Linz, 17.07.2013
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 5. Juni 2013 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des Finanzamtes Grieskirchen Wels, gegen das Erkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Grieskirchen vom 26. Februar 2013, Zl. SV96-52-2012, betreffend die Einstellung eines Strafverfahrens nach dem ASVG zu Recht erkannt:
Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt (§ 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes – AVG).
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde das mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11.10.2012 eingeleitete Strafverfahren gemäß § 33 Abs.1 und 1a iVm § 111 Abs.1 Z1 ASVG eingeleitete Strafverfahren gegen den Beschuldigten Dipl.-Ing. C D eingestellt.
Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11.10.2012 wurde dem Beschuldigten Folgendes vorgeworfen:
Begründend führt das angefochtene Straferkenntnis aus:
"Nach den mit 1.1.2008 in Kraft getretenen Bestimmungen des § 33 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden bzw. binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung nach Abs. 1a leg.cit. so erfüllen kann, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar
2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:
3. Der Beschuldigte nahm dazu wie folgt Stellung:
5. Aus dem Akt ist ersichtlich:
Dem Strafantrag des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 26.09.2012 ist folgende Sachverhaltsdarstellung vorangestellt:
Aus den beigelegten Arbeitsaufzeichnungen ist ersichtlich, dass F am 9., 10. und 11. Juli 2012 10, 11,5 und 11 Stunden, am 16., 17., 18., 19. und 20. Juli 11,5, 11,5, 11,5, 13, 10 Stunden, am 23., 24., 25. Juli 12, 11,5, 10 Stunden, am 30. Juli 12 Stunden und am 2 August 8 Stunden, am 8 August 8 Stunden am 15. August 8 Stunden, am 22. August 8 Stunden und am 29. August 3 Stunden tätig war.
Laut beiliegendem Versicherungsdatenauszug war F vom 02.07.2012 bis laufend als geringfügig beschäftigter Arbeiter bei der H Baugesellschaft m.b.H. gemeldet.
Niederschriftlich einvernommen gab W F an:
"Frage:
Seit wann arbeiten Sie für die Fa. H Baugesellschaft mbH? In welchem Ausmaß? (Normalarbeitszeit, Beginn – Ende)
Frage:
Wie bzw. wonach erfolgt die Entlohnung (Stunden, Touren, gefahrene KM,...)
Antwort:
Die Entlohnung erfolgt nach Stunden.
Frage:
Welche Regelungen bzw. Betriebsvereinbarungen gibt es hinsichtlich Überstunden?
Frage:
Welche Aufzeichnungen werden für die monatliche Lohnverrechnung geführt?
Frage:
Wer macht die Disponierung?
Der Betriebsleiter, Herr B.
Frage:
Wie werden die Tourenpläne erstellt? (wöchentlich, monatlich, täglich, auf Papier, elektr.)
Frage: Welche Unterlagen werden Ihnen für einen Auftrag mitgegeben? Wird von Ihnen kassiert?
Frage:
Seit wann arbeiten Sie für die Fa. A H GmbH? In welchem Ausmaß? (Normalarbeitszeit, Beginn - Ende)
Frage:
Wie bzw. wonach erfolgt die Entlohnung? (Stunden, Touren, gefahrenen KM,...)
Frage:
Welche Regelungen bzw. Betriebsvereinbarung gibt es hinsichtlich Überstunden?
Frage:
Welche Aufzeichnungen werden für die monatliche Lohnverrechnung geführt?
Frage:
Wer macht die Disponierung?
Herr S M.
Frage:
Hier bekomme ich immer einen Fahrtauftrag mit (Reiseroute, Hotel).
Frage:
Sie befanden sich von 16.07.12 - 31.08.12 bzw. von 02.09.12 - 08.09.12 im Arbeitslosengeldbezug. Haben Sie Ihre Tätigkeit bei den o.g. Firmen dem AMS gemeldet?
