Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240957/2/Gf/Rt

Linz, 11.07.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Gróf über die Berufung des D, vertreten durch die RAe Dr. J, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 13. Juni 2013, Zl. SanRB96-27-2013/Bd-Ps, wegen einer Übertretung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als von der Verhängung einer Geldstrafe abgesehen und stattdessen bloß eine Ermahnung erteilt wird; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses mit der Maßgabe bestätigt, dass es im Zuge der als verletzt angeführten Rechtsvorschriften anstatt „i.d.g.F.“ nunmehr „i.d.F. BGBl.Nr. II 125/2011“ zu heißen hat.

 

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG; § 66 Abs. 1 VStG; § 71 Abs. 3 LMSVG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 13. Juni 2013, Zl. SanRB96-27-2013/Bd-Ps, wurde über den Beschwerdeführer eine Geld­strafe in Höhe von 250 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 13 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 25 Euro) verhängt, weil er es als Außenvertretungsbefugter einer OEG zu vertreten habe, dass von dieser am 22. Oktober 2012 in deren Geschäftslokal ein mit zur Irreführung geeigneten Angaben versehenes Lebensmittel („Gekochtes Formfleisch – Vorderschinken, gerissen“) durch Aufbewahrung in der Kühlung der Pizzeria in Verkehr gebracht worden sei. Dadurch habe er eine Übertretung des § 5 Abs. 2 Z. 1 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 13/2006 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. II 125/2011 (im Folgenden: LMSVG), begangen, weshalb er nach § 90 Abs. 1 Z. 1 LMSVG zu bestrafen gewesen sei. 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass das dem Beschwerdeführer angelastete Tatverhalten auf Grund entsprechender Wahrnehmungen eines Lebensmittelaufsichtsorganes und eines Gutachtens der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES) als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien seine mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzenden Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (monatliches Nettoeinkommen: 2.000 Euro; kein Vermögen; keine Sorgepflichten) entsprechend berücksichtigt worden. 

1.2. Gegen dieses ihm am 21. Juni 2013 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 3. Juli 2013 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung. 

Darin wird eingewendet, dass die beanstandete Probe ohnehin die Bezeichnung „Gekochtes Formfleisch – Vorderschinken, gerissen“ aufgewiesen und von der belangten Behörde auch nicht beanstandet worden sei; inwiefern sich dadurch eine Divergenz zum Überbegriff „Schinken“ ergebe, sei jedenfalls nicht ersichtlich, ganz abgesehen davon, dass die darauf bezüglichen Verbrauchererwartungen durchaus variieren würden. Schließlich stelle das bloße Aufbewahren des Schinkens in einer Kühltruhe noch kein Inverkehrbringen dar. 

Da ihm zudem nicht einmal fahrlässiges Verhalten angelastet werden könne und im Zuge der Strafbemessung die Sorgepflicht für seine Gattin und seine beiden minderjährigen Kinder nicht berücksichtigt worden sei, wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses, in eventu eine Herabsetzung der Strafhöhe beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Urfahr-Umgebung zu Zl. SanRB96-27-2013; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Gemäß § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil eine den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 90 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, der Lebensmittel, die mit irreführenden Angaben – im Besonderen mit der Angabe von Eigenschaften, die das Lebensmittel nicht besitzt – in Verkehr bringt.

 

Unter einem „Inverkehrbringen“ im Sinne des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes ist gemäß § 3 Z. 9 erster Satz LMSVG grundsätzlich nur ein „Inverkehrbringen“ nach (dem inhaltlich engeren Begriff des) Art. 3 Z. 8 der Verordnung (EG) 178/2002 (im Folgenden: VO 178/2002) zu verstehen. Davon ausgehend bedeutet „Inverkehrbringen“ zunächst also lediglich das Bereithalten von Lebensmitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht, sowie den Verkauf, den Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst.

 

Abweichend davon ist jedoch gemäß § 3 Z. 9 vierter Satz LMSVG bei ursprünglich auf Grund des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975 (im Folgenden: LMG), erlassenen Verordnungen – in einem vergleichsweise weiteren Sinn – als „Inverkehrbringen“ das Gewinnen, Herstellen, Behandeln, Einführen, Lagern, Verpacken, Bezeichnen, Feilhalten, Ankündigen, Werben, Verkaufen, jedes sonstige Überlassen und das Verwenden für andere zu verstehen, sofern es zu Erwerbszwecken oder für Zwecke der Gemeinschaftsversorgung geschieht.

