzungsauftrag entsprochen, wobei das positive Kalkül bekräftigt wurde.

Seitens der Amtsärztin wurde der fachgutachterlichen Stellungnahme im Ergebnis beigetreten, wobei „zur Kontrolle der Nachhaltigkeit der Anlassfreiheit die Befristung und Auflage“ eine Einschränkung erforderlich erachtet wurde.

Diese Empfehlung erscheint schlüssig und nachvollziehbar, sodass dieser im Einklang mit dem Berufungswerber auch vom Unabhängigen Verwaltungssenat gefolgt werden kann.

Wenngleich sich aus dem Gutachten keine Anhaltspunkte nachvollziehen lassen, dass mit einer Verschlechterung des Zustandes oder sogar mit einer Wiederholung eines spezifischen Anfalls zu rechnen wäre, kann die aus ärztlicher Sicht für erforderlich erachtete Einschränkung als mit der gesetzlichen Intention in Einklang gesehen werden.

 

Dem Berufungswerber wurde eine Medikation für vorerst sechs Monate verordnet, wobei seitens der Amtsärztin unter Bezugnahme auf die fachärztliche Empfehlung vom Berufungswerber eine antikonvulsive Therapie bis zu einer mindestens zweijährigen Anfallsfreiheit weitergeführt und schrittweise ausgeschlichen werden soll. Anschließend wird im Falle einer fortbestehenden Anfallsfreiheit eine unbeschränkte Lenkberechtigung in Aussicht gestellt.

 

Die Amtsärztin hat sich mit dieser positiven fachärztlichen Stellungnahme in ihrem Gutachten im Detail auseinander gesetzt und darauf basierend ihr schlüssig scheinendes Gutachten erstattet. Die hier von der Amtsärztin ursprünglich angezogenen Richtlinien wären nach h.Ü. wohl keine taugliche Grundlage ein Fachgutachten nicht anzuerkennen bzw. einen Fachgutachter ohne behördliche Befassung an Formalismen zu binden und dadurch letztlich die Entscheidung unverhältnismäßig zu verzögern. Die hier von der Amtsärztin ins Treffen geführten Begutachtungsrichtlinie basieren nämlich auf eine zwischenzeitig geänderte Bestimmung, welche entgegen der früheren Fassung des § 12 die Thematik Epilepsie mit dem § 12a FSG-GV durch BGBl. II Nr. 280/2011 mit Wirkung 1.10.2011 deutlich umfassender regelt.

 

Im Rahmen dieses Berufungsverfahrens konnte letztlich in konstruktiver Zusammenarbeit mit der für die Behörde erster Instanz tätige Amtsärztin das Verfahren ohne wesentliche Verzögerung zur Entscheidungsreife gebracht werden.

Die Begutachtungsrichtlinien besagen unter Hinweis auf den damals geltenden § 12 Abs.3 (nunmehr § 12a FSG-GV) in deren Zusammenfassung zu epileptischen Anfallserkrankungen, dass nur wiederkehrende epileptische Anfälle die gesundheitlichen Eignungsvoraussetzungen ausschließen bzw.  eine Lenkberechtigung von einer „befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme“ abhängig machen. 

 

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9).

Nach § 24 Abs.1 ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken…..

 

Anders als im Erteilungsverfahren trifft im Entziehungsverfahren jedoch  die Behörde die Verpflichtung eine allfällige Nichteignung nachzuweisen und nicht umgekehrt dem Betroffenen die Verpflichtung im Rahmen eines Gutachtertourismus seine Eignung gegenüber dem Amtsarzt oder einer Amtsärztin zu beweisen.

Bei Epilepsie handelt es sich um eine Erkrankung iSd § 5 Abs.1 Z3 FSG-GV 1997, bei der es zu unvorhersehbaren Bewusstseinsstörungen oder –trübungen kommt. Sie stellt jedoch keinen absoluten Ausschließungsgrund für die Erteilung einer Lenkberechtigung dar, es kann vielmehr gemäß § 12 Abs.2 FSG-GV 1997 Personen, eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 begründend auf einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme erteilt bzw. wieder erteilt werden.

Der den Begutachtungsleitlinien in deren Punk 3.7.5 abzuleitende Inhalt räumt dezidiert ärztliches Ermessen ein (Fn. 99).

