Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281415/19/Kl/TK

Linz, 13.11.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn Wolf-Dieter X, X, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 27. März 2012, GZ 8672/2011, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 13. September 2012 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 9, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 27.3.2012, GZ 8672/2011, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 2.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 46 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 130 Abs. 1 Z 16 und § 35 Abs. 1 Z 3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz verhängt, weil er als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der X GmbH mit dem Sitz in X, X, Folgendes zu vertreten hat: Die X GmbH hat als Arbeitgeberin am 28.1.2011 in der Arbeitsstätte in X, X, nicht dafür gesorgt, dass das Arbeitsmittel Tafelblech-Zuschnittmaschine, Querteilanlage 3, Fabrikat Monarch Stamco, Bj. 1994, durch den Arbeitnehmer X bei der Durchführung von Reinigungsarbeiten der Einzugswalzen (Vorschubrollen) mit den vorgesehenen Schutz- und Sicherheitseinrichtungen benutzt wurde.

Nach der Arbeitsanweisung vom 5.11.2009 wären vor dem Beginn der Reinigungsarbeiten (Schmiertätigkeiten, Schmutzpartikel und Ölrückstände an Anlagenteilen entfernen) alle gefahrenbringenden Bewegungen abzusichern, Anlagenteile in die gesicherten Positionen zu bringen und die vorgesehen mechanischen Sicherungen gemäß den Vorgaben der Bedienungsanleitung (Steckhülsen, Bolzen) einzulegen gewesen.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die ersatzlose Behebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass bereits am 20.11.2008 Herr DI X als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 23 ArbIG bzw. § 9 VStG bestellt worden sei. Die Bestellungsurkunde sei auch an das Arbeitsinspektorat abgesendet worden und sollte dort aufliegen. Der Berufungswerber sei nicht für das Nichtauffinden der Bestellungsurkunde beim Arbeitsinspektorat verantwortlich zu machen. Sollte hingegen von einer Unwirksamkeit der Bestellung mangels Auffindbarkeit beim Arbeitsinspektorat ausgegangen werden, so wurde eine nochmalige Bestellung mit 31.10.2011 zum verantwortlichen Beauftragten vorgelegt. Es liege weder ein objektives noch ein subjektives strafbares Verhalten des Berufungswerbers vor. Darüber hinaus sei bereits mit 14.9.2006 Herr DI X zum verwaltungsstrafrechtlich verantwortlichen Beauftragten bestellt worden. Diese Bestellungsurkunde sei bereits zum Zeitpunkt des Vorfalles vorgelegen. Es sei daher jedenfalls eine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten vorgelegen. Schließlich sei eine Verletzung des § 35 ASchG nicht vorgelegen, weil der Arbeitnehmer hinsichtlich der Durchführung von Reinigungs- und Wartungsarbeiten bei den Einzugswalzen ordnungsgemäß eingeschult gewesen sei und auch immer wieder in Sicherheitsbelangen unterrichtet sei. Der Vorfall sei nicht auf Verschulden des Arbeitgebers sondern auf technisches Versagen zurückzuführen. Auch seine objektive Strafbarkeit sei nicht vorgelegen, weil das Arbeitsmittel nicht benutzt worden sei. Es seien lediglich Wartungs- und Reinigungsarbeiten vorgenommen worden. In der X GmbH sei ein umfangreiches Sicherheitssystem implementiert und werde auch kontrolliert bzw. das Funktionieren der Kontrolle überwacht. Schließlich wurde die Strafe der Höhe nachbekämpft.

 

3. Der Magistrat der Stadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Es wurde auch ein Auszug aus dem Akt der Staatsanwaltschaft Linz zu 49 BAZ 155/11y angeschlossen.

Zum Berufungsvorbringen der Bestellung eines verwaltungsstrafrechtlich verantwortlichen Beauftragten und Mitteilung an das Arbeitsinspektorat wurde dem Arbeitsinspektorat Linz Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Mit Stellungnahme vom 11. Juni 2012 teilte das Arbeitsinspektorat Linz mit, dass irrtümlicherweise die zwei Bestellungen von verantwortlichen Beauftragten (DI X vom 10. Dezember 2008, eingelangt am 12. Dezember 2008 und DI X, keine Datierung, unterzeichnet am 14. September 2006, eingelangt am 16. Oktober 2006) der Strafanzeige nicht beigefügt wurden. Zu den Bestellungsurkunden wurde ausgeführt, dass es sich hiebei um eine Doppelbestellung handelt, da die Bestellung von DI X nie widerrufen wurde und beide Mitarbeiter laut Bestellungsurkunden für die Produktionsbereiche A, B, C und D zuständig sind. Darüber hinaus sei auch nie genau definiert worden, was unter den Produktionsbereichen A, B, C und D zu verstehen sei und sei somit eine Zuordnung der Verwaltungsübertretung zu einem räumlichen Zuständigkeitsbereich nicht möglich. Sollte der Unabhängige Verwaltungssenat von einer rechtswirksamen Bestellung ausgehen, werde im Hinblick auf § 32 Abs. 3 VStG ersucht, die Verfahrensakte an den Magistrat der Landeshauptstadt Linz rückzumitteln, damit dieser gegen die verantwortlichen Beauftragten die Strafverfahren durchführen kann.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13. September 2012, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden.  Die Berufungswerber haben sich entschuldigt und durch ihren Rechtsvertreter an der Verhandlung teilgenommen. Weiters hat die Prokuristin X als Beistand teilgenommen. Je ein Vertreter der belangten Behörde und des Arbeitsinspektorates Linz haben teilgenommen. Weiters wurden die Zeugen X sowie X, X, X und X geladen und einvernommen.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt fest:

Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der X GmbH und nach der internen Aufgabenaufteilung für den Bereich kaufmännische Leitung zuständig. Als weiterer handelsrechtlicher Geschäftsführer ist Herr DI X bestellt. Sein Aufgabenbereich ist die Produktion.

Es liegt eine Bestellungsurkunde über die Bestellung des Herrn DI X zum verantwortlichen Beauftragten für Arbeitssicherheit vom 14. September 2006 vor. Von der X GmbH wurde ihm als Bereichsleiter Produktion die Verantwortung für die Arbeitssicherheit für die Produktionsbereich A, B, C und D der X GmbH übertragen. Der Beauftragte hat der Bestellung ausdrücklich zugestimmt. Die Bestellung wurde dem zuständigen Arbeitsinspektorat Linz schriftlich mitgeteilt und ist am 16. Oktober 2006 dort eingelangt.

Weiters liegt eine Urkunde der Bestellung des Herrn DI X in seiner Funktion als Bereichsleiter Produktion zum verantwortlichen Beauftragten für die Produktionsbereiche A, B, C und D der X GmbH vom 20. November 2008 vor. Er hat der Bestellung ausdrücklich zugestimmt. Die Bestellung wurde dem Arbeitsinspektorat Linz mit Schreiben vom 10.12.2008, eingelangt am 12.12.2008, mitgeteilt.

Das vorgeworfene Tatverhalten wurde am 28.1.2011 in der Arbeitsstätte in X, X, gesetzt, nämlich dass nicht dafür gesorgt wurde, dass das Arbeitsmittel Tafelblech–Zuschnittmaschine, Querteilanlage 3, Fabrikat Monarch Stamco, Bj. 1994, durch den Arbeitnehmer X bei der Durchführung von Reinigungsarbeiten der Einzugswalzen (Vorschubrollen) mit dem vorgesehenen Schutz- und Sicherheitseinrichtungen benutzt wurde.

Schließlich wurde im Zug des Verwaltungsstrafverfahrens eine Urkunde über die Bestellung des Herrn DI X zum verantwortlichen Beauftragten für Arbeitssicherheit für die Produktionsbereiche A, B, C und D der X GmbH vom 31. Oktober 2011 vorgelegt, in welcher dieser seiner Bestellung ausdrücklich zustimmte. Diese Bestellung wurde mit Schreiben vom 15.11.2011 dem Arbeitsinspektorat Linz mitgeteilt.

 

4.2. Die Bestellungsurkunden liegen in den Verwaltungsakten auf.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

Gemäß § 32 Abs. 3 VStG gilt eine Verfolgungshandlung, die gegen einen zur Vertretung nach außen Berufenen (§ 9 Abs. 1) gerichtet ist, auch als Verfolgungshandlung gegen die anderen zur Vertretung nach außen Berufenen und die verantwortlichen Beauftragten.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 4. Oktober 2012, Zlen. 2010/09/0225 bis 0227-5, unter Hinweis auf Vorjudikatur (Zl. 2004/011/0066 vom 16.12.2004 und Zl. 93/10/0064 vom 26.9.1994 sowie Zl. 2004/03/0113 vom 27.6.2006) ausgeführt, "dass gemäß § 9 VStG der verantwortliche Beauftragte nur eine Person sein könne, die bestimmte Voraussetzungen erfülle. Schon daraus ergebe sich, dass die Voraussetzungen nicht nur im Bestellungszeitpunkt, sondern während der gesamten Rechtsstellung als verantwortlicher Beauftragter vorliegen müssten. Zu diesen Voraussetzungen gehöre der interne Akt der Bestellung und der Nachweis der Bestellung gegenüber der Behörde. Werde nur eine dieser Voraussetzungen aufgehoben, so ende auch die Stellung als verantwortlicher Beauftragter. Im vorliegenden Fall wurde der Erstbeschwerdeführer am 23. April 2009 einerseits zum Bauleiter auf der Baustelle X sowie zum verantwortlichen Beauftragten im Sinn des § 28 a Abs. 3 AuslBG für deren Bereich bestellt. Die Funktion des Peter L., dem auf der gegenständlichen Baustelle ab diesem Zeitpunkt keine Anordnungsbefugnis im Sinn des § 9 Abs. 4 VStG mehr zukam, endete daher mit dem Verlust seiner internen Bestellung und seiner internen Anordnungsbefugnis. Dies hatte zur Folge, dass mangels Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten für den betreffenden Bereich bis zum Wirksamwerden der Bestellung des Erstbeschwerdeführers am 5. Mai 2009 der Zweitbeschwerdeführer sowie der Drittbeschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer für die Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG verantwortlich waren."

