Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101629/15/Sch/Rd

Linz, 23.03.1994

VwSen-101629/15/Sch/Rd Linz, am 23. März 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Schön über die Berufung des R vom 28. Oktober 1993 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 14. Oktober 1993, VerkR96/14445/1992, wegen zweier Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 21. März 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z3 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 14. Oktober 1993, VerkR96/14445/1992, über Herrn R, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1.) § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 und 2.) § 4 Abs.5 StVO 1960 Geldstrafen von 1.) 500 S und 2.) 200 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1.) 24 Stunden und 2.) 12 Stunden verhängt, weil er am 9. Juni 1992 gegen 14.30 Uhr den Kraftwagenzug mit den Kennzeichen und auf der Steyrtalbundesstraße von Grünburg in Richtung Molln gelenkt und bei Straßenkilometer 12,8 im Schrittempo am LKW mit dem Kennzeichen der Straßenmeisterei Kirchdorf/Krems vorbeigefahren sei und dabei mit der rückwärtigen Anhängerecke den rechten Außenspiegel des LKW mit dem Kennzeichen gestreift habe, welcher dadurch zerbrochen sei. Obwohl sein Verhalten am Unfallort mit dem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, habe er 1.) nicht sofort angehalten und 2.) nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Gendarmeriedienststelle verständigt, obwohl er dem Geschädigten seinen Namen und seine Anschrift nicht nachgewiesen habe.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 70 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Am von der Erstbehörde durchgeführten Ermittlungsverfahren fällt auf, daß zwar jener Gendarmeriebeamte zeugenschaftlich einvernommen worden ist, der den Vorfall zur Anzeige gebracht hat, nicht aber jener, der die Anhaltung des nunmehrigen Berufungswerbers durchgeführt hat. Der erstgenannte Beamte konnte anläßlich seiner zeugenschaftlichen Einvernahme vom 10. Dezember 1992 naturgemäß lediglich angeben, daß der Berufungswerber ihm gegenüber keinerlei Angaben gemacht habe. In der Folge werden jene Ausführungen wiedergegeben, die in der Anzeige des Gendarmeriepostenkommandos Grünburg vom 28. Juli 1992 enthalten sind, die aber vom Berufungswerber gegenüber dem von der Berufungsbehörde einvernommenen Zeugen RI H gemacht worden seien. Letzterer gab anläßlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung vom 21. März 1994 an, daß er sich an das Vorbringen des Berufungswerbers im Zuge der Anhaltung nicht mehr erinnern könne, was aufgrund des beträchtlichen Zeitablaufes zwischen der Einvernahme und dem Vorfall durchaus der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht. Die Berufungsbehörde war daher aufgrund der Bestimmung des § 51i VStG nicht berechtigt, die diesbezüglichen Ausführungen in der Anzeige als Beweismittel gegen den Berufungswerber zu werten.

Der gleichfalls vom unabhängigen Verwaltungssenat zeugenschaftlich einvernommene H konnte den Vorfall zwar aus seiner Erinnerung noch relativ genau und schlüssig schildern, dieses Beweismittel allein erschien dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich jedoch nicht ausreichend, um davon ausgehen zu können, daß der Berufungswerber den Verkehrsunfall bemerkt bzw. bei gehöriger Aufmerksamkeit zumindest hätte bemerken müssen.

Für das Vorbringen des Berufungswerbers spricht nämlich einerseits der Umstand, daß die Berührung des abgestellten LKW des Zeugen am äußersten Ende des Kraftwagenzuges erfolgt ist. Geht man von der Länge eines Kraftwagenzuges im Ausmaß von 18 Metern aus und bedenkt man den Lärmpegel im Führerhaus eines Lastkraftwagens, so scheidet die Wahrnehmungsmöglichkeit akustischer Art und durch Stoßreaktion von vornherein aus. Die Möglichkeit einer visuellen Wahrnehmung des Anstosses muß im vorliegenden Fall ebenfalls als nicht gegeben bzw. als derartig gering eingestuft werden, daß sie für die Annahme einer zumindest leichten Fahrlässigkeit im Zweifel ebenfalls ausscheidet. Beim Passieren einer Engstelle muß nämlich vom Lenker eines Kraftwagenzuges erwartet werden, daß er nicht nur einen Außenspiegel im Auge behält, sondern auch den anderen und die Verkehrsfläche vor ihm. Die Prämisse, ein Lenker müsse alle drei Sichträume praktisch gleichzeitig beobachten, würde den entsprechenden Sorgfaltsmaßstab wohl überschreiten.

Diese Ausführungen sprechen im Zweifel auch dafür, daß der Berufungswerber das vom Zeugen R betätigte Überlandhorn nicht gehört bzw. allenfalls einem anderen Fahrzeug zugerechnet hat.

Es kann daher zusammenfassend festgestellt werden, daß dem Berufungswerber im Sinne des § 5 Abs.1 VStG die Glaubhaftmachung des Nichtvorliegens eines Verschuldens gelungen ist, wodurch sich für die Behörde die Verpflichtung zum Nachweis des Verschuldens ergab. Dieser konnte jedoch nicht erbracht werden.

Das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren war daher unter Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" einzustellen.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

S c h ö n

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