Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253301/6/Lg/TO/Ba

Linz, 07.08.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 5. Juni 2013 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des M A, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H O, K, W, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 30. August 2012, Zl. BZ-Pol-77006-2012, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 24, 45 Abs.1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 730 Euro bzw. eine Ersatzfrei­heitsstrafe von 112 Stunden verhängt, weil ihm Folgendes vorgeworfen wurde:

 

"Sie haben als Arbeitgeber und Gewerbeinhaber (Gewerbestandort: W, G), welcher für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat, folgende Verwaltungsüber­tretung zu verantworten:

 

Sie haben als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG, ab 01.01.2012 bis laufend (lt ELDA), S E K, geb. X, an oa Gewerbestandort als Pizzakoch, in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt ( 613 /Monat) beschäftigt. Eine Änderungsmeldung wurde am 19.01.2012 um 17:06 Uhr gemacht - Änderung ab 19.01.2012; eine weitere Änderungsmeldung gab es am 19.01.2012 um 17.07 Uhr - Änderung ab 01.01.2012 und eine weiter Änderungsmeldung erfolgte am 23.01.2012 um 10:04 Uhr ebenfalls rückwirkend für 01.01.2012.

 

Der in Rede stehende Beschäftigte war organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit. Die Höhe des Entgelts lag über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG.

 

Obwohl dieser Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Kranken- Unfall- und Pensionsver­sicherung vollversichert ist, wurde hierüber eine den Tatsachen entsprechende Meldung über die bedeutsame Änderung im Beschäftigungsverhältnis, bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger, nicht innerhalb von sieben Tagen sondern erst am 19.01.2012 bzw. am 23.01.2012 rückwirkend für 01.01.2012, erstattet.

 

Sie haben somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht verstoßen.

 

Verwaltungsübertretungen nach

§§ 111 iVm 33 Abs 1 und Abs 1a ASVG idgF"

 

Begründend führt das angefochtene Straferkenntnis aus:

 

"Der spruchgegenständliche Sachverhalt wurde vom Finanzamt Grieskirchen Wels am 27.02.2012 angezeigt.

 

Mit Schreiben vom 13.03.2012, ha. eingelangt am 22.03.2012, teilt der Beschuldigte wie folgt mit:

 

Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass die Meldungen, die der Beschuldigte gegenüber der Gebietskrankenkasse abgegeben hat, jeweils richtig sind. Im Übrigen ist hier auch darauf hin­zuweisen, dass der Beschuldigte mit der Lohnverrechnung eine Buchhaltungskanzlei, und zwar T C S KG, G, W, beauftragt hat, von der sämtliche Meldungen durchgeführt werden.

 

Sollte es bei den Meldungen zu Fehlern gekommen sein, sind diese nicht von dem Beschul­digten zu verantworten, der seine Lohnbuchhaltung richtig informiert, sondern kann im Ein­zelfall allenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass dort falsche Meldungen vorgenommen werden, obwohl die Informationen grundsätzlich richtig weitergegeben werden.

 

Mangels Zurechnung des Verschuldens zum Beschuldigten kann aus derartigen Umständen kein verwaltungsrechtlich strafbares Verhalten des Beschuldigten hergeleitet werden.

 

Von diesen Überlegungen ausgehend, kann zu den einzelnen Vorwürfen Folgendes ausgeführt werden:

 

c) E K S (BZ-Pol-77006-2012):

 

Hier ist zunächst klarzustellen, dass Herr E K S tatsächlich wie folgt beschäftigt war:

 

14.12.2011 bis 17.01.2012 - 1,5 Stunden pro Woche, Monatslohn € 50,00

18.01.2012 bis 31.01.2012 - 20 Stunden pro Woche, Monatslohn € 613,50

01.02.2012 bis 11.03.2012 - 35 Stunden pro Woche, Monatslohn € 1.073,00

 

Dieser Beschäftigungszeitraum und die jeweiligen Ansprüche wurden der Buchhalterin, T C S KG, vom Beschuldigten in dieser Weise bekannt gegeben, wobei allerdings darauf hinzuweisen ist, dass im Hinblick auf die relativ schlechten Deutschkenntnisse des Beschuldigten Missverständnisse nicht 100%ig ausgeschlossen werden können.

