Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401320/6/MB/Rt

Linz, 25.07.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde des P alias P F alias R, geb. 1.Jänner alias 1. Februar  alias 2. Jänner, StA von Afghanistan, derzeit aufhältig im: PAZ W, vertreten durch die D F GmbH und die V F M, wegen Anhaltung in Schubhaft seit dem 1. Juli 2013 durch den Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

 

I.        Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

II.     Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 112/2011) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 1. Juli 2013, GZ.: Sich40-2254-2013, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf Basis des § 76 Abs. 2a Z 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG idgF zur Sicherung der Abschiebung (§ 46 FPG) und zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 AsylG) die Schubhaft angeordnet und im PAZ S, sowie ab dem 5. Juli 2013 im PAZ W vollzogen. Der Bf befindet sich im Entscheidungszeitpunkt des Oö. Verwaltungssenates weiterhin im Stande der Schubhaft (seit dem 1. Juli 2013).

 

Begründend führt die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt aus:

„Sie wurden am 18.052013 bei der EAST-Ost vorstellig und stellten einen Antrag auf Internationalen Schutz in Österreich (Asyl). Sie gaben dabei die Identität P F, geb. 01.01., StA. v. Afghanistan an. Im Zuge Ihrer Asylantragstellung (AIS 13 06.488) waren Sie weder im Stande sich mit einem Nationalreisepass auszuweisen, noch konnten Sie den Besitz eines für den Schengenraum gültigen Einreise- oder Aufenthaltstitels nachweisen. Ebenso waren Sie auch nicht im Stande ein anderweitiges staatlich ausgestelltes Dokument, welches einen Rückschluss auf Ihre Identität zulassen würde, in Vorlage zu bringen.“

 

Sodann erfolgt die wörtliche Wiedergabe der Erstbefragung nach dem AsylG vor der PI T EAST vom 19. Mai 2013. Hieraus folgert die belangte Behörde:

„Ihre wesentlichen Aussagen dieser Erstbefragung kurz Zusammengefasst, führen Sie aus, Sie seien vor 4 Monaten mit der Familie nach PAKISTAN gegangen. Ihren Reisepass hätten Sie in AFGHANISTAN gelassen, da Sie Ihn nicht brauchen würden. Sie seien dann illegal über den IRAN und die TÜRKEI nach GRIECHENLAND eingereist, seien von der Polizei aufgegriffen worden und hätten einen "Landesverweis" erhalten. Sie hätten sich dann von Athen aus mit Schiff und LKW illegal und schlepperunterstützt nach Österreich begeben. Ihr Reiseziel sei Österreich gewesen. Sie seien in GRIECHENLAND angehalten worden, Ihnen seien die Fingerabdrücke abgenommen worden, Asylantrag hätten Sie jedoch in keinem anderen Land gestellt. Nach GRIECHENLAND würden Sie nicht zurückwollen. Die Kosten Ihrer Reise hätten USD 12.000,-- betragen. Erst nach Konfrontation mit dem EURODAC Treffer zu Ihrer Asylantragstellung in UNGARN führten Sie aus: " Ich wurde in UNGARN verhaftet. Mir wurden die Fingerabdrücke abgenommen. Sie haben gesagt wenn ich nicht um Asyl ansuche, werden sie mich ins Gefängnis stecken. Ich habe Angst nach UNGARN abgeschoben zu werden. Ich bin dort sogar krank geworden." Sie seien ca. 20 Tage in Bekecsaba und Debrecen, UNGARN gewesen und hätten UNGARN ohne die Entscheidung über Ihr dortiges Asylbegehren abzuwarten am 17.05.2013 illegal und schlepperunterstützt mit dem PKW nach Wien verlassen. Sie hätten dafür € 400,-- bezahlt. Sie hätten keinerlei Barmittel und würden auch keine anderweitige Unterstützung erhalten. Familienangehörige in Österreich oder einem anderen EU-Land hätten Sie nicht.

 

Im Anschluss wurden Sie in der EAST-Ost vorläufig untergebracht. Dzt. befinden Sie sich in der EAST-West. Über einen anderweitigen Wohnsitz im Bundesgebiet, außer jenem der Ihnen durch die Behörde zugewiesen wurde, verfügen Sie nicht. Im Zuge der geführten weiteren Erhebungen wurde mittels Abgleich Ihrer Fingerabdrücke in Erfahrung gebracht, dass – ehe Sie illegal ins Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist sind – bereits folgende erkennungsdienstliche Behandlung im Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu Ihrer Person vorliegt:

 

23.04.2013: Asylantragstellung Bah Drig Bcs (Ungarn)

 

Weder anlässlich der Einbringung Ihres Asylantrages noch während Ihres weiteren Gastaufenthaltes in Österreich waren Sie bislang im Stande ein Nationalreisedokument oder ein anderweitiges Identitätsdokument den österreichischen Behörden in Vorlage zu bringen.

===> Ihre tatsächliche Identität ist demzufolge nicht gesichert!

 

Dem seitens der österr. Asylbehörde zu Ihrem Asylantrag am 22.05.2013 eingeleiteten Wiederaufnahmeersuchen an UNGARN wurde mit Schreiben der ungarischen Behörde für Migration vom 27.05.2013 zugestimmt. Der EU-Staat UNGARN erklärte sich gemäß den Bestimmungen des Dubliner Abkommens für Ihre Übernahme sowie für die Durchführung der Prüfung Ihres Asylbegehrens zuständig. Zudem wurde seitens der ungarischen Behörden mitgeteilt, dass Sie anlässlich Ihrer dortigen Asylantragstellung folgende Identitätsangaben tätigten:

P R, geb. 01.01., StA. v. Afghanistan.“

 

Nachfolgend führt die belangte Behörde aus:

Am 03.06.2013 wurden Sie im Rahmen des Zulassungsverfahrens vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West neuerlich befragt. Die wesentlichen Teile dieser Einvernahme gestalten sich wie folgt:

 

F: Ihre Muttersprache ist DARI, Sie sprechen aber auch FARSI und ein wenig Englisch. Sind Sie damit einverstanden, dass die Einvernahme in der  Sprache DARI durchgeführt wird?

A: Ja.

F: Verstehen Sie den Dolmetscher einwandfrei?

A: Ja.

... Belehrung ...

F: Haben Sie das verstanden?

A: Ja.

F: Haben Sie die Merk- und Informationsblätter zum Asylverfahren in einer Ihnen verständlichen Sprache erhalten?

A:  Ja.

F: Sind Sie in Ihrem Asylverfahren vertreten (Rechtsanwalt, etc.)?

A: Nein.

F: Fühlen Sie sich körperlich und geistig in der Lage, die Einvernahme durchzuführen?

A: Ja.

F: Leiden Sie oder an irgendwelchen Krankheiten oder nehmen Sie Medikamente?

A: Ja, ich habe eine Hautkrankheit. Ich habe am ganzen Körper rote Flecken. Ich hab ein T vorher gesagt, dass es mir nicht gut geht, sie wollten aber trotzdem die Einvernahme machen.

F: Waren sie bei einem Arzt oder sind sie in ärztlicher Behandlung?

A: Ja, hier in D.

F: Gibt es diesbezüglich schriftliche Unterlagen (Befunde, Gutachten, ärztliche Bestätigungen oder ähnliches)?

A: Ich habe nur ein Rezept bekommen für ein Medikament.

F. Seit wann leiden Sie an dieser Hautauffälligkeit?

A: Seit ich in Ungarn war, weil die Flüchtlingsheime waren so dreckig.

F: Haben Sie sich deswegen an die Leitung des Flüchtlingslagers gewandt?