 

Schließlich ist nach § 3 Z. 9 fünfter Satz LMSVG bei der Beurteilung einer Ware auch zu berücksichtigen, ob sich ihre etwaige, den lebensmittelrechtlichen Vorschriften (vgl. 3 Z. 13 LMSVG) nicht entsprechende Beschaffenheit bloß aus der Besonderheit jener Phase des Inverkehrbringens ergibt, aus der sie stammt. Ein Inverkehrbringen liegt gemäß § 3 Z. 9 sechster Satz LMSVG jedenfalls nicht vor, wenn sichergestellt ist, dass die Ware in ihrer den lebensmittelrechtlichen Vorschriften nicht entsprechenden Beschaffenheit nicht zum Verbraucher gelangt.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall ist zunächst strittig, ob der Rechtsmittelwerber das beanstandete Produkt dadurch, dass er es „in der Kühlung in der Pizzeria aufbewahrt“ hatte, bereits in Verkehr gebracht hat.

 

Nach der dem § 3 Z. 9 LMSVG innewohnenden, zuvor unter 3.1. dargestellten Systematik ist hier deshalb, weil dem Beschwerdeführer nicht die Übertretung einer ursprünglich auf Grund des LMG erlassenen Verordnung (wie etwa der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, BGBl.Nr. 72/1993) angelastet wurde, der engere Begriff des „Inverkehrbringens“ gemäß Art. 3 Z. 8 VO 178/2002 maßgeblich, der im Unterschied zu jenem des § 3 Z. 9 vierter Satz LMSVG ein bloßes „Lagern“ nicht vorbehaltslos, sondern nur dann und insoweit umfasst, wenn dies zu Verkaufszwecken erfolgt.

 

Letzteres trifft jedoch im vorliegenden Fall deshalb zu, weil die Ware – was vom Beschwerdeführer während des gesamten erstbehördlichen Ermittlungsverfahrens auch gar nicht in Abrede gestellt wurde – in seinem Geschäftslokal offenkundig mit der Intention gelagert wurde, diese als Zutat (Belag für Pizzen) zu Speisen für seine Gäste  zu verwenden.

 

3.3. Aus Codexkapitel B 14 („Fleisch und Fleischerzeugnisse“)[1], Pkt. 5.1.2.2. („Kochpökelwaren vom Schlögel“), des Österreichischen Lebensmittelbuches folgt, dass einerseits zwischen Beinschinken mit Knochen („wie gewachsen, kann auch als ‚Original Beinschinken‘ bezeichnet werden“), Schinken aus großen, gewachsenen Teilen vom Schlögel („die in Formen, Hüllen oder Netze gefüllt bzw. gelegt wurden, z.B. Beinschinken [ohne Knochen], Pressschinken mit hervorhebender Bezeichnung und dgl.“) und Schinken aus kleineren Fleischstücken vom Schlögel („z.B. Toastschinken, Pressschinken ohne weitere Bezeichnung, Pizzaschinken und dgl.“) zu unterscheiden ist; andererseits ergibt sich e contrario, dass Schweinefleisch, das nicht vom Schlögel (von der Hinterkeule) stammt, nicht mit dem Begriff „Schinken“ bezeichnet werden darf.

 

Wenngleich es sich beim Österreichischen Lebensmittelbuch nicht um eine Gesetzen oder Verordnungen vergleichbar verbindliche Norm handelt, wird nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die für die Frage, ob eine Angabe gemäß § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG zur Täuschung über die Eigenschaften des Lebensmittels geeignet ist, maßgebliche Erwartung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Konsumenten in dem vom Bundesministerium für Gesundheit herausgegebenen Österreichischen Lebensmittelbuch, das den Charakter eines objektivierten Sachverständigengutachtens hat, widerlegbar wiedergegeben (vgl. etwa VwGH vom 26. September 2011, Zl. 2010/10/0145; vom 22. November 2006, Zl. 2003/10/0042, und die dort verwiesene Judikatur des EuGH; und vom 20. Juni 1994, Zl. 92/10/0118).

 

Davon ausgehend wäre es daher am Rechtsmittelweber gewesen, seinen Einwand, dass die auf der beanstandeten Ware angebrachte Bezeichnung „Gek. Formfleisch – Vorderschinken, gerissen“, in der der Begriffskern „Schinken“ explizit Verwendung findet, trotz des Umstandes, dass es sich hierbei sogar nach den eigenen Angaben des Verpackers nicht um Schweinefleisch vom Schlögel, sondern von der Vorderkeule handelt, nicht als irreführend zu werten ist, durch entsprechende und zudem auf der Ebene eines Sachverständigengutachtens angesiedelte Nachweise zu belegen.

