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VwSen-104338/2/GU/Mm

Linz, 30.06.1997

VwSen-104338/2/GU/Mm Linz, am 30. Juni 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung der M. L., vertreten durch RAe Dr. P.J., Dr. P.V. und Dr. K.K., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft .. vom 25.11.1996, Zl. VerkR.., wegen Übertretung des KFG 1967 zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Die Rechtsmittelwerberin hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von 400 S zu bezahlen.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 5, § 19, § 64 Abs.1 und 2 VStG, § 103 Abs.2, § 134 Abs.1 KFG 1967.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft .. hat die Rechtsmittelwerberin mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt als Zulassungsbesitzerin des PKW .., der Bezirkshauptmannschaft .. über Aufforderung - zugestellt am 5.8.1996 - nicht binnen zwei Wochen ab Zustellung Auskunft darüber gegeben zu haben, wer den PKW .. am 23.4.1996 um 12.18 Uhr auf der A1 in Richtung W. gelenkt und im Gemeindegebiet von S. bei km 237,900, die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten habe.

Durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter habe sie am 14.8.1996 lediglich darauf hingewiesen, daß sie selbst nicht gefahren sei, das Fahrzeug jedoch auch Familienmitgliedern zur Verfügung stünde.

Wegen Verletzung des § 103 Abs.2 KFG 1967, wurde ihr deswegen in Anwendung des § 134 Abs.1 KFG 1967, eine Geldstrafe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 200 S auferlegt.

Die erste Instanz hat ihr Straferkenntnis im wesentlichen damit begründet, daß die Auskunftspflicht nach § 103 Abs.2 KFG auch für deutsche Angehörige gelte und darin begründet sei, daß der Erfüllungsort dieser öffentlich rechtlichen Verpflichtung der Sitz der anfragenden Behörde sei.

Zur Strafbemessung wurde festgestellt, daß der Unrechtsgehalt der angelasteten Verwaltungsübertretung nicht bloß geringfügig gewesen sei, zumal durch das Verhalten der Beschuldigten die Ahndung des Grunddeliktes, nämlich der Geschwindigkeitsüberschreitung, vereitelt worden sei, was sich bei der Strafbemessung als erschwerender Umstand niederschlage.

In ihrer, von den rechtsfreundlichen Vertretern, eingebrachten Berufung, macht die Rechtsmittelwerberin geltend, daß sie als deutsche Staatsbürgerin aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht verpflichtet sei, Angaben darüber zu machen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt mit dem auf sie zugelassenen Fahrzeug tatsächlich gefahren sei. Sie sei auch nicht verpflichtet diesbezügliche Aufzeichnungen zu führen um allenfalls ausländischen Behörden Auskünfte erteilen zu können. Ihr könne (von österreichischer Seite) keine Verpflichtung auferlegt werden, welche sie in ihrem Heimatstaat nicht treffe.

Im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens habe sie die Auskunft erteilt, daß sie zum Tatzeitpunkt das Fahrzeug nicht gelenkt habe und auch nicht mehr angeben könne, wer es zum fraglichen Zeitpunkt zur Verfügung hatte. Sie habe das Fahrzeug in Deutschland verliehen. Eine willkürliche Festlegung des Erfüllungsortes an der Adresse der anfragenden Behörde sei auch nach österreichischen verfassungsrechtlichen Kriterien nicht geeignet, sie als deutsche Staatsbürgerin nur in Österreich geltenden Rechtsvorschriften zu unterwerfen. Sie habe bei der Weitergabe des Kraftfahrzeuges in Deutschland an dritte Personen keinerlei ihr obliegende Verpflichtungen verletzt und könne daher auch nicht hinsichtlich eines Deliktes bestraft werden, zumal sie auch faktisch keinerlei Einflußmöglichkeit auf die Auswahl der vom Entlehner des Fahrzeuges zurückgelegten Strecken im In- oder Ausland gehabt habe und sei nach den deutschen Vorschriften nicht verpflichtet dem Entlehner des Fahrzeuges entsprechende Auflagen zu erteilen.

Hilfsweise wird auch die Strafhöhe bekämpft und eine Verknüpfung des Strafausmaßes mit dem Grunddelikt als nicht gerechtfertigt bezeichnet.

Aus all diesen Gründen beantragt die Rechtsmittelwerberin die ersatzlose Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses.

Da nur Rechtsfragen zur Beurteilung heranstanden, die verhängte Geldstrafe unter 3.000 S lag und im übrigen eine mündliche Verhandlung nicht begehrt wurde, konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

Demnach steht fest, daß die Bezirkshauptmannschaft .. am 22.7.1996 zur Zl. VerkR.., an die Beschuldigte als Zulassungsbesitzerin des PKWs mit dem Kennzeichen .., das Auskunftsbegehren richtete, der Behörde mitzuteilen, wer das genannte Kraftfahrzeug am 23.4.1996 um 12.18 Uhr gelenkt hat.