Ende der Amtshandlung : 09:01 Uhr
Die schriftlich festgehaltenen Angaben sind richtig und ich habe diesen nichts hinzuzufügen bzw. zu ergänzen oder abzuändern."
Zur Rechtfertigung aufgefordert äußerte sich der Berufungswerber über seine Steuerberatungskanzlei wie folgt:
"Auftrags unseres im Betreff genannten Klienten erlauben wir uns in Beantwortung Ihrer Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11. Oktober 2012 nachfolgendes auszufuhren:
Mit Herrn F W wurde per 2. Juli 2012 ein unbefristetes Dienstverhältnis begründet und der Dienstnehmer durch unsere Kanzlei rechtzeitig und ordnungsgemäß bei der Sozialversicherung angemeldet. Das Beschäftigungsverhältnis umfasst 35 Stunden pro Monat und war Herr F als LKW-Fahrer eingesetzt. Es war vereinbart, dass Mehrdienstleistungsstunden nicht ausbezahlt werden und diese während des laufenden Durchrechnungszeitraums vor allem im auslastungsschwachen Winter als Zeitausgleich konsumiert werden. Dadurch ist die Beschäftigung Herrn Fs über den Winter beinahe lückenlos möglich und war weiters geplant, Herrn F ab voraussichtlich März 2013 mit einem höheren Stundenausmaß zu beschäftigen. Die Beschäftigung ab März 2013 steht mit der Inbetriebnahme eines weiteren Betonmischwagens in Zusammenhang.
Da die Auslastung während des Sommers 2012 respektive Frühherbst 2012 den Planwert bei weitem überschritten hat und ein konsumieren des angesparten Zeitausgleichs während des Durchrechnungszeitraums dadurch vereitelt wurde, hat man sich entschlossen Herrn F mit Änderungsmeldung vom 10. Oktober 2012 per 1.10.2012 in die Beitragsgruppe A1 umzumelden.
Abschließend wird angemerkt, dass ausschließlich Herr Ing. A R innerhalb der Geschäftsführung für Personalangelegenheiten zuständig ist."
Nach Anfrage durch die Behörde teilte die Oö. GKK mit Schreiben vom 04.02.2013 mit, dass von einem Beitragszuschlagsverfahren gemäß § 113 Abs.1 und 2 ASVG Abstand genommen worden sei, da keine Übertretungen nach § 111 ASVG festgestellt werden hätten können.
5. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der Vertreter des Beschuldigten die Lohnunterlagen für den betroffenen Arbeitnehmer W F für die Monate Juli bis Dezember 2012 vor. Ein schriftlicher Dienstvertrag liege nicht vor, es sei mit Herrn F eine mündliche Vereinbarung getroffen worden, wonach er pro Monat mit 35 Stunden beschäftigt werden sollte. Die Vereinbarung habe auch beinhaltet, dass die darüberhinausgehenden Stunden nicht ausbezahlt werden würden, sondern während des auslastungsschwachen Winters als Zeitausgleich zu konsumieren seien.
Zum Vorhalt, dass aufgrund der Aktenlage die Situation möglicherweise so gewesen sei, dass Herr F zunächst vollbeschäftigt wurde, aber nur geringfügig gemeldet worden sei und erst nach der Befragung durch das Finanzamt eine Umstellung auf Vollzeitmeldung erfolgt worden sei, legte der Vertreter des Beschuldigten dar, dass es sich um keine fallweise Beschäftigung im Sinne des ASVG gehandelt habe. Die Beschäftigung des Herrn F sei durchgehend über ganze Wochen hindurch erfolgt. Der Vorwurf der fallweisen Beschäftigung würde nicht greifen, da durchgehende Beschäftigung vereinbart gewesen sei. Es sei auch kein Kettenarbeitsvertrag vorgelegen. Der Vertreter des Beschuldigten vertrat die Auffassung, dass aufgrund der gegenständlich getroffenen Vereinbarung das Verhalten des Beschuldigten nicht rechtswidrig sei, da für die Dauer des Durchrechenzeitraumes keine rechtliche Beschränkung bestehe.