 

Da der Beschwerdeführer dies jedoch unterlassen hat, konnte die belangte Behörde unter Heranziehung der Anordnung des Codexkapitel B 14, Pkt. 5.2.2.2., und des Gutachtens der AGES (Institutes für Lebensmittelsicherheit Wien) vom 4. Februar 2013, Zl. 12110015, S. 4, zu Recht davon ausgehen, dass im gegenständlichen Fall objektiv besehen der Tatbestand des § 90 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG verwirklicht wurde.

 

3.4. Auf der Ebene des Verschuldens blieb von der Erstbehörde jedoch unberücksichtigt, dass die irreführende Bezeichnung nicht vom Rechtsmittelwerber selbst stammt.

 

Wie sich nämlich aus der Verpackung der beanstandeten Ware zweifelsfrei ergibt, wurde diese Formulierung von jener GmbH kreiert, bei bzw. von der er dieses Produkt bezogen hat. Ein ihm zurechenbares Verschulden liegt daher lediglich darin, – davon ausgehend, dass nur vom Schlögel stammendes Schweinefleisch als Schinken bezeichnet werden darf; dieser Umstand musste ihm als Gewerbetreibenden, der dazu verpflichtet ist, sich mit den für die Ausübung seiner Tätigkeit einschlägigen Rechtsvorschriften vertraut zu machen, allerdings bekannt sein – die begriffslogische Widersprüchlichkeit einer Bezeichnung wie „Vorderschinken“ nicht erkannt zu haben. Dazu kommt, dass die Ware dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zufolge bloß durch „Aufbewahrung in der Kühlung in der Pizzeria“, also nur durch ein Lagern, in Verkehr gebracht hat; wenngleich damit nicht i.S.d. § 3 Z. 9 sechster Satz LMSVG sichergestellt war, dass diese nicht zu Verbrauchern gelangen konnte, ergibt sich andererseits aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt kein stichhaltiger Hinweis darauf, dass sie tatsächlich auch an Gäste verabreicht wurde.

 

Insgesamt besehen kann daher dem Beschwerdeführer nur leichte Fahrlässigkeit und damit ein geringfügiges Verschulden angelastet werden, wobei die vom Lebensmittelaufsichtsorgan konkret zur Anzeige gebrachte Tat, nämlich das bloße Aufbewahren in der Kühlung, keine erkennbaren Folgen nach sich gezogen hat.

 

3.5. Unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des vorliegenden Falles (maßgebliche Veranlassung der Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers durch einen Dritten; bloße – wenngleich vorwerfbare – Unwissenheit; bloßes Lagern und deshalb keine tatsächliche Irreführung von Konsumenten; erstmalige Übertretung) findet es der Oö. Verwaltungssenat daher als in gleicher Weise tat- und schuldangemessen, gemäß § 19 Abs. 1 i.V.m. § 45 Abs. 1 Z. 4 und letzter Satz VStG von der Verhängung einer Geldstrafe abzusehen und stattdessen den Rechtsmittelwerber bescheidmäßig zu ermahnen, weil dies sowohl geboten als auch geeignet erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Insoweit war der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben; im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses mit der Maßgabe zu bestätigen, dass es im Zuge der als verletzt angeführten Rechtsvorschriften anstelle von „i.d.g.F.“ nunmehr „i.d.F. BGBl.Nr. II 125/2011“ zu heißen hat.

 

4.1. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

4.2. Mangels Strafausspruch entfiele nach § 71 Abs. 3 LMSVG auch die Vorschreibung von Untersuchungsgebühren; eine solche wurde aber mit dem angefochtenen Straferkenntnis ohnehin nicht vorgenommen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten ist.

 

Dr.  G r ó f


VwSen-240957/2/Gf/Rt vom 11. Juli 2013

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

32002R0178 Lebensmittelsicherheit Art3 Z8;

LMSVG 2006 §3 Z9;

LMSVG 2006 §5 Abs2 Z1;

Österreichisches Lebensmittelbuch KapB14;

VStG §45 Abs1 Z4

 

 

* Unter einem „Inverkehrbringen“ im Sinne des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes ist gemäß § 3 Z 9 erster Satz LMSVG 2006 grundsätzlich nur ein „Inverkehrbringen“ nach (dem inhaltlich engeren Begriff des) Art. 3 Z 8 der VO 178/2002 zu verstehen; davon ausgehend bedeutet „Inverkehrbringen“ zunächst also lediglich das Bereithalten von Lebensmitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht, sowie den Verkauf, den Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst.