Als Anknüpfungspunkt diente eine Geschwindigkeitsüberschreitung auf der A1, Westautobahn im Gemeindegebiet von S. in Richtung W. bei km 237,9. Das Auskunftsbegehren wurde von den Vertretern der Beschuldigten am 14.8.1996 dahingehend beantwortet, daß sie nach Einsicht in den Terminkalender mit Sicherheit ausschließen könne, daß sie persönlich am 23.4.1996 auf der A1 Richtung W. gefahren sei, zumal sie sich zu diesem Zeitpunkt mehrere Tage bei Bekannten in B. aufgehalten habe. Neben ihr hätten auch andere Familienmitglieder die Möglichkeit zur Benützung des Fahrzeuges gehabt. Sie führe keine Aufzeichnungen wer das Fahrzeug zu welchem Zeitpunkt zur Verfügung habe, da sie nach den deutschen Vorschriften hiezu keine Veranlassung habe. Da die deutschen Rechtsvorschriften eine dem § 103 KFG analoge Verpflichtung des Zulassungsbesitzers zur Lenkerbekanntgabe nicht beinhalten, könne sie nicht mehr nachvollziehen, wer zum Tatzeitpunkt im April 1996 den PKW in Verwendung hatte bzw. ob er überhaupt benutzt worden ist.

Daraufhin erließ die erste Instanz am 2.9.1996 eine Strafverfügung, welche beeinsprucht worden ist und es erging nach Aufforderung eine Rechtfertigung, bei der die Vertreter der Beschuldigten im wesentlichen wie in der Berufung vorbrachten.

Demnach ist unbestritten, daß eine dem § 103 Abs.2 KFG 1967 entsprechende Auskunft von der Beschuldigten nicht erteilt worden ist.

Bestritten wird, daß die Beschuldigte als deutsche Staatsbürgerin mit dem Wohnsitz und dem Standort des vorgenannten Kraftfahrzeuges in Deutschland die nach den österreichischen Rechtsvorschriften gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 sanktionsbewehrte Pflicht zur Erteilung der erbetenen Auskunft treffen konnte.

Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sieht die zitierte Norm keine bestimmte Form für die Erfüllung der Auskunftspflicht vor. Dem Zulassungsbesitzer stehen damit verschiedene Handlungsalternativen zur Verfügung: Er kann die Auskunft mündlich, schriftlich durch Abgabe in der zuständigen Kanzleistelle, durch Einwurf in einen vorhandenen Einlaufkasten, per Post oder auch fernmündlich erteilen, wobei er sich allenfalls auch eines Bevollmächtigten oder eines Boten bedienen kann. Allen diesen Handlungsalternativen ist gemeinsam, daß die Auskunftspflicht nur dann erfüllt ist, wenn die geschuldete Auskunft auch tatsächlich bei der Behörde einlangt. Erfüllungsort dieser öffentlich rechtlichen Verpflichtung ist daher der Ort, an dem die geschuldete Handlung vorzunehmen ist, somit der Sitz der anfragenden Behörde, der auch der Tatort der Unterlassung der Auskunft überhaupt oder der Erteilung einer unrichtigen oder nicht rechtzeitigen Auskunft ist (vergl. VwGH 31.1.1996, 93/03/0156, eines für nunmehr viele).

Da das Fahrzeug mit dem Kennzeichen .., deren Halterin bzw. Zulassungsbesitzerin die Beschuldigte war, sich aufgrund einer Radarmessung am 23.4.1996 um 12.18 Uhr auf der A1 im Gemeindegebiet von S. Richtung W. bewegte und daher im Gebiet der Republik Österreich eingebracht war, wobei der (die) Lenker(in) im Verdacht stand, die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 37 km/h überschritten zu haben, erscheint dem O.ö. Verwaltungssenat im Hinblick auf die von der ersten Instanz an die Halterin (Zulassungsbesitzerin) gerichtete Anfrage ein hinreichender Inlandsbezug gegeben.

Die Europäische Kommission für Menschenrechte hat es in einem durchaus vergleichbaren Fall als nicht rechtswidrig erkannt, wenn ausgehend von einem Inlandsbezug eines eingebrachten Fahrzeuges, ein Auskunftsbegehren an einen Bürger, der in einem anderen Staate aufhältig ist, gerichtet wird und die Verweigerung der Auskunft mit Sanktionen bedacht ist (vergl. EK Menschenrechte, Entscheidung vom 11.10.1989, Zl. 15226/89, auszugsweise abgedruckt in ZVR 2/1991 unter Nr. 23 der Spruchbeilage).