Der Vertreter des Beschuldigten legte Stundenaufzeichnungen zum Beweis dafür vor, dass mit 22. Oktober 2012 mit dem Zeitausgleich begonnen worden sei. Bis zur Kündigung durch den Arbeitgeber am 18. Dezember seien ausschließlich Zeitausgleiche veranschlagt worden. Herr F sei während mehrerer Wochen bei der OÖGKK als voll beschäftigt gemeldet gewesen, habe aber wegen der Inanspruchnahme des Zeitausgleichs nicht gearbeitet.
Der Vertreter des Beschuldigten hob hervor, dass die Prüfung durch die OÖGKK zu keinem anderen Ergebnis geführt habe.
Der Vertreter des Finanzamtes wies darauf hin, dass der gegenständliche Arbeitnehmer bis zum 21. September immer wieder Arbeitslosengeld bezogen habe und daher nur geringfügig beschäftigt sein hätte dürfen. Die Anzeige sei aufgrund einer Tachokontrolle am 20.8.20112 erfolgt. Bei der Kontrolle sei zwar ein anderer Fahrer gefahren, die Auswertung des Tachos habe aber die Arbeitszeiten von Herrn F ergeben. Daher sei Herr F am 21. September 2012 nochmals befragt worden.
Der Vertreter des Finanzamtes konfrontierte den Vertreter des Beschuldigten damit, dass der gegenständliche Arbeitnehmer, dessen Beschäftigungsverhältnis mit 9. Juli 2013 begonnen habe, bereits im ersten Monat 135 Arbeitsstunden geleistet habe, was dem Ausmaß einer Vollbeschäftigung entsprechen würde. Daher wäre es logisch gewesen, den Arbeitnehmer während des Sommers voll zu melden, weil absehbar gewesen wäre, dass in diesen Monaten viel Arbeit vorhanden sei. Zudem warnte der Vertreter des Finanzamtes vor Missbrauchsmöglichkeiten, falls für die Dauer des Durchrechenzeitraumes keine rechtliche Beschränkung gegeben wäre.
Sowohl der Beschuldigte als auch das Finanzamt beantragen wie bisher.
6. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:
Der Entscheidung ist folgender Sachverhalt zu Grunde zu legen:
Der Beschäftigung des Herrn F lag ein mündlicher Vertrag zwischen ihm und dem Unternehmen H Baugesellschaft mbH zugrunde. Vereinbart wurde, dass der Arbeitnehmer mit 35 Stunden im Monat beschäftigt werden sollte. Die Vereinbarung hat auch beinhaltet, dass die darüberhinausgehend geleisteten Arbeitsstunden nicht ausbezahlt werden, sondern während des auslastungsschwachen Winters als Zeitausgleich konsumiert werden.
Herr F wurde mit 9. Juli 2012 als geringfügig beschäftigt bei der GKK gemeldet. Mit Änderungsmeldung vom 10. Oktober 2012 wurde Herr F rückwirkend per 1. Oktober 2012 als vollbeschäftigt gemeldet und begann ab 22.Oktober 2012 mit dem Zeitausgleich. Die Kündigung durch den Arbeitgeber erfolgte am 18. Dezember 2012.
