Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240915/12/Kü/Ai

Linz, 07.08.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von Herrn Dr. H K, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. E P, Dr. G H, R, L vom 12. Juli 2012 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 3. Juli 2012, SanRB96-5-2012, wegen Übertretung des Ärztegesetzes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27. Juni 2013 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Spruchpunkte 1. und 2. wie folgt zu lauten haben:

 

„1. Sie haben es zu verantworten, dass am 10.01.2012, zumindest zwischen 10:30 und 11:30 Uhr in ihren Ordinationsräumlichkeiten, Institut I, S, I, ohne Anwesenheit eines Arztes durch Frau E W, einer Mitarbeiterin, welche keinerlei medizinische Ausbildung besitzt, an Patienten therapeutische Maßnahmen durchgeführt wurden.

 

Im Speziellen wurde zumindest in diesem Zeitraum bei einem Patienten eine sogenannte Bio-Elektro-Therapie durchgeführt, welche der Tumorbehandlung dient. Es wurden Hautelektroden aufgebracht, durch die mit unterschiedlichen Stromstärken ein Stromfluss durch das Tumorgewebe erreicht wird.

 

2. Sie haben es zu verantworten, dass bis 10.1.2012 in ihren Ordinationsräumlichkeiten, Institut I, S, I die nach den Bestimmungen des Ärztegesetzes verpflichtend zu führenden Aufzeichnungen über jede zur Beratung oder Behandlung übernommene Person, nicht eingehalten wurde.

 

Die Mindesdokumentation hat folgende Punkte zu umfassen:

 

Zustand der Person bei Übernahme der Beratung oder Behandlung:

In den jeweiligen Unterlagen findet sich ein Frage- und Anamneseblatt, welches vom Patienten auszufüllen ist und eine Patientenerklärung. Weiters ein Anamnese- und Befundblatt, welches in sehr knapper Form, meist durch Abhacken der einzelnen angeführten Organe, geführt wird, teilweise finden sich auch keine Anmerkungen. Als Aufnahmestatus im herkömmlichen Sinn, insbesondere bei multimorbiden Patienten und solchen mit malignen Erkrankungen ist dies nicht ausreichend. Das Untersuchungsblatt weist kein Datum und nicht den Namen des Untersuchenden aus.

 

Vorgeschichte einer Erkrankung:

Ärztliche Angaben zur Vorgeschichte finden sich nur bruchstückhaft oder fehlen zur Gänze.

 

Diagnose:

Am Untersuchungsblatt sind keine eindeutigen Diagnosen erkennbar, lediglich Anmerkungen, zum Teil kein Eintrag.

 

Krankheitsverlauf:

Keine Aufzeichnungen, kein Lokalstatus, nach abgegebener Vakzine meist keine weiteren Konsultationen, keine Empfehlung der Tumornachsorge ( Rö, CT , Tumormarker etc.).

 

Therapie:

Auf den Karteikarten finden sich lediglich Vermerke ‘Vakzine‘ oder ‘BET‘, weiters das Abgabedatum der ‘Vakzine‘, bei der ‘BET‘ das Datum der einzelnen Behandlungen.“

 

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 180 Euro (2 x 90 Euro), das sind 20% der verhängten Geldstrafen, zu bezahlen.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG),

zu II.: § 64 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 3. Juli 2012, SanRB96-5-2012, wurden über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 49 und § 51 Ärztegesetz jeweils iVm mit § 199 Abs.3 Ärztegesetz zwei Geldstrafen in Höhe von jeweils 450 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit jeweils Ersatzfreiheitsstrafen von 70 Stunden verhängt.

 

Diesem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

 „Sie haben es zu verantworten, dass

1.

Am 10.01.2012, zumindest zwischen 10:30 und 11:30 Uhr in den Ordinationsräumen des Institut I, S, I, ohne Anwesenheit eines Arztes durch eine Mitarbeiterin, welche keinerlei medizinische Ausbildung besitzt, an Patienten therapeutische Maßnahmen durchgeführt wurden.

