Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560263/11/Wg/GRU

Linz, 05.08.2013

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des x, x, gegen den Bescheid der Bezirkshaupt­mannschaft Gmunden vom 6.5.2013, Gz. SO20-428-K, betreffend bedarfs­orientierte Mindestsicherung, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 31.7.2013, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungs­verfahrensgesetz (AVG)

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Verfahrensgegenstand und Ermittlungsverfahren

 

1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden (im Folgenden: belangte Behörde) vom 6.5.2013, Gz: SO20-428-K, wurde dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs in Form von laufenden Geldleistungen gem. dem Oö. BMSG zuerkannt. In Spruchabschnitt 2. dieses Bescheides wurde angeordnet, dass der Berufungswerber als eigene Mittel das „Taschengeld FA (Nahversorger x)“ einzusetzen hat. Die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs wurde ab 1.3.2013 gewährt. Lt. beiliegendem BMS-Berechnungsblatt wurde das „Taschengeld FA“ mit 172,50 € (12 mal pro Jahr) veranschlagt.

 

1.2. Dagegen richtet sich die Berufung vom 20.5.2013. Der Bw erklärte darin, er erhebe „Einspruch“ gegen diesen Bescheid, da es sich bei den Einkünften von 172,50  € nicht um ein Einkommen, sondern um ein Taschengeld handle. Einkommen würde implizieren, dass auch Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld und alle damit verbundenen Leistungen gewährleistet wären.

 

1.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat als zuständige Berufungsbehörde in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 31.7.2013 Beweis erhoben. Dabei wurde der gesamte Verfahrensakt des UVS und der belangten Behörde verlesen.

 

1.3.1. Der Bw brachte in der mündlichen Verhandlung unter anderem vor: „Wichtig ist uns die Klarstellung, dass es sich bei dem von der pro mente ausbezahlten Taschengeld nicht um ein Einkommen handelt, das gem. Oö. BMSG anzurechnen wäre. Es handelt sich hier um eine freiwillige Leistung der pro mente, auf die der Bw keinerlei Rechtsanspruch hat. Daher ist gem. § 9 Abs. 1 Z. 1 Oö. BMSG keine Anrechnung des Taschengeldes durchzuführen. Das Taschengeld steht dem Bw zusätzlich zur bedarfsorientierten Mindestsicherung zu.“

 

1.3.2. Nachdem der Bw auf eine weitere Beweisaufnahme verzichtet hatte, erstattete er in der mündlichen Verhandlung gemeinsam mit seinem Rechtsbeistand folgendes Schlussvorbringen:

„Konkretisierend zur Berufung halte ich fest, dass die Behebung von Spruchabschnitt 2. des Bescheides vom 6.5.2013, in dem die Anrechnung des Taschengeldes, welches mir von der pro mente ausbezahlt wird, angeordnet wird, beantragt wird. Ich beantrage lediglich die Behebung dieses Spruchabschnittes 2.“

 

2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

 

2.1. Die belangte Behörde gewährte dem Berufungswerber mit Bescheid vom 23.8.2012, Gz. SO-355-2011, gemäß dem Oö. BMSG ab 1.7.2012 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen. Im Spruchabschnitt 2. dieses Bescheides wird angeordnet: „Als eigene Mittel sind einzusetzen: Keine“

 

2.2. Mit Bescheid vom 6.2.2013, GZ SO20-428-K, gab die belangte Behörde dem Antrag des Berufungswerbers vom 25.1.2013 auf Gewährung der Hauptleistung fähigkeitsorientierte Aktivität nach § 11 Abs. 2 Z. 3 Oö. ChG statt. Es wurde ihm unter Zugrundelegung des ermittelten Assistenzplanes vom 25.1.2013 der Hilfebedarf für die Hauptleistung fähigkeitsorientierte Aktivität folgendermaßen gewährt: „Betreuungsschlüssel 1:4, 30,25 Wochenstunden ab 1.2.2013 in der Tagesstruktur x, Nahversorger x, x.

 

2.3. Der Berufungswerber erhält für diese fähigkeitsorientierte Aktivität ein Taschengeld von mtl. 172,50 Euro (Berechnungsblatt bekämpfter Bescheid, Vorbringen Berufungsschriftsatz).

