Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240912/7/Kü/HK

Linz, 24.07.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn M N, vertreten durch Rechtsanwalt Ing. Mag. K H, S, L vom 30. Juli 2012 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 30. März 2012, SanRB96-10-2011, wegen Übertretung des Arzneiwareneinfuhrgesetzes 2010 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24. April 2013 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 30. März 2012, SanRB96-10-2011, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs.1 iVm § 22 Abs.1 Z 1 Arzneiwareneinfuhrgesetz 2010 (AWEG 2010) eine Geldstrafe in Höhe von 210 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag und 11 Stunden verhängt.

 

Diesem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

„Sie haben entgegen § 3 des Bundesgesetzes über die Einfuhr von Arzneiwaren, Blutprodukten und Produkten natürlicher Heilvorkommen (Arzneiwaren­einfuhrgesetz 2010-AWEG) BGBl I Nr 79/2010, von G, A und somit vom Inland aus, per Fernkommunikationsmittel am 11.08.2011 Arzneiwaren, dosiert oder in Aufmachung für den Kleinverbrauch (also für einen Endverbraucher bestimmt), welche unter Position 3004 der Kombinierten Nomenklatur der EU (§ 2 Zif 1 lit c AWEG 2010) fallen, nämlich; 36 Stück Tadalafil im Fernabsatz bestellt, die von Z/S  aus im Flugverkehr W-S in das Bundesgebiet gelangt sind und am 29.08.2011 um 10:00 Uhr in W, H-K-S vom Zollamt Wien-Zollstelle Post entdeckt wurden und haben somit diese Arzneiwaren ohne die erforderliche Einfuhrbescheinigung am 29.08.2011 auf dem Postweg in das Bundesland eingeführt.“

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter des Bw (Straferkenntnis wurde dem ausgewiesenen Rechtsvertreter am 17.07.2012 zugestellt) eingebrachte Berufung, mit der beantragt wird, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Begründend wurde festgehalten, dass den Bw losgelöst von der Frage der objektiven Tatbegehung insofern an der zur Last gelegten Tat kein Verschulden treffe, zumal er keine Kenntnis davon gehabt habe, dass die von ihm bei einem in der Europäischen Union ansässigen Unternehmen bestellten Arzneiwaren, nämlich Spanien, nicht aus dem Raum der EU geliefert würden. Er habe keinesfalls damit rechnen können und müssen, dass er durch eine einmalige Bestellung von einem in der EU ansässigen und äußerst seriös wirkenden Unternehmen, welches sich noch dazu in Deutsch an seine österreichischen Kunden gewendet habe und als Apotheke A auftrete, verwaltungsrechtliche Vorschriften übertreten könne. Er habe auch keinerlei Kenntnis davon, dass diese Waren rezeptpflichtig wären und ein Erwerb über ein in der EU ansässiges Unternehmen nicht zulässig gewesen wäre.

 

Der Bw habe keinesfalls die ihm angelastete Einfuhr in das Gemeinschaftsgebiet oder nach Österreich bewirkt, zumal er seine Bestellung ausschließlich über die Homepage eines im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmens getätigt habe und er davon ausgehen habe dürfen, dass sich der innerhalb der EU ansässige Lieferant an alle einschlägigen Rechtsvorschriften halte. Er habe ja nicht gewusst, von wo die Waren an ihn übersandt würden und sei er davon ausgegangen, dass dies rechtlich zulässig entweder von Österreich oder vom EU-Raum aus erfolge. Von einer Verbringung von aus Z/S stammenden Waren in das Bundesgebiet, wie ihm dies in der Strafverfügung vom 05.09.2011 und somit in der gegen ihn gerichteten Verfolgungshandlung zur Last gelegt würde, habe er überhaupt keine Kenntnis noch habe er davon Kenntnis haben können. Er habe auch nicht gewusst, dass die Waren im Flugverkehr übermittelt würden.

Auch aufgrund der gesamten Aufmachung und Darstellung der Homepage www.apotheke-a.com, welche sich an österreichische (deutschsprachige) Kunden richte, zeige sich, dass eine rezeptfreie Bestellung der angebotenen Produkte im Onlinehandel möglich sei und die Lieferung auf  legale Weise erfolge. Er sei selbstverständlich davon ausgegangen, dass seine über die Homepage erfolgte Bestellung rezeptfrei zulässig sei und er damit gegen keinerlei Bestimmungen verstoßen würde.

 