2.

Zumindest bis 10.1.2012 in den Ordinationsräumlichkeiten des I, S, I die gesetzliche vorgeschriebene Dokumentationspflicht für Ihre Patienten nicht eingehalten wurde.“

 

Begründend wurde festgehalten, dass der Vorwurf, wonach therapeutische Maßnahmen durch eine Mitarbeiterin, welche keinerlei medizinische Ausbildung besitze, ohne Anwesenheit eines Arztes durchgeführt worden seien, als erwiesen anzusehen und auch nicht bestritten worden sei. Auch die behauptete Unwissenheit könne nicht dazu führen das Verwaltungsstrafverfahren in diesem Punkt einzustellen. Einem in Österreich tätigem Arzt müsse bekannt sein, welche Tätigkeiten in Österreich medizinischem Personal vorbehalten seien. Auch sei bei mehrfachen Kontrollen im Institut des Bw bzw. der ehemaligen Mitgesellschafter immer darauf hingewiesen worden, dass medizinische Tätigkeiten nur von Ärzten durchgeführt würden. Demnach dürfte dem Bw die Bestimmung des Ärztegesetzes und welche Ausbildung erforderlich sei sehr wohl bekannt sein. Auch ein eingewendeter entschuldbarer Rechtsirrtum sei demnach nicht ersichtlich.

 

Zum Vorwurf der mangelnden Dokumentation wurde festgestellt, dass die Aussagen des Bw die gutachtlichen Stellungnahmen des Amtsarztes der Bezirkshauptmannschaft Gmunden bzw. der Amtsärztin beim Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Gesundheit, fachlich nicht widerlegen würden. Nach den Bestimmungen des Ärztegesetzes umfasse die Dokumentationspflicht den Zustand des Patienten bei Übernahme der Beratung und der Behandlung, die Vorgeschichte seiner Erkrankung (immerhin handle es sich um schwere Maligne-Erkrankungen), die Diagnose, den Krankheitsverlauf, Art und Umfang der beratenden, diagnostischen und therapeutischen Leistungen, als auch die Anwendung von Arzneispezialitäten. All dies würde mit einem vom Patienten ausgefüllten Anamneseblatt (keine eigene Anamnese durch den behandelnden Arzt), ein mehr als dürftiges Befundblatt ohne genaue Diagnose und wenige Anmerkungen bezüglich Therapie (oft nur das Wort Vakzine) nicht erfüllt. Bezüglich Dekurs- und Verlaufskontrollen finde sich in den Unterlagen keinerlei Hinweis.

 

Zusammenfassend sei somit festzustellen, dass in den beiden vorgeworfenen Punkten von einem schuldhaften Verhalten auszugehen sei und somit die im Spruch genannte Bestrafung auszusprechen gewesen sei.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter des Bw eingebrachte Berufung, mit der beantragt wird, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Begründend wurde festgehalten, dass es sich bei der Mitarbeiterin Frau W nicht lediglich um eine Aushilfskraft für die Buchhaltung handle, sondern um eine langjährige bestens geschulte Hilfsperson in der Ordination des Bw, die von Anfang an bei der Anwendung und Entwicklung der Bioelektrotherapie beteiligt gewesen sei.

 

Die Patienten würden selbstverständlich ausführlich vom Bw selbst untersucht, es würde die Anamnese erhoben, die Diagnose erstellt und würde auch das Therapieregime vom Bw selbst erarbeitet. Am 10.1.2012 seien lediglich die Plattenelektroden von der Mitarbeiterin auf die Haut des Patienten platziert worden, was durch § 49 Abs.2 Satz 2 Ärztegesetz gedeckt sei.