 

Fakt ist jedenfalls, dass Herr E K S richtig am 14.12.2011 angemeldet wurde.

 

Bei den Änderungsmeidungen ist es offensichtlich zu Missverständnissen zwischen dem Be­schuldigten und seiner Buchhaltungskanzlei gekommen, die allerdings, um es nochmals zu betonen, von ihm nicht veranlasst und für ihn auch nicht erkennbar waren.

 

Der Beschuldigte hat jedenfalls seine Steuerkanzlei rechtzeitig vor dem 18.01.2012 darüber informiert, dass das Beschäftigungsverhältnis mit Herrn E S S auf 20 Wochenstunden ausgeweitet wird und dabei auch den richtigen Beginn der Änderung (18.01.2012) mitgeteilt

 

Die Änderungsmeldungen am 19.01.2012 wurden, wie schon der knappe Abstand zeigt, of­fensichtlich von der Steuerkanzlei fehlerhaft durchgeführt, insbesondere der Umstand, dass die Änderung bereits mit 01.01.2012 stattgefunden hat, ist nicht auf eine Mitteilung des Be­schuldigten zurückzuführen und hatte er auch darauf keinen Einfluss, die Änderungsmeldun­gen zeigen ohnehin, dass sie von der T C S KG durchgeführt wurden.

 

Weil der Beschuldigte seine Buchhalterin grundsätzlich richtig informiert hat, kann daher auch in diesem Zusammenhang kein Fehler des Beschuldigten erblickt werden.

 

In dieser Verwaltungsstrafsache legt der Beschuldigte in Ergänzung zu seiner Stellungnahme vom 21.3.2012 eine Erklärung seiner Steuerberatungskanzlei vor, wie es zu den Meldungen in dieser Sache gekommen ist.

 

Die Umstände, die hier geschildert wurden, sind mit Sicherheit nicht vom Beschuldigten zu verantworten, sodass beantragt wird, zumindest dieses Verfahren einzustellen.

 

Beigelegt wurde folgendes Schreiben der TC:

 

Kanzlei Dr. O

Von: 'H U'. <hr@X.co.at>

An: <oe@X-O.at>

Gesendet:   Donnerstag, 22. März 2012 10:44

Anfügen: 233.pdf; AR-M256_20120314_193748.pdf; A M - Änd. (S E) - 01.01.2012 (18.01.2012).pdf

Betreff: Firma P S S/M A - Aufforderung (Mitarbeiter: S E K)

Sehr geehrter Herr Dr. O,

hiermit gebe Ich Ihnen unseren Sachverhalt bekannt:

Lt. Telefonat mit der GKK erfolgten 3 Meldungen 'fristgerecht' da wir nicht im Vorhinein wissen können, ob der Mitarbeiter in Zukunft mehr Wochenstunden arbeitet, dies muss spät. 7 Tage nach dem Folgemonat passieren, anbei noch eine Erklärung lt. Arbeitsbehelf der GKK:

 

Vorgangsweise bei Wechsel von Teilversicherung (unfallversichert) auf Vollver­sicherung:

Kommt es während des Bestandes der Teilversicherung zu einer Erhöhung des Entgeltes, wodurch die Geringfügigkeitsgrenze überschritten wird, liegt ab Beginn des jeweiligen Beitragszeitraumes Vollversicherung vor. Die ab Beginn des jeweiligen Kalendermonats gültige neue Beitragsgruppe und das sozialversicherungspflichtigte Gesamtentgelt sind mittels Änderungsmeldung bekannt zu geben.

 

- am Tag 19.01.2012 erfolgt eine Änderung mit 01.01.2012 eine Änderung (diese war korrekt!, jedoch haben wir diese aus irgendwelchen Gründen nicht bei uns gespeichert gehabt, kann vorkommen wenn das Programm uns keine Sendebestätigung auswirft, deshalb haben wir es nochmals versucht, da wir nicht sichergehen können, ob die GKK dies erhalten hat)

- am Tag 19.01.2012 erfolgte eine Änderung per 19.01.2012 eine Änderung (2. Versuch, dies war leider mit dem Datum per 19.01.2012 nicht korrekt, da lt. GKK keine 2 Beitragsgruppen in einem Kalendermonat vorliegen dürfen, wenn sich die Arbeitszeit mitten eines Kalendermonats ändert)

