Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310531/8/Kü/TO/Ba

Linz, 09.07.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des H M, S, W vom 11. März 2013 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels, vom 25. Februar 2013, GZ: BZ-Pol-11057-2012, wegen Übertretung des Oö. Abfallwirtschaftsgesetzes 2009             nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 26. Juni 2013 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z 2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 25. Februar 2013, GZ: BZ-Pol-11057-2012, wurden über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 25 Abs.2 Z3 iVm §§ 2 Abs.4 Z5 lit a und 9 Abs.4 Z1 sowie § 25 Abs.2 Z1 lit a iVm §§ 2 Abs.4 Z9 und 9 Abs.1 Oö. Abfallwirtschaftsgesetz 2009 (Oö. AWG 2009) zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils 75 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von  jeweils 3  Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 15 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

„Sie haben als Fahrzeughalter des Personenkraftwagens mit dem polizeilichen Kennzeichen „X“ (Marke/Type: Volkswagen/VW 1 K, Handelsbezeichnung: Golf, Farbe: Blau) zumindest am 07.10.2012, um ca. 17:25 Uhr (Zeitpunkt der dienstlichen Wahrnehmung des Organes der Ordnungswache der Stadt Wels), bei der Altstoffsammelstelle (ABF) W, W, zwei schwarze Säcke (ein Sack im Blechcontainer + ein Sack vor dem Blechcontainer) –

  1. mit Altstoffen (z.B. Pet-Flaschen – Altstoffe im Sinne des § 2 Abs.4 Z5 lit.a Oö. AWG 2009), sowie
  2. Hausabfälle (z.B. Plastik, Styropor, Papier – Abfall im Sinne des § 2 Abs.4 Z9 Oö. AWG 2009)-

abgelagert, obwohl

zu

  1. Altstoffe aus privaten Haushalten getrennt zu lagern sind und in die dafür vorgesehenen Sammeleinrichtungen einzubringen, oder – im Fall der Abholung – an den dafür vorgesehenen Orten bereitzustellen sind, sowie
  2. Hausabfälle in geeigneten Abfallbehältern zu lagern sind.“

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in der vom Bw – wie bereits mit Schreiben vom 25. Oktober 2012 – nochmals begründend ausgeführt wird, dass er das nicht gewesen sei.  

 

Der Bw legt in der Berufung dar, wie die Müllentsorgung in seinem Wohnumfeld organisiert sei. Es gäbe eine überdachte und verschließbare Müllinsel, die mit jeweils 2 Großtonnen für Restmüll und für Verbundstoffe, einer Tonne für Altpapier sowie 2 Biomüllcontainern bestückt wäre. Bei dieser nicht einsehbaren Situation direkt vor dem Wohnhaus wäre es ein leichtes, ungetrennt Müll oder Problemstoffe zu entsorgen.

Zudem weist der Bw darauf hin, dass in den bei der Altstoffinsel W abgestellten Müllsäcken keine Kleidungsstücke vorgefunden worden wären, da er seine mit Altkleidung gefüllten Säcke in den dafür vorgesehenen Container geworfen habe.

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Wels hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 9. April 2013 vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26. Juni 2013, an welcher der Bw sowie ein Mitarbeiter der Ordnungswache Wels als Zeuge teilgenommen haben.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Bw wohnt an der Adresse S, W in einem Wohnbau mit 45 Parteien. Vor diesem Haus ist ein eigener überdachter Bereich mit Abfallcontainern vorhanden. Darin befinden sich 2 große Restmülltonnen mit einem Fassungsinhalt von jeweils 1.100l, 2 gelbe Tonnen für Kunststoffabfälle sowie Altpapiercontainer. Container für Metall- und Glasabfälle befinden sich nicht in diesem Bereich. Der Bw, der ehrenamtlich bei der Freiwilligen Feuerwehr W bei der Versorgung tätig ist, nimmt seine Glas- sowie Metallabfälle mit zur Feuerwehr, da sich in der Nähe der Feuerwehr eine Altstoffsammelinsel befindet, bei der auch Metall- und Glasabfälle abgegeben werden können. 

 

Am 7. Oktober 2012 gegen 17:25 Uhr wurde das Fahrzeug des Bw von Mitarbeitern der Ordnungswache Wels bei der Altstoffsammelinsel W gesichtet.

 

Der Bw bestreitet nicht, dass er an diesem Tag mit seinem Fahrzeug bei der Altstoffsammelinsel W war und 2 große schwarze Müllsäcke gefüllt mit aussortierten Kleidungsstücken zu den 2 Altkleidercontainern des K, die sich bei dieser Altstoffinsel befinden, gebracht hat. Er konnte sich an das Geschehen noch gut erinnern, da er an diesem regnerischen Oktoberabend nach dem Abliefern der Alttextilien seine Nichte in der W abgeholt und zum Bahnhof gebracht hat.

 

Der Bw hat im Zuge seiner Kleiderentsorgung kein Fahrzeug der Ordnungswache gesehen, wusste aber vom Öfteren Vorbeifahren, dass Fahrzeuge der Ordnungswache immer wieder bei der Altstoffsammelinsel stehen. Bei diesen Fahrten ist ihm auch aufgefallen, dass die Abfälle dort nicht immer ordnungsgemäß entsorgt werden und diverse Säcke vor den Containern deponiert sichtbar waren. Der Mitarbeiter der Ordnungswache, der als Zeuge einvernommen wurde, konnte die Beobachtungen des Bw hinsichtlich der Müllentsorgungen bei der Altstoffsammelinsel bestätigen.

 

Der Zeuge ist am Vorfallstag mit seinem Kollegen kurz vor halb sechs abends mit dem Auto bei der Sammelstelle angekommen. Beim Eintreffen bei der  Altstoffsammelinsel W hat sich der Kollege umgesehen und keine auffälligen Säcke vorgefunden. Die weiteren Beobachtungen wurden dann vom Auto aus gemacht. Im Zuge dieser Beobachtungen wurde man auf das Auto des Bw aufmerksam, das schräg vor den Containern abgestellt war. Die beiden Organe der Ordnungswache haben eine Person beobachtet, die zwei schwarze Müllsäcke zur Sammelstelle getragen hat, konnten jedoch von ihrer Position aus nicht erkennen in welchen Container die Säcke gegeben wurden. Der Zeuge konnte nicht genau sagen, ob der Bw jene Person gewesen ist, die die Säcke getragen und entsorgt hat.

 

4.2. Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die Aussagen des Bw sowie des einvernommenen Zeugen in der mündlichen Verhandlung, soweit übereinstimmende und nicht widersprechende Angaben gemacht wurden.

Der Bw gab zu bedenken, dass er „schön blöd“ sein müsste, wenn er die Müllsäcke in sein Auto laden würde, um zu einer weiter entlegenen Sammelstelle zu fahren, wenn doch die Möglichkeit einer Entsorgung direkt vor seinem Wohnhaus bestehen würde. Dieser Argumentation kann nach den Ergebnissen des Ermittlungs­verfahrens nicht wirksam entgegengetreten werden.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Hinsichtlich der zur Anwendung gelangenden Rechtsvorschriften des Oö. AWG 2009 wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen.

 

Gemäß § 45 Abs.2 AVG, welcher gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung findet, hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

 

Der Verhängung eines Straferkenntnisses hat die vollständige Feststellung des Sachverhaltes vorauszugehen, um den Tatvorwurf mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit beweisen zu können. Auch unter Bedachtnahme auf die gesetzliche Schuldvermutung des § 5 Abs.1 VStG im Bereich der Ungehorsamkeitsdelikte hat die Behörde die Erfüllung des objektiven Tatbestandes von Amts wegen zu beweisen (Grundsatz der Amtswegigkeit in § 39 Abs.2 AVG; siehe hiezu auch die Ausführungen in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahren, 6. Auflage, Seite 412f). Das damit ausgedrückte Offizialprinzip verpflichtet die Behörde, den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu erheben und festzustellen. Es ist daher Aufgabe der Behörde, Erhebungen, die zur Klärung des Sachverhalts benötigt werden, durchzuführen. Sie hat weiters die gepflogenen Erhebungen dem Beschuldigten in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis zu bringen, um diesen in die Lage zu versetzen, auf den Tatvorwurf bezogenen konkrete Gegenbeweise anbieten zu können.

 

Das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates kann kein Motiv des Bw für die angelastete Entsorgung von Abfällen erkennen, zumal der Bw in der mündlichen Verhandlung die Entsorgungswege der in seinem Haushalt anfallenden Abfälle nachvollziehbar und widerspruchsfrei beschrieben hat. Es gibt auch keinen nachvollziehbaren Grund, dass Abfälle, wie jene, die auf dem Foto abgelichtet wurden, bei einer Altstoffsammelinsel entsorgt werden, wenn die Entsorgungsmöglichkeiten direkt vor der Haustüre seiner Wohnung bestehen. Der Aufwand, der hier sowohl in zeitlicher als auch organisatorischer Hinsicht zu bewältigen wäre, nämlich die Müllsäcke ins Fahrzeug einzuladen und dann zur beinahe 900 Meter entfernten Altstoffsammelinsel zu fahren, um sie dort neben einen Container zu stellen, erscheint sehr überbordend und in keinster Weise lebensnah.

 

Das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates muss daher aufgrund der Ergebnisse des durchgeführten Ermittlungsverfahrens festhalten, dass der Tatvorwurf des Straferkenntnisses nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit nachweisbar ist. Aufgrund der vom Bw sowohl im erstinstanzlichen Verfahren als auch im Berufungsverfahren nicht widersprüchlich dargestellten Situation in Zusammen­schau mit den Aussagen des Zeugen, der in der mündlichen Verhandlung auch nach mehrmaligen Nachfragen nicht bestätigen konnte, dass der Bw die Entsorgungen vorgenommen hat, da lediglich das vom Bw vor der Sammelstelle geparkte Fahrzeug gesehen wurde,  war daher im Zweifel gemäß Art. 6 Abs.2 EMRK davon auszugehen, dass die dem Bw angelastete Verwaltungsübertretung nicht erwiesen ist und er daher auch nicht zur Verantwortung gezogen werden kann. In diesem Sinne war der Berufung Folge zu geben, das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat aufzuerlegen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

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