 

Die Feststellungen hinsichtlich der Dokumentation seien ebenso pauschal wie unzureichend und in Widerspruch zu den Beweisergebnissen. Aus den im Behördenakt einliegenden Kopien der Patientenunterlagen sei ersichtlich, dass die Vorgeschichte, Diagnose, Krankheitsverlauf und Therapie eines jeden Patienten in jedenfalls ausreichender Weise, tatsächlich überdurchschnittlich genau enthalten seien. Die erstinstanzliche Behörde setze sich in keinerweise mit den Details der Patientenunterlagen auseinander, obgleich der Bw in seiner Stellungnahme vom 2.5.2012 die Behörde die Details der Aufzeichnung ausführlich dargelegt habe.

 

Das erstinstanzliche Straferkenntnis verkenne, dass § 49 Abs.2 Satz 2 Ärztegesetz dem Arzt durchaus erlaube, sich in bestimmten Fällen auch Hilfspersonen zu bedienen. Diese Hilfspersonen dürften nur – aber immerhin – zu untergeordneten Unterstützung bei der ärztlichen Tätigkeit herangezogen werden, sie dürften jedoch nicht selbstständig ärztliche Tätigkeiten durchführen. Nichts anderes habe die Ordinationsmitarbeiterin Frau W gemacht, indem sie Elektroden für die ärztlicherseits verordnete Bioelektrotherapie beim Patienten angelegt habe. Nach dem unwiderlegten Vorbringen des Beschuldigten habe die Mitarbeiterin eine diesbezüglich entsprechende Anweisung und Einschulung bekommen und verfüge darüber hinaus über eine 20-jährige Erfahrung. Die ständige Aufsicht bedeute nicht, dass der Arzt ununterbrochen neben der Hilfskraft stehen und dieser zusehen müsse und dürfe er auch durchaus kurzfristig abwesend sein, wie hier. Selbst wenn die Mitarbeiterin W den Kompetenzbereich gemäß § 49 Abs.2 Satz 2 Ärztegesetz (geringfügig) überschritten hätte, wäre das diesbezügliche Verschulden des Bw gering, negative Folgen (beim Patienten) seien nachweislich nicht eingetreten, weshalb das Verwaltungsstrafverfahren bei richtiger rechtlicher Beurteilung jedenfalls gemäß § 21 VStG unter Absehen von der Strafe einzustellen gewesen wäre.

 

Ein pauschaler Vorwurf, wie im erstinstanzlichen Straferkenntnis erhoben, dass die Dokumentationspflicht verletzt worden wäre, vermöge rechtlich ein Straferkenntnis nicht zu tragen. Es wäre gefordert gewesen, dass die erstinstanzliche Behörde konkret für jeden Patienten feststelle, welche Fakten dokumentiert und welche rechtswidrig nicht dokumentiert worden seien. Beim Vorwurf eines Unterlassungsdeliktes habe die Behörde anzugeben, welches Verhalten vom Beschuldigten gefordert gewesen wäre. Hätte sich die erstinstanzliche Behörde bei richtiger Rechtsansicht mit jedem einzelnen Patienten und jeder einzelnen Dokumentation auseinandergesetzt, wäre sie zwanglos zum Ergebnis gelangt, dass gemessen an der Erkrankung die Dokumentation in jedem einzelnen Fall überdurchschnittlich genau, jedenfalls jedoch im gesetzlich geforderten Ausmaß geführt worden sei. Selbstverständlich sei die Dokumentation im Zusammenhang zu lesen, sohin die Anamnese­erhebung im Zusammenhang mit dem Befund und mit der dokumentierten Therapie.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat die Berufung mit Schreiben vom 17. August 2012 vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27.6.2012, an welcher der Bw und sein Rechtsvertreter sowie ein Vertreter der belangten Behörde teilgenommen haben und Frau E W als Zeugin einvernommen wurde.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Am 10.1.2012 wurde von einem Organ der Bezirkshauptmannschaft Gmunden im Beisein des Amtsarztes der Bezirkshauptmannschaft eine Überprüfung des Instituts für Immunforschung und Bioelektrotherapie des Bw am Standort S in I durchgeführt. Bei diesem Ortsaugenschein konnte von der Behörde festgestellt werden, dass die Arzthelferin E W eine Bioelektrotherapie an einem Patienten durchführte. Sie hat dabei die Plattenelektroden an den vom Bw vorgegebenen Stellen am Körper des Patienten angebracht und auch das Gerät entsprechend den Vorgaben des Bw eingestellt. Der Bw selbst oder ein anderer Arzt waren zum Kontrollzeitpunkt in den Ordinationsräumlichkeiten nicht anwesend. Der Bw war für Frau W telefonisch erreichbar. Frau W hat keine spezielle medizinische Ausbildung absolviert und war grundsätzlich in der Ordination als typische Sprechstundenhilfe tätig, welche Telefonate entgegen genommen hat, Rechnungen geschrieben und abgelegt hat bzw. sich um den Schriftverkehr gekümmert hat.