Weiters führt der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26.9.1994, 93/10/0064, aus, dass das VStG keine ausdrückliche Bestimmung über das Ende der Rechtsstellung eines verantwortlichen Beauftragten enthält. Anhaltspunkte ergeben sich aber aus § 9 Abs. 4, 6 und 1 VStG. "§ 9 Abs. 4 VStG spricht davon, dass verantwortlicher Beauftragter nur eine Person sein kann, die bestimmte Voraussetzungen erfüllt. Bereits aus dieser nicht (nur) auf den Zeitpunkt der Bestellung, sondern auf die gesamte Funktionsdauer abstellenden Formulierung folgt, dass die im § 9 Abs. 4 VStG genannten Voraussetzungen nicht nur im Bestellungszeitpunkt gegeben sein müssen; vielmehr ist das Vorliegen dieser Voraussetzungen eine dauernde Bedingung für die Rechtsstellung als verantwortlicher Beauftragter. Erfüllt eine zum verantwortlichen Beauftragten bestellte Person die Voraussetzungen nicht, so ist die Bestellung rechtsunwirksam. Gleiches muss aber auch gelten, wenn die Voraussetzungen zwar zum Zeitpunkt der Bestellung vorlagen, später aber weggefallen sind. In diesem Fall erfüllt der Bestellte solange nicht die Funktion des verantwortlichen Beauftragten, solange die Voraussetzungen des § 9 Abs. 4 VStG nicht vorliegen. Das VStG enthält keine Norm des Inhalts, dass eine Person, die zum Zeitpunkt der Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten (und der Namhaftmachung gegenüber der Behörde) die Voraussetzungen des § 9 Abs. 4 VStG erfüllt hat, die Funktion eines verantwortlichen Beauftragten auch dann weiterhin beibehält, wenn die im § 9 Abs. 4 VStG normierten Voraussetzungen nachträglich wegfallen (vgl. in diesem Sinne auch Thienel, der Beginn der Rechtsstellung verantwortlicher Beauftragter nach § 9 VStG, in: ZfV 1993/3, Seite 246, FN 46).

…Diese Bestimmungen ermöglichen einen Adressatenwechsel im Bezug auf Normen des Verwaltungsstrafrechts vom Unternehmensinhaber bzw. von dem zur Vertretung nach außen Berufenen zu einem verantwortlichen Beauftragten. Die Wirksamkeit dieses Adressatenwechsels ist an mehrere Voraussetzungen geknüpft, darunter an den internen Akt der Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten und den Nachweis dieser Bestellung gegenüber der Behörde. Wird nun eine dieser Voraussetzungen, nämlich der interne Akt der Bestellung aufgehoben, dann endet auch die Stellung als verantwortlicher Beauftragter.

…Eine Beweislast, wie sie § 9 Abs. 4 VStG für den Unternehmer bzw. den zur Vertretung nach außen Berufenen, der sich auf die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten beruft, statuiert (vgl. hiezu Thienel, a.a.O., S. 243 f und die dort angeführte Judikatur), enthält das VStG betreffend den Widerruf der Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten bzw. der Anordnungsbefugnis nicht."

Im Hinblick auf die Pflicht zur Mitteilung an das Arbeitsinspektorat gemäß § 23 Abs. 1 ArbIG führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 16.12.2004, Zl. 2004/11/0066, aus: "Nach § 23 Abs. 1 ArbIG wird die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 und 3 VStG für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften erst wirksam, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des Bestellten eingelangt ist. Es findet sich jedoch keine Regelung drüber, dass auch der Widerruf der Bestellung erst mit dem Einlangen der schriftlichen Mitteilung hierüber beim Arbeitsinspektorat wirksam würde. Das VStG enthält gleichfalls keine ausdrückliche Bestimmung über das Ende der Rechtsstellung des verantwortlichen Beauftragten.