Wie der Fehler mit dem Datum per 19.01.2012 entstand: da die Arbeitszeit mit dem Datum 19.01.2012 im Lohnprogramm richtig eingegeben worden ist, erstellt das Programm dies automatisch im Sendestapel, jedoch bei Änderung der Beitragsgruppe muss man händisch das Datum auf dem 1. umändern und dann abschicken, allerdings haben wir die neue Meldung zu schnell abgeschickt)

- am Tag 23.01.2012 erfolgt eine Änderung per 01.01.2012 der Betragsgruppe, da uns der Fehler mit dem Datum 19.01.2012 aufgefallen ist und diese Meldung nicht richtig und nicht von der GKK gespeichert wird wenn 19.01.2012 steht, siehe Anhang.

 

Bitte um Information diesbezüglich, da uns der Klient mitgeteilt hatte, das Sie die Rechtfertigung, ect. für ihn erledigen und ihn vertreten.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

H U

T C S KG G A-W

G

A-W

Telefon: XXX

Telefax: XXX

E-mail: hr@X.co.at

 

Die Rechtfertigung und die nachgereichte Urkundenvorlage wurde dem FA Grieskirchen Wels zur Stellungnahme übermittelt. Mit Stellungnahme vom 02.05.2012 wird wie folgt mitgeteilt:

 

Bezüglich der nachgereichten Urkundenvorlage wird von der ho Behörde angemerkt, dass die Aussage 'Der Beschuldigte hat jedenfalls seine Steuerkanzlei rechtzeitig vor dem 18.01.2012 darüber informiert, dass das Beschäftigungs­verhältnis mit Herrn E K S auf 20 Wochenstunden ausgeweitet wird und dabei auch den richtigen Beginn der Änderung (18.01.2012) mitgeteilt' im Widerspruch zu der Erklärung durch die T C S KG stehe.

 

Bezüglich der Aussage in der Stellungnahme des Beschuldigten 'bei den Änderungsmeldungen ist es offensichtlich zu Missverständnissen zwischen dem Beschuldigten und seiner Buchhaltungskanzlei gekommen, die allerdings, um es nochmals zu betonen, von ihm nicht veranlasst und für ihn auch nicht erkennbar waren', merkt die ho Behörde an, dass eine Meldung an den zuständigen Versicherungsträger in zweifacher Ausfertigung, in Form einer Bestätigung für den Dienstgeber und Bestätigung für den Dienstnehmer bestätigt werde. Somit müsse für den Beschuldigten erkennbar gewesen sein, in welchem Umfang die Änderungsmeldungen durch die Steuerberatungskanzlei erfolgt sei.

 

Weiters werde in der Stellungnahme des Beschuldigten angeführt 'Weil der Beschuldigte seine Buchhalterin grundsätzlich richtig informiert hat, kann daher auch in diesem Zusammenhang kein Fehler des Beschuldigten erblickt werden'.

 

Diesbezüglich merke die ho Behörde an, dass wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt (§ 5 Abs 2 VStG).

 

Von der ho Behörde werden die in der Stellungnahme zu E K S getätigten Ausführungen als Schutzbehauptungen gewertet und der Strafantrag werde vollinhaltlich aufrecht erhalten.

 

Gemäß § 111 Abs 1 ASVG idgF handelt ordnungswidrig wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  2. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  3. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß § 111 Abs 2 ASVG idgF ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs 1 leg.cit. von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen und zwar

-      mit Geldstrafe von 730 bis zu 2 180 , im Wiederholungsfall von 2 180 bis zu 5.000

-      bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungs­strafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind

 

Gemäß § 33 Abs 1 ASVG idgF haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)-Meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Nach § 33 Abs 1a ASVG idgF kann der Dienstgeber die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

  1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und
  2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

 

Gemäß § 33 Abs 2 ASVG idgF gilt Abs. 1 für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

Nach Abschnitt II-1. Unterabschnitt (Pflichtversicherung), § 4 Abs 1 Z 1 ASVG idgF sind in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen, noch nach § 7 ASVG idgF nur eine Teilversicherung begründet ist.