A: Ich war nicht allein in diesem Flüchtlingsheim mit dieser Hautkrankheit und ich hatte sogar Fieber, der Betreuer hat mir nur eine Tablette gegeben.

F: Haben Sie verlangt, zu einem Arzt zu gehen?

A: Ja, ich war bei einem Arzt. Dieser hat gesagt, dass ich nicht nach Ungarn hätte kommen sollen. Er hat gar nichts weiter getan. Ich habe diese Hautkrankheit bereits nach einer Woche bekommen.

F: Sind Sie damit einverstanden, dass ho. Behörde Einsicht in bereits vorliegende und künftig erhobene ärztliche Befunde nehmen kann, sowie dass die Sie behandelnden Ärzte, als auch behördlich bestellte ärztliche Gutachter wechselseitig Informationen zu den Ihre Person betreffenden erhobenen ärztlichen Befunde austauschen können? Sind Sie weiters mit der Weitergabe Ihrer medizinischen Daten an die Sicherheitsbehörde und die für die Grundversorgung zuständigen Stellen einverstanden? Sie werden darauf hingewiesen, dass ein Widerruf Ihrer Zustimmung jederzeit möglich ist.

A:  Ja, ich bin damit einverstanden. Ich habe heute einen Termin bei einem Facharzt.

F: Sind die Angaben, die Sie im Rahmen der Erstbefragung am 19.05.2013 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gemacht haben, richtig, vollständig und wahrheitsgetreu? Entsprechen vor allem jene Angaben, die Sie über Ihre Reiseroute abgegeben haben, der Wahrheit?

A: Ja, die Angaben stimmen, aber ich möchte mein Geburtsdatum korrigieren. Es lautet 10.02. und nicht 01.01.

F: Haben Sie Verwandte oder sonstige Bezugspersonen in Österreich ?

A: Nein. Vielleicht entfernte Verwandte, aber sonst nicht.

F: Haben Sie Verwandte oder sonstige nahe Angehörige innerhalb der Europäischen Union?

A: Nein. Nur entfernte Verwandte.

F: Besitzen Sie Dokumente, welche Ihre Identität bestätigen?

A: Nein, zu Hause habe ich meine Geburtsurkunde.

F. Was war Ihr eigentliches Zielland?

A: Ich wollte von Anfang an nach Österreich.

F. Warum gerade Österreich ?

A: Weil ich sehr gutes von Österreich gehört habe.

V: Spätestens am 19.05.2013 reisten Sie direkt von Ungarn kommend illegal nach Österreich und stellten gegenständlichen Asylantrag. Aufgrund Ihrer Angaben und  eines aktuellen Eurodac Treffers zu UNGARN wurden anschließend Konsultationen mit UNGARN gemäß der Dublin II Verordnung geführt.

Der Staat UNGARN stimmte in Ihrem Fall bereits mit Anschreiben vom 27.05.2013 gem. Art. 16 (1) c der Dublin II Verordnung zu. Seitens des BAA ist nunmehr geplant, dass der gegenständliche Antrag auf int. Schutz gem. § 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird und weiters Sie aus dem österr. Bundesgebiet nach UNGARN ausgewiesen werden.

Dazu wird Ihnen mitgeteilt, dass sie am 22.05.2013 bereits eine Mitteilung gem. § 29 Abs. 3 AsylG 2005 über ihre Ausweisung nach UNGARN incl. der aktuellen Länderfeststellungen zu UNGARN  nachweislich erhalten haben.

F: Wollen Sie nun konkrete Gründe nennen, die dem entgegenstehen?

A: Wie ich bereits vorher gesagt habe, will ich nicht nach Ungarn wegen der medizinischen Versorgung. Die Flüchtlingsheime sind unsauber und es gibt dort dauernd Streitigkeiten. Am 05.02.2013 gab es eine Auseinandersetzung zwischen zwei Arabern, einer wurde mit einem Messer verletzt. Die Polizei achtet überhaupt nicht auf solche Vorfälle.

F: Haben Sie sich aufgrund dieses Vorfalls an die Polizei, die Lagerleitung oder an eine sonstige Sicherheitsdienststelle gewandt?

A: Es gab so viele Diebstähle in unserem Flüchtlingsheim, ich war mit anderen Flüchtlingen bei der Polizei, aber die Polizei hat uns lächerlich gemacht. Er hat gesagt, ob wir eine Videokamera hätten. Ohne Beweismittel könne er auch nichts tun. Ich habe mit der Polizei gesprochen, und gefragt warum er auf solche Diebstähle nicht achtet und er hat nur gesagt, dass er dort gar nichts tut, denn sonst wird die Polizei dort von den Asylwerbern geschlagen.

F: Möchten Sie sich zu den Länderfeststellungen äußern?

A: Nein, weil ich habe sie nicht lesen können.

Anmerkung: Der Antragssteller wird dahingehend manuduziert, sich mit der Fr. Rechtsberaterin oder einer Hilfsorganisation deswegen in Verbindung zu setzen.

 

Die Berichtsquellen über UNGARN werden als Beilage zur EV angehängt.

 

Zum Umstand, dass Ihnen die Länderinformationen in deutscher Sprache zur Abgabe einer Stellungnahme übermittelt wurden, wird auf Folgendes hingewiesen:

§ 39a AVG regelt nur den mündlichen Verkehr mit der Behörde, begründet aber keinen Anspruch auf die Verwendung einer fremden Sprache im Schriftverkehr mit den Beteiligten; insbesondere ist die Beifügung einer Übersetzung eines Schriftstückes nicht vorgesehen (Ringhofer I, 367; VwGH 11.1.1989, Zl. 88/01/0187; 1.2.1989, Zl. 88/01/0330).

 

F: Hatten Sie ausreichend Gelegenheit, alle Probleme bzw. Anliegen zu schildern oder möchten Sie etwas ergänzen?

A: Ich will nicht nach Ungarn, die Gründe habe ich bereits angeführt.

 

Die Frau Rechtsberaterin hat folgende Fragen oder Vorbringen.

 

F. Sie sagten, es war so schmutzig im Flüchtlingslager. Können Sie das bitte näher erläutern!

A: Es gab überhaupt keine Sauberkeit, es wurde nicht regelmäßig geputzt. Wenn ich ein Mobiltelefon gehabt hätte, hätte ich das alles aufgenommen. Ich habe mich dort wie in einem Gefängnis gefühlt, wenn Sie mich wieder zurückschicken nach Ungarn, werde ich nicht dort bleiben.

 

Die Fr. RB. hat keine weiteren Fragen oder Vorbringen.

 

Nach erfolgter Rückübersetzung:

F: Haben Sie den Dolmetscher während der gesamten Befragung einwandfrei verstanden?

A: Ja.

F: Hat Ihnen der Dolmetscher alles rückübersetzt?

A: Ja.

F: Möchten Sie eine Ablichtung der Niederschrift?

A: Ja.

Die Niederschrift wurde mir rückübersetzt. Der Inhalt ist richtig und ich bestätige dies mit meiner Unterschrift.

 

Ihr Asylantrag vom 18.05.2013 wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle West, AZ: 13 06.488, ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Absatz 1 Asylgesetz 2005 als unzulässig zurückgewiesen. Gleich gehend wurde festgestellt, dass für die Prüfung des Asylantrages UNGARN zuständig ist. Ferner wurden Sie mit gleichem Bescheid gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG. 2005 ausgewiesen und gemäß § 10 Abs. 4 AsylG. 2005 wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach UNGARN zulässig ist.

 

Gemäß § 36 Abs. 1 AsylG. 2005 kommt einer Entscheidung, mit der ein Antrag zurückgewiesen wird, eine aufschiebende Wirkung nicht zu. Einer Beschwerde gegen eine mit einer solchen Entscheidung verbundenen Ausweisung kommt die aufschiebende Wirkung nur zu, wenn sie vom Asylgerichtshof zuerkannt wird.

 

Dieser zitierte Bescheid wurde Ihnen am 01.07.2013 in der Erstaufnahmestelle West in 4880 St. Georgen i. A. persönlich ausgefolgt.

 

Am 01.07.2013, um 11:40 Uhr – und demzufolge im unmittelbaren Anschluss nachdem Ihnen seitens des BAA EAST-West der zurückweisende Asylbescheid ausgefolgt worden ist – wurden Sie von Beamten der Polizeiinspektion S in der Erstaufnahmestelle X, D, im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zur Erlassung der Schubhaft nach den Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 festgenommen.

 

Seitens der BH Vöcklabruck wird festgehalten, dass Sie sich gegenwärtig – nachdem Sie nicht im Besitz eines Aufenthaltsrechtes für Österreich sind und Sie zudem in Ihrem Asylverfahren durchsetzbar aus dem österreichischen Bundesgebiet nach UNGARN ausgewiesen wurden – unberechtigt im Bundesgebiet aufhalten.

 

Weiters sind Sie – abgesehen eines gegenwärtig in Ihrem Besitz stehenden Bargeldbetrages in der Höhe von Euro 22,50 – mittellos.

 

Bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 76 Abs. 2a FPG. hat die Behörde – im Gegensatz zu der Rechtsnorm des § 76 Abs. 2 FPG. – kein Ermessen im Hinblick auf die Anwendung Gelinderer Mittel gemäß § 77 FPG 2005. Es bleibt jedoch zu prüfen, ob die Sicherung der Abschiebung bzw. des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung mittels Schubhaft notwendig ist und ob in der Person des Asylwerbers gelegene, besondere Umstände der Schubhaft entgegenstehen.

 

Hinsichtlich der Notwendigkeit wird festgehalten, dass in Fällen, in denen der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wurde und gleich gehend eine durchsetzbare Ausweisung in den (gemäß den Bestimmungen der Dublin-II-Verordnung) für die Prüfung des Antrages zuständigen Staat verfügt wurde, durch die im Fremdenrechtsänderungsgesetz (FRÄG) 2009 geänderten Rechtsbestimmungen (und bei Vorliegen einer Ausreiseunwilligkeit) ein Sicherungsbedarf bereits indiziert ist. Mit einer zeitnahen Abschiebung nach UNGARN ist in Ihrem Fall jedenfalls zu rechnen, zumal sich Ihr Asylverfahren im finalen Stadium befindet und selbst im Falle des Einbringens einer Beschwerde im Asyl- und Ausweisungsverfahren (bei Ausweisungen in einen EU-Staat ===> verkürzte Rechtsmittelfrist ===> 1 Woche!) von einer zeitlich sehr kurzen Anhaltung in der Schubhaft auszugehen ist.

 

Die Gesamtheit Ihrer Handlungsweise und Ihrer Aussagen im Asylverfahren lassen in schlüssiger und nachvollziehbarer Form Ihre offensichtliche und kategorische Abneigung gegen den EU-Staat UNGARN erkennen. Es ist offensichtlich, dass Sie den EU-Staat UNGARN als vollkommen ungeeignet halten um ein (neuerliches) Asylbegehren einzubringen, dieses im Rahmen eines rechtsstaatlichen Verfahrens prüfen zu lassen und um sich zur Verfügung der dortigen Behörden zu halten.

 

Sie nehmen für Ihre Vorhaben, nämlich Ihr Reiseziel bzw. zumindest Reisezwischenziel (Österreich) zu erreichen mehrere illegale Grenzübertritte innerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ganz bewusst in Kauf, welche sich jedoch (objektiv betrachtet) keinesfalls mit einer allfälligen Bedrohung oder Verfolgung in Ihrem Herkunftsstaat AFGHANISTAN rechtfertigen lässt.

 

Nicht nur alleine Ihr Verhalten in Österreich (illegale, schlepperunterstützte Weiterreise innerhalb der Mitgliedsstaaten der EU, Leugnung der Asylantragstellung in UNGARN, Einräumung der selben erst nach Konfrontation mit dem dazu vorliegenden EURODAC-Treffer, Asylantragstellung in mehreren Mitgliedstaaten ohne den Ausgang der Verfahren abzuwarten, mangelnde Bereitschaft freiwillig nach UNGARN zurückzukehren, Ankündigung, Ihr dortiges Verfahren neuerlich nicht abzuwarten und sich den dortigen Behörden neuerlich nicht zur Verfügung zu halten) zeigt auf, dass Sie keinesfalls gewillt sind, sich der Abschiebung nach UNGARN zu stellen, um sich dort dem Asylverfahren zu unterziehen. Obwohl Sie mit dem vorliegenden EURODAC-Treffer und der damit eindeutig belegten Asylantragstellung in UNGRAN konfrontiert wurden, räumten Sie diese ein, gaben jedoch mit Nachdruck an, nicht dorthin zurückkehren zu wollen. Bereits zu beginn Ihrer Befragung vor dem BAA am 03.06.2013 gaben Sie an, alle Ihre Angaben aus der Erstbefragung entsprächen der Wahrheit. Lediglich in Bezug auf Ihr Geburtsdatum gaben Sie eine Korrektur auf 01.02.1986 bekannt. Im krassen Widerspruch dazu stehen jene Identitätsdaten die Sie vor den ungarischen Behörden anlässlich Ihres dortigen Asylbegehrens angegeben haben. Dort führten Sie aus P R, geb. 01.01., StA. v. AFGHANISTAN zu sein. Offensichtlich versuchen Sie durch bewusste Falschangaben die Sachverhaltsfeststellung gezielt zu erschweren, eine Rücküberstellung in den für Sie zuständigen Dublinstaat UNGARN damit zu verzögern und sich so einen zumindest für wenige Tage längeren Aufenthalt in Ihrem deklarierten Zielland Österreich zu erschleichen.

 

Auch der Umgang mit den ungarischen Behörden weist in diese Richtung. Anstelle sich zur Verfügung der Behörden zu halten und die rechtsstaatliche Entscheidung über den von Ihnen in UNGARN eingebrachten Asylantrag abzuwarten, oder aber legal UNGARN zu verlassen, haben Sie es vorgezogen zuerst in die Illegalität in UNGARN unterzutauchen und illegal und schlepperunterstützt nach Österreich auszureisen. Mit der Asylantragstellung in Österreich wollten Sie Ihren Aufenthalt in Österreich zumindest temporär legalisieren, eine Abschiebung/Zurückschiebung nach UNGARN hintanhalten und das in der Dublin-VO vorgesehene Regelungsregime damit unterlaufen.

 

Zu Ihrer augenscheinlich vehementen Rückkehrunwilligkeit in den für Sie Zuständigen EU-Staat UNGARN kommt noch hinzu, dass Sie Ihr dortiges Asylbegehren unter von Ihrer in Österreich angegebenen Identität abweichenden Personalien gestellt haben. Sie legten zudem bisher weder im Asyl- noch im Fremdenpolizeilichen Verfahren ein Reise- oder sonstiges Identitätsdokument vor. Befragt, geben Sie an einen afghanischen Reisepass und zu besitzen, diese jedoch in AFGHANISTAN zurückgelassen zu haben. Sie halten sich nun bereits mehrere Wochen in Österreich auf und hätten somit ausreichend Gelegenheit gehabt sich diese Dokumente schicken zu lassen und sich so an der Feststellung Ihrer wahren Identität zu beteiligen.