Festzustellen sei, unabhängig vom Fehlen der subjektiven Tatseite, dass er nur einmal eine Bestellung vorgenommen habe. Diese Bestellung sei in der ersten Juliwoche erfolgt. Nachdem bis 11. August die Bestellung nicht angekommen wäre, habe er die Lieferung der ursprünglichen Bestellung urgiert, wobei er noch keinerlei Kenntnis davon gehabt habe, wieso die Bestellung nicht angekommen sei. Insbesondere habe er keine Kenntnis davon gehabt, dass es aufgrund einer Beschlagnahme der versendeten Waren nicht zu einer Lieferung gekommen sei. Nachdem offenbar auch den Versender der Waren nicht bewusst gewesen sei, dass es zu einer Beschlagnahme der Waren gekommen wäre, sei eine neuerliche Auslieferung der ursprünglich bestellten Ware veranlasst worden, die dann neuerlich am 29.08.2011 beschlagnahmt worden sei und zum gegenständlichen Tatvorwurf geführt habe. Nachdem von ihm jedoch nur eine einzelne Bestellung, nämlich hinsichtlich der zuerst am 17.08.2011 beschlagnahmten Waren vorgenommen worden sei, fehle es hinsichtlich des gegenständlichen Tatvorwurfes betreffend der Beschlagnahme vom 29.08.2011 an jeglichem Verstoß seinerseits.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung mit Schreiben vom  7. August 2012 vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24. April 2012 an welcher der Bw und sein Rechtsvertreter teilgenommen haben.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Bw hat am 16. oder 17. Juli 2011 von seinem Wohnsitz in G, A aus über die Website „apotheke-a.com“ Arzneiwaren der Marke Z Generika, welche den Wirkstoff Tadalafil beinhalten, bestellt. Die gegenständliche Website hat der Bw durch Recherchen im Internet gefunden. Auf der Internetseite der apotheke-a.com ist nachzulesen, dass die Medikamente dort rezeptfrei bestellt werden können. Der Bw ist aufgrund der Bezeichnung der Website a.com von einem Österreichbezug dieser Internetadresse ausgegangen und hat er festgestellt, dass es sich bei den Kontakttelefonnummern um deutsche Telefonnummern handelt. Welche Firma konkret hinter dieser Internetadresse steht, hat der Bw nicht recherchiert. Aufgrund dieser Umstände ist der Bw davon ausgegangen, dass er eine Arzneiwarenbestellung im Gemeinschaftsraum durchführt. Dem Bw war sehr wohl bekannt, dass von ihm bestellte Arzneiwaren in Österreich ausschließlich über Apotheken bezogen werden können.

 

Die vom Bw getätigte Bestellung wurde mit Mitteilung der apotheke-a.com vom 19.07.2011 bestätigt.

 

Die vom Bw bestellten Arzneiwaren wurden von Z/S aus nach Österreich und zwar im Flugverkehr über dem Flughafen W-S nach Österreich versendet worden. Am 17.08.2011 wurde vom Zollamt Wien – Zollstelle Post entdeckt, dass diese Arzneiwaren ohne Einfuhrbescheinigung ins Bundesgebiet eingeführt werden.

 

Nachdem der Bw bis 11. August 2011 seine Bestellung nicht erhalten hat, hat er bei apotheke-a.com seine Bestellung urgiert.  Auch die neuerliche Lieferung erfolgte von Z/S im Flugverkehr über den Flughafen W-S ins Bundesgebiet nach Österreich. Auch diese Sendung wurde vom Zollamt Wien am 29.8.2011 entdeckt und zurückgehalten.

 

In der mündlichen Verhandlung legte der Bw ein weiteres Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 30. März 2012, SanRB96-11-2011, vor, in welchem der Bw ebenfalls wegen der Einfuhr von Arzneiwaren, gleichlautend wie im gegenständlichen Straferkenntnis, bestraft wurde. Der Unterschied der beiden Straferkenntnisse besteht darin, dass das Strafer­kenntnis SanRB96-11-2011 eine Bestellung per Fernkommunikationsmittel im Juli 2011 und die Einfuhr ohne erforderliche Einfuhrbescheinigung am 17.8.2011 vorwirft.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem glaubwürdigen und nachvollziehbaren Vorbringen des Bw in der mündlichen Verhandlung sowie durch Einsichtnahme auf die Internetseite apotheke-a.com und das Straferkenntnis der Erstinstanz vom 30.3.2012, SanRB96-11-2011. Der Sachverhalt steht im Wesentlichen unbestritten fest.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Hinsichtlich der anzuwendenden Rechtgrundlagen des Arzneiwaren­einfuhrgesetzes wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen.

 

5.2. Dem Vorbringen des Bw, wonach er nur eine einzige Bestellung vorgenommen hat, welche er wegen der Nichtlieferung am 11. August 2011 urgiert hat und er daher für eine neuerliche Beschlagnahme der zweiten Lieferung am 29.8.2011 nicht zur Verantwortung gezogen werden kann, kommt Berechtigung zu. Der Bw hat in der mündlichen Verhandlung durch Vorlage des Straferkenntnisses vom 30. März 2012, SanRB96-11-2011, sein Vorbringen in der Berufung nachgewiesen, zumal in diesem Straferkenntnis von einer Bestellung per Fernkommunikationsmittel im Juli 2011 ausgegangen wird und die Einfuhr ohne erforderliche Einfuhrbescheinigung am 17.8.2011 angelastet wird. Insofern wurde von der Behörde der Bestellvorgang und die Einfuhr der zweifelsohne nicht vorliegenden Einfuhrbescheinigung am 17.8.2011 bereits abgehandelt, sodass dieses Straferkenntnis der neuerlichen Bestrafung wegen eines Bestellvorgangs am 11.8.2011, der de facto kein solcher gewesen ist, sondern lediglich eine Urgenz der ursprünglichen Bestellung, entgegensteht. Die Ergebnisse der mündlichen Verhandlung, insbesondere das bestätigende Email bezüglich der Bestellung durch den Bw, verdeutlichen für den Unabhängigen Verwaltungssenat, dass es insgesamt nur einen Bestellvorgang im Juli 2011 gegeben hat, weshalb die Tatanlastung im gegenständlichen Straferkenntnis nicht den Tatsachen entspricht. Insofern war daher dem Berufungsvorbringen des Bw Folge zu geben, das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

 

6. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

 

 

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