Der tatsächliche Umfang der Tätigkeit Fs ergibt sich aus den Arbeitsaufzeichnungen. Demnach war F am 9., 10. und 11. Juli 2012 10, 11,5 und 11 Stunden, am 16., 17., 18., 19. und 20. Juli 11,5, 11,5, 11,5, 13, 10 Stunden, am 23., 24., 25. Juli 12, 11,5, 10 Stunden, am 30. Juli 12 Stunden und am 2. August 8 Stunden, am 8. August 8 Stunden am 15. August 8 Stunden, am 22. August 8 Stunden und am 29. August 3 Stunden, am 3., 4., 5., 6. und 7. September 7, 12, 12, 11, 11 Stunden, am 11., 12., 13. und 14. September 12, 9, 7,5, 10,5 Stunden, am 17., 18., 19., 20., 21. September 10, 10,5, 9, 9,5, 10 Stunden, am 24., 25., 26., 27. und 28. September 11, 10, 11,5 ,9,5, 12 Stunden, am 1., 2., 3., 4. und 5. Oktober 11,5, 9, 8, 11,5, 9 Stunden, am 9., 10., 11. und 12. Oktober 8, 9,5, 10, 10 Stunden, am 15., 16., 17., 18. und 19. Oktober 12,5, 8, 12,5, 9,5, 11,5 tätig. Zeitausgleich wurde am 8. Oktober in Anspruch genommen und durchgehend von 22. Oktober bis 18. Dezember. Die Stundenanzahl des Zeitausgleichs deckt sich rechnerisch mit Mehrstunden aus dem Zeitraum Juli bis 22. Oktober. Es wurden lediglich 0,56 Überstunden ausbezahlt.
Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den unwidersprechenden Ausführungen des Vertreters des Beschuldigten in der mündlichen Verhandlung sowie aus der Aktenlage.
In rechtlicher Hinsicht ist festzuhalten:
Gemäß § 471a ASVG sind fallweise beschäftigte Personen in der Kranken- Unfall- und Pensionsversicherung nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes versichert (vollversichert), sofern nicht die Bestimmungen über die Versicherung der unselbständig beschäftigten Arbeiter in der land- und Forstwirtschaft (Abschnitt 1) anzuwenden sind.
Unter fallweise beschäftigten Personen sind gemäß § 471b ASVG Personen zu verstehen, die in unregelmäßiger Folge tageweise beim selben Dienstgeber beschäftigt werden, wenn die Beschäftigung für eine kürzere Zeit als eine Woche vereinbart ist.
Für die Annahme eines durchgehenden Beschäftigungsverhältnisses kommt es primär auf die ausdrückliche oder schlüssige Vereinbarung einer im Voraus bestimmten Arbeitsleistung an, wobei die tatsächlich feststellbare periodisch wiederkehrende Leistung ein Indiz für die zuletzt genannte schlüssige Vereinbarung ist (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. September 2005, Zl. 2002/08/0215). Infolge der Maßgeblichkeit der Vereinbarung scheidet die Annahme einer fallweisen Beschäftigung im Sinne des ASVG aus, da es zwischen dem Beschuldigten und dem Arbeitnehmer F eine mündliche Vereinbarung gab, wonach dieser unbefristet pro Monat mit 35 Stunden beschäftigt werden sollte. Eine Beschäftigung für eine kürzere Zeit als eine Woche war nicht vereinbart, weshalb ein essentielles Definitionsmerkmal der fallweisen Beschäftigung nicht vorliegt (§ 471 b ASVG). Zudem wurde vereinbart, dass darüberhinausgehende Stunden nicht ausbezahlt werden, sondern während des Durchrechnungszeitraumes, der auf jeden Fall den auslastungsschwachen Winter umfassen würde, als Zeitausgleich konsumiert werden sollten. Einem solchen Vertragsinhalt stehen keine rechtlichen Vorschriften entgegen; vielmehr rechnen Kollektivverträge (vgl. zB. die Kollektivverträge für das Steinarbeitergewerbe und für das Güterbeförderungsgewerbe) mit Vereinbarungen dieser Art.
Da das Durchrechnungsmodell rechtskonform ist, die tatsächliche Beschäftigung dem Modell entsprach und die dafür erforderlichen Meldungen des Arbeitnehmers bei der GKK in nicht zu beanstandender Weise vorgenommen wurden, war spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.
Dr. Ewald Langeder