 

Auch sind Sie nicht in der Lage über den Stand des Asylverfahrens in UNGARN Auskunft zu geben bzw. Schriftstücke und Dokumente zu Ihrem dortigen Verfahren beizubringen. Zudem stellen Sie mit Ihren Aussagen – denen durch das BAA kein Wahrheitsgehalt beigemessen wurde – die Staatendokumentation des BAA, die sich zur Lage in UNGARN auf eine Vielzahl von behördlichen und unabhängigen Stellen beruft, in Frage.

 

Nach Ansicht der bescheiderlassenden Behörde ist dem von Ihnen praktizierten „Asylantragstourismus“ mit aller Entschiedenheit entgegen zu treten um für ein geordnetes Fremdenwesen zu sorgen.

 

Bei der Bewertung der Wahl Ihrer Mittel zur Erreichung Ihres nachhaltigen Zieles (Aufenthalt in Österreich bzw. in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, wenngleich auch unrechtmäßig, mittellos und unstet und unter tunlichster Vermeidung eines weiteren Aufenthaltes im EU-Land UNGARN) ist im vorliegenden Fall von einem besonders hohen Sicherungsbedarf auszugehen und zu attestieren, dass Sie sich – auf freien Fuß belassen – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem Zugriff der Behörden entziehen werden um eine Außerlandesbringung von Österreich nach UNGARN mit Erfolg zur Gänze zu vereiteln oder um diese Maßnahmen zumindest temporär wesentlich zu erschweren und zu verzögern. Kündigen Sie dies in Ihrer Einvernahme vom 03.06.2013 sogar an in dem Sie ausführen: "Wenn Sie mich nach wieder zurückschicken nach UNGARN, werde ich nicht dort bleiben.!"

 

In den Fällen des § 76 Abs. 2a FPG 2005 ist von der Verhängung der Schubhaft lediglich in absoluten Ausnahmefällen abzusehen; Konkret stehen der Schubhaft besondere Umstände in der Person des Asylwerbers entgegen. Laut Regierungsvorlage zum Fremdenrechtsänderungsgesetz (FRÄG) 2009 umfasst der Begriff der besonderen Umstände, die in der Person des Asylwerbers liegen, insbesondere Alter und Gesundheitszustand. So wären beispielsweise bei minderjährigen Asylwerbern, Asylwerber hohen Alters oder in Fällen, in denen der Gesundheitszustand eines Asylwerbers gegen die Einschränkungen einer Schubhaft spricht, vorrangig gelindere Mittel anzuordnen (anstelle der Schubhaft). Derartige Umstände liegen in Ihrem Fall jedoch offenkundig nicht vor, da Sie volljährig sind, keine (nachgewiesenen) familiären und/oder sozialen Pflichten in Österreich zu erfüllen haben und maßgebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht geltend gemacht wurden bzw. solche aus der Aktenlage nicht hervorgehen.

 

Die Anordnung einer Verpflichtung zur Unterkunft bzw. einer Meldeverpflichtung bei einer Polizeiinspektion gem. § 77 Abs. 3 Z 1 + 2 FPG wäre für die Sicherung Ihrer Außerlandesbringung nicht ausreichend, da Sie bereits in der Vergangenheit eindrucksvoll Ihre Ungebundenheit und Mobilität innerhalb der Mitgliedsstaaten der EU unter Beweis gestellt haben. Zudem sind Sie zuletzt im für Sie nach der Dublinverordnung zuständigen Mitgliedsstaat UNGARN in die Anonymität abgetaucht und haben sich so den dortigen Behörden entzogen um damit einer drohenden Abschiebung zu entgehen. Eine Anordnung zur Hinterlegung einer finanziellen Sicherheitsleistung gem. § 77 Abs. 3 Z 3 FPG konnte mangels ausreichen vorhandener Barmittel ebenfalls nicht in Erwägung gezogen werden.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck kommt nach genauer Abwägung im Rahmen einer Einzelfallprüfung des vorliegenden Sachverhaltes zum Ergebnis, dass die Anordnung der Schubhaft zur Sicherung Ihrer Außerlandesbringung von Österreich nach UNGARN verhältnismäßig ist, denn Ihrem Recht als Fremden auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das in diesem Fall überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen (sowie insbesondere die Einhaltung des für die Republik Österreich von nachhaltiger Wichtigkeit bestehenden Regelungsregimes des Dubliner Abkommens) gegenüber.“

 

1.2. Gegen die mit Bescheid vom 1. Juli 2013 verhängte Schubhaft erhob der Bf die Beschwerde vom 19. Juli 2013, welche am 22. Juli 2013 beim Oö. Verwaltungssenat einlangte.

 

Der Bf stellt darin die Anträge:

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge,

§  Den Schubhaftbescheid aufheben und die Festnahme und Anhaltung für rechtswidrig erklären und

§  dem Beschwerdeführer die Schriftsatzaufwand und im Falle der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung auch Verhandlungsaufwandersatz nach § 79a AVG iVm der UVS Aufwandersatzverordnung 2008 zuzusprechen.

 

Begründend führt der Bf zum Sachverhalt zunächst aus:

„Der BF hat sich aus eigenem Antrieb zur Erstaufnahmestelle begeben, um einen Asylantrag zu stellen, nachdem er bereits einen solchen in Ungarn eingebracht hat. Anfangs der Erstbefragung hat er den. Aufenthalt und Asylantragstellung in Ungarn unerwähnt gelassen, erst nach Vorhalt des Treffers hat er darüber ein ausführliches Vorbringen erstattet. In Folge hat er sich den österreichischen Behörden stets zur Verfügung gehalten. Die In Ungarn angegebene Identität weicht nur minimal von der in Österreich angegebenen ab .und es ist nicht auszuschließen, dass die „unterschiedlichen" Identitäten auf eine Unachtsamkeit der beigezogenen Dolmetscher bzw. aufgrund einer verschiedenen Übertragung der im Herkunftsland unterschiedlichen Struktur der Namen (Vatersname) in die europäische „Namensstruktur" zurückzuführen sind. Unmittelbar nach durch persönliche Ausfolgung erfolgter Zustellung des seinen Asylantrag nach § 5 AsylG 2005 zurückweisenden Bescheids wurde er festgenommen und noch am selben Tag die Schubhaft angeordnet. Es hat den Anschein, als ob die belangte Behörde den Beschwerdeführer zur Anordnung der Schubhaft nicht selber einvernommen hat, sondern sich ausschließlich auf Einvernahmen im Asylverfahren stützt. Lediglich der Bargeldbetrag in der Höhe von EUR 22,50 scheint von der Behörde selbst erhoben worden zu sein.“

 

Sodann erfolgt der Abdruck von § 76 FPG idF FrÄG 2011 und des Art 1 des BVG zum Schutz der persönlichen Freiheit. Der Bf folgert daraus die Unverhältnismäßigkeit der Haft, da es die belangte Behörde verabsäumt habe, sich vom Bf einen persönlichen Eindruck zu verschaffen. Sie habe sich lediglich auf den Akteninhalt gestützt. Da bei § 76 Abs 2a FPG jedenfalls ein Sicherungsbedarf vorzuliegen habe, sei der belangten Behörde der Mangel des Ermittlungsverfahrens vorzuwerfen. Dies umso mehr, als der Bf selbst die EAST aufgesucht habe, um den Asylantrag zu stellen. Zudem sei die Prüfung des Sicherungserfordernisses unter Einbeziehung aller Umstände, konkret auf die jeweilige Person durchzuführen.

