Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101627/6/Weg/La

Linz, 07.03.1994

VwSen-101627/6/Weg/La Linz, am 7. März 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 1. Kammer (Vorsitzender: Dr. Guschlbauer, Berichter: Dr. Wegschaider, Beisitzer: Dr. Keinberger) über die Berufung des W, vertreten durch die Rechtsanwälte, vom 8. November 1993 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 22. Oktober 1993, VU/S/100/93 L, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz hat der Berufungswerber als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren 3.000 S (20 % der verhängten Geldstrafe) innerhalb von zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 19, § 51 Abs.1, § 51e Abs.3 und § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 64 Abs.1 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 15.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 15 Tagen verhängt, weil dieser am 14. Oktober 1992 um 7.45 Uhr in Linz, Hoppichlerstraße Nr.9, den PKW gelenkt hat, ohne im Besitz einer dafür erforderlichen Lenkerberechtigung der Gruppe B zu sein. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 1.500 S in Vorschreibung gebracht.

Die Erstbehörde begründet dieses Straferkenntnis im wesentlichen damit, daß der Beschuldigte bei der Aufnahme eines Verkehrsunfalles einen mexikanischen Führerschein, ausgestellt am 9. November 1990 und gültig bis 9. November 1991, sowie einen internationalen Führerschein, ausgestellt am 13. März 1992 in Mexiko, vorwies. Auch wenn sich der Geltungsbereich des vorgewiesenen internationalen Führerscheines auf den Tatzeitpunkt bezieht, könne dieser nur Gültigkeit erlangen, wenn er zusammen mit einem nationalen gültigen Führerschein vorgelegt werde. Gemäß § 84 Abs.1 KFG 1967 sei das Lenken von Kraftfahrzeugen in Österreich durch Personen ohne ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet aufgrund einer von einem Mitgliedstaat des Pariser Übereinkommens über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen, des Genfer Abkommens über den Straßenverkehr oder des Wiener Übereinkommens über den Straßenverkehr erteilten Lenkerberechtigung unter gewissen Voraussetzungen zulässig.

Dabei müsse als Nachweis für die Lenkerberechtigung der entsprechende nationale Führerschein vorliegen. Wenn dieser nicht in deutscher Sprache oder nicht auch in deutscher Sprache abgefaßt sei und auch nicht dem Muster des Anhanges 9 zum Genfer Abkommen oder des Anhanges zum Wiener Übereinkommen entspricht, müsse der Führerschein zusammen mit einem internationalen Führerschein nach einer der im Abs.1 angeführten Vereinbarungen oder einer gleichwertigen Inhaltsangabe vorgewiesen werden können. Im übrigen habe der Berufungswerber seinen Wohnsitz in Österreich nicht aufgegeben. Diesbezüglich wird auf eine Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich mit der Zl. VwSen-100983/5/Sch/Rd verwiesen. Der Berufungswerber habe sich nur drei Tage in Mexiko aufgehalten und habe dort keinen Wohnsitz begründet, wofür auch der Umstand spräche, daß der Berufungswerber zumindest an neun ausdrücklich angeführten Tagen (beginnend mit 15.

März 1991 und endend mit 29. August 1992) in Österreich ortsanwesend gewesen sei.

2. Dagegen wendet der Berufungswerber in seiner fristgerecht eingebrachten Berufung vom 8. November 1993 sinngemäß ein, daß das Straferkenntnis in seinem ganzen Umfang bekämpft werde und als Berufungsgründe unrichtige Sachverhaltsdarstellung sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht werden. Die Erstbehörde habe in keiner Weise die ausführliche Stellungnahme vom 1. April 1993 sowie die vorgelegten Urkunden gewürdigt. Hätte sie dies getan, so hätte sie zur Auffassung gelangen müssen, daß zum Zeitpunkt des Vorfalles am 14. Oktober 1992 eine gültige Lenkerberechtigung vorgelegen habe. Aus diesen Gründen wird beantragt, das Beweisverfahren zu wiederholen. Außerdem sei die verhängte Geldstrafe nicht schuld- und tatangemessen. Der Beschuldigte verfüge nur über ein sporadisches Einkommen aus seiner Tätigkeit in Mexiko. Die verhängte Geldstrafe sei sohin bei weitem überhöht.

Der Berufungswerber bzw. dessen Rechtsfreund verzichtete am 10. Februar 1994 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und gab sich damit einverstanden, die Entscheidung aufgrund der Aktenlage zu fällen.