 

Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen (§ 4 Abs 2 ASVG idgF.).

 

Gemäß § 5 Abs 1 Z 2 ASVG idgF sind Dienstnehmer und ihnen gemäß § 4 Abs 4 leg.cit gleichgestellte Personen, ferner Heimarbeiter und ihnen gleichgestellte Personen sowie die im § 4 Abs 1 Z 6 genannten Personen, von der Vollversicherung nach § 4 - unbeschadet einer nach § 7 oder nach § 8 eintretenden Teilversicherung, ausgenommen, wenn das ihnen aus einem oder mehreren Beschäftigungsverhältnissen im Kalendermonat gebührende Entgelt den Betrag gemäß § 5 Abs 2 leg. cit. nicht übersteigt (geringfügig beschäftigte Personen).

 

Als Dienstgeber nach § 35 Abs 1 ASVG idgF gilt derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht.

 

Gemäß § 4 Abs 4 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) spätestens bei Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An- sowie Abmeldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Personen in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Die objektive Tatseite der im Spruch beschriebenen Verwaltungsübertretung ist aufgrund der Aktenlage und des angeführten Sachverhaltes (Angaben in der Anzeige des Finanzamtes samt Beilagen) als erwiesen anzusehen.

 

Das ASVG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor. Es kommt deshalb § 5 Abs 1 VStG idgF zum Tragen, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist immer dann anzunehmen, wenn einem Verbot zuwidergehandelt oder ein Gebot nicht befolgt wird und zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört (Ungehorsamsdelikt) und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Es liegt ein Ungehorsamsdelikt vor. Bei einem Ungehorsamsdelikt belastet der Gesetzgeber den Täter schon durch seinen objektiven Tatbestand und unterstellt die Schuld bis zum Beweis des Gegenteils durch den Beschuldigten (VwGH 18.11.1971, Slg 8108, 13.12.1979, 2969/76 bzw. VwGH 25.03.2010, GZ 2007/09/0261).

 

Die Glaubhaftmachung iSd § 5 Abs 1 VStG, dass den Beschuldigten an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, ist auch durch die Rechtfertigung und die weitere Urkundenvorlage nicht gelungen und somit ist auch die subjektive Tatseite als gegeben zu erachten.

 

Grundlage für die Bemessung der Strafe ist gemäß § 19 VStG stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen, das Ausmaß des Verschuldens zu beachten sowie die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen.

 

Es liegen weder Strafmilderungs- noch Straferschwernisgründe vor. Die verhängte Strafe erscheint auch unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, wie in der Aufforderung zur Rechtferti­gung geschätzt, als angemessen.

 

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die zitierte Gesetzesstelle."

 

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"Die Behörde ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Änderungsmeldungen schuldhaft falsch erfolgt sind, darüber hinaus ist auch die verhängte Strafe im Hinblick auf die Folgen der angeblichen Tat keinesfalls angemessen.

 

Offensichtlich geht auch die Behörde davon aus, dass der Beschuldigte mit der Lohnverrech­nung eine Steuerkanzlei beauftragt hat, von der die Änderungen, die hier gegenständlich sind, durchgeführt wurden.

 

Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nach dem Mailschreiben dieser Buchhaltungs­kanzlei, dessen Inhalt offensichtlich auch von der Behörde nicht in Zweifel gezogen wurde, die Fehler nicht beim Beschuldigten, sondern dieser Steuerkanzlei lagen.

 

Die erste Änderung am 19.1.2012 per 1.1.2012 erfolgte korrekt, wobei hier allerdings darauf hinzuweisen ist, dass sich die Ausweitung des Beschäftigungs­verhältnisses erst nach der Notwendigkeit entwickelt hat und daher jedenfalls eine frühere Meldung nicht möglich war, zumal die Änderung auch erst mit 18.1.2012 eingetreten ist

 

Die weiteren Versuche, die stattgefunden haben, sind nicht vom Beschuldigten veranlasst worden und daher jedenfalls ihm nicht zuzurechnen.

 

Wenn aufgrund der mangelnden Bestätigung am gleichen Tag ein zweiter Versuch - keines­falls aber eine neue Meldung - stattgefunden hat, hat dies der Beschuldigte nicht veranlasst und konnte dies auch nicht wissen.