 

Weiters bringt der Bf vor, dass unrechtmäßig die Nichtanwendung eines gelinderen Mittels erfolgte. Insgesamt hätte sich die belangte Behörde jedenfalls im Rahmen einer Einvernahme davon überzeugen müssen, ob mit einem gelinderen Mittel das Auslangen gefunden werden könne. Worin die Behörde die Ungebundenheit und Mobilität erblickt – worauf sie die Nichtanwendung des gelinderen Mittels stützt – sei nicht erkennbar.

 

2.1. Mit Schreiben vom 22. Juli 2013 legte die belangte Behörde den bezughabenden Akt, samt dazugehöriger Gegenschrift vor und beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Die belangte Behörde nimmt darin wie folgt Stellung:

„Eingangs wird sowie im Besonderen auf den im Schubhaftbescheid vom 01.07.2013 umfassend dokumentierten Sachverhalt sowie auf den Inhalt des in Vorlage gebrachten Verwaltungsaktes verwiesen.

 

Zur, durch die rechtsfreundliche Vertretung des Herrn P, eingebrachten Schubhaftbeschwerde erlaubt sich die BH Vöcklabruck als belangte Behörde zu entgegnen, dass der konkret in diesem Einzelfall vorliegende Sachverhalt von Seiten der belangten Behörde einer Einzelfallprüfung – auch im Hinblick auf eine allfällige Anordnung eines Gelinderen Mittels anstelle der Schubhaft - unterzogen worden ist.

 

Der BF gab, wie auch im ggst. Schubhaftbescheid angeführt sowohl in der Erstbefragung als auch im Parteiengehör vor dem BAA an, er habe keinerlei Dokumente bei sich, den Reisepass habe er in AFGHANISTAN gelassen, da er diesen nicht brauche. Auch Unterlagen zu seinen bisher in UNGARN angestrebten Asylverfahren konnte er nicht vorweisen. In der Erstbefragung gab er – wich auch in der Schubhaftbeschwerde nicht bestritten – zunächst nichts über seinen Aufenthalt und die Asylantragstellung in UNGARN an. Erst nach direkter Konfrontation mit dem zu seiner Asylantragstellung in UNGARN vorliegenden EURODAC-Treffer räumte er den Aufenthalt in einem Lager in UNGARN ein. Weiters gab er an, er habe noch keine Entscheidung im Asylverfahren in UNGARN erhalten, was auch in der Zustimmung zur Übernahme durch die ungarischen Behörden (...aplied for asylum in Hungary on 05.04.2013, but abscended in the middle of May 2013) bestätigt wird. Es steht somit zweifelsfrei fest, dass der BF UNGARN noch vor einer erstinstanzlichen Entscheidung verlassen hat und seine illegalen Reisebewegungen nach Österreich fortgesetzt hat um hier ebenfalls einen Asylantrag zu stellen.

In der ggst. Schubhaftbeschwerde wird ausgeführt, die in UNGARN angegebene Identität weiche nur minimal von der in Österreich angegebenen Identität ab und es sei daher nicht auszuschließen, dass dies auf eine Unachtsamkeit der beigezogenen Dolmetscher bzw. aufgrund einer verschiedenen Übertragung der im Herkunftsland unterschiedlichen Struktur der Namen in die europäische Namensstruktur zurückzuführen sei.

 

Dem wird seitens der belangten Behörde entgegnet, dass der BF anlässlich seiner

Asylantragstellung in UNGARN: P R, geb. 01.01., StA. v. Afghanistan

Asylantragstellung in Österreich: P F, geb. 01.01., StA. v. Afghanistan

seiner Befragung durch das BAA: PE F, geb. 10.02., StA. v. Afghanistan

angab.

 