3. Die Aktenlage stellt sich wie folgt dar:

Der Berufungswerber konnte nach einem Verkehrsunfall am 14.

Oktober 1992 keinen gültigen Führerschein, sondern lediglich einen internationalen Führerschein vorweisen. Dieser internationale Führerschein wurde am 13. März 1992 in Mexiko ausgestellt und hatte offenbar Gültigkeit bis 13. März 1993.

Gleichzeitig wurde vom Berufungswerber ein nationaler mexikanischer Führerschein, der jedoch nur bis 9. November 1991 gültig war, vorgewiesen. Aufgrund einer im Akt aufliegenden Bestätigung habe der Berufungswerber in der Zeit vom 15. November 1990 bis 10. Juli 1991 in einem Restaurant in Mexiko gearbeitet.

Nach den Ausführungen des Berufungswerbers, der im übrigen anführt, seit 15. Oktober 1990 seinen ordentlichen Wohnsitz in P, Col. R, Mexiko, zu haben, bringt vor, daß dieser internationale Führerschein nur aufgrund eines gültigen nationalen Führerscheins ausgestellt werde, den er mittlerweile aber deshalb nicht mehr habe, weil er ihn bei der Neuausstellung seines mexikanischen Führerscheines am 16. Februar 1993 (gültig bis 16. Februar 1994) der mexikanischen Behörde zurückgeben habe müssen. Als Beweis hiefür wird sowohl ein internationaler Führerschein, ausgestellt am 16. Februar 1993, als auch ein nationaler mexikanischer Führerschein, gültig bis 16. Februar 1994, vorgelegt.

Die Ausführungen des Berufungswerbers sind diesbezüglich glaubhaft und es wird als erwiesen angenommen, daß der Berufungswerber am 14. Oktober 1992 im Besitze eines nationalen mexikanischen Führerscheines war, der hinsichtlich der Gültigkeitsdauer auch den Tatzeitraum (14.

Oktober 1992) umfaßt. Im Akt liegen Unterlagen auf, nach denen der Berufungswerber während des Zeitraumes, wo er in Mexiko gearbeitet haben will (15. November 1990 bis 10. Juli 1991), in Österreich ortsanwesend war, nämlich am 15. März 1991, am 16. März 1991, am 2. Mai 1991 und am 9. Mai 1991.

Aus diesem Grunde wird der Bestätigung über diese Beschäftigung keine Beweiskraft zugemessen, vor allem nicht, daß diese Bestätigung ein Indiz für eine Wohnsitzbegründung in Mexiko sein soll. Der in Kopie beiliegende Reisepaß (der Berufungswerber ist nicht im Besitz eines zweiten Reisepasses) weist lediglich eine Einreise nach Mexiko und eine Ausreise nach Mexiko auf, wobei sich der Berufungswerber nur drei Tage in Mexiko aufgehalten hat (u.zw. im November 1990). Inwieweit Ein- und Ausreisen im Paß durch einen Stempel vermerkt werden, entzieht sich der Kenntnis der Berufungsbehörde. Nach einem im Akt aufliegenden Meldezettel hat sich der Berufungswerber am 15.

Oktober 1990 melderechtlich nach Mexiko abgemeldet. Im Akt sind auch noch einige, meist behördliche Urkunden, aufliegend, aus denen sich ergibt, daß der Berufungswerber an folgenden Tagen in Österreich ortsanwesend war: 15. März 1991, 16. März 1991, 2. Mai 1991, 9. Mai 1991, 9. Oktober 1991, 22. Oktober 1991, 26. Dezember 1991, 31. Jänner 1992, 7. Jänner 1992, 1. Juli 1992 und 29. August 1992. Aus dem Verwaltungsstrafregister ist zu ersehen, daß der Berufungswerber mehrere Male wegen im Inland begangener Taten bestraft wurde, wobei drei einschlägige Vorstrafen aufscheinen. Diesbezüglich wurden Geldstrafen von 4.000 S und 2 x 10.000 S verhängt.

4. Es gilt im gegenständlichen Fall zu prüfen, ob der zum Tatzeitpunkt vorgelegene (aber nicht vorgewiesene) nationale Führerschein aus Mexiko im Sinne der Bestimmungen des KFG 1967 eine gültige Lenkerberechtigung in Österreich indiziert. Der Berufungswerber war zum Tatzeitpunkt (14.

Oktober 1992) in Linz, J, gemeldet, wobei diese Adresse als Zweitwohnsitz angegeben wurde. Am 28. Oktober 1992 wurde dieselbe Adresse als Hauptwohnsitz angegeben. Es ist davon auszugehen, daß der Berufungswerber auch am 14.

Oktober 1992 seinen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet, nämlich in Linz, hatte, zumal in der Zeit bis zur Hauptwohnsitzbegründung keine Reisebewegung nach Mexiko behauptet wurde und aus dem Reisepaß auch nicht ablesbar ist.

Gemäß § 64 Abs.5 KFG 1967 ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges aufgrund einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung durch Personen mit dem ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet zulässig, wenn seit der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Bundesgebiet nicht mehr als ein Jahr verstrichen ist.

Bei Zutreffen dieser Ausnahmebestimmung bedarf es also keines österreichischen Führerscheines.

Die Voraussetzungen treffen aber im gegenständlichen Fall nicht zu, weil die Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Bundesgebiet voraussetzt, daß dieser Wohnsitz vorher rechtswirksam aufgegeben wurde. Von einer Aufgabe des Wohnsitzes ist im gegenständlichen Fall nicht auszugehen, auch wenn sich der Berufungswerber am 15. Oktober 1990 nach Mexiko abgemeldet hat. Diese melderechtliche Komponente stellt nur im Zusammenhang mit anderen Fakten (Umsiedlungsgut, versicherungsrechtliche Anmeldung in Mexiko, Arbeitsstelle, Lebensgemeinschaft oder Ehe usw.) einen Beweis für eine Wohnsitzaufgabe in Österreich und eine Wohnsitzbegründung in Mexiko dar. Isoliert gewertet kommt der melderechtlichen Komponente keine Bedeutung zu. Wie schon oben ausgeführt, ist die vorgelegte Arbeitsbestätigung unglaubwürdig und weist im übrigen der Paß lediglich einen Ein- und Ausreisestempel aus November 1990 (wenige Tage auseinanderliegend) auf. Die Abmeldung am 15. Oktober 1990 erfolgte nach Ansicht der Berufungsbehörde scheinhalber, sodaß ihr hinsichtlich der Wohnsitzbegründung in Mexiko keine Beweiskraft zuzumessen ist.

Weil also der Berufungswerber den Wohnsitz in Österreich nicht aufgegeben hat, konnte er auch keinen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet begründen, sodaß die Ausnahmebestimmung des § 64 Abs.5 KFG 1967 dem Berufungswerber im gegenständlichen Fall nicht zugute kommt.

Die im angefochtenen Straferkenntnis angeführte und als nichtvorliegend bewertete Ausnahmebestimmung des § 84 Abs.1 KFG 1967 ist - auf den gegenständlichen Fall bezogen - nicht zu prüfen, weil diese Bestimmung auf Personen abstellt, die im Bundesgebiet keinen ordentlichen Wohnsitz haben.

Aus den genannten Gründen steht fest, daß der Berufungswerber am 14. Oktober 1992 einen PKW lenkte, ohne im Besitze einer österreichischen Lenkerberechtigung der Gruppe B gewesen zu sein. Er kann auch keine der im KFG 1967 normierten Ausnahmebestimmungen, insbesondere nicht die des § 64 Abs.5 KFG 1967 - für sich in Anspruch nehmen, sodaß die Tatbestandsmäßigkeit der gegenständlichen Verwaltungsübertretung sowohl objektiv als auch (in Ermangelung von Schuldausschließungs- und Rechtfertigungsgründen) subjektiv gegeben ist.

Hinsichtlich der Berufung gegen die Strafhöhe ist unter Hinweis auf § 19 und unter Hinweis auf den Strafrahmen bis 30.000 S) aufzuführen, daß die geltend gemachten Gründe (sporadisches Einkommen) nicht ausreichen, die Geldstrafe herabzusetzen. Diesbezüglich steht es dem Berufungswerber frei, um Ratenzahlung oder Zahlungsaufschub bei der Erstbehörde anzusuchen. Mildernde Umstände lagen nicht vor, erschwerend waren drei einschlägige Vorstrafen zu werten.

Der Berufungswerber hat für seine Vorgangsweise zur Erlangung eines mexikanischen Führerscheines und eines internationalen Führerscheines deliktische Energie in einem Ausmaß eingesetzt, welches das Verschulden keinesfalls als geringfügig erscheinen lassen. Aus den genannten Gründen war auch die verhängte Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe zu bestätigen.

5. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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