 

2.4. Das Entgelt der fähigkeitsorientierten Aktivität hat – wie sich aus der Rahmenrichtlinie des Amtes der oö. Landesregierung, Abteilung Soziales, „Leistungskatalog und Qualitätsstandard“ unter Pkt 9.4. ergibt - keine existenzsichernde Funktion, sondern dient als Anerkennung der tatsächlich erbrachten Leistungen der Kundinnen und Kunden. Das Entgelt wird zwischen den Kunden/-Kundinnenvertreter/innen, den Trägern und der Abteilung Soziales festgelegt, wobei die Einnahmen nicht an die Höhe der Erlöse einer Einrichtung gekoppelt sind. Am Beginn der Tätigkeit wird den Kundinnen und Kunden mitgeteilt, wie hoch das Entgelt ist und woraus es sich zusammensetzt (z.B. Dauer der Trägerzugehörigkeit, regelmäßige Anwesenheit, Arbeitsverhalten). In dieser Rahmenrichtlinie wird unter Pkt 9.4. zur „Entgeltregelung“ der fähigkeitsorientierten Aktivität weiters ausgeführt:

Ziele:

-      Bestätigung geben für die erbrachte Leistung

-      Anreiz schaffen zur Beschäftigung

-      Steigern der Lebensqualität

Kriterien:

-      Es wird nur die Tätigkeit abgegolten

-    Es wird darauf geachtet, dass durch das Entgelt in der fähigkeitsorientierten Aktivität kein Verlust anderer subsidiärer Unterstützung anfällt

-    Der Auszahlungsmodus wird, wenn möglich, individuell vereinbart und ist den Kundinnen/Kunden bekannt“

 

2.5. Mit 1.3.2013 traten wesentliche Bestandteile der Novelle zum Oö. BMSG LGBl Nr 18/2013 in Kraft. Am 28.3.2013 wurde dazu vor der belangten Behörde mit dem Berufungswerber eine Niederschrift aufgenommen. Dort wurde folgendes protokolliert: „Heute erscheint über tel. Voranmeldung Frau x als Vertreterin von Herrn x (Anm. Bruder des Bw) gemeinsam mit Herrn x und wurde ihnen die Berechnung der Umstellung auf die bedarfsorientierte Mindestsicherung erklärt. An den Einkommensverhältnissen hat sich nichts geändert und wird Frau x den Steuerbescheid nach Erhalt im Juli vorlegen. Auf Grund der Aufrollung bzw. Umstellung wird Herrn x ein Betrag in Höhe von 36,04 Euro in bar ausbezahlt. Einen neuen Bescheid erhalten sie in den nächsten Wochen.“

 

2.6. Daraufhin erließ die belangte Behörde „auf Grund der Antrages vom 28.3.2013 auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs“ den nunmehr bekämpften Bescheid vom 6.5.2013, gegen den sich die vorliegende Berufung richtet.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat dazu erwogen:

 

3.1. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus den im Rahmen der Feststellungen (Pkt 2) angeführten Beweismitteln.

 

3.2. Die maßgeblichen Rechtsvorschriften ergeben sich aus folgenden gesetzlichen Bestimmungen:

 

§ 8 Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG) lautet unter der Überschrift „Einsatz der eigenen Mittel“ wie folgt:

 

(1) Die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung hat unter Berücksichtigung

1. des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfebedürftigen Person sowie

2. tatsächlich zur Verfügung stehender Leistungen Dritter zu erfolgen.

(2) Bei der Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung wird das Einkommen der (des) im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegattin oder Ehegatten, Lebensgefährtin oder Lebensgefährten bzw. Lebenspartnerin oder Lebenspartners insoweit als Einkommen der hilfebedürftigen Person betrachtet, als es jenen Betrag übersteigt, der ihr oder ihm zustünde, wenn sie oder er selbst auf bedarfsorientierte Mindestsicherung angewiesen wäre.

(3) Das Einkommen in Haushaltsgemeinschaft mit hilfebedürftigen Personen lebender Kinder ist bis zur Erreichung der Volljährigkeit ausschließlich zur eigenen Bedarfsdeckung zu berücksichtigen.

(4) Ansprüche hilfebedürftiger Personen, die zur zumindest teilweisen Bedarfsdeckung nach diesem Landesgesetz geeignet sind, sind auf Verlangen des zuständigen Trägers der bedarfsorientierten Mindestsicherung diesem zur Rechtsverfolgung zu übertragen. Die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung hat gemäß § 8 Abs.1 Z2 unter Berücksichtigung tatsächlich zur Verfügung stehender Leistungen Dritter zu erfolgen.