… § 23 Abs. 1 ArbIG lässt die Regelung des § 9, wonach die Bestrafung von verantwortlichen Beauftragten nur unter der Voraussetzung einer entsprechenden Anordnungsbefugnis zur Tatzeit in Betracht kommt, unberührt. Die zitierten Materialien zeigen, dass bei Schaffung des § 23 Abs. 1 ArbIG von der uneingeschränkten Geltung dieses Grundsatzes ausgegangen wurde. § 23 Abs. 1 ArbIG normiert ergänzend zu § 9 VStG lediglich ein zusätzliches Erfordernis für das Wirksamwerden einer Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten dergestalt, dass im Anwendungsbereich des ArbIG die Bestellung erst mit dem Einlangen einer schriftlichen Mitteilung über die Bestellung samt Zustimmungserklärung des Bestellten beim Arbeitsinspektorat wirksam wird. Die Argumentation des Beschwerdeführers, aus der unter Strafsanktion stehenden Verpflichtung nach § 23 Abs. 3 ArbIG  zur unverzüglichen schriftlichen Mitteilung des Widerrufs einer Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten sei abzuleiten, dass diese Mitteilung an das Arbeitsinspektorat "konstitutive Voraussetzung" für die Wirksamkeit des Widerrufs sei, bei bloß deklarativer Wirkung wäre die Strafsanktion des § 24 Abs. 1 Z 1 lit. e ArbIG eine unverhältnismäßige Maßnahme, die im Widerspruch zu § 23 Abs. 3 ArbIG stünde, überzeugt nicht. Die rasche Mitteilung des Widerrufs einer Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten ist nämlich nicht nur für Strafverfahren, sondern insbesondere auch für allfällige Aufträge und Aufforderungen des Arbeitsinspektorates an den verantwortlichen Beauftragten (den "logischen Ansprechpartner" des Arbeitsinspektorates) von Bedeutung."

 

5.2. Die vorgelegten Bestellungsurkunden sind daher wie folgt zu beurteilen:

Die vorgelegte Urkunde über die Bestellung des Herrn X vom 31. Oktober 2011 hat unbeachtet zu bleiben, zumal sie nach dem Tatzeitpunkt erstellt wurde. Daran ändert auch nicht der Umstand, dass sie zum Nachweis oder Bekräftigung einer vorausgegangenen Bestellungsurkunde dienen soll. Der Zustimmungsnachweis hat eindeutig zum Tatzeitpunkt vorzuliegen. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt.

 

Hinsichtlich der weiters vorliegenden Bestellungsurkunden betreffend Herrn X und Herrn X ist jedoch unter Hinweis auf die oben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes durch die spätere Bestellung des Herrn X am 20.11.2008 mit dessen Zustimmungsnachweis und wirksam geworden durch Einlagen beim Arbeitsinspektorat Linz am 12.12.2008 von einem Widerruf der vorausgegangenen Bestellung des Herrn X auszugehen. Mit der Bestellung des Herrn X ist nämlich im Sinn der vorzitierten Judikatur von dem Widerruf der Anordnungsbefugnis betreffend Herrn X auszugehen. Da diesem mit Bestellung und Zustimmung am 20.11.2008 eine wesentliche Voraussetzung für die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten fehlt, war er ab diesem Zeitpunkt nicht mehr als verantwortlicher Beauftragter anzusehen. Da aber erst mit Einlangen des Zustimmungsnachweises beim Arbeitsinspektorat Linz die Bestellung des Herrn X gemäß § 23 ArbIG wirksam wird, ist ab diesem Zeitpunkt von dessen gültiger Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten auszugehen. Wie der Verwaltungsgerichtshof mehrmals ausgesprochen hat, enthält weder § 9 VStG noch § 23 ArbIG eine Regelung über den Widerruf der Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten. Es ist daher weder das formale Erfordernis des Widerrufs an das Arbeitsinspektorat noch einer Mitteilung an die belangte Behörde einzuhalten.

Im Grunde dieser Erwägungen ist daher auch nicht von einer Doppelbestellung der benannten verantwortlichen Beauftragten auszugehen. Auch enthält die Bestellung und der Zustimmungsnachweis den sachlich abgegrenzten Bereich Arbeitssicherheit und den räumlich abgegrenzten Bereich Produktionsbereich A, B, C und D.

 

4.3. Bei diesem Verfahrensergebnis lag daher gemäß § 9 Abs. 1 VStG die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit nicht beim Berufungswerber als handelsrechtlichem Geschäftsführer, sondern vielmehr beim verantwortlichen Beauftragten. Es hat daher der Berufungswerber die Tat nicht begangen und war daher das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Berufungswerber gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen.   

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

Beschlagwortung: verantwortlicher Beauftragter; Mitteilung des Widerrufs nicht erforderlich; Wegfall der Anordnungsbefugnis

 

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