Obwohl im mehrmals die Möglichkeit der Korrektur gegeben wurde, welche er im Parteiengehör vor dem BAA auch dazu Nutzte sein Geburtsdatum zu korrigieren. Anlässlich dieser Korrektur gab er ein drittes, bis dahin nicht genanntes Geburtsdatum an. Dies tat er in Vollem wissen darüber, dass Falschangaben negative Konsequenzen für Ihn haben können. Dem Bf währe es ein leichtes gewesen, die befragenden Beamten bei der Erstbefragung bzw. im Parteiengehör vor dem BAA auf diese Abweichungen hinzuweisen und so seine Angaben zu korrigieren. Wurde er sogar gezielt durch den Beamten des BAA befragt, ob seien Angaben aus der Erstbefragung der Wahrheit entsprechen und Ihm somit die Möglichkeit der Korrektur angeboten. Gegensätzlich dazu beteuerte er abermals stets die Wahrheit gesagt zu haben und blieb diese Möglichkeit von Ihm ungenutzt. Der BF zeigt somit offensichtlich nicht das geringste Interesse am Ausgang des Asylverfahrens in UNGARN und damit auch nicht das geringste Interesse an einer Rückkehr in den für Ihn zweifellos Zuständigen Dublinstaat hat. Obwohl das BAA eine umfassende Prüfung der Angaben des Bf zu den von Ihm behaupteten Missständen durchgeführt hat und diese aufgrund aktueller Länderfeststellungen zu UNGARN entkräften konnte, versucht der AW sich durch diese Behauptungen und das gleichgehend mit der ggst. Schubhaftbeschwerde angestoßene Beschwerdeverfahren beim AGH vor der offensichtlichen und von Ihm nicht widerlegbaren Zuständigkeit UNGARNS und der für Ihn damit zusammenhängenden unmittelbar bevorstehenden Überstellung dorthin zu entziehen. Es ist daher in höchstem Maße davon auszugehen, dass der BF – auf Freiem Fuß belassen – nach Zustellung des Bescheides des BAA und damit verbunden der Durchsetzbarkeit der Ausweisungsentscheidung alles daran gesetzt hätte sich der Ihm dadurch drohenden, unmittelbaren Gefahr der in Kürze bevorstehenden Außerlandesbringung nach UNGARN zu Entziehen und in Österreich in die Anonymität abzutauchen. Schon alleine das Abtauchen in die Anonymität und der damit verbundene unrechtmäßige Aufenthalt stellt eine Verwaltungsübertretung dar. Zudem gab der BF zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens an, er sei mittellos (auch zum Zeitpunkt der Festnahme zur Verhängung der Schubhaft verfügte er über nahezu keine Barmittel), weswegen er auch Unterstützung im Rahmen der Grundversorgung bekam. Aus der Anonymität würde er keinen Zugang zu den finanziellen Zuwendungen der GVS haben, alleine deshalb muss im erhöhten Maß davon ausgegangen werden, dass er sich die finanziellen Mittel für seinen Lebensunterhalt auf anderem als legalem Weg beschaffen werde. Der BF zeigte keinerlei Interesse den Ausgang des Asylverfahrens in UNGARN zur Verfügung der dortigen Behörden abzuwarten. In einer vergleichbaren Situation befindet er sich derzeit in Österreich. Spätestens nach der Zustellung des negativen Bescheides des Bundesasylamtes musste ihm bewusst sein, dass seine Asylantragstellung in Österreich und damit der Versuch ein Aufenthaltsrecht in Österreich zu erlangen mit einer in Kürze bevorstehenden Überstellung nach UNGARN enden werde. Da der BF stets und wiederholt zum Ausdruck brachte, keinerlei Interesse an dem von Ihm in UNGARN gestellten Asylantrag zu haben und auch nicht nach UNGARN zurückkehren zu wollen muss von einer erhöhten Gefahr des Abtauchens ausgegangen werden und wurde daher von der BH Vöcklabruck zur Sicherung des Ausweisungsverfahrens die Schubhaft gem. § 76 Abs. 2a Z 1 angeordnet. Bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 76 Abs. 2a FPG hat die Fremdenpolizeibehörde im Gegensatz zu der Rechtsnorm des § 76 Abs. 2 FPG kein Ermessen im Hinblick auf die Anwendung gelinderer Mittel gemäß § 77 FPG hat. Es bleibt jedoch zu prüfen, ob die Sicherung der Abschiebung bzw. des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung mittels Schubhaft notwendig ist und ob in der Person des Asylwerbers gelegene, besondere Umstände der Schubhaft entgegenstehen. Eine Verpflichtung zur Unterkunftnahme bzw. eine Meldeverpflichtung bei der örtlichen Polizeidienststelle im Rahmen eines Gelinderen Mittels gem. § 77 FPG konnte aufgrund der feststehenden höchsten Sicherungsnotwendigkeit nicht die Anwendung finden. Die Einbehaltung einer finanziellen Sicherheitsleistung – wie ebenfalls als Anwendung des Gelinderen Mittels gem. § 77 FPG vorgesehen – schied mangels vorhandener Barmittel ebenso aus. Tatbestandsvoraussetzungen gem. § 76 Abs. 2a FPG lagen zweifellos vor: Der Asylantrag des Obgenannten wurde mit Bescheid des BAA-EAST-West vom 03.07.2013 gem. § 5 Abs. 1 AsylG verbunden mit einer Ausweisung gem. § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG zurückgewiesen. Von der Anordnung eines Gelinderen Mittels war daher aufgrund der Tatsache dass, der BF sich zu jedem Zeitpunkt negativ über den für Ihn zuständigen Dublinstaat UNGARN äußerte und zudem noch während des dort anhängigen Asylverfahrens aus der Verfügbarkeit für die dortigen Behörden abtauchte und erneut illegal eine inneuropäische Grenze überschritt, Abstand zu nehmen. Die vom Bf gemachten widersprüchlichen Angaben hinsichtlich seiner Identität, ohne Vorbringung verwertbarer Identitätsbelege unterstreichen dies zusätzlich. Ein konkreter und vor allem akuter Sicherungsbedarf war und ist daher gegeben und war daher die Festnahme und Verbringung in die Schubhaft anzuordnen. Der Bf hat am 08.07.2013 eine Beschwerde im Asylverfahren eingebracht. Der Akteneingang wurde hierzu vom AGH am 10.07.2013 gem. § 36 AsylG bestätigt. Die Durchführbarkeit fremdenpolizeilicher Maßnahmen liegt lt. Mitteilung des BAA somit bereits vor und wurde seitens der Dublinabteilung des BAA und der BH Vöcklabruck bereits mit der Überstellungsplanung begonnen. Es ist daher davon auszugehen, dass der Bf in Folge der bereits vorliegenden Durchführbarkeit binnen kürzester Zeit nach UNGARN überstellt werden kann. Von einer unverhältnismäßig langen Dauer der Anhaltung in Schubhaft kann daher keine Rede sein. Seitens der BH Vöcklabruck ist daher beabsichtigt, den BF in Folge der bereits vorliegenden Durchführbarkeit fremdenpolizeilicher Maßnahmen zu der bereits in I. Instanz vorliegenden Ausweisung gem. § 10 AsylG – nach Ankündigung an die ungarischen Behörden - gem. den Bestimmungen des Dubliner Abkommens nach UNGARN abzuschieben. Die Überstellung sollte, entsprechende Übernahmekapazitäten der UNGARN vorausgesetzt in dieser bzw. in KW 31 stattfinden.

 

Zum konkreten Sachverhalt darf weiters auf ein aktuelles Erkenntnis des UVS OÖ, Mitglied Fr. Dr. LUKAS vom 17.07.2013, GZ VwSen-401316/5/AL/HK mit nahezu identischer Sachverhaltskonstellation verwiesen werden, worin die belangte Behörde (BHVB) bestätigt und die Anhaltung des BF für rechtskonform erachtet wurde.

 

Abschließend wird seitens der belangten Behörde, wie bereits im bekämpften Schubhaftbescheid geltend gemacht, auf die für die Republik Österreich nachhaltige Wichtigkeit einer Einhaltung des bestehenden Regelungsregimes des Dubliner Abkommens (Dublin II-Verordnung) – darunter insbesondere Artikel 19 Abs. 4 i.V.m. den ausführenden Erläuterungen K 34 – hingewiesen.“

 

2.1.1. Weiters erfolgte seitens der belangten Behörde mit Schreiben vom 22. Juli 2013 und 24. Juli 2013 die Mitteilung des genauen Überstellungstermines nach Ungarn, samt der dazu erfolgten Veranlassungen und Urkunden. Die Überstellung erfolgt am 29. Juli 2013 um 10.00 Uhr beim Grenzübergang Nickelsdorf. Der Bf wurde darüber am 24. Juli 2013 in Kenntnis gesetzt.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt und in den entscheidungswesentlichen Punkten auch unbestritten ist, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs. 2 FPG abgesehen werden konnte.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem – im Übrigen vom Bf nicht substantiell widersprochenen - unter den Punkten 1.1., 1.2., 2.1 und 2.1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1.1.  Gemäß § 83 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. Nr. 112/2011, ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z. 2 oder 3 der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren

Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs. 1 Z. 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.

 

Gemäß § 82 Abs. 1 des FPG hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.   wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.   wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.   wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 FPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

3.1.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des in Rede stehenden Bescheides der belangten Behörde seit dem 1. Juli 2013 bis dato in Schubhaft angehalten wird, weshalb der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung berufen ist.

 

Nachdem sich der Bf zur Zeit der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates in Schubhaft befindet, war gemäß § 83 Abs. 4 FPG eine umfassende Prüfung der Anhaltung vorzunehmen.

 

3.2.1 Gemäß § 76 Abs. 2a FPG hat die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1.     gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;

2.     eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z. 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 verletzt hat;

3.     der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG mehr als einmal verletzt hat;

4.     der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs. 1 Z. 4 vorletzter Satz AsylG nicht nachgekommen ist, oder

5.     der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z. 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde,

6.     sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs. 4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs. 2 Z. 1 bis 4 vorliegt,

und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegen stehen.

 

Die Schubhaft ist nach § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Der Bescheid hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten oder einer Sprache, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht. Eine unrichtige Übersetzung begründet lediglich das Recht, unter den Voraussetzungen des § 71 AVG wiedereingesetzt zu werden.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z. 1.

 

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung,

1. in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einem Polizeikommando zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit bei der Behörde zu hinterlegen.

 

3.3.1. Zuvorderst ist festzuhalten, dass der Bf zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens zur Verhängung der Schubhaft nicht in Haft befindlich war. Insofern hat die belangte Behörde rechtsrichtig einen Mandatsbescheid gem. § 57 AVG erlassen.