 

Die erste Bioelektrotherapie bei jedem Patienten hat der Bw nach einem ausführlichen Gespräch mit dem jeweiligen Patienten selbst durchgeführt. Bei dieser Erstbehandlung wurden vom Bw die Parameter für die Bioelektrotherapie wie die Stromstärke und die Position der Plattenelektroden festgelegt. Die Position der einzelnen Plattenelektroden wurde in symbolischen Körperzeichnungen in der jeweiligen Karteikarte des Patienten vom Bw eingetragen. Folgebehandlungen der Patienten mit der Bioelektrotherapie wurden bei Abwesenheit des Bw von der Sprechstundenhilfe Frau W anhand der Aufzeichnungen in der Karteikarte durchgeführt.

 

Der beim Ortsaugenschein anwesende Amtsarzt nahm auch Einsicht in mehrere Patientenunterlagen und prüfte diese Dokumentationen auf Einhaltung der Bestimmungen des Ärztegesetzes. Der Amtsarzt hielt in seinen amtsärztlichen Gutachten vom 20.1.2012 Folgendes fest:

 

„Amtsärztliche Stellungnahme/Gutachten

Im Rahmen eines am 10.01.2012 durchgeführten Ortsaugenscheines in den Ordinationsräumlichkeiten des Institut I wurde in mehrere Patientenunterlagen Einsicht genommen und hinsichtlich Patientendokumentation durchgesehen.

 

Entsprechend der Bestimmungen des Ärztegesetzes ist folgende Mindest­dokumentation erforderlich:

 

Zustand des Patienten bei der Übernahme bzw. bei Beginn der Behandlung

 

In den jeweiligen Unterlagen findet sich ein Frage- und Anamneseblatt, welches vom Patienten auszufüllen ist und eine Patientenerklärung.

 

Weiters ein Anamnese- und Befundblatt, welches in sehr knapper Form, meist durch Abhacken der einzelnen angeführten Organe, geführt wird, teilweise finden sich auch keine Anmerkungen. Als Aufnahmestatus im herkömmlichen Sinn, insbesondere bei multimorbiden Patienten und solchen mit malignen Erkrankungen erscheint dies nicht ausreichend. Das Untersuchungsblatt ist ohne Datum und ohne Name des Untersuchenden

 

Vorgeschichte einer Erkrankung

Ärztliche Angaben zur Vorgeschichte finden sich nur bruchstückhaft oder fehlen zur Gänze.

 

Diagnose

Am Untersuchungsblatt sind keine eindeutigen Diagnosen erkennbar, lediglich Anmerkungen, zum Teil kein Eintrag

 

Krankheitsverlauf

Keine Aufzeichnungen, kein Lokalstatus, nach abgegebener Vakzine meist keine weiteren Konsultationen, keine Empfehlung der Tumornachsorge (Rö, CT, Tumormarker etc.)