Die objektive Tatseite ist hinreichend erwiesen.

Hinsichtlich der subjektiven Tatseite vertritt der O.ö. Verwaltungssenat die Auffassung, daß einer maßgerechten Halterin (Zulassungsbesitzerin) eines PKW, den sie mehreren Personen zur Benutzung ohne Angaben von Fahrtstrecken bzw. Zielorten überläßt, angesichts des grenznahen Raumes ihres Wohnortes bzw. Standortes ihres Fahrzeuges zum Gebiet der Republik Österreich, auch wenn sie nach den deutschen Vorschriften keine Verpflichtung zur Führung eines Fahrtenbuches traf, Vorkehrungen zu treffen hatte, um bei einer Überlassung ihres PKWs an Personen ihres Familienkreises, etwa auch für eine nicht unwahrscheinliche und nicht ausgeschlossene Fahrt nach Österreich, auf eine Anfrage österreichischer Behörden aus einem konkreten Anlaß Auskunft geben zu können. Die an den Tag gelegte Sorglosigkeit fällt ihr nach den österreichischen Rechtsvorschriften als Fahrlässigkeit zur Last. Eine Sorgfaltspflicht des Bewohners eines fremden Staates zur Erkundung aller maßgeblichen Vorschriften,die für ihn in Betracht kommen können, wenn er als Zulassungsbesitzer ein Fahrzeug an eine andere Person überläßt, wird diesen Zulassungsbesitzer immer dann treffen, wenn er weiß, oder nicht ausschließt, daß der übernehmende Lenker das Fahrzeug in Österreich (oder in einem anderen fremden Staat) benützen wird.

Vom O.ö. Verwaltungssenat war nicht zu beurteilen, daß möglicherweise die Vollstreckung österreichischer Straferkenntnisse wegen Verletzung der Auskunftspflicht von zahlreichen deutschen Regierungsbezirken wegen Verstoßes gegen den "ordre public", nämlich gegen das innerdeutsche Verfassungsrecht und den dort nicht durchbrochenen Grundsatz des Verbotes der Selbstbezichtigung und des nicht bestehenden Zwanges zur Bezichtigung von nahen Familienangehörigen, infolge des bestehenden Abkommens über Rechtshilfe in Verwaltungssachen, nicht durchgeführt wird (vgl. die Vorbehaltsklausel des Art.4 Abs.1 des Vertrages der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen BGBl.Nr. 526/1990).

Nachdem es sich jedoch bei der Vollstreckung um ein vom Verwaltungsstrafverfahren abgehobenes Verfahren handelt, hatte der O.ö. Verwaltungssenat diesbezüglich keine weiteren Überlegungen anzustellen.

Durch ihr Verhalten hat die Rechtsmittelwerberin - was den österreichischen Rechtsbezug anlangt - jedenfalls § 103 Abs.2 KFG 1967 verletzt, wonach die Behörde Auskunft darüber verlangen kann, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Fahrzeug gelenkt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnung nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen (Verfassungsbestimmung).

Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 30.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer unter anderem der vorstehenden Bestimmung zuwiderhandelt.

Was die Strafbemessung anlangt, war zu erwägen:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Das geschätzte Monatseinkommen von 2.000 DM und die Annahme, daß die Rechtsmittelwerberin kein Vermögen besitzt aber auch keine Sorgepflichten hat, blieb in der Berufung unbekämpft.

Die Vereitelung der Strafverfolgung durch die Nichtentsprechung der Auskunftspflicht bildete keinen gesonderten erschwerenden Umstand, sondern ging in dem vom Tatbild umfaßten objektiven Unrechtsgehalt der Tat auf, der allerdings im gegenständlichen Fall gewichtig war. Mildernde Umstände wurden nicht reklamiert und traten auch aufgrund der Aktenlage nicht hervor.

Aufgrund des Gewichtes der objektiven Tatseite konnte ein Absehen von einer Bestrafung nicht in Betracht gezogen werden (§ 21 Abs.1 VStG).

Auch Gründe der General- und der Spezialprävention sprechen dafür, daß die erste Instanz mit der verhängten Strafe den ihr eingeräumten Ermessensspielraum bei ganzheitlicher Betrachtungsweise nicht überschritten hat.

Aus all diesen Gründen war auch die Strafhöhe zu bestätigen.

Die Erfolglosigkeit der Berufung hatte zur Folge, daß die Rechtsmittelwerberin gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG einen Beitrag von 20 Prozent der bestätigten Geldstrafe zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Guschlbauer Beschlagwortung: Strafbarkeit des ausländischen Zulassungsbesitzers - Inlandsbezug durch eingebrachtes Fahrzeug

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