 

§ 9 Oö. BMSG lautet unter der Überschrift „Ausnahmen vom Einsatz des eigenen Einkommens“:

 

(1) Beim Einsatz der eigenen Mittel dürfen folgende Einkünfte nicht berücksichtigt werden:

1. freiwillige Zuwendungen der freien Wohlfahrtsträger oder Leistungen, die von Dritten ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden, außer diese erreichen ein Ausmaß oder eine Dauer, dass keine Leistungen bedarfsorientierter Mindestsicherung mehr erforderlich wären - es sei denn, es handelt sich bei der Empfängerin oder dem Empfänger dieser Leistungen um eine Person im Sinn des § 4 Abs. 2;

2. Leistungen nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (mit Ausnahme von Zuwendungen aus dem Familienhospizkarenz-Härteausgleich) und die im Zusammenhang mit der Familienbeihilfe zuerkannten Kinderabsetzbeträge;

3. Pflegegeld nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften oder andere pflegebezogene Geldleistungen, die zur Deckung von Aufwendungen für den eigenen Pflegebedarf zuerkannt wurden.

 

(2) Durch Verordnung der Landesregierung ist festzulegen, dass beim Einsatz des eigenen Einkommens von Hilfebedürftigen, die nach längerer Erwerbslosigkeit oder bei erstmaliger Aufnahme einer Erwerbstätigkeit Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit erzielen oder in vergleichbarer Weise zur Milderung der sozialen Notlage beitragen, ein angemessener Freibetrag nicht zu berücksichtigen ist.

 

(3) Durch Verordnung der Landesregierung können nähere Bestimmungen hinsichtlich der Anrechnung einzelner Einkommensarten, insbesondere solche, die nicht monatlich zur Auszahlung gelangen, sowie weitere Ausnahmen vom Einsatz des eigenen Einkommens festgelegt werden. Dabei ist auf die Aufgaben, Ziele und Grundsätze dieses Landesgesetzes Bedacht zu nehmen. (Anm: LGBl.Nr. 18/2013)

 

(4) Für persönliche Hilfe in Form von Beratung, Begleitung oder Betreuung darf kein Einsatz eigenen Einkommens verlangt werden.

 

§ 34 Abs 5 Oö. BMSG lautet:

 

Wenn sich eine für das Ausmaß bedarfsorientierter Mindestsicherung maßgebende Voraussetzung ändert, ist die Leistung mit Bescheid neu zu bemessen. Wechselt lediglich die Höhe der in § 31 Abs. 2 Z. 2 angeführten eigenen Mittel, ist keine gesonderte Bescheiderlassung erforderlich, es sei denn, der Mindeststandard wird voraussichtlich mehrmals oder erheblich überschritten.

 

3.3. In den erläuternden Bemerkungen zu § 8 Oö. BMSG (AB 434/2011) wird ausgeführt: „Abs 1 Z 1 entspricht der bisherigen Regelung (§ 9 Abs 1 Oö. Sozialhilfegesetz). Anders als bisher (vgl § 4 Oö. Sozialhilfeverordnung 1998) wird der Einkommensbegriff jedoch nicht mehr positiv definiert. Vielmehr soll – ähnlich wie bisher beim Vermögen – die Weite des Einkommensbegriffes künftig dadurch zum Ausdruck kommen, dass all jene Einkommensbestandteile, die nicht gemäß § 9 (oder einer Verordnung gemäß § 9) ausgenommen sind, anzurechnen sind.“

 

3.4. Die Pro Mente handelt nicht „freiwillig“ oder „ohne rechtliche Verpflichtung“ iSd § 9 Abs 1 Z 1 Oö. BMSG, sondern auf Grundlage der einschlägigen Rahmenrichtlinien und des Bescheides, mit dem die fähigkeitsorientierte Tätigkeit gewährt wurde. Der Umstand, dass das Taschengeld keine existenzsichernde Funktion hat und (lediglich) als Anerkennung ausbezahlt wird, ändert daran nichts. Die Ausnahmebestimmung iSd § 9 Abs 1 Z 1 Oö. BMSG ist nicht anwendbar.

 

3.5. Gemäß der  Rahmenrichtlinie soll darauf geachtet werden, dass durch das Entgelt in der fähigkeitsorientierten Aktivität kein Verlust anderer subsidiärer Unterstützung anfällt. Dessen ungeachtet ist das Taschengeld als Einkommen bzw tatsächlich zur Verfügung stehende Leistung gemäß der ausdrücklichen gesetzlichen  Anordnung des § 8 Abs 1 Oö. BMSG anzurechnen. Es wurde keine Verordnung iSd § 9 Abs 2 bzw Abs 3 Oö. BMSG erlassen, die im gegebenen Zusammenhang eine Ausnahme anordnen würde. Die Behörde hat –insb vor dem Hintergrund des § 34 Abs 5 Oö. BMSG - in Spruchabschnitt 2. des bekämpften Bescheides zu Recht die Anrechnung angeordnet.  

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

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