 

3.3.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst völlig unbestritten, dass der Bf zum Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft mittels Bescheid der belangten Behörde ein anhängiges Asylverfahren vorweisen konnte. Überdies ist unstrittig, dass der Bf in diesem Asylverfahren seit dem Beginn der Verhängung der Schubhaft mit 1. Juli 2013 eine durchsetzbare Ausweisung (vgl. §§ 10 iVm 36 Abs. 1 und 4 AsylG 2005) samt einer Zurückweisung seines Asylbegehrens gem. § 5 AsylG 2005 gegen sich gelten lassen muss. Eine aufschiebende Wirkung wurde vom Asylgerichtshof nicht zuerkannt. Von einer Durchführbarkeit iSd § 36 Abs. 4 AsylG 2005 ist seit dem 17. Juli 2013 auszugehen (siehe dazu DGA der AI vom 3. Jänner 2013). Mit Erkenntnis des AGH vom 18. Juli 2013 zu GZ: S18 436.291-1/2013/3E wurde überdies die Beschwerde des Bf als unbegründet abgewiesen.

 

Es kommt somit vom Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft bis dato § 76 Abs. 2a Z 1 FPG zur Anwendung. Daher gilt es anhand dieses Maßstabes weiter zu prüfen.

 

3.3.3. Im Gegensatz zu den Schubhafttatbeständen des § 76 Abs. 1 und 2 FPG, die ihrer Formulierung nach eine Ermessensentscheidung bedingen, legt Abs. 2a leg. cit., der mit der Novelle BGBl. I Nr. 122/2009 introduziert wurde, grundsätzlich eine obligatorische Verhängung der Schubhaft bei Vorliegen der hier normierten Tatbestandselemente fest. Den Materialien zu § 76 Abs. 2a FPG ist zu entnehmen, dass in den hier normierten 6 Fällen "grundsätzlich von einem Sicherungsbedürfnis auszugehen sein wird".

 

Dem ist aber entgegenzuhalten, dass die Gesetzesbestimmung schon nach dem Wortlaut kumulativ zusätzlich zum Vorliegen der Z. 1 bis 5 jedenfalls auch die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig sein muss. Dies kann aber nichts anderes bedeuten, als dass der Sicherungsbedarf zusätzlich zum Vorliegen der Tatbestandsmäßigkeit der Z. 1 bis 5 geprüft werden muss. Fraglos sind die genannten Fallkonstellationen ihrer Natur nach dazu geeignet, aufgrund ihres Vorliegens Indizien auch für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs darzustellen.

 

Weiters geben die Materialien an, dass der von den Höchstgerichten geforderten Verhältnismäßigkeitsprüfung durch den letzten Satz Rechnung getragen wird und gehen diesbezüglich von einem Anwendungsbereich der besonderen in der Person des Asylwerbers gelegenen Umstände "insbesondere" von "Alter" und "Gesundheitszustand" aus. Eine Beschränkung allein auf derartige Umstände wird wohl unzureichend sein, da nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 17.891/2006 und 18.196/2007) schon bei den Absätzen 1 und 2 des § 76 FPG eine umfassende Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen ist. Eine nunmehrige Einschränkung auf lediglich rein in der Person gelegene Umstände wäre somit verfassungsrechtlich bedenklich und ist über verfassungskonforme Interpretation aufzulösen.

 

Es folgt also daraus, dass das Vorliegen einer oder mehrerer Alternativen des
§ 76 Abs. 2a FPG als Indiz für das Vorliegen des Sicherungsbedarfs gewertet werden muss, eine derartige Prüfung aber nicht ersetzt. Weiters muss auch bei dieser Bestimmung die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft – mit besonderer aber nicht ausschließlicher Blickrichtung auf persönliche Verhältnisse des Schubhäftlings – vorliegen. Ein Vergleich mit den Materialien zeigt zudem, dass durch diese Norm das Institut des gelinderen Mittels nach § 77 FPG unberührt bleibt und somit in die Erörterung mit einzubeziehen ist.

 

3.4.1. Zur Prüfung der Notwendigkeit und Angemessenheit der Schubhaft ist in dieser Hinsicht darzulegen, dass entgegen den Ausführungen des Bf in der Beschwerde die belangte Behörde das Sicherungsbedürfnis bezogen auf die konkrete Situation des Bf begründet hat, zumal sowohl das Aussageverhalten des Bf bei der Erstbefragung nach dem AsylG vom 19. Mai 2013, als auch die Einvernahme vom 3. Juni 2013 herangezogen wurden.

 

3.4.2. In der Person des Bf konkret ist zu erkennen: Der Bf reiste ca 4 Monate vor seiner Ankunft in Österreich mit seiner Familie per PKW illegal nach Pakistan von Afghanistan kommend ein. In Pakistan hielt sich der Bf nach seinen eigenen Angaben an 3 verschiedenen Orten auf. Sodann fuhr der Bf alleine schlepperunterstützt von Quetta (Pakistan) in den Iran (Zahedan) und hielt sich 3 Tage in einem Schlepperquartier auf. Vom Iran aus reiste der Bf wiederum schlepperunterstützt illegal in die Türkei ein (Istanbul). Von der Türkei aus reiste der Bf illegal nach Griechenland weiter. In Griechenland wurde der Bf von der Polizei aufgegriffen und 3 Tage festgehalten. Der Bf erhielt daraufhin einen Landesverweis. Abermals schlepperunterstützt fuhr der Bf weiter nach Athen und hielt sich für einen Monat entgegen dem Landesverweis in Griechenland (Athen) auf. Sodann reiste der Bf nach Ungarn. In Ungarn wurde der Bf erkennungsdienstlich behandelt, verhaftet und stellte einen Asylantrag. Der Aufenthalt in Ungarn (Bekecsaba und Debrecen) dauerte ca. 20 Tage. Ohne den Fortschritt bzw. Ausgang seines Asylverfahrens abzuwarten reiste der Bf per PKW weiter über die österreichische Grenze. Nach Wien fuhr der Bf selbstorganisiert mit dem Taxi. In Wien angekommen bestieg der Bf einen Zug und fuhr nach T, wo er einen Asylantrag stellte.

 

Hieraus ergibt sich, dass der Bf innerhalb von ca. 4 Monaten eine Vielzahl an Reisebewegungen absolviert und sich jeweils der konkret vorgefundenen Situation angepasst hat. Die Hauptreisebewegungen hat der Bf zwar schlepperunterstützt durchgeführt, aber diese Schlepperunterstützung hat der Bf jeweils selbst organisiert. Sei es in Pakistan (Quetta) oder in Ungarn (Debrecen) – der Bf hat selbsttätig einen Schlepper ausgeforscht und beauftragt, um seinen gewünschten Reiseweg weiterzuverfolgen (siehe Frage 10. und 12.4. der Erstbefragung nach dem AsylG). Insofern ergibt sich hieraus, dass der Bf ein erhebliches Maß an Selbstorganisation und Zielstrebigkeit besitzt, um sein Wunschreiseziel Österreich zu erreichen.

 

Hinzutritt, dass der Bf deutlich zum Erkennen gibt, dass Ungarn keine Reiseoption für ihn darstellt. Gepaart mit der zeitlichen Abfolge der asyl- und fremdenrechtlichen Entscheidungen (Mitteilung gem. § 29 AsylG 2005 am 22. Mai 2013; Zustellung Bescheid des Bescheides des BAA vom 28. Juni 2013; Mitteilung von der Beabsichtigten Überstellung am 29. Juli 2013) und dessen Wahrnehmung durch den Bf wird, zumal den Bf diese Abschiebung an das vehement verweigerte Reiseziel Ungarn bringt (siehe zu den Ausführungen des Bf Frage 12.7. der Erstbefragung nach dem AsylG: „Ich möchte auf keinen Fall zurück nach Ungarn“), mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sein, dass sich der Bf der Abschiebung entziehen wird.

