Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253185/17/Py/Hu

Linz, 25.07.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 31. Mai 2012, GZ: SV96-195-2010/La, wegen Übertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 28. Juni 2013 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 31. Mai 2012, SV96-195-2010/La, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretung nach § 33 Abs.1 iVm § 111 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl.Nr. 189/1955 idgF eine Geldstrafe in Höhe von 365 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 11 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 36,50 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie, Herr x, haben es als Beschäftiger verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass Sie als Dienstgeber i.S. § 35 Abs.1 ASVG, am 2.10.2010 gegen 15.58 Uhr,

 

x, geb. x,

 

bei dem es sich um eine in der Krankenversicherung vollversicherte pflichtversicherte Person handelt, auf der Baustelle in x mit der Reparatur des Firmenfahrzeuges, pol. Kennzeichen x beschäftigt haben, obwohl dieser nicht vor Arbeitsantritt zur Pflichtversicherung bei der Oö. Gebietskrankenkasse angemeldet wurde."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen zusammengefasst aus, dass Herr x am Kontrolltag bei der Reparatur eines Firmenfahrzeuges des Bw angetroffen wurde. In der Rechtfertigung ist es dem Beschuldigten nicht gelungen darzulegen, dass am Kontrolltag, dem 2. Oktober 2010, die angeführte Person nicht in einem sozialversicherungspflichtigen Verhältnis vom Bw beschäftigt wurde.

 

Abschließend legt die belangte Behörde ihre für die Strafbemessung herangezogenen Gründe dar.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung vom 13. Juni 2012. Darin bringt der Bw vor, dass seitens der Erstbehörde kein ausreichendes Ermittlungsverfahren durchgeführt wird und lediglich allgemein gehaltene Vermutungen der Entscheidung zugrunde gelegt werden. Obwohl ausdrücklich die Einvernahme des Herrn x beantragt wurde zum Beweis dafür, dass dieser die Reparatur der Ölwanne aus Eigenem durchgeführt hat, weil er sie anlässlich einer Fahrt beschädigt hat, wurde dies nicht durchgeführt.

 

3. Mit Schreiben vom 21. Juni 2012 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 28. Juni 2013, die aufgrund des den Verfahren zugrundeliegenden sachlichen Zusammenhangs gemeinsam mit den in den Berufungsverfahren des Bw und seiner Ehegattin zu VwSen-253186, VwSen-253187, VwSen-253188 und VwSen-253189 anberaumten mündlichen Verhandlung durchgeführt wurde. An dieser Verhandlung haben die Berufungswerber mit ihrem Rechtsvertreter, eine Vertreterin der belangten Behörde sowie ein Vertreter der am Verfahren beteiligten Organpartei teilgenommen, der auch als Zeuge befragt wurde. Die übrigen vom Bw beantragten Zeugen haben der Ladung keine Folge geleistet bzw. die an sie ergangenen Ladungen nicht behoben. Der geladene Zeuge x meldete sich telefonisch während der Berufungsverhandlung und wurde – im Einvernehmen mit den anwesenden Parteien – fernmündlich zum Sachverhalt befragt.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw betreibt am Standort x, an dem sich auch sein Wohnhaus befindet, ein Erdaushub- und Baggerungsunternehmen.

 

Anlässlich einer Kontrolle nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz wurde am 2. Oktober 2010 gegen 16.00 Uhr auf dem Grundstück x Herr x, geb. am x, ein Schulkamerad des Bw, bei Reparaturarbeiten an einem Firmenfahrzeug des Bw angetroffen.

 

Herr x war zum Kontrollzeitpunkt als Arbeitnehmer bei der Firma x zur Sozialversicherung gemeldet. Bereits anlässlich der Kontrolle gab der Bw an, dass er Herrn x das Auto privat für einen Transport geliehen habe und im Zuge dessen die Ölwanne beschädigt wurde. Herr x behebe daher nunmehr diesen durch ihn verursachten Schaden. Eine Einvernahme des Herrn x anlässlich der Kontrolle wurde nicht durchgeführt und wurde dieser auch im Zuge des erstbehördlichen Verfahrens nicht einvernommen, der an ihn gerichteten Ladung im Rahmen des Berufungsverfahrens leistete er keine Folge.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, insbesondere der mit dem Bw anlässlich der Kontrolle aufgenommenen Niederschrift, sowie seinen Aussagen anlässlich der Befragung in der mündlichen Berufungsverhandlung.

Insgesamt machte der Bw bei seiner Aussage in der mündlichen Verhandlung einen sehr glaubwürdigen und zuverlässigen Eindruck. Er gab neuerlich an, dass Herr x am Kontrolltag einen privat von ihm selbst verursachten Schaden am Firmenwagen reparierte. Diese Erklärung wurde vom Bw bereits anlässlich seiner Befragung bei der Kontrolle abgegeben. Dieses Vorbringen des Bw konnte im Beweisverfahren nicht widerlegt werden, zumal eine Einvernahme des Herrn x – zu Abklärung dieser Frage - anlässlich der Kontrolle unterblieben ist, seitens der belangten Behörde seine Einvernahme nicht durchgeführt wurde und dieser auch im Rahmen des Berufungsverfahrens nicht einvernommen werden konnte. Weitere Wahrnehmungen oder Indizien, aus denen sich zweifelsfrei auf eine Beschäftigung des Herrn x durch den Bw schließen lässt, liegen nicht vor. Vielmehr lag zum Kontrollzeitpunkt eine aufrechte Anmeldung des Herrn x durch die Firma x zur Sozialversicherung vor. Die spricht insofern für das Vorbringen des Bw, als Herr x zum Tatzeitpunkt offenbar ein entsprechendes Erwerbseinkommen aus einer anderen Beschäftigung erzielte. Eine gesetzliche Vermutung, dass bei Arbeiten am Firmenfahrzeug des Bw von einer Dienstgebereigenschaft des Bw auszugehen ist, sofern diese Vermutung vom Bw nicht widerlegt werden kann, liegt im Sozialversicherungsrecht nicht vor. Es obliegt daher der Behörde, das Vorliegen einer Dienstgebereigenschaft des Bw glaubwürdig unter Beweis zu stellen.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 33 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idgF, haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Gemäß § 4 Abs. 1 Z1 ASVG sind in der Kranken-. Unfall- und Pensionsversicherung die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

 

Gemäß § 4 Abs.2 erster Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinn dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbstständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs.2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-      mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-      bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Gemäß § 539a Abs.1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach dem ASVG in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (z.B. Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend. Durch den Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten nach bürgerlichem Recht können Verpflichtungen nach dem ASVG, besonderes die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden (§ 539a Abs.2 ASVG). Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer, den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (§ 539a Abs.3 ASVG).

 

5.2. Für die Beurteilung, ob ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt, komme es auf das Gesamtbild und den wahren wirtschaftlichen Gehalt der konkret ausgeübten Tätigkeit an. Wie bereits unter Pkt. 4.2. ausgeführt, kann nach eingehender Beweiswürdigung nicht mit der für ein Strafverfahren ausreichenden Sicherheit festgestellt werden, dass der im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses angeführte Herr x am Kontrolltag in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt vom Bw beschäftigt wurde.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Da die Berufung Erfolg hatte, entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Kostenbeiträgen zum Verwaltungsstrafverfahren.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Dr. Andrea Panny

 

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