Sie wären jedoch nicht so auszulegen, dass damit einem Fachgutachter hinsichtlich der Eignungsbeurteilung die Hände gebunden wären. Vielmehr lassen die darin katalogisiert angeführten Beispiele durchaus Beurteilungsspielräume offen. Es handelt sich um „Richtlinien“ welche weder Gesetzes- noch Verordnungscharakter haben. Nicht zuletzt hat sich ein Gutachter auch an behördliche Vorgaben zu halten und seine Aufgabe als Hilfsorgan der Behörde (hier des UVS) ist jedenfalls nicht die eigenmächtige Auslegung von Richtlinien.

Zuletzt hat die Behörde die Verpflichtung eine Entscheidung in vertretbarer Zeit zu treffen.

 

Gemäß § 12 Abs.3a FSG-GV kann Personen, die einen erstmaligen Anfall erlitten haben, eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 nach einer anfallsfreien Zeit von sechs Monaten, eine Lenkberechtigung der Gruppe 2 nach einer anfallsfreien Zeit von fünf Jahren erteilt oder belassen werden. Dieser Zeitraum kann entfallen, wenn der Anfall auf eine erkennbare und vermeidbare Ursache zurückzuführen ist, deren Auftreten am Steuer unwahrscheinlich ist (provozierter Anfall). Bei nicht provozierten Anfällen kann der Zeitraum in Einzelfällen aufgrund einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme verkürzt werden.

 

Auch hier hing der Ausgang des Berufungsverfahrens  entscheidend von der Beantwortung der Frage ab, ob der Berufungswerber im Hinblick auf die im amtsärztlichen Sachverständigengutachten enthaltenen Feststellungen über seinen Gesundheitszustand zu den in § 12a Abs.2 FSG-GV genannten Personen zu zählen ist, die unter epileptischen Anfällen oder anderen anfallsartigen Bewusstseinsstörungen oder -trübungen leiden und denen nach dem letzten Satz dieser Verordnungsstelle keine Lenkberechtigung der Gruppe 2 erteilt oder belassen werden darf.

 

Die belangte Behörde hat diese Frage vorerst durchaus begründet bejaht, obwohl die dem Auftreten epileptischer Anfälle zugrunde liegende Hirnstörung bereits operativ behoben worden war, wobei dies offenbar schon damals zwei Fachgutachter zum Anlass einer „befürwortenden Stellungnahme“ gemacht hatten. 

Wie bereits auch vom Verwaltungsgerichtshof in einem Erkenntnis dargelegt, „leidet eine Person nur dann unter epileptischen Anfällen“, wenn solche Anfälle wiederholt, wenn auch in unregelmäßigen oder größeren Abständen auftreten, sodass im Zeitpunkt der von der Behörde zu treffenden Entscheidung damit gerechnet werden muss, dass ein solcher Anfall in absehbarer Zeit wieder auftreten kann. Wenn aber, wie es auf Basis der aktuellen Begutachtung zwischenzeitig hier der Fall ist eine bereits halbjährige Anfallsfreiheit besteht, wobei die Ursache für den Anfall hier behoben wurde und die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines neuerlichen Anfalles im Hinblick auf diese Umstände gutachterlich abgesichert zumindest nicht mehr akut zu erwarten ist, kann nicht mehr davon die Rede sein, dass die betreffende Person unter epileptischen Anfällen "leidet".

Die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Auffassung der belangten Behörde – damals wohl durchaus noch zu Recht – ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mehr zutreffend. Die Gefahr, dass solche Personen aufgrund ihres Gesundheitszustandes und der davon ausgehenden Auswirkungen die Sicherheit im Straßenverkehr gefährden können, ist auch hier im Sinne der Judikatur im vertretbarem Umfang nicht anzunehmen (vgl. VwGH 4.10.2000, 2000/11/0043).“

Die Befristung und Auflage wird auf die fachärztliche Stellungnahme sowie das amtsärztliche Gutachten und letztlich auf § 12a Abs.1 FSG-GV gestützt und scheint – soweit überhaupt überblickbar -  auch von der diesbezüglich stringenten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gedeckt.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von € 14,30 angefallen.

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

 

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