 

Bestätigung findet dieses Ergebnis darin, als der bisherige Reiseverlauf Rückschlüsse darauf gibt, dass der Bf nicht gewillt ist, sich behördlichen Anweisungen zu unterziehen, wenn er erkennt, dass sie seinen Zielen widerstreiten. Nach eigenen Angaben wurde der Bf bei seiner Einreise nach Griechenland von der Polizei verhaftet, erkennungsdienstliche behandelt und des Landes verwiesen. Der Bf hat somit die in Griechenland stattgefundene Amtshandlung in ihrem wesentlichen Sinngehalt erkannt und ist dennoch für ein weiteres Monat in Athen aufhältig gewesen. Dies wohl darum um seine schlepperunterstütze Reise plangemäß fortsetzten zu können, zumal der Bf als schon anfänglich bestehendes Reiseziel Österreich angibt. Hieraus ergibt sich, dass der Bf gewillt ist, sich über ausdrückliche – und auch als solche erkannte – staatliche Anordnung hinwegzusetzen, um sein Ziel zu erreichen. Konsequent stellt sich vor diesem Hintergrund auch das Vorgehen des Bf bei seiner Einreise nach Österreich dar. Der Bf wurde aus eigenem Antrieb aktiv und stellt ohne vorherigen Aufgriff den (weiteren) Asylantrag in Österreich. Insofern muss dieses Sachverhaltselement im Gesamtkonnex des persönlichen Reiseverlaufes im Hinblick auf den Sicherungsbedarf als relativiert bewertet werden und vermag die eingangs angelegten Bedenken nicht zu beseitigen.

 

Hinzutritt, dass der Bf Teile seines Reiseweges verschleiert hat, indem er zunächst seine Einreise und seinen Aufenthalt in Ungarn verschwieg. Sogar auf die explizite Frage, ob er die Wahrheit gesagt habe, antwortet er: „Ja“ (siehe die Fragestellung in Zusammenhang mit Pkt 9.9. der Erstbefragung nach dem AsylG). Erst nach Vorhalt des EURO-Dac-Treffers, HU1330006121334, ergänzte der Bf sein bisheriges Vorbringen um den Aufenthalt und die Asylantragstellung in Ungarn.

 

Abgerundet wird dieses Bild, wenn man erkennt, dass der Bf zu verschiedenen Bestandteilen seiner Identität widerstreitende Angaben macht. So finden sich in der AI ein weiterer Vorname und ein weiterer Nachname. Zu diesen möglicherweise durch die Übersetzung erfolgten Mehrfachnennungen tritt allerdings auch die Mehrfachnennung der Geburtsdaten des Bf hinzu. So scheint in der Erstbefragung noch der 1. Jänner als Geburtsdatum auf, welches der Bf mit der Antwort auf die Frage Pkt. 9.9. als wahr bestätigt. Aus der ungarischen Asylantragstellung ergibt sich wiederum der 1. Jänner als Geburtsdatum. Letztlich berichtigend bringt der Bf in der Schubhaftbeschwerde vor, dass er nun doch am 1. Februar geboren sei.

 

All diese Umstände und Schlussfolgerungen verdichten sich, wenn erkannt wird, dass das Verfahren zur Abschiebung des Bf sich im finalen Stadium befindet. Eine Zustimmung Ungarns zur Rückübernahme liegt bereits vor, die Durchführbarkeit der Ausweisung ist gegeben und ein konkretes Überstellungsdatum fixiert.

 

3.4.3. Der belangten Behörde folgend ist somit im vorliegenden Fall – in Zusammenschau all der eben beschriebenen Sachverhaltselemente samt der bisherigen Verhaltensmuster des Bf - von einem besonders hohen sowie akuten Sicherungsbedarf auszugehen und zu attestieren, dass sich der Bf in dieser Situation – auf freiem Fuß belassen – umgehend dem Zugriff der Behörde entziehen wird, da ansonsten sein Wunschreiseziel nicht erhalten wird. Das Überführungsland Ungarn stellt für den Bf keine Option dar.

 

3.5. Mit der Begründung des Sicherungsbedarfes unter 3.4.2. und 3.4.3. scheidet auch grundsätzlich die Anwendung gelinderer Mittel über den Bf gemäß § 77 FPG konsequenter Weise aus. Eine allfällige tägliche Meldepflicht würde das Ziel der Schubhaft nicht haben gewährleisten können, ebenso nicht die Unterkunftnahme in einer behördlich bestimmten Räumlichkeit. Es ist an dieser Stelle zu erkennen, dass der Bf sämtliche seiner Reisebewegungen eigenständig durchgeführt hat und er diese Entscheidungen auch jeweils selbst getroffen hat. Jedes Transportmittel und jede weitere Handlung wurde alleine durch den Bf organisiert und gesetzt. Selbst Verhaftungen und die Unterbringung in Asyllagern in Ungarn haben die Zielerreichung des Bf nicht verhindern können. Der Bf hat vielmehr umgehend jene Handlungen gesetzt bzw. organisiert, die ihn an sein Ziel herangeführt haben.

 

3.6. Die Verhängung der Schubhaft ist demnach zweifellos auch verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das dieses im vorliegenden Fall fraglos überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegenüber. Um diese Ziele zu gewährleisten, war der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig.

 

Der Schutz des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK kann im vorliegenden Fall ebenfalls nicht schlagend in Anwendung gebracht werden, zumal der Bf über keine familiären Kontakte oder Verpflichtungen im Bundesgebiet verfügt. Solches wird auch von ihm selbst nicht behauptet und ist im Akt auch sonst nicht indiziert. Die vom Bf vorgebrachten „entfernten Verwandten“ vermag dieser weder namentlich noch sonst spezifizieren und können daher das Ergebnis der Interessensabwägung nicht ins Gegenteil verkehren.

 

3.6.1. Auch in der beim Bf angelegten Hauterkrankung mag kein die Schubhaftverhängung und –aufrechterhaltung hindernder Umstand erkannt werden. Die entsprechende Hauterkrankung wird medikamentös behandelt und die Länderfeststellungen im Rahmen des Asylverfahrens des Bf ergeben, dass in Ungarn eine ausreichende medizinische Versorgung gewährleistet ist.

 

3.7.1. Gemäß § 80 Abs. 1 FPG ist die Behörde verpflichtet darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf solange aufrecht erhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

 

Gemäß § 80 Abs. 2 FPG darf die Schubhaftdauer grundsätzlich

1. zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2. vier Monate  nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

 

3.7.2. Der Bf wird seit dem 1. Juli 2013 in Schubhaft angehalten, weshalb die gesetzlich normierte Frist bei weitem nicht ausgeschöpft wurde. Es liegen auch keine Umstände vor, die erwarten ließen, dass die Anhaltung noch beträchtliche Zeit andauern werde, zumal die für eine Außerlandesbringung des Bf getroffenen Maßnahmen durch die belangte Behörde konsequent verfolgt werden und eine Finalisierung mit 29. Juli 2013 zu erwarten ist.

 

Das Ziel der Schubhaft, die Abschiebung, ist somit zum Entscheidungszeitpunkt als absolut zeitnah erreichbar für die gesamte Zeit der Anhaltung anzusehen, da keine gegenteiligen Umstände bekannt sind.

 

3.8. Es sind zudem keinerlei weitere Umstände bekannt, die einer weiteren Anhaltung des Bf in Schubhaft entgegenstehen würden, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und gleichzeitig auszusprechen war, dass auch die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 AVG iVm § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 456/2008) ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.

 

 

 

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 18,20 Euro (Eingabe- und Beilagegebühr) angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

 

Markus Brandstetter

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 25.04.2014, Zl.: 2013/21/0195-5

 

 

 

 

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