 

* Abweichend davon ist jedoch gemäß § 3 Z 9 vierter Satz LMSVG 2006 bei ursprünglich auf Grund des Lebensmittelgesetzes, BGBl. Nr. 86/1975 (im Folgenden: LMG), erlassenen Verordnungen – in einem vergleichsweise weiteren Sinn – als „Inverkehrbringen“ das Gewinnen, Herstellen, Behandeln, Einführen, Lagern, Verpacken, Bezeichnen, Feilhalten, Ankündigen, Werben, Verkaufen, jedes sonstige Überlassen und das Verwenden für andere zu verstehen, sofern es zu Erwerbszwecken oder für Zwecke der Gemeinschaftsversorgung geschieht.

 

* Nach der dem § 3 Z 9 LMSVG 2006 innewohnenden Systematik ist daher dann, wenn dem Beschwerdeführer nicht die Übertretung einer ursprünglich auf Grund des LMG erlassenen Verordnung (wie etwa der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, BGBl.Nr. 72/1993) angelastet wurde, der engere Begriff des „Inverkehrbringens“ gemäß Art. 3 Z 8 VO 178/2002 maßgeblich, der im Unterschied zu jenem des § 3 Z 9 vierter Satz LMSVG 2006 ein bloßes „Lagern“ nicht vorbehaltslos, sondern nur dann und insoweit umfasst, wenn dies zu Verkaufszwecken erfolgte;

 

* Aus Codexkapitel B 14, Pkt. 5.1.2.2., des ÖLMB folgt, dass einerseits zwischen „Beinschinken mit Knochen“, „Schinken aus großen, gewachsenen Teilen vom Schlögel“ und „Schinken aus kleineren Fleischstücken vom Schlögel“ zu unterscheiden ist; andererseits ergibt sich daraus e contrario, dass Schweinefleisch, das nicht vom Schlögel (von der Hinterkeule) stammt, nicht mit dem Begriff „Schinken“ bezeichnet werden darf. Da dem ÖLMB nach der ständigen Judikatur des VwGH (vgl. etwa 26.9.2011, 2010/10/0145) im Hinblick auf Übertretungen des § 5 Abs 2 Z 1 LMSVG 2006 der Charakter eines objektivierten Sachverständigengutachtens zukommt, hätte es daher am Rechtsmittelweber gelegen, seinen Ein-wand, dass die auf der beanstandeten Ware angebrachte Bezeichnung „Gek. Formfleisch – Vorderschinken, gerissen“, in der der Begriffskern „Schinken“ explizit Verwendung findet, trotz des Umstandes, dass es sich hierbei sogar nach den Angaben des Verpackers nicht um Schweinefleisch vom Schlögel, sondern von der Vorderkeule handelt, nicht als irreführend zu werten ist, durch entsprechende und zudem auf der Ebene eines Sachverständigengutachtens angesiedelte Nachweise zu belegen.

 

* Da sich aus der Verpackung der beanstandeten Ware zweifelsfrei ergibt, dass die beanstandete Formulierung von jener GmbH kreiert wurde, bei bzw. von der der Bf. dieses Produkt bezogen  hat; ein ihm zurechenbares Verschulden liegt daher lediglich darin, – davon ausgehend, dass nur vom Schlögel stammendes Schweinefleisch als Schinken bezeichnet werden darf; dieser Umstand musste ihm als Gewerbetreibenden, der dazu verpflichtet ist, sich mit den für die Ausübung seiner Tätigkeit einschlägigen Rechtsvorschriften vertraut zu machen, allerdings bekannt sein – die begriffslogische Widersprüchlichkeit einer Bezeichnung wie „Vorderschinken“ nicht erkannt zu haben;

 

* Angesichts der konkreten Umstände des Falles (maßgebliche Veranlassung der Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Bf. durch einen Dritten; bloße – wenngleich vorwerfbare – Unwissenheit; bloßes Lagern und deshalb keine tatsächliche Irreführung von Konsumenten; erstmalige Übertretung) Absehen von der Verhängung einer Geldstrafe und stattdessen bloß bescheidmäßige Ermahnung gemäß § 45 Abs 1 Z 4 und letzter Satz VStG.

 

 



[1] Abrufbar unter: www.bmg.gv.at/cms/home/attachments/4/9/6/CH1252/CMS1167207128242/b_14_fleisch_und_fleischerzeugnisse.pdf

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