 

Therapie

Auf den Karteikarten finden sich lediglich Vermerke "Vakzine" oder "BET", weiters das Abgabedatum der Vakzine, bei der "BET" das Datum der einzelnen Behandlungen.

 

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die vom Ärztegesetz geforderte Mindestdokumentation in keiner der verlangten Punkte als ausreichend angesehen werden kann.“

 

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich hinsichtlich der Feststellungen zur Durchführung der Bioelektrotherapie durch die in der Ordination anwesende Arzthelferin aus den Angaben des Bw und steht somit unbestritten fest. Tatsache ist, dass der Bw selbst am 10.1.2012, während die Arzthelferin eine Bioelektrotherapie durchgeführt hat, nicht in den Ordinationsräumlichkeiten anwesend gewesen ist sondern lediglich telefonisch erreichbar gewesen ist.

 

Die Feststellungen zur Patientendokumentation ergeben sich aus den Ausführungen des Amtsarztes in seiner ärztlichen Stellungnahme vom 20.10.2012.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 49 Abs.1 Ärztegesetz ist ein Arzt verpflichtet, jeden von ihm in ärztliche Beratung oder Behandlung übernommenen Gesunden und Kranken ohne Unterschied der Person gewissenhaft zu betreuen. Er hat sich laufend im Rahmen anerkannter Fortbildungsprogramme der Ärztekammern in den Bundesländern oder der Österreichischen Ärztekammer oder im Rahmen anerkannter ausländischer Fortbildungsprogramme fortzubilden und nach Maßgabe der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung sowie unter Einhaltung der bestehenden Vorschriften und der fachspezifischen Qualitätsstandards, insbesondere aufgrund des Gesundheitsqualitätsgesetzes (GQG), BGBl. I Nr. 179/2004, das Wohl der Kranken und den Schutz der Gesunden zu wahren.

 

Nach § 49 Abs.2 leg.cit. hat der Arzt seinen Beruf persönlich und unmittelbar, allenfalls in Zusammenarbeit mit anderen Ärzten auszuüben. Zur Mithilfe kann er sich jedoch Hilfspersonen bedienen, wenn diese nach seinen genauen Anordnungen und unter seiner ständigen Aufsicht handeln.

 

Gemäß § 51 Abs.1 Ärztegesetz ist der Arzt verpflichtet, Aufzeichnungen über jede zur Beratung oder Behandlung übernommene Person, insbesondere über den Zustand der Person bei Übernahme der Beratung oder Behandlung, die Vorgeschichte einer Erkrankung, die Diagnose, den Krankheitsverlauf sowie über Art und Umfang der beratenden, diagnostischen oder therapeutischen Leistungen einschließlich der Anwendung von Arzneispezialitäten und der zur Identifizierung dieser Arzneispezialitäten und der jeweiligen Chargen im Sinne des § 26 Abs. 8 des Arzneimittelgesetzes, BGBl. Nr. 185/1983, erforderlichen Daten zu führen und hierüber der beratenen oder behandelten oder zu ihrer gesetzlichen Vertretung befugten Person alle Auskünfte zu erteilen. In Fällen eines Verdachts im Sinne des § 54 Abs. 4 sind Aufzeichnungen über die den Verdacht begründenden Wahrnehmungen zu führen. Den gemäß § 54 Abs. 5 oder 6 verständigten Behörden oder öffentlichen Dienststellen ist hierüber Auskunft zu erteilen. Der Arzt ist verpflichtet, dem Patienten Einsicht in die Dokumentation zu gewähren oder gegen Kostenersatz die Herstellung von Abschriften zu ermöglichen.