 

Es wurde im vorgelegten Mail der Buchhaltungskanzlei vom 22.3.2012 hinreichend darge­stellt, wie der Fehler mit 19.1.2012 entstehen konnte, es ist nachvollziehbar, dass hier ein computerbedingter Fehler vorlag, der an sich händisch korrigiert werden hätte müssen, was allerdings der Buchhaltungskanzlei nicht aufgefallen ist.

 

Auf die Hinweise im Mail vom 22.3.2012 kann in diesem Zusammenhang verwiesen werden.

 

Dass dann in der Folge am 23.1.2012 der Fehler auffiel und die Meldung richtiggestellt wur­de, ist lediglich die logische Folge und kann ebenfalls nicht dem Beschuldigten vorgeworfen werden.

 

Zusammenfassend kann daher gesagt werden, wie sich aus dem Mail der Steuerkanzlei ein­deutig ergibt, diese vom Beschuldigten über die Beschäftigungsverhältnisse des Herrn S richtig informiert wurde, der Fehler lag nicht beim Beschuldigten, sondern bei seiner Steuerkanzlei, auch die Behörde ist nicht in der Lage, in diesem Zusammenhang tatsächlich ein Verschulden nachzuweisen.

 

Es mag zwar sein, dass die Meldungen, die elektronisch erfolgen, in zweifacher Ausfertigung bestätigt werden, es trifft allerdings keinesfalls zu, dass eine derartige Vorgangsweise dazu führte, dass der Beschuldigte in der Lage war, den Fehler rechzeitig vor dem 23.1.2012 zu erkennen.

 

Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass der Beschuldigte sich in der Lohnverrechnung letzt­lich überhaupt nicht auskennt, weshalb er natürlich auf die Richtigkeit der Eingaben seiner Steuerkanzlei angewiesen ist, in seinem konkreten Fall kommen dazu auch noch Sprach­schwierigkeiten.

 

Zum anderen ist auch auf den zeitlichen Ablauf zu verweisen.

 

Der 19.1.2012 war ein Donnerstag, der 23.1.2012 ein Montag.

 

Geht man vom normalen Postlauf aus, ist daher davon auszugehen, dass der Beschuldigte die Änderungsmeldung erst am zweiten Arbeitstag nach elektronischer Eingabe, das heißt also am 23.1.2012 erhalten hat.

 

An diesem Tag wurde die Meldung ohnehin richtig gestellt, sodass in diesem Zusammenhang jedenfalls kein dem Beschuldigten vorwerfbares Fehlverhalten vorliegt.

 

Vielmehr ist aufgrund des E-Mails der Buchhaltungskanzlei eindeutig nachgewiesen, dass der Fehler nicht beim Beschuldigten, sondern bei dieser Kanzlei liegt, sodass tatsächlich unter Beweis gestellt ist, dass ein fahrlässiges Verhalten des Beschuldigten nicht vorliegt, sodass ihm der Beweis des Gegenteils für seine Schuld auch gelungen ist.

 

Völlig unverständlich ist darüber hinaus auch die Höhe der verhängten Strafe.

 

§ 111 ASVG sieht zwar eine Mindeststrafe von € 730,00 vor, die auch verhängt wurde, im gegenständlichen Fall wäre allerdings eine Vorgangsweise im Sinne des § 21 VStG, jeden­falls aber des § 20 VStG erforderlich gewesen.

 

Selbst wenn man - aus für den Beschuldigten nicht nachvollziehbaren Gründen - in diesem Fall ein Verschulden von seiner Seite bejahen sollte, kann dieses nur als äußerst geringfügig angesehen werden, die Folgen der Übertretung sind nicht nur unbedeutend, sondern gar nicht vorhanden, weil die Gebietskrankenkasse ja im Hinblick auf die Richtigstellung der Meldung vier Arbeitstage später in der Lage war, die richtigen Beiträge vorzuschreiben und daher kei­nerlei Schaden entstanden ist.

 

Selbst wenn man also davon ausgehen sollte, dass der Beschuldigte verpflichtet war, die Tä­tigkeit seiner Buchhaltungskanzlei sofort zu überprüfen, muss gesagt werden, dass, wenn man hier überhaupt im Hinblick auf den Zeitablauf eine Möglichkeit sieht, hier nur ein sehr gering­fügiges Fehlverhalten vorliegt.

