Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167168/2/Kei/Bb/AK

Linz, 18.07.2013

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung der Mag. x, geb. x, vertreten durch Mag. x, Rechtsabteilung des OÖAMTC, xstraße x, x x, vom 6. August 2012, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz (nunmehr Landespolizeidirektion Oberösterreich) vom 20. Juli 2012, GZ CSt-2994/LZ/12, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), zu Recht erkannt:

 

 

I.        Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt.

 

II.        Für die Berufungswerberin entfällt die Verpflichtung zur Leistung von jeglichen Verfahrenskostenbeiträgen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm

§§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 65 und § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 20. Juli 2012, GZ CSt-2994/LZ/12, wurde über Mag. x (die Berufungswerberin – im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs.1 lit.a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von 72 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 36 Stunden, verhängt. Weiters wurde sie zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages erster Instanz in der Höhe von 7,20 Euro verpflichtet.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde (auszugsweise Wiedergabe):


„Sie haben am 16.12.2011 um 23:08 Uhr in x, x, das KFZ mit dem Kennzeichen x entgegen dem Vorschriftszeichen ‚Halten und Parken verboten‘ mit der Zusatztafel ‚ausgenommen dauernd stark gehbehinderte Personen‘ abgestellt, obwohl das Fahrzeug nicht nach der Bestimmung des § 29b Abs.4 StVO gekennzeichnet war.“

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis, dass der Bw im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung am 24. Juli 2012 nachweislich zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitig – mit Schriftsatz vom 6. August 2012 – eingebrachte Berufung, mit der beantragt wird, das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Zur Begründung ihres Rechtsmittels trägt die Bw unter anderem vor, dass die tatörtliche Beschilderung zur Tatzeit missverständlich und verwirrend gewesen sei. Als aufmerksamer Straßenverkehrsteilnehmer hätte sie davon ausgehen dürfen, dass ein Abstellen des Fahrzeuges außerhalb der auf der Zusatztafel angeführten Zeiten zulässig war.

 

3. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufungsschrift unter Anschluss des Verwaltungsstrafaktes mit Vorlageschreiben vom 23. August 2012, GZ Cst 2994/12, ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates zur Entscheidungsfindung (§ 51 Abs.1 VStG). Gemäß § 51c VStG entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt.

 

Die Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte angesichts der Tatsache, dass auf Grund der Aktenlage iVm dem Parteienvorbringen feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, unterbleiben (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

4.1. Es ergibt sich – nach der sich darstellenden Aktenlage – für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender  maßgeblicher Sachverhalt:

 

Der auf die Bw zugelassene Pkw mit dem Kennzeichen x war am 16. Dezember 2011 um 23.08 Uhr – wie von einem Straßenaufsichtsorgan der Polizeiinspektion Linz-Landhaus festgestellt wurde - in x, x, im Bereich des dortigen Halte- und Parkverbot „ausgenommen dauernd stark gehbehinderte Personen" abgestellt. Im Fahrzeug war zur gegenständlichen Tatzeit kein Ausweis gemäß § 29b StVO hinterlegt. Auf Grund einer Lenkerauskunft ergibt sich, dass das Fahrzeug von der Bw am Tatort abgestellt worden war.

 

Die konkrete Tatortörtlichkeit war zur Tatzeit nach den im Verwaltungsakt erliegenden Lichtbildern derart beschildert, als auf einer Anbringungsvorrichtung folgende Straßenverkehrszeichen senkrecht angebracht waren: Auf der entsprechenden Säule befand sich zunächst ein verdecktes Verkehrszeichen und darunter eine Zusatztafel gemäß § 54 StVO mit der Aufschrift: „werktags Mo-Fr 8.00-18.30, Sa 8.00-12.00“. Unter dieser Zusatztafel war ein Vorschriftszeichen gemäß § 52 lit.a Z13b StVO („Halten und Parken verboten“) und darunter eine Zusatztafel gemäß § 54 Abs.5 lit.h StVO („ausgenommen dauernd stark gehbehinderte Personen“) angebracht.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat darüber in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 lit.a StVO ist das Halten und das Parken im Bereich des Vorschriftszeichens "Halten und Parken verboten" nach Maßgabe der Bestimmungen des § 52 Z13b verboten.

 

5.2. Die Bw bestreitet grundsätzlich nicht die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der in Rede stehenden Verwaltungsvorschrift des § 24 Abs.1 lit.a StVO, sondern ihr Verschulden an dieser Übertretung, indem sie sich auf eine unklare und irreführende Beschilderung beruft.

 

Damit ist sie im Ergebnis im Recht: Die für das gegenständliche Verfahren maßgebliche Beschilderung des Tatortes lässt nämlich tatsächlich, jedenfalls aus der Sicht eines durchschnittlichen Normunterworfenen, die Auslegung zu, dass zu den auf der Zusatztafel angeführten Zeiten ein Halte- und Parkverbot, „ausgenommen für dauernd stark gehbehinderte Personen“, besteht und außerhalb dieser Zeiten das Halten und Parken allgemein erlaubt ist.

 

Nach verwaltungsgerichtlicher Judikatur ist an jede Norm die Anforderung zu stellen, dass diese so deutlich und klar formuliert wird, dass die Rechtsunterworfenen unschwer erkennen können, wie sie sich zu verhalten haben, um nicht strafbar zu werden. Der VwGH hat dazu ausgesprochen, dass jede Unklarheit in dieser Hinsicht zu Gunsten des Rechtsunterworfenen ausgelegt werden muss (vgl. z. B. VwGH 19. Jänner 1967, 1107/66).

 

Mehrere bei einem Verkehrszeichen angebrachte Zusatztafeln sind nicht grundsätzlich unabhängig voneinander auf das Verkehrszeichen bezogen zu lesen. Ist aber infolge der Anbringung mehrerer Zusatztafeln eine mehrfache Auslegung eines Straßenverkehrszeichens vertretbar, dann trifft den Zuwiderhandelnden kein Verschulden, wenn er den beabsichtigten Inhalt der Vorschrift verkennt (VwGH 27. Jänner 1966, 729/65 – zitiert in Messiner, StVO, 10. Auflage, E 2 zu § 54 StVO, Seite 1000).

 

Der Lenker eines Kfz kann sich für den Fall, dass eine Zusatztafel eine mehrfache Deutung zulässt, auf die Unkenntnis der Vorschriften berufen, und diese Unkenntnis fällt nicht dem Lenker eines Kfz, sondern der Behörde zur Last, weil diese die Anordnung des § 54 Abs.2 StVO nicht befolgt hat (VwGH 19. November 1982, 2695/80).

 

Unter Berücksichtigung der zitierten Judikatur des VwGH kann daher dem Berufungsvorbringen nicht entgegengetreten werden und sohin der Bw ihr Verhalten nicht zum Vorwurf gemacht werden.

 

Der Berufung war daher Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen (§ 45 Abs.1 Z2 VStG).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Dr.  Michael  K e i n b e r g e r

 

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