 

§ 199 Abs.3 Ärztegesetz lautet:

Wer den im § 3 Abs. 1 oder 3, § 12 Abs. 3, § 12a Abs. 4, § 15 Abs. 5, § 27 Abs. 2 oder Abs. 7 zweiter Satz, § 29 Abs. 1, § 31 Abs. 3, § 32 Abs. 3, § 35 Abs. 7, § 36, § 37 Abs. 1 oder 8, § 43 Abs. 2, 3, 4 oder 6, § 45 Abs. 3 oder 4, § 46, § 47 Abs. 1, § 48, § 49, § 50 Abs. 1 oder 3, § 50a, § 50b, § 51, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 1 bis 3, § 54 Abs. 1, § 55, § 56 Abs. 1, § 57 Abs. 1, § 63, § 89 oder § 194 erster Satz enthaltenen Anordnungen oder Verboten zuwiderhandelt, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 2 180 Euro zu bestrafen. Der Versuch ist strafbar.

 

5.2. Fest steht, dass am 10.1.2012 Frau E W, eine Sprechstundenhilfe im Institut des Bw, eine Bioelektrotherapie am Körper eines Patienten mit von ihr angebrachten Plattenelektroden durchgeführt hat. Der Bw war an diesem Tag in der Ordination nicht anwesend, sondern für die Sprechstundenhilfe nur telefonisch erreichbar.

 

Im Sinne des § 49 Abs.2 Ärztegesetz hat der Arzt grundsätzlich seinen Beruf persönlich und unmittelbar auszuüben, jedoch kann er sich zur Mithilfe Hilfspersonen bedienen, wenn diese nach seinen genauen Anordnungen und unter seiner ständigen Aufsicht handeln. In diesem Sinne wird sich die Mithilfe auf ein unterstützendes Tätigwerden der Hilfsperson zu beschränken haben, wobei eine gänzliche Übertragung einer Tätigkeit wie die Durchführung einer Bioelektrotherapie, bei welcher der Patient über Plattenelektroden mit Strom behandelt wird, nicht zulässig ist. Im Sinne des § 49 Abs.2 Ärztegesetz ist überdies der Einsatz der Hilfsperson an eine genaue Anleitung und die ständige Aufsicht gebunden, wobei diese ständige Aufsicht nur im Sinne der Anwesenheit des Arztes verstanden werden kann. Die ständige Aufsicht kann jedenfalls nicht durch eine telefonische Erreichbarkeit des von der Ordination abwesenden Arztes während einer von der Hilfsperson durchgeführten Therapie gegeben sein. Demnach steht auf Grund des in diesem Punkt unbestritten gebliebenen Sachverhaltes für den Unabhängigen Verwaltungssenat – wie bereits von der Erstinstanz zutreffend festgehalten – fest, dass der Bw die ihm durch § 49 Abs.2 Ärztegesetz auferlegte Verpflichtung nicht erfüllt hat, zumal er am 10.1.2012 während der Durchführung einer Bioelektrotherapie an einem Patienten nicht in der Ordination anwesend gewesen ist und somit seine ständige Aufsicht über die eingesetzte Hilfsperson nicht ausüben konnte. Insofern ist dem Bw die Erfüllung des objektiven Tatbestandes der im Spruchpunkt 1. angelasteten Übertretung vorwerfbar.

 

Fest steht, dass vom Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, der beim Lokalaugenschein in den Ordinationsräumlichkeiten am 10.1.2012 anwesend gewesen ist, Einsicht in die Karteikarten der Patienten und somit die Dokumentationen des Bw genommen hat. Seine Feststellungen im Zuge dieser Überprüfung wurden bereits im Sachverhalt wiedergegeben und kann darauf verwiesen werden.

 

Zudem wurde von der Erstinstanz im Rahmen des Ermittlungsverfahrens eine weitere Stellungnahme einer Amtsärztin der Direktion für Soziales und Gesundheit des Amtes der Oö. Landesregierung zu den beim Lokalaugenschein vorgefundenen Patientendokumentationen eingeholt. Die Amtsärztin führte in ihrer Stellungnahme vom 6. März 2012 aus, dass den Feststellungen des Amtsarztes der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 20.1.2012 vollinhaltlich gefolgt werden kann. Als besonders auffällig wird von der Amtsärztin festgehalten, dass die äußerst knappe Anamneseerhebung nicht mit den doch sehr schweren Erkrankungen der drei Patienten, von denen Dokumentationen vorliegen, korreliert. Der Verantwortung des Bw, dass bei Erscheinen eines Patienten lediglich zur Prophylaxe, die Anamneseerhebung sehr knapp sein kann und eine Diagnose nicht zu stellen ist, kann von der Amtsärztin in den geprüften Fällen nicht gefolgt werden. Weiters hält sie fest, dass ein Dekurs völlig fehlt, auch – was jedenfalls bei dieser Art von Therapien notwendig und zu erwarten wäre – sind Bemerkungen zur Verträglichkeit der Behandlung bzw. Reaktionen auf die Behandlung nicht angegeben. Ebenso fehlen ihrer Ansicht nach Angaben zum weiteren Prozedere bzw. Therapieempfehlungen. Zusammenfassend kommt die Ärztin auch zum Schluss, dass die Patientendokumentationen nicht den Bestimmungen des Ärztegesetzes entsprechen.

 

Dem gegenüber verantwortet sich der Bw in der mündlichen Verhandlung damit, dass die erste Seite des Anamneseblattes vom Patienten selbstständig ausgefüllt wurde und von diesem auch mit Datum unterschrieben wurde. Bei der Erstaufnahme hat der Bw ein einstündiges Gespräch mit den Patienten geführt und sodann auf der Rückseite des vom Patienten unterschriebenen Blattes seine Anamnese und Befund auf Grundlage einer Art Checkliste durchgeführt. Vorhandene Befunde der Patienten wurden vom Bw auch durchgelesen und den Karteikarten angeheftet. Der Bw hat eigenen Angaben zufolge die von ihm an seinem Institut durchgeführten Therapien als Zusatztherapien neben den standardmäßig laufenden Therapien der Patienten gesehen.

 

Tatsache ist, dass das Anamnese/Befundblatt, welches auf sich auf der Rückseite der vom Patienten selbst auszuführenden Angaben findet, selbst kein Datum trägt und auch keine Unterschrift des untersuchenden Arztes. Ebenso bestätigen die drei beispielhaft im Akt einliegenden Anamneseblätter, dass Angaben auf der Checkliste teilweise nur abgehakt sind und sich bei anderen Rubriken im Befundblatt überhaupt keine Angaben finden. Teilweise fehlen auch Angaben zu Größe und Gewicht. Ob die Anamnese und Befund zur selben Zeit stattgefunden hat, als vom Patienten das Willkommensblatt unterzeichnet wurde, ist ebenso nicht nachvollziehbar. Den Angaben des prüfenden Amtsarztes, wonach jede Dokumentation die Aufgabe hat, einen Sachverständigen in die Lage zu versetzen, die ärztlichen Maßnahmen auf Richtigkeit, Vollständigkeit und Sorgfalt zu prüfen und die Dokumentation dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechen muss, ist jedenfalls für das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates nachvollziehbar. Aus den in der Praxis des Bw dokumentierten Aufzeichnungen geht dies zumindest nicht hervor.

 

Den Bestimmungen des Ärztegesetzes zufolge ist der Arzt verpflichtet, Aufzeichnungen über jede zur Beratung oder Behandlung übernommene Person, insbesondere über den Zustand der Person bei Übernahme der Beratung oder Behandlung, die Vorgeschichte einer Erkrankung, die Diagnose, den Krankheitsverlauf sowie über Art und Umfang der beratenden, diagnostischen und therapeutischen Leistungen zu führen. Mit dem vom Patienten auf der Vorderseite auszufüllenden Anamneseblatt sowie der Untersuchung eines Patienten anhand einer Checkliste mit Abhakungen und kurzen Angaben wird jedenfalls die Vorgabe des Ärztegesetzes nicht erfüllt und wird dies durch die schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Amtsarztes der Bezirkshauptmannschaft Gmunden sowie der Amtsärztin der Landessanitätsdirektion eindeutig erwiesen. In diesem Sinne war auch, zumal keine neuen Unterlagen im Zuge der mündlichen Verhandlung vorgelegt wurden, dem Antrag des Bw auf Beiziehung eines gerichtlich beeideten und zertifizierten Sachverständigen nicht Folge zu leisten. Der Bw hat im Zuge der mündlichen Verhandlung lediglich seine Dokumentation als ausreichend bezeichnet, ohne allerdings die schlüssige und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen damit in irgendeiner Weise in Zweifel ziehen zu können. Vielmehr ist auch für das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates klar und eindeutig nachvollziehbar, dass der Zustand des Patienten anhand des Anamnese- und Befundblattes nicht nachvollziehbar ist bzw. auch die Angaben selbst nur lückenhaft in diesen Befundblättern vorhanden sind. Jedenfalls finden sich in den vorliegenden Patientendokumentationen keine Angaben zu Dekurs und Verlaufskontrollen.

 

Insgesamt ist daher aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens festzuhalten, dass der Bw mit der von ihm vorgenommenen Dokumentation den Erfordernissen des § 51 Abs.1 Ärztegesetz nicht entsprochen hat, weshalb dem Bw die angelastete Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht vorwerfbar ist.

 

Die Konkretisierung der Tathandlungen des Bw konnte im Spruch insofern vorgenommen werden, als in der Aufforderung zur Rechtfertigung die Taten gleichlautend angelastet wurden und somit hinsichtlich der näheren Beschreibung der Verwaltungsübertretungen im Spruch keine Verfolgungs­verjährung eingetreten ist. Im Hinblick auf die vom Bw in der Berufung eingewendete pauschale Anlastung hinsichtlich der Nichterfüllung der Dokumentationspflichten war zudem die Spruchkonkretisierung geboten.

 

5.3. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht.

 

Der Bw bringt sowohl im erstinstanzlichen als auch im Berufungsverfahren lediglich vor, dass er die Bestimmungen des Ärztegesetzes erfüllt hat und legt daher nur eine andere Rechtsansicht hinsichtlich der den Gegenstand des Verfahrens bildenden Vorschriften des Ärztegesetzes dar. Warum es ihm allerdings in subjektiver Hinsicht nicht möglich gewesen ist, den Erfordernissen des Ärztegesetzes in ausreichender Weise nachzukommen, vermag der Bw nicht zu begründen. Insofern ist daher festzustellen, dass es dem Bw mit seinem Vorbringen nicht gelungen ist, Zweifel an seinem schuldhaften Verhalten hervorzurufen, weshalb zumindest von fahrlässiger Begehungsweise des Bw auszugehen ist. Insofern sind dem Bw die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen auch in subjektiver Hinsicht vorwerfbar.

 

5.4. Gemäß § 19 Abs.1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht erkennen, dass die Erstinstanz von ihrem Ermessen im Rahmen der Strafbemessung nicht gesetzeskonform Gebrauch gemacht hätte. Die von der Erstinstanz verhängten Strafen, welche sich im unteren Bereich des Strafrahmens bewegen, sind nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates geeignet, dem Bw sein strafbares Verhalten vor Augen zu halten und in Hinkunft zu größtmöglicher Sorgfalt zu veranlassen. Milderungsgründe sind im Berufungsverfahren nicht hervorgekommen, sodass insgesamt die Strafen zu bestätigen waren. Dem Ansinnen des Bw nach Verhängung einer Ermahnung kann insofern nicht entsprochen werden, da bei der gegenständliche Sachlage jedenfalls von einem geringeN Verschulden des Bw nicht ausgegangen werden kann.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt wurde, hat der Bw gemäß § 64 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe zu leisten.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

 

 

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