Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-360097/2/MZ/VS

Linz, 12.08.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Zeinhofer über die Berufung des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck, Tagwerkerstraße 2, 4810 Gmunden, gegen den Einstellungsbescheid des Polizeidirektors der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 18. Februar 2013, AZ: S-20980/12-2, nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid des Polizeidirektors der Landespolizeidirektion Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) vom 18. Februar 2013, AZ: S‑20980/12-2, wurde das gegen Herrn X zur Zahl: AZ: S-20980/12-2 geführte Strafverfahren wegen eines Verstoßes gegen das Glücksspielgesetz (in der Folge GSpG) eingestellt.

Ihre Entscheidung begründet die belangte Behörde wie folgt:

"Aufgrund einer Anzeige der Finanzpolizei vom 14.5.2012 wurden Ihnen mit ha. Schreiben vom 30.7.2012 folgende Verwaltungsübertretung vorgeworfen:

Sie haben, wie am 25.4.2012, 10.05 Uhr, in X, im Lokal X von Organen des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck anlässlich einer Kontrolle festgestellt worden ist, als Unternehmer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen veranstaltet, da Sie zwölf Glücksspielgeräte mit den Gerätebezeichnungen 1) Kajot Auftragsterminal, Seriennummer X[,] 2) Kajot Auftragsterminal, Seriennummer X, 3) Kajot, Seriennummer X, 4) Kajot Auftragsterminal, Seriennummer X, 5) Kajot Auftragsterminal, Seriennummer X, 6) Kajot Auftragsterminal, Seriennummer X, 7) Kajot Auftragsterminal, Seriennummer X, 8) Auftragsterminal, Seriennummer X, 9) Auftragsterminal, Seriennummer X, 10) Auftragsterminal, Seriennummer X, 11) Auftragsterminal, Seriennummer X und 12) Auftragsterminal, Seriennummer X, betrieben haben, bei welchen seit 20.9.2011 Glücksspiele in Form von virtuellen Walzen-, Karten-, Zahlenratespielen und virtuellen Roulettes durchgeführt wurden und aufgrund der möglichen Einsätze von € 0,20 bis € 0,50 (bei den nicht heruntergefahrenen Geräten) und der in Aussicht gestellten Gewinne in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde, weil die dafür erforderliche Konzession des Bundesministeriums für Finanzen nicht vorlag.

Sämtliche Geräte waren mit einer Automatik-Taste ausgestaltet. Außerdem sahen die Geräte äußerst günstige Gewinn-Verlust-Relationen vor.

Da bei der LPD im vorliegenden Fall der begründete Verdacht einer Strafbarkeit gem. § 168 Abs. 1 StGB [entstand], war nach ständiger Rechtsprechung des VwGH (vgl. VwGH 22.3.1999, 98/17/0134; VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233) die Behörde verpflichtet, das anhängige Verwaltungsstrafverfahren gem. § 30 Abs. 2 VStG auszusetzen und gem. § 78 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft wegen Verdachts einer gerichtlich strafbaren Handlung zu erstatten. Mit Schreiben vom 29.8.2012 wurde diese Anzeige an die Staatsanwaltschaft Linz erstattet.

Am 15.1.2013 teilte die Staatsanwaltschaft Linz schriftlich mit, dass das gegen Sie geführte Verfahren gem. § 190 Z. 2 StPO eingestellt wurde, weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung besteht.

Aus dieser verfügten Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens ergibt sich, dass auf Basis der Beweisergebnisse des Ermittlungsverfahrens eine Verurteilung nicht wahrscheinlicher war als ein Freispruch (vgl Nordmeyer, WK-StPO § 190 Rz 14). Das bedeutet aber, dass der angelastete Sachverhalt jedenfalls unter § 168 StGB zu subsumieren und somit eine diesbezügliche Zuständigkeit der Gerichte gegeben ist. Dies insbesondere vor dem Hintergrund des § 190 Z 1 1. Fall StPO, der ausdrücklich die Möglichkeit einer Verfahrenseinstellung für den Fall vorsieht, dass die Tat 'nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist' [vgl Nordmeyer, WK-StPO § 190 Rz 12.]

Im Hinblick auf die im vorliegenden Fall grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts kann auf Grund des § 52 Abs 2 GSpG in Verbindung mit der von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts judizierten stillschweigenden Subsidiarität der glücksspielrechtlichen Strafbestimmungen, nach der eine Strafbarkeit nach dem Glücksspielgesetz hinter eine Strafbarkeit nach § 168 StGB zurücktritt, keine strafbare Verwaltungsübertretung vorliegen. Auch der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primären Straftatbestand des § 168 StGB (etwa durch den Strafaufhebungsgrund der Verjährung) kann nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestandes des § 52 Abs 1 GSpG nicht neu begründen (UVS v. 18.10.2012, VwSen-301207/10/WEI/ER/Ba ua.).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 5. März 2013. Der Berufungswerber begründet diese unter dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Würdigung wie folgt:

Aufgrund eines Verdachts einer Strafbarkeit gemäß § 168 Abs. 1 StGB wurde seitens der erstinstanzlichen Verwaltungsstrafbehörde das anhängige Verwaltungsstrafverfahren ausgesetzt und Anzeige an die zuständige Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts einer gerichtlich strafbaren Handlung erstattet. Seitens der Staatsanwaltschaft wurde das Ermittlungsverfahren eingestellt, da kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung bestanden hat.

 

In den gegenständlichen Fällen wurden seitens der Staatsanwaltschaft in Abwägung der Verurteilungswahrscheinlichkeit entschieden, dass aufgrund der Sachverhaltslage respektive der Ergebnisse im Ermittlungsverfahren eine Verurteilung nicht wahrscheinlicher als ein Freispruch war und auch ein weiterführendes (Ermittlungs)Verfahren dies nicht erwarten ließ. Der Sachverhalt war sohin aus Sicht der Staatsanwaltschaft nicht hinreichend substantiiert und in weiterer Folge eine gerichtlich strafbare Tathandlung dem jeweiligen Beschuldigten nicht nachweisbar, weshalb eben keine 'grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts' zutreffend ist, da dies nicht verifizierbar war. Vielmehr hat die zuständige Verwaltungsstrafbehörde infolge der Einstellung der Verfahren wegen Vergehen nach § 168 StGB durch die Staatsanwaltschaft Linz selbstständig zu prüfen, ob ein gerichtlich zu ahndender Tatbestand vorliegt (vgl. hierzu die Judikatur des VwGH vom 22.3.1999, GZ: 98/17/0134).

 

Nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsnormen, welche in eine derartige Erwägung einzufließen hätten, wird ausgeführt, dass zu den fallgegenständlichen Geräten Feststellungen dahingehend getroffen worden seien, dass jeweils die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich vom Zufall abhängig war. Dies entspreche gem § 1 Abs 1 GSpG der Definition eines "Glücksspiels" im Sinne dieses Bundesgesetzes, gleichwohl liege sohin auch "ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen" iSd § 168 Abs 1 StGB vor. Ebenso sei der Terminus "veranstalten" respektive "Veranstalter" sowohl im GSpG als auch im § 168 Abs 1 StGB übereinstimmend. Aus dem Erfordernis eines "unternehmerischen Handelns" iSd § 2 Abs 2 GSpG ergebe sich zudem ein vorsätzliches Tun mit dem Ziel, Einnahmen zu lukrieren. Ein solches fordere auch § 168 Abs 1 StGB, hier mit dem Ziel "um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden".