Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-360144/3/WEI/VS/Ba

Linz, 09.08.2013

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des Finanzamts Grieskirchen Wels gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels, vom 26. März 2013, Zl. S‑2531/2012, betreffend die Aussetzung des gegen Herrn H D anhängigen Strafverfahrens nach dem Glücksspielgesetz, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 30 Abs 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels, vom 26. März 2013, Zl. S‑2531/2012, wurde das bei der Landespolizeidirektion Oberösterreich zur gleichen Zahl anhängige Verwaltungsstrafverfahren gegen Herrn H D, geb. X, bis zum rechtskräftigen Abschluss des auf Grund einer Anzeige gemäß § 78 StPO angeregten gerichtlichen Strafverfahrens ausgesetzt.

 

Als Rechtsgrundlage für ihre Entscheidung führt die belangte Behörde § 30 Abs 2 VStG an.

 

Den Bescheid begründend führt die belangte Behörde wie folgt aus:

"Aufgrund einer Anzeige des Finanzamtes Grieskirchen-Wels vom 8.2.2012 ist gegen Sie beim Polizeikommissariat Wels ein Verwaltungsstrafverfahren wegen des Verdachts einer Verwaltungsübertretung nach § 2 Abs. 1 und 4 GSpG § 52 Abs. 1 Zi. 1 GSpG anhängig.

 

Ist aber ein Tat von den Behörden nur zu ahnden, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit anderer Verwaltungsbehörden oder der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, und ist es zweifelhaft, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, so hat die Behörde nach § 30 Abs. 2 VStG das Strafverfahren auszusetzen, bis über diese Frage von der sonst in Betracht kommenden Verwaltungsbehörde oder vom Gericht rechtskräftig entschieden ist.

 

Da sich im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren (auch) der Verdacht auf eine gerichtlich strafbare Handlung (§ 168 StGB) erhärtet hat, wird – unter Zugrundelegung der diesbezüglich eindeutigen Judikatur des VwGH (VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233; 22.3.1999, 98/17/0134) sowie des Erkenntnisses des UVS Oberösterreich vom 19.3.2013 AZ:VwSen-301138 – gemäß § 78 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft Wels erstattet und hiermit das Verwaltungsstrafverfahren bis zum Ausgang des gerichtlichen Strafverfahrens gem. § 30 Abs. 2 VStG ausgesetzt."

 

1.2. Mit Schreiben vom 26. März 2013 hat die Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels, gegen den Beschuldigten des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft Wels wegen des Verdachts einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung erstattet.

 

Der gemäß § 168 StGB entstandene Verdacht wurde der zuständigen Staatsanwaltschaft mit dem genannten Schreiben wie folgt dargelegt:

"Gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 Glücksspielgesetz begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstraße bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, 'wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt'.

 

Nach § 168 Abs. 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der 'ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird'.

 

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts ist im Falle der Tateinheit einer unter beide Strafdrohungen fallenden Handlung davon auszugehen, dass das Delikt des Glücksspieles gemäß § 168 Abs. 1 StGB den Unrechts- und Schuldgehalt der einschlägigen Verwaltungsstrafbestimmung des GSpG vollständig erschöpft und daher unter Berücksichtigung des Doppelbestrafungs- und Doppelverfolgungsverbotes gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPzEMRK eine verfassungskonforme Interpretation insofern geboten ist, als eine Bestrafung nach § 168 Abs. 1 StGB eine solche nach dem GSpG wegen desselben Verhaltens ausschließt (vgl. VfSlg 15.199/1998; VwGH 22.3.1999, 98/17/0134; VwGH 8.9.2008, 2009/17/0181).

 

Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 54/2010, wurde in § 52 Abs. 2 GSpG nunmehr eine ausdrückliche, an Wertgrenzen orientierte Zuständigkeitsklausel zur Abgrenzung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit eingefügt. Danach handelt es sich dann, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Ausspielung (mit oder ohne Glücksspielautomaten) von einem Spieler vermögenswerte Leistungen von über 10 Euro pro Spiel geleistet werden, schon ex lege nicht mehr um 'geringe Beträge' i.S.d. § 168 Abs. 1 StGB, sodass eine allfällige Strafbarkeit nach dem GSpG hinter eine allfällige Strafbarkeit gemäß § 168 Abs. 1 StGB zurücktritt. Sobald daher im Verwaltungsstrafverfahren der Verdacht entsteht, dass Einsätze von mehr als 10 Euro pro Spiel tatsächlich geleistet wurden, ist das Verwaltungsstrafverfahren gem. § 30 Abs. 2 VStG auszusetzen und gem. § 78 Abs. 1 stopp [gemeint: StPO] Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu erstatten (vgl. dazu VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233).

 

Selbst wenn jedoch im Strafverfahren nicht eindeutig nachgewiesen werden sollte, dass Einsätze von mehr als 10 Euro pro Spiel tatsächlich geleistet wurden, kommt nach Auffassung des UVS OÖ angesichts der potentiellen Möglichkeit von versuchter Veranstaltung eines Glücksspiels gem. § 168 Abs. 1 iVm. § 15 Abs. 1 StGB dennoch in Betracht. Wenngleich nämlich für die Vollendung der Tathandlung 'Veranstalten' gemäß § 168 Abs. 1 StGB ein Spiel auch tatsächlich stattgefunden haben muss, kann vor dem ersten Spielgeschehen jedenfalls ein strafbarer Versuch gegeben sein (vgl. Rainer in SbgK § 168 Rz. 12; Kirchbacher/Presslauer m WK2 § 168 Rz. 9) und somit die Anwendbarkeit der Verwaltungsstrafbestimmungen des GSpG zurückgedrängt werden.

 

Überdies ist eine Strafbarkeit nach § 168 StGB – selbst bei Einsatzleistungen von unter 10 Euro pro Einzelspiel – auch aus anderen Gründen in Betracht zu ziehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes – welcher sich auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134, angeschlossen hat – ist die Frage, ob um geringe Beträge gespielt wird, nämlich nur so lange am Einzelspiel orientiert zu lösen, als nicht der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl. OGH 3.10.2002, 12 Os 49/02; OGH 2.7.1992, 15 Os 21/92; OGH 22.8.1991, 15 Os 27/91). Das diesbezügliche Korrektiv bildet die in § 168 Abs. 1 StGB negativ umschriebene Voraussetzung, dass bloß zum Zeitvertreib gespielt wird. Dies ist etwa dann nicht mehr der Fall, wenn das Gewinnstreben soweit in den Vordergrund tritt (z.B. bei zu Serienspielen verleitender günstiger Relation zwischen Einsatz und Gewinn), dass es dem Spieler darauf ankommt, Geld zu gewinnen, wenn er also in gewinnsüchtiger Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) spielt (vgl. Leukauf/Steininger in StGB3 § 168 Rz. 19; Rainer in SbgK § 168 Rz. 10). Des Weiteren ist eine strafbare Serienspielveranstaltung auch dann anzunehmen, wenn bei Spielautomaten 'für die Höhe des Einzeleinsatzes zugunsten von Beträgen außerhalb der Geringfügigkeitsgrenze nicht einmal eine Einwurfmöglichkeit vorgesehen ist' (vgl. OGH 3.10.2002, 12 Os 49/02).

 

Die im vorliegenden Fall in Aussicht gestellten Höchstgewinne pro Spiel und die damit verbundene außergewöhnlich günstige Relation zwischen dem maximalen Einzeleinsatz und dem höchstmöglichen Gewinn indizieren die Möglichkeit eines besonderen Anreizes für Serienspiele mit gewinnsüchtiger Absicht i.S.d. höchstgerichtlichen Judikatur (vgl. etwa OGH 20.4.1983, 11 Os 39/83, in welcher das Verhältnis von zehn Schilling Höchsteinsatz zu 600 Schilling Höchstgewinn als eine derartige außergewöhnlich günstige Relation erachtet wurde) und bewirkt damit die Zurückdrängung der Strafbestimmungen des GSpG hinter jene des StGB.

 

Die technische Ausgestaltung der gegenständlichen Glücksspielgeräte mit einer sog. 'Automatic-Start-Taste', welche nur einmal betätigt werden muss, um eine beliebige Anzahl an Spielvorgängen mit jeweils zuvor bestimmten Teileinsatzbeträgen rasch hintereinander ablaufen zu lassen, indiziert nach Auffassung des Landespolizeikommandos Oberösterreich die vorsätzliche Veranstaltung von Serienspielen und bewirkt damit die Zurückdrängung der Strafbestimmungen des GSpG hinter jene des StGB.

 

Aus all diesen Gründen ist bei der Landespolizeidirektion Oberösterreich –Polizeikommissariat Wels im vorliegenden Fall der begründete Verdacht einer Strafbarkeit gem. § 168 Abs. 1 StGB entstanden. Somit ist die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des VwGH (vgl. VwGH 22.3.1999, 98/17/0134; VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233) verpflichtet, das anhängige Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs. 2 VStG auszusetzen und gemäß § 78 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft wegen Verdachts einer gerichtlich strafbaren Handlung zu erstatten. Mit diesem Schreiben, welchem der relevante Verfahrensakt beigelegt ist, wird diese Anzeige erstattet."

 

 

2.1. Gegen den oben dargestellten Bescheid richtet sich die vom Finanzamt Grieskirchen Wels rechtzeitig eingebrachte Amtsberufung vom 4. April 2013, mit welcher der gesamte Bescheid wie folgt angefochten wird:

 

"Dem gegenständlich ausgesetzten Verwaltungsstrafverfahren lag eine Anzeige des Finanzamtes Grieskirchen Wels zugrunde. Der Anzeige konnten die jeweils festgestellten, für die Teilnahme am Glücksspiel erforderlichen Mindesteinsätze sowie die maximal möglichen Einsätze pro Spiel entnommen werden. Die Behörde bezweifelte auch nicht, dass mit den gegenständlichen Eingriffsgegenständen Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen veranstaltet worden waren, sondern hat vielmehr Herrn D mit der Aufforderung zur Rechtfertigung eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG vorgehalten.

 

Aufgrund der bei den Testspielen, welche den Gegenstand der Anzeige bildeten, festgestellten, geforderten Mindesteinsätze von weniger als € 1.-- pro Spiel lagen die Voraussetzungen für die Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG jedenfalls zweifelsfrei vor, weil, schon nach den allgemeinen Lebenserfahrungen, Spiele mit derartigen Einsätzen jedenfalls durchgeführt worden waren.

 

Die belangte Behörde hat jedoch – allerdings ohne diese schlüssig nachvollziehbar begründet zu haben – Gründe für den Verdacht eines Vergehens nach § 168 StGB zu erkennen vermeint, und das Strafverfahren gemäß § 30 Abs 2 VStG ausgesetzt.

 

Mit den verfahrensgegenständlichen Eingriffsgegenständen wurden, wie der Anzeige unschwer zu entnehmen gewesen war, unter anderem, virtuelle Walzenspiel nachweislich konsenslos veranstaltet. Bei diesen Spielen konnten die Teilnehmer nach Eingabe von Geld als Spielguthaben, und Erbringung zumindest des geforderten Mindesteinsatzes von weniger als einem Euro, bloß noch das Spiel durch Tastenbetätigung auslösen, um das Ende des damit bewirkten Walzenumlaufes abzuwarten, mit welchem gleichzeitig die Entscheidung über das Spielergebnis am Bildschirm dargestellt wurde. Diese Entscheidung hing somit ausschließlich vom Zufall ab.

Spiele, bei denen die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich vom Zufall abhängt, werden nach § 1 Abs 1 GSpG als Glücksspiele im Sinne des GSpG bezeichnet.

 

Bei diesen, laut Erhebungen, von einem Unternehmer gem § 2 Abs 2 GSpG veranstalteten Glücksspielen wurden vermögenswerte Leistungen in Aussicht gestellt.

Glücksspiele welche von einem Unternehmer ermöglicht, und nur gegen Einsatzleistung durchgeführt werden können, und bei denen vom Unternehmer vermögenswerte Gewinne in Aussicht gestellt werden, stellen nach § 2 Abs 1 GSpG Ausspielungen dar.

Mangels Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG, und weil diese Ausspielungen nicht nach § 4 vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen waren, wurden die gegenständlichen Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen gem § 2 Abs 4 GSpG veranstaltet.

Nachdem Ausspielungen bereits mit dem in Aussicht stellen von vermögenswerten Leistungen verwirklicht werden, wenn die übrigen Voraussetzungen vorliegen, wurde mit dem festgestellten Tatzeitraum der für jedermann schlüssig nachvollziehbare Nachweis für die Veranstaltung verbotener Ausspielungen gem § 2 Abs 4 GSpG erbracht, mit denen fortgesetzt in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde.

Dieser im Zusammenhang mit Einsätzen von weniger als € 1.-- pro Spiel festgestellte und dokumentierte Sachverhalt war Gegenstand der Anzeige an die Behörde.

 

Mit den Bestimmungen des § 52 Abs 2 GSpG hat der Gesetzgeber das Zurücktreten einer allfälligen Strafbarkeit nach dem GSpG hinter jene nach dem § 168 StGB, also die Subsidiarität des Verwaltungsstraftatbestandes für den Fall – und nur für diesen Fall –normiert, dass im Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10 Euro von Spielern oder anderen geleistet werden.

 

Daraus ergibt sich zweifelsfrei, dass Subsidiarität der Strafbarkeit eines Verwaltungsstraftatbestandes nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG ausschließlich dann eintritt, wenn

        Glücksspiele in Form einer Ausspielung gem § 2 Abs 1 GSpG veranstaltet werden (andernfalls ein Verwaltungsstraftatbestand nicht angezeigt worden wäre),

        für ein Glücksspiel in Form einer Ausspielung ein Einsatz von mehr als 10 Euro möglich ist und wenn

        ein Einsatz von mehr als 10 Euro auch tatsächlich geleistet wurde.

 

Nur unter diesen nachgewiesen vorliegenden Voraussetzungen kann überhaupt eine gerichtliche Zuständigkeit angenommen werden. Fehlt auch nur eine dieser Voraussetzungen, kann die Subsidiarität des Verwaltungsstraftatbestandes schlicht nicht einmal denkmöglich sein. Bei drei der verfahrensgegenständlichen Glücksspielgeräte war, im Übrigen, nicht einmal ein Einsatz von mehr als 5 Euro möglich."

 

Nach der auszugsweisen Wiedergabe der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 22. August 2012, Zl. 2012/17/0156, führt das Finanzamt weiter aus:

 

"Mit dieser jedermann klar nachvollziehbaren Trennung von verwaltungsbehördlichen und gerichtlichen Kompetenzen in Anhängigkeit von an elektronischen Glücksspielgeräten tatsächlich geleisteten Spieleinsätzen wurde auch die Gefahr einer Doppelbestrafung zwingend ausgeschlossen. Es kann niemand, der mit einem elektronischen Glücksspielgerät ein Spiel veranstaltet, oder die Zusammenkunft für diesen Zweck gefördert hat, bei dem ein Einsatz von mehr als 10 Euro tatsächlich geleistet worden war, und der dafür von einem Gericht verurteilt worden war, für diese Tat erneut oder parallel nach dem GSpG bestraft werden.

Umgekehrt kann niemand, der wegen der Veranstaltung verbotener Ausspielungen mit elektronischen Glücksspielgeräten, bei denen Einsätze von weniger als 10 Euro pro Spiel geleistet worden waren, und der dafür von einer Verwaltungsstrafbehörde bestraft worden war, für diese Tat erneut oder parallel von einem Gericht belangt werden.

Zur der vom UVS OÖ vermeintlich erkannten Problematik der angeblich unklaren Determinierung der Bestimmung des § 52 Abs 2 GSpG hat der VfGH am 14.06.2012, unter G 4/12-10*, klargestellt:

'Der Verfassungsgerichtshof geht mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon aus, dass die Befugnisse Im Rahmen der behördlichen Sicherungsmaßnahmen nach den §§ 53, 54 und 56a GSpG ungeachtet der – nunmehr ausdrücklich angeordneten – Subsidiarität des § 52 Abs. 1 GSpG gegenüber § 168 StGB hinsichtlich der Strafverfolgung und Strafbarkeit unberührt bleiben (vgl. VwGH 20.7.2011, 2011/17/0097, mwN). Dieses Auslegungsergebnis wird durch die Gesetzesmaterialien zur GSpG-Novel[l]e 2010 bestätigt, denen zufolge durch die Einfügung des Verweises auf § 53 in § 52 Abs. 2 GSpG klar gestellt werden sollte, dass 'bei Kontrollhandlungen, die (auch) einen Verdacht einer Übertretung des § 168 StGB ergeben, eine allenfalls von den Kontrollorganen vorgenommene vorläufige Sicherstellung der Eingriffsgegenstände gemäß § 53 Abs. 2 GSpG mittels Beschlagnahmeverfahren durch die Behörde beschlossen und in der Folge mittels Einziehungsverfahren zur Verhinderung weiterer Übertretungen beendet werden kann' (981 BlgNR, 24, GP, 148).

Vor diesem Hintergrund ist den Bedenken des antragstellenden UVS von vorneherein der Boden entzogen. Die Bestimmung ist nicht nur nicht unklar, sondern durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes In ihrer Bedeutung in Fällen einer Zuständigkeit des Gerichts geklärt. Unterschiede in den Auffassungen des Verwaltungsgerichtshofes und eines UVS über die Auslegung einer Zuständigkeitsbestimmung machen diese nicht verfassungswidrig. Ein Verstoß gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und gegen das Bestimmtheitsgebot für Gesetze liegt nicht vor.'

 

Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben also in aktuellen Entscheidungen übereinstimmend und zweifelsfrei dargelegt, wann Subsidiarität des Verwaltungsstraftatbestandes gegenüber der gerichtlichen Strafbarkeit angenommen werden kann. Ob Subsidiarität tatsächlich eintritt hat zunächst das Gericht und in weiterer Folge – ausgenommen im Falle einer Verurteilung durch das Gericht – die Verwaltungsstrafbehörde zu entscheiden.

Alle diese Voraussetzungen liegen im gegenständlichen Fall dem Aussetzungsbescheid der belangten Behörde nicht zugrunde!

Die – schon aus technischer Sicht gar nicht mögliche – Behauptung der belangten Behörde, '...wegen der gleichen Tat hat sich im Zuge des Verfahrens der Verdacht einer gerichtlichen Handlung nach § 168 StGB ergeben... ' wird nicht einmal begründet. Es ist nämlich schlicht nicht möglich, ein Spiel sowohl mit einem Einsatz von weniger als 10 Euro, als auch mit einem Einsatz von mehr als 10 Euro durchzuführen! Es besteht schon aus technischen Gründen bloß die Möglichkeit, entweder 10 Euro oder weniger, oder aber mehr als 10 Euro bei einem Spiel zu setzen, also entweder gegen § 52 Abs 1 Z 1 GSpG oder aber gegen § 168 StGB zu verstoßen!

Ferner ist sowohl den Bestimmungen des § 52 Abs 2 GSpG, als auch den zitierten Entscheidungen des VfGH und des VwGH keinesfalls zu entnehmen, dass Subsidiarität bereits aus einem bloßen Verdacht, also aus einer bloßen Möglichkeit resultieren könnte! Wie nun die Behörde zur Ansicht gelangen konnte, das aufgrund einer Anzeige der Abgabenbehörde wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG eingeleitete Strafverfahren nach § 30 Abs 2 VStG aussetzten zu können, bleibt – schon mangels schlüssig nachvollziehbarer Begründung – völlig im Dunkeln.

 

Gegenstand der Anzeige waren jedenfalls ausschließlich verbotene Ausspielungen mit tatsächlich geleisteten Einsätzen bis zu einem Betrag in der Höhe von 10 Euro pro Spiel. Bei drei Geräten war zudem eine Einsatzleistung von mehr als 5 Euro schon gar nicht möglich gewesen.

 

Wenn die Behörde aber im Zuge des Ermittlungsverfahrens allenfalls auch Nachweise für ein tatsächlich begangenes Vergehen nach § 168 StGB gefunden haben sollte, dann konnte dieses Vergehen zweifelsfrei nicht im Zusammenhang mit der angezeigten Verwaltungsübertretung, oder gar zeitgleich, begangen worden sein. Im Falle der Feststellung eines Vergehens nach § 168 StGB hätte also die Behörde bezüglich der neu festgestellten Tat eine entsprechende Anzeige an die zuständige Staatsanwaltschaft zu legen, das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren aber unbeschadet davon fortzuführen gehabt, ohne sich dabei der Gefahr einer möglichen Doppelbestrafung auch nur annähernd ausgesetzt zu haben.

 

Die diese Vorgangsweise jedenfalls vorsehende Bestimmung des § 30 Abs 1 VStG lautet:

Aufgrund der Anzeige der Abgabenbehörde liegt dem Beschuldigten eine von der Landespolizeidirektion Oberösterreich zu ahndende Verwaltungsübertretung zur Last.

Aufgrund der, nicht näher ausgeführten, Ermittlungsergebnisse der belangten Behörde liegt dem Beschuldigten auch eine vermutlich (arg.: 'Verdacht') von einem Gericht zu ahndende strafbare Handlung zur Last. Wie vorstehend schon dargelegt, können aber diese Tatanlastungen zweifelsfrei nicht aus 'der gleichen Tat' resultieren. Ermittlungen der belangten Behörde, diese jedenfalls unterschiedlichen Sachverhalte unterscheidbar und klar getrennt darzustellen, sind jedoch nicht bekannt.

Die belangte Behörde hat also, ohne schlüssig nachvollziehbare Begründung, ihre Entscheidung, das Strafverfahren auszusetzen - in klarer Verkennung der Sach- und Rechtslage - auf die hier nicht anwendbaren Bestimmungen des § 30 Abs 2 VStG, nicht aber auf jene des § 30 Abs 1 VStG gestützt.

 

§ 30 Abs 2 VStG lautet:

Es müssen also begründete Zweifel vorliegen, wessen Kompetenz ein Tatbestand zuzurechnen ist. Solche Zweifel setzten aber eine abgeschlossene Ermittlung des Sachverhaltes, nicht bloß einen Verdacht voraus. Die rechtliche Unsicherheit der belangten Behörde, also der Zweifel, gründet sich im vorliegenden Fall auf bloße Vermutungen, also auf einen Verdacht. Damit ist die belangte Behörde aber ihrer Verpflichtung schlicht nicht nachgekommen, den materiell wahren Sachverhalt zu ermitteln, mit dem die Entscheidung zu begründen wäre.

Die Voraussetzungen des § 30 Abs 2 VStG lagen also der belangten Behörde zum Zeitpunkt der Entscheidung schlicht nicht vor. Einerseits lag der Behörde eine klar formulierte Anzeige bezüglich einer Verwaltungsübertretung vor, andererseits liegt der Behörde bloß der gar nicht näher konkretisierte Verdacht eines Vergehens nach § 168 StGB vor.

Begründete Zweifel konnten somit ausschließlich im Hinblick auf den Verdacht nach § 168 StGB vorliegen, nicht aber im Hinblick auf die dokumentiert vorliegende Anzeige eines Verwaltungsstraftatbestandes!

Die angezeigte Verwaltungsübertretung ist zweifelsfrei nicht ident mit allenfalls möglichen Tathandlungen iSd § 168 StGB und somit von der belangten Behörde zu ahnden. Die Bedingung des § 30 Abs 2 VStG kann also schlicht nicht vorliegen, nämlich eine Tat, welche von den Behörden nur zu ahnden ist, wenn sie nicht in die Zuständigkeit der Gerichte fällt, und diese Frage zweifelhaft ist.

Damit liegt aber auch ein Grund für die Aussetzung des Verwaltungsstrafverfahrens nicht vor.

Aufgrund der im § 52 Abs 2 GSpG klar formulierten Subsidiaritätsbestimmungen war die Behörde jedenfalls gehalten gewesen, das Strafverfahren nach einem der Tatbilder des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG bezüglich jener Glücksspiele durchzuführen, welchen mit Einsätzen von weniger als 10 Euro pro Spiel durchgeführt worden waren. Es bestand und besteht – schon aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrungen – kein Zweifel daran, dass mit den gegenständlichen Eingriffsgegenständen eine Vielzahl von Glücksspielen mit Einsätzen von weniger als 10 Euro pro Spiel durchgeführt worden waren. Hingegen bestehen – aus demselben Grund – durchaus berechtigte Zweifel daran, dass Einsätze von mehr als 10 Euro pro Spiel, etwa für den bloß eine Sekunde dauernden Umlauf virtueller Walzen, tatsächlich geleistet wurden.

Nachdem die sämtlich nach dem gleichen Prinzip, grundsätzlich zum Zeitvertreib, gestalteten elektronischen Glücksspielgeräte bislang nicht von einem Gericht deshalb verfolgt wurden, weil die damit veranstalteten Glücksspiele nicht bloß zum Zeitvertreib [FN 1: Mit dem in der Judikatur geprägten Begriff 'Serienspiele' wurde auf die Summe der dabei erzielten Einzeleinsätze abgestellt, also auf 'nicht geringe Beträge', nicht auf die Gewinnsucht der Spieler] durchgeführt worden wären, ist davon auszugehen, dass die Klärung der Frage der Subsidiarität bloß von der tatsächlichen Einsatzleistung bestimmt wird, wie auch den zitierten Entscheidungen des VfGH und des VwGH klar zu entnehmen ist.

Somit war bereits die erste Bedingung der Bestimmung des § 30 Abs 2 VStG nicht gegeben, weil die konsenslose Veranstaltung von verbotenen Ausspielungen mit Einsätzen von weniger als 10 Euro pro Spiel eine andere Tat, nämlich eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG darstellt, als die Veranstaltung eines Spieles, bei dem Gewinn und Verlust vorwiegend oder ausschließlich vom Zufall abhängen und bei dem nicht bloß zum Zeitvertreib und nicht um geringe Beträge gespielt wird, also ein Vergehen nach § 168 Abs 1 StGB. Nachdem diese unterschiedlichen Spieldurchführungen nicht bloß durchaus klar unterscheidbar waren, sondern auch keinesfalls zeitgleich ausgeführt worden sein konnten, musste die belangte Behörde von unterschiedlichen Taten ausgehen, für welche somit auch die zweite Bedingung des § 30 Abs 2 VStG nicht zutreffen konnte, weil – aufgrund der klar definierten Trennung der Begehungsformen – eben nicht Zweifel vorliegen konnten, ob die jeweilige Tat der Kompetenz der Gerichte oder der Verwaltungsbehörden zuzurechnen war.

 

Die belangte Behörde hätte das Verwaltungsstrafverfahren also bloß bezüglich jener Spiele auszusetzen gehabt, bei denen der Verdacht eines Vergehens nach § 168 StGB begründet angenommen werden konnte.

Um eine solche Annahme schlüssig begründen zu können, hätte die Behörde aber Ermittlungen mit dem Ziel durchführen müssen, jene Spiele festzustellen, welche mit Einsätzen von mehr als 10 Euro pro Spiele durchgeführt worden waren. Dieses Ziel hätte wiederum nur durch entsprechend glaubwürdige, spielbezogene Zeugenaussagen, oder aber durch Offenlegung der einzelnen Gerätebuchhaltungen sinnvoll erreicht werden können.

 

Aufgrund der für die Beurteilung des Sachverhalts durch die Behörde ausschließlich maßgebenden Bestimmungen des § 52 Abs 2 GSpG sowie aufgrund der zum Entscheidungszeitpunkt bereits bekannten, vorstehend zitierten Judikatur des VwGH, hätte die belangte Behörde ihre Entscheidung, das Verfahren auszusetzen, auch nicht ein auf der alten Rechtslage aufbauendes Gerichtsurteil bezüglich der mit der Automatic-Start-Taste ermöglichten Serienspiele, oder die Annahme '...einer zu Serienspielen verleitenden günstigen Relation von Einsatz und Gewinn...' zugrunde legen dürfen, sondern den vermeintlich erkennbaren Verdacht so klar zu konkretisieren gehabt, dass einen zweifelsfreie Unterscheidung zwischen den jedenfalls vorliegenden Verwaltungsübertretungen nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG, und den allenfalls möglichen Vergehen nach § 168 StGB möglich geworden wäre.

Sodann wäre die Behörde verpflichtet gewesen, das Verwaltungsstrafverfahren bezüglich jener Spiele auszusetzen, welche allenfalls vom begründeten Verdacht eines Vergehens nach § 168 StGB umfasst gewesen wären, und das Verwaltungsstrafverfahren bezüglich jener Glücksspiele unverzüglich fortzusetzen, welche – aufgrund der Dokumentation zweifelsfrei – dem GSpG unterfielen.

Tatsächlich lag aber für die Behörde gar kein erkennbarer Anlass vor, bezüglich eines oder mehrerer der von der Abgabenbehörde angezeigten, und somit ausschließlich verfahrensgegenständlichen, Glücksspiele einen schlüssig begründbaren Verdacht eines Vergehens nach § 168 StGB anzunehmen.

Aufgrund der zitierten Judikatur des VwGH stellte sich nämlich weder die Frage nach wie immer auch begründbaren 'Serienspielen', noch nach der möglichen Frequenz der Spielabfolge, noch nach der Motivation der Spieler.

Diese Fragestellungen bleiben grundsätzlich den Strafgerichten vorbehalten.

 

Die vorliegende Begründung der belangten Behörde in Form eines Hinweises auf eine nicht aktuelle Judikatur des VwGH und auf ein nicht schlüssig nachvollziehbares Erkenntnis des UVS Oberösterreich muss somit ins Leere gehen.

Zu dem Erkenntnis sei angemerkt, dass die Berufungsbehörde den Verdacht eines Vergehens nach § 168 StGB der Staatsanwaltschaft zu einem Zeitpunkt angezeigt hatte, zu dem diese allfällige Tat bereits verjährt gewesen sein musste. Den dennoch gefällten Freispruch zu prüfen und das Ergebnis entsprechend zu begründen hat die Berufungsbehörde unterlassen.

Der VwGH hat dazu mit Entscheidung vom 14.12.2011, 2011/17/0233, unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 22.03.1999, 98/17/0134, unmissverständlich festgestellt:

'Im Falle einer Verfahrenseinstellung oder eines freisprechenden Urteiles hat die Verwaltungsbehörde die Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag, selbstständig zu beurteilen.'

 

Über den postulierten Verdacht hinausgehende Ermittlungen, oder Feststellungen zum materiell wahren Sachverhalt im Hinblick auf ein Vergehen nach § 168 StGB finden sich in dem zitierten Erkenntnis nicht.

Aus diesen Gründen kann weder die zitierte Judikatur, noch die zitierte Entscheidung der Berufungsbehörde als Begründung für die Aussetzung eines Verwaltungsstrafverfahrens herangezogen werden, welches aufgrund von angezeigten, nachweislich dem Verwaltungsstrafgesetz unterfallenden Tathandlungen eingeleitet worden war."

 

Es werde daher beantragt, der angefochtene Bescheid möge im Wege einer Berufungsvorentscheidung durch die belangte Behörde oder aber durch die Berufungsbehörde, jedenfalls hinsichtlich jener Glücksspiele, welche angezeigt und mit Einsätzen von weniger als 10 Euro pro Spiel durchgeführt worden seien, aufgehoben und das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren unverzüglich fortgesetzt werden.

 

2.2. Die belangte Behörde hat die Berufung unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes mit Schreiben vom 8. April 2013 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

 

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die vorgelegten Akten. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid wendet und die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und dem Art 6 Abs 1 EMRK nicht entgegensteht (vgl § 51e Abs 4 VStG).

 

Die Beschlagnahme der gegenständlichen Glücksspielgräte wurde mit Berufungserkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 22. August 2012, Zlen. VwSen-301217/3/AB/WB und VwSen-301218/3/AB/WB, als rechtmäßig bestätigt.

 

3.2. Unter Berücksichtigung des Sachverhalts aus dem Beschlagnahmeverfahren und der unbedenklichen erstbehördlichen Darstellung (vgl Punkte 1.1. und 1.2.) geht der Oö. Verwaltungssenat zusammengefasst von folgendem Sachverhalt aus:

 

Auf Grund einer von Organen der Abgabenbehörde am 18. Jänner 2012 um ca. 13:25 Uhr im C "A S" in W, T, durchgeführten Kontrolle wurden die Glücksspielgeräte "A Games Austria, Internet Terminal VLT", "GEMINI, Seriennummer 6639" und "CASINO MULTI GAME, webak games Austria" betriebsbereit aufgestellt und grundsätzlich funktionsfähig vorgefunden und in der Folge vorläufig beschlagnahmt. Mit den Geräten wurden – wie sich nicht zuletzt auch aus der erfolgten Beschlagnahmeentscheidung des Oö. Verwaltungssenates vom 22. August 2012, protokolliert zu Zlen. VwSen-301217/3/AB/WB und VwSen‑301218/3/AB/WB, ergibt – von etwa Anfang Jänner 2012 bis zur Beschlagnahme am 18. Jänner 2012 wiederholt virtuelle Walzenspiele durchgeführt, bei denen für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolen Gewinne in Aussicht gestellt worden sind.

 

Der konkrete Spielablauf stellt sich – erneut nicht zuletzt auch auf Grund der in der zitierten Beschlagnahmeentscheidung bestätigten Feststellungen – für das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates unter Bezugnahme auf die durch Testspiele erhobenen und im Akt ausführlich dokumentierten Ermittlungen der einschreitenden Abgabenbehörden, deren Glaubwürdigkeit nicht zu beanstanden ist, wie folgt dar:

 

Die virtuellen Walzenspiele konnten durch Betätigung mechanischer Tasten oder virtueller Bildschirmtasten zur Durchführung aufgerufen werden. Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mit der "Setzen"-Taste und Auslösung des Spieles durch die Start-Taste oder die Auto(matic)-Start-Taste wurden die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht ablaufenden Walzen entstand.

 

Nach etwa einer Sekunde kam der "Walzenlauf" zum Stillstand. Ein Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes.

 

Bei den Walzenspielen hatte man keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Es war nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben ein Spiel auszuwählen und zur Durchführung aufzurufen, den Einsatz zu wählen, die Start-Taste so lange zu betätigen, bis das aufgerufene Walzenspiel ausgelöst wurde und nach etwa einer Sekunde den Verlust des Einsatzes oder einen Gewinn festzustellen.

 

Der Ausgang dieser Spiele konnte vom Spieler nicht beeinflusst werden. Die Entscheidung über das Spielergebnis hing somit jedenfalls vorwiegend vom Zufall ab. An den drei Geräten wurden für einen bestimmten Einsatzbetrag Gewinne in Aussicht gestellt. Zu den diesbezüglichen in Aussicht gestellten Gewinn-Quoten ist festzuhalten, dass bei den vorgenommenen finanzpolizeilichen Probespielen beim Gerät mit der FA-Nr. 1 ein Verhältnis von 3:100 (bei einem festgestellten Mindesteinsatz von 0,30 Euro wurde ein Höchstgewinn von 10 Euro in Aussicht gestellt), beim Gerät mit der FA-Nr. 2 ein Verhältnis von 1:200 (bei einem festgestellten Mindesteinsatz von 0,10 Euro wurde ein Höchstgewinn von 20 Euro in Aussicht gestellt) und beim Gerät mit der FA-Nr. 3 ein Verhältnis von 1:80 (bei einem festgestellten Mindesteinsatz von 0,25 Euro wurde ein Höchstgewinn von 20 Euro in Aussicht gestellt) festgestellt wurde (vgl. dazu die finanzpolizeiliche Fotodokumentation sowie die Ausführungen der Finanzpolizei in der Anzeige zu den durchgeführten Testspielen).

 

3.3. Gemäß § 51c VStG entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

4.1. Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 GSpG in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung BGBl I Nr. 111/2010 begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, "wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 daran beteiligt".

 

§ 52 Abs 2 GSpG normiert, dass es sich, wenn in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10 Euro von Spielern oder anderen geleistet werden, nicht mehr um geringe Beträge handelt und insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurücktritt.

 

Gemäß § 168 Abs 1 StGB ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, wer ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird Ebenso ist gemäß § 168 Abs 2 leg.cit. zu bestrafen, wer sich gewerbsmäßig an einem solchen Spiel beteiligt.

 

§ 30 Abs 2 VStG zufolge ist, wenn eine Tat von den Behörden nur zu ahnden ist, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit anderer Verwaltungsbehörden oder der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, und es zweifelhaft ist, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, das Strafverfahren auszusetzen, bis über diese Frage von der sonst in Betracht kommenden Verwaltungsbehörde oder vom Gericht rechtskräftig entschieden ist.

 

4.2. Einleitend ist festzustellen, dass die Aussetzung des Strafverfahrens gemäß § 30 Abs 2 VStG nicht im Ermessen der Behörde liegt. Vielmehr hat diese, wenn die Voraussetzungen der zitierten Bestimmung vorliegen, zwingend die Aussetzung zu verfügen (VwGH 27.06.2002, Zl. 2002/07/0065). Ein Unterlassen der gebotenen Aussetzung belastet einen ergehenden Strafbescheid mit Rechtswidrigkeit (VwSlg 14.890 A/1998).

 

Voraussetzung für die Anwendung von § 30 Abs 2 VStG sind Zweifel dahingehend, ob eine Tat nicht etwa – da es um Fälle der Scheinkonkurrenz geht – ausschließlich von einem Gericht oder einer anderen Verwaltungsbehörde zu ahnden wäre (Stöger in Raschauer/Wessely [Hrsg], Kommentar zum Verwaltungsstrafgesetz, [2010] § 30 Rz 7). Es ist also nicht erforderlich, dass das Gericht bzw die andere Verwaltungsbehörde bereits ein Verfahren eingeleitet hat, sondern es genügen begründete einschlägige Bedenken. Der Verwaltungsgerichtshof vertrat in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass im Zweifel eine Aussetzung zu verfügen ist (VwGH 28.02.1997, Zl. 95/02/0137).

 

Gegenstand des Verfahrens betreffend die Aussetzung nach § 30 Abs 2 VStG ist also nicht, ob tatsächlich ein in die Zuständigkeit der Gerichte fallender Tatbestand verwirklicht wurde. Wie vom Verwaltungsgerichtshof bereits in einem ähnlichen Fall wie dem hier zugrundeliegenden festgehalten wurde, dient die Aussetzung nach § 30 Abs 2 VStG gerade umgekehrt dazu, das Verwaltungsstrafverfahren bis zu einer Entscheidung, ob ein solcher Tatbestand erfüllt wurde, auszusetzen (VwGH 08.09.2009, Zl. 2009/17/0181).

 

4.3. Die belangte Behörde hat im Rahmen der von ihr gewählten Vorgehensweise keine abschließende Beurteilung vorgenommen, ob ein strafbarer Tatbestand gemäß § 168 Abs 1 StGB vorliegt, sondern es lediglich im Sinne der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts für geboten erachtet, das Verwaltungsstrafverfahren bis zur Klärung dieser Frage auszusetzen. Aus welchen Gründen sich bei der belangten Behörde der Verdacht der gerichtlichen Zuständigkeit ergeben hat, wurde ausführlich und nachvollziehbar begründet.

Bestätigt wird diese Ansicht auch durch die jüngsten höchstgerichtlichen Entscheidungen.

 

4.4. Im (überholten) Erkenntnis vom 22. August 2012, 2012/17/0156, hatte der Verwaltungsgerichtshof noch zur Abgrenzung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit festgehalten, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden nach den für die Spiele tatsächlich geleisteten Einsätzen zu erfolgen habe, da § 52 Abs 2 GSpG auf die Leistung eines Einsatzes von mehr als 10 Euro in einem einzelnen Spiel abstelle. Eine Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand ergebe sich daher nur für die Veranstaltung von Spielen, bei denen der Einsatz 10 Euro übersteigt.

In diesem Erkenntnis äußerte sich der Verwaltungsgerichtshof allerdings bloß zu einer der beiden Voraussetzungen des Straflosigkeitsmerkmals der 2. Variante im letzten Gliedsatz des § 168 Abs 1 StGB ("oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge"). Da die Wendung "geringe Beträge" lediglich eine der beiden kumulativen Voraussetzungen für die in § 168 Abs 1 letzter Teilsatz StGB normierte Straffreiheit bildet, ist auch von einer gerichtlichen Strafbarkeit hinsichtlich jener Glücksspiele auszugehen, bei denen die Einsätze pro Einzelspiel zwar unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze liegen, die aber nicht "bloß zum Zeitvertreib" gespielt werden. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, welcher sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, 98/17/0134, angeschlossen hatte, etwa dann der Fall, wenn der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl OGH 03.10.2002, 12 Os 49/02; OGH 02.07.1992, 15 Os 21/92; OGH 22.08.1991, 15 Os 27/91). Da somit eine Strafbarkeit gemäß § 168 StGB auch dann gegeben sein kann, wenn zwar Einsätze von unter 10 Euro pro Einzelspiel geleistet werden, es sich aber um Serienspiele iSd OGH-Judikatur handelt, ist in diesen Fällen hinsichtlich des Verhältnisses zu den Verwaltungsstraftatbeständen des GSpG nicht auf § 52 Abs 2 GSpG, sondern auf die eingangs zitierte Judikatur zurückzugreifen, der zufolge eine allenfalls anzuwendende glücksspielgesetzliche Verwaltungsstrafbestimmung hinter den gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB stillschweigend zurücktritt.

Auch der Verfassungsrechtler Heinz Mayer vertritt in seinem Beitrag: "Das Verbot der Doppelbestrafung im Glücksspielrecht", ecolex 2013, Seiten 80 ff, die Auffassung, dass mit dem § 52 Abs 2 GSpG nur das Merkmal "geringe Beträge" im § 168 Abs 1 StGB präzisiert wurde. Nach Analyse der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg 15.199 und VfSlg 18.833) betreffend Vermeidung eines Verstoßes gegen das Doppelbestrafungsverbot durch verfassungskonforme Interpretation hält Mayer dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 22. August 2012 mit Recht kritisch entgegen (vgl ecolex 2013, 81 f):

"Wenn der VwGH im Erk v 22.8.2012 (FN 5: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) nunmehr die Subsidiarität nur insoweit gelten lassen will, als es ausschließlich um Einsätze von mehr als Euro 10,- geht, so verkennt er die verfassungsrechtliche Bedeutung des Doppelbestrafungsverbots und das Erk des VfGH VfSlg 15.199. Folgt man dem VwGH, so hätte § 52 Abs 2 GSpG eine Doppelbestrafung dort ermöglicht, wo sie nach früherer Rechtslage nicht möglich war; dies lediglich deshalb, weil § 52 Abs 2 GSpG nunmehr den Begriff des 'geringen Betrages' des § 168 Abs 1 StGB definiert. Diese Auffassung ist unzutreffend; sie kann sich weder auf den Gesetzestext noch auf die Gesetzesmaterialien stützen. Die ErläutRV (FN 6: 658 BlgNR 14. GP 8) zur GSpG-Nov 2008 (FN 7: BGBl I 2010/54) zeigen deutlich, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, der Rsp des VfGH Rechnung zu tragen und eine subsidiäre Kompetenz der Verwaltungsstrafbehörde zu normieren.

Die vom VwGH im Erk 22.8.2012 (FN 8: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) gewählte Auslegung des § 52 Abs. 2 GSpG unterstellt dieser Bestimmung einen verfassungswidrigen Inhalt, indem sie nicht nur diese Bestimmung verkennt, sondern auch die Reichweite des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungsverbots gem Art 4 Abs 1 7. ZP. Die vom VwGH in diesem Erk vertretene Rechtsansicht macht es im Ergebnis ausschließlich vom Verhalten eines von ihm nicht beeinflussbaren Dritten abhängig, ob ein Veranstalter nur vom Gericht oder zusätzlich auch von der Verwaltungsbehörde bestraft wird; eine solche Auslegung scheint auch unsachlich und damit gleichheitswidrig.

Zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass die im Erk VwGH 22. 8. 2012 vertretene Auffassung in Konflikt mit der Rsp des OGH im Falle von Serienspielen gerät; in diesen Fällen nimmt der OGH auch bei geringen Einsätzen eine Strafbarkeit gem § 168 StGB an (FN 9: Vgl OGH 14.12.1982, 9 Os 137/82; 22.8.1991, 15 Os 27/91; 3.10.2002, 12 Os 49/02 EvBl 2003/22)."

 

4.5. In seiner jüngsten Grundsatzentscheidung vom 13. Juni 2013, Zl. B 422/2013, tritt der Verfassungsgerichtshof der beginnend mit dem Erkenntnis vom 22. August 2012, 2012/17/0156, geänderten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausdrücklich entgegen und führt zur Abgrenzung der verwaltungsrechtlichen von der gerichtlichen Strafbarkeit im Glücksspielrecht (Hervorhebungen nicht im Original) unter Punkt III. (RN 26 ff) Folgendes aus:

 

"Ungeachtet der Formulierung des § 52 Abs. 2 GSpG (iVm dem Straftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG) kann diesem nicht der (verfassungswidrige) Inhalt unterstellt werden, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörde nach dem Glücksspielgesetz und der Strafgerichte nach § 168 StGB nach den vom jeweiligen Spieler tatsächlich geleisteten Einsätzen (höchstens oder über € 10,-) abhängt. Der Verwaltungsstraftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG erfasst nämlich das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG. Die Strafbarkeit knüpft somit nicht – wie dies aus der Textierung des § 52 Abs. 2 GSpG missverstanden werden könnte – an das Verhalten des konkreten Spielers – also daran, ob dieser im Einzelfall einen Einsatz von höchstens oder unter € 10,- an einem Glücksspielautomaten tatsächlich leistet – an, sondern stellt auf das Verhalten jener Person ab, die einem Spieler verbotene Ausspielungen ermöglicht ('wer ... veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht ...' – § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG). Bei der Abgrenzung der Strafbarkeit nach § 52 Abs. 1 (Z 1) GSpG und nach § 168 StGB sowie damit auch der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden und der Strafgerichte ist somit – bei einer verfassungskonformen, das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK berücksichtigenden Auslegung (vgl. VfSlg. 15.199/1998 mwN) – darauf abzustellen, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücksspielapparat oder Glücksspielautomaten bzw. mit einem darauf installierten Spielprogramm veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht, der bzw. das Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als € 10,- ermöglicht. Würde auf die tatsächlichen Einsätze des jeweiligen Spielers abgestellt (wie dies der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Rechtsprechung [Anm: VwGH vom 22.08.2012, 2012/17/0156, VwGH vom 27.02.2013, 2012/17/0342 und VwGH vom 15.03.2013, 2012/17/0365] und die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid tun), würde eine Tat, also ein Lebenssachverhalt bzw. dasselbe Verhalten einer Person (nämlich des in § 52 Abs. 1 [Z 1] GSpG und § 168 StGB umschriebenen Täterkreises), in mehrere strafbare Handlungen zerlegt, obwohl diese strafbaren Handlungen dieselben wesentlichen Elemente ('essential elements') aufweisen und die eine strafbare Handlung den Unrechtsgehalt der anderen in jeder Beziehung mitumfasst. Das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen, bei denen Einsätze bis zu € 10,- pro Spiel geleistet werden können, erschöpft sich vollständig in dem gemäß § 168 Abs. 1 StGB strafbaren Verhalten in Bezug auf (Automaten)Glücksspiele bzw. die darauf installierten Spielprogramme mit Einsätzen über € 10,-.

 

Bei einer verfassungskonformen Interpretation des § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z 1) GSpG hinsichtlich der Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden von jener der Strafgerichte darf es somit nur darauf ankommen, ob eine 'Glücksspielveranstaltung' (also das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen mit Spielautomaten über einen bestimmten Zeitraum) mit einem Einsatz von über € 10,- pro Spiel ermöglicht wird, und nicht darauf, ob der jeweilige Spieler Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als € 10,- tatsächlich leistet. Dabei umfasst das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen jeweils nur einen konkreten Spielautomaten und nicht mehrere Spielautomaten (gemeinsam).

 

… Die belangte Behörde hat somit dem § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z 1) GSpG einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt, indem sie nicht auf den maximal möglichen Einsatz der vom Beschwerdeführer betriebenen Glücksspielautomaten, sondern auf den jeweils von Spielern geleisteten Einsatz pro Spiel abstellte. Da der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen Ausspielungen mit zwei Glücksspielautomaten, welche einen Höchsteinsatz von € 10,50 pro Spiel ermöglichten, veranstaltete und deswegen auch in erster Instanz strafgerichtlich gemäß § 168 StGB verurteilt wurde, scheidet eine doppelte Bestrafung wegen ein und derselben Tat nach § 52 Abs. 1 Z 1 (iVm § 52 Abs. 2) GSpG aus.

 

… Aus der dargelegten verfassungskonformen Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs. 2 GSpG ergibt sich im Übrigen die Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde – auch nach Maßgabe der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art. 7 B‑VG bzw. Art. 2 StGG und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs. 2 B-VG – stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielautomat geleistet werden kann (bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können), um derart beurteilen zu können, ob eine Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB oder die Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden gemäß § 52 Abs. 1 GSpG besteht."

 

Dieser Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes hat sich nunmehr auch der Verwaltungsgerichtshof – in ausdrücklicher Abkehr von seiner zuvor zitierten Rechtsansicht – angeschlossen (VwGH 23.07.2013, Zl. 2012/17/0249).

 

4.6. Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen kann der belangten Behörde vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nicht entgegengetreten werden, wenn sie auf Grund des begründeten Verdachts einer gerichtlichen Strafbarkeit nach § 168 StGB eine Anzeige gemäß § 78 StPO erstattet und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs 2 VStG ausgesetzt hat. Durch die dargestellte Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Juni 2013, welcher sich mittlerweile auch der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 23. Juli 2013, Zl. 2012/17/0249, ausdrücklich angeschlossen hat, wird der Verdacht der möglichen gerichtlichen Strafbarkeit und damit der Richtigkeit der Vorgangsweise der belangten Behörde untermauert.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

Dr.  W e i ß

 

 

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