 

Selbst dann, wenn man sich dieser Auffassung nicht anschließen sollte, überwiegen im gegen­ständlichen Fall die Milderungsgründe, es darf nicht übersehen werden, dass der Beschuldig­te, wie nicht wiederlegt werden konnte, seine Buchhaltungskanzlei richtig informiert hat und dort der Fehler passiert ist, sein Beitrag zur objektiv falschen Meldung ist daher äußerst ge­ringfügig und muss allein dieser Umstand als massiver Milderungsgrund angesehen werden.

 

Zumindest die Voraussetzungen des § 20 VStG sind daher gegeben, sodass die Mindeststrafe bis zur Hälfte zu unterschreiten ist.

 

Der Beschuldigte stellt daher den

 

Antrag:

 

Dieser Berufung möge Folge gegeben werden und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert werden, dass das Strafverfahren gegen ihn eingestellt wird."

 

 

3. Der Akt enthält die im angefochtenen Straferkenntnis bezogenen Aktenstücke.

 

4. In der mündlichen Verhandlung fokussierten der Vertreter des Bw und der  Vertreter des Finanzamtes ihre Argumentationen darauf, dass die Tatvorwürfe des gegenständlichen Straferkenntnisses darauf zielen, dass die Änderungsmeldung zu spät erfolgt sei. Zu klären sei die Frage, ob das betreffende Verhalten der Steuerberatungskanzlei des Bw (und nicht diesem) zuzurechnen sei. Der Bw gab an, dass aufgrund von Kommunikationsproblemen und technischen Schwierigkeiten die Änderungsmeldung mehrmals durch die beauftragte Steuerberatungskanzlei des Bw durchgeführt wurde.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Der Entscheidung ist folgender Sachverhalt zu Grunde zu legen:

 

Zunächst ist festzustellen, in welchem Zeitraum die vorgeworfene Differenz zwischen der tatsächlichen Beschäftigung in Höhe von 20 Wochenstunden und der Meldung im Umfang einer geringfügigen Beschäftigung bestand. Im Zweifel ist der (in der ömV wiederholten und dort unbestritten gebliebenen)  Berufungsangabe zu folgen, wonach die tatsächliche Beschäftigung im Umfang von 20 Wochenstunden am 18.01.2012 begann. Dies trotz der abweichenden (freilich ohnehin widersprüchlichen) Angaben der Steuerberatungskanzlei hinsichtlich des Beginns dieses Beschäftigungsumfanges in den Meldungen bei der GKK. Laut ELDA-Auszügen im Akt erfolgten am 19.01.2012 zwei Meldungen, von denen die erste den Beginn des Versicherungsumfanges von 20 Wochenstunden mit 19.01.2012, die zweite mit 01.01.2012 ansetzte. Eine weitere Änderungsmeldung erfolgte am 23.1.2012, mit gleichem Inhalt wie die zweite Änderungsmeldung vom 19.01.2012.

 

In rechtlicher Hinsicht ist festzuhalten:

 

Gemäß § 34 Abs.1 ASVG haben Dienstgeber während des Bestandes der Pflichtversicherung jede für diese Versicherung bedeutsame Änderung, insbesondere jede Änderung im Beschäftigungsverhältnis, wie Änderung der Beitragsgrundlage, Unterbrechung und Wiedereintritt des Entgeltsanspruches, Wechsel in das neue Abfertigungssystem nach § 47 des betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetzes (BMVG), BGBl. I Nr. 100/2002, oder nach vergleichbaren österreichischen Rechtsvorschriften, innerhalb von sieben Tagen dem zuständigen Krankenversicherungsträger zu melden.

 

Da die „maßgebliche“ Änderung im Beschäftigungsverhältnis (§ 34 Abs.1 ASVG)  gegenständlich am 18.01.2012 eintrat und die Meldung am 19.01.2012 (bzw. wiederholend am 23.01.2012) erfolgte, wurde die siebentägige Frist des § 34 Abs.1 ASVG gewahrt. Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

 

 

 

 

 

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