Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167914/2/Bi/Ka

Linz, 09.07.2013

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn x, vom 29. Juni 2013 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 7. Juni 2013, GZ: 0043265/2012, wegen Übertretung des KFG 1967, zu Recht erkannt:

 

     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z3 und 66 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 Kraftfahrgesetz 1967 – KFG 1967 eine Geldstrafe von 365 Euro (74 Stunden EFS) verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges x (D) entgegen den Bestimmungen des § 103 Abs.2 KFG 1967 der Behörde die erforderliche Auskunft – Lenkererhebung vom 18. Oktober 2012 für den Tatzeitpunkt 7. Juni 2012, zugestellt am 30. Oktober 2012 – nicht vorschrifts­gemäß bis 13. November 2012 erteilt habe – es seien keine Angaben bzgl Lenker gemacht worden.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 36,50 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 Z1 VStG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, der Tatvorwurf treffe nicht zu oder sei nicht ausreichend vorab klargestellt worden. Es seien weder Fotos zur Verfügung gestellt worden, auf denen der Fahrer als auch die Lesbarkeit der Vignette eingesehen werden habe können. Die gestellten Fragen seien nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet worden. Eine gültige Vignette sei vorhanden und an der Scheibe sichtbar angebracht worden. Daher sei auch die Trägerfolie von der Vignette abgelöst worden, weil sonst das Anbringen an der Scheibe nicht möglich gewesen wäre. Es sei weder ein Verbrechen noch eine zu bestrafende Tat auf dem Bundesgebiet begangen worden. Beantragt wird Verfahrens­einstellung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Aus der Anzeige der ASFINAG Maut Service GmbH, Salzburg, vom 9. Oktober 2012, GZ:770012012060712450454, geht hervor, dass der Pkw x am 7. Juni 2012 um 14.45 Uhr die mautpflichtige Bundesstraße A1 Westautobahn, Abschnitt Asten–St. Florian–Knoten Linz bei km 164.057, auf der Richtungsfahr­bahn Walserberg benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Am Fahrzeug sei keine gültige Mautvignette angebracht gewesen, was von der automatischen Vignettenkontrolle erkannt und im System registriert worden sei. Der Zulassungsbesitzer sei nach § 19 Abs.4 Bundes­straßen­mautgesetz 2002 am 24. Juli 2012 schriftlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert worden, habe dieser Aufforderung aber nicht entsprochen, weil die Ersatzmaut nicht innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist am angegebenen Konto gutgeschrieben worden sei. Einzahlungen auf dieses Konto würden zentral überwacht und mit den entsprechenden Zahlungsaufforderungen abgeglichen. Nach Ablauf der Einzahlungsfrist übermittle die ASFINAG die Anzeige an die tatort-zuständige Bezirksverwaltungsbehörde. 

 

Die Erstinstanz als Tatortbehörde hat den Bw als Zulassungsbesitzer des Kraft­fahrzeuges x (D) mit Schreiben vom 18. Oktober 2012 gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 aufgefordert, der Behörde binnen zwei Wochen ab dessen Zustellung Auskunft darüber zu erteilen, wer diese Kraftfahrzeug am 7. Juni 2012 um 14.45 Uhr auf der A1, Mautabschnitt Asten-St. Florian-Knoten Linz bei km 164.057, RFB Staatsgrenze Walserberg, gelenkt habe. Dem Schreiben war eine Rechtsbelehrung und ein Formular angeschlossen. Zugestellt wurde dieses Schreiben laut Rückschein dem Bw persönlich am 30. Oktober 2012. Mit Schrieben vom 2. November 2012 teilte der Bw mit, er könne die verlangte Auskunft nicht erteilen, „es wurde kein Fahrtenbuch geführt“.

Die zweiwöchige Frist lief damit am 13. November 2012 ab, ohne dass die Auskunft erteilt wurde.

 

Mit Strafverfügung vom 15. November 2012 wurde dem Bw zur Last gelegt, er habe „als Zulassungsbesitzer bzw als Verfügungsberechtigter des Kfz x (D) zu verantworten, dass entgegen den Bestimmungen des § 103 Abs.2 KFG 1967 der Behörde bis dato die erforderliche Auskunft – Lenkererhebung vom 18. Oktober 2012 für den Tatzeitpunkt 7. Juni 2012 – nicht ordnungsgemäß erteilt worden sei – es seien keine Angaben bzgl Lenker gemacht worden.“

Dagegen hat der Bw nach Zustellung am 12. Dezember 2012 fristgerecht Einspruch erhoben, worauf das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erging.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraft­fahr­zeug ge­lenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger ver­wendet hat bzw zu­letzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der be­treffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Aus­kunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Aus­kunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten er­scheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeich­nun­gen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Ver­fassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunfts­verweigerung zurück.

 

Nach der Rechtsprechung des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes ist Tat­ort der Verwaltungsübertretung der Nichterteilung einer Lenkerauskunft der Sitz der die Aus­kunft begehrenden Behörde (vgl E 31.1.1996, 93/03/0156 ua). Daraus folgt, dass derjenige, der die von einer österreichischen Behörde nach § 103 Abs.2 KFG 1967 verlangte Auskunft nach dem Lenker eines KFZ zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht erteilt, nach österreichischem Recht eine Verwaltungsübertretung – und zwar gemäß der Bestimmung des KFG 1967 und nicht mehr wegen des zur Lenkeranfrage geführt habenden Grunddeliktes – begangen hat und zu bestrafen ist, auch wenn er seinen Wohnsitz im Aus­land hat. Im Übrigen hat es der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nicht als rechts­wid­rig erkannt, wenn ausgehend von einem Inlandsbezug eines einge­brachten Fahrzeuges ein Auskunftsbegehren an einen Bürger, der in einem ande­ren Staat aufhältig ist, ge­richtet wird und die Verweigerung der Auskunft mit Sanktionen bedroht ist (vgl EGMR v 11. Oktober 1989, 15226/89).

 

Der Inlandsbezug ist im gegenständlichen Fall insofern gegeben, als das auf den Rechtsmittelwerber zugelassene Kraftfahrzeug auf österreichischem Bundes­gebiet verwendet wurde und diese Verwendung, ausgelöst durch die dabei mit dem Kraftfahrzeug be­gangene Normverletzung, Ingerenzfolgen gegenüber der österreichischen Rechts­ord­nung begründet hat (VwGH 11.5.1993, 90/08/0095).

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines verurteilenden Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dabei genügt es nicht, sich bei der Umschreibung der Tat (abgesehen von der Angabe der Tatzeit und des Tatortes) auf den reinen Gesetzeswortlaut zu beschränken, weil dieses essenzielle Erfordernis durch eine entsprechende Bescheidbegründung nicht ersetzt werden kann. In einem Strafbescheid muss die Tat dem Beschuldigten in so konkreter Umschreibung vorgeworfen werden, dass er sowohl in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Vorwurf zu widerlegen, als auch davor geschützt ist, wegen desselben Verhaltens noch einmal zur Verantwortung gezogen zu werden.  

 

Gemäß § 31 Abs.2 VStG in der zur Tatzeit geltenden Fassung vor BGBl.I Nr.33/2013 (seit 1. Juli 2013 in Kraft) betrug die Verfolgungsverjährungsfrist sechs Monate, gerechnet ab dem Zeitpunkt, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen wurde. Ausgehend von der Zustellung der Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 am 30. Oktober 2012 endete die zweiwöchige Frist für die Auskunftserteilung mit Ablauf des 13. November 2012. Davon ausgehend war die sechsmonatige Verfolgungs­verjährungsfrist zu berechnen, die demnach mit 13. Mai 2013 ablief.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

Im Spruch des Straferkenntnisses ist die konkrete Tatanlastung, nämlich die Nichterteilung der geforderten Auskunft im Sinne der Bekanntgabe des Lenkers des genannten Kraftfahrzeuges am 7. Juni 2012, 14.45 Uhr, innerhalb von zwei Wochen, ausgehend von 30. Oktober 2012, dh bis 13. November 2012, nicht enthalten und eine Konkretisierung anhand des Tatvorwurfs der Strafverfügung, die keine Uhrzeit des 7. Juni 2012 enthält – ein „Zeitpunkt“ ist nicht auf einen ganzen Tag zu beziehen sondern eine konkrete Uhrzeit erforderlich – nicht mehr nachholbar, auch wenn das Fristende („bis dato“ war der 15. November 2012) und die Anlastung „als Zulassungsbesitzer“ durch Einschränkungen des Tatvor­wurfs in der Strafverfügung zulässig wären.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden; Verfahrenskosten fallen dabei naturgemäß nicht an.

 

Am Rande zu bemerken ist, dass auf den Fotos der ASFINAG eindeutig auf der Frontscheibe des Pkw x zur Tatzeit eine Vignette zu sehen ist, bei der offensichtlich die Trägerfolie nicht abgelöst war, weil das darauf befindliche farblich auffällige Kreuz einwandfrei zu sehen ist und bei der automatischen Kontrolle geradezu herausleuchtet. Der untere Abschnitt der Vignette war abgeschnitten. Dem Lenker musste die zu entfernende Trägerfolie schon deshalb auffallen, weil die Vignette mit der Trägerfolie nicht an der Scheibe hält – er muss sie daher auf eine andere Art „befestigt“ haben, dh sein Verhalten war ohne jeden Zweifel als vorsätzliche Hinterziehung einer Tagesmaut anzusehen. Gültig ist aber nur eine ordnungsgemäß (logischer­weise ohne Trägerfolie) aufgeklebte Vignette. Die Aus­führungen des Bw dazu sind somit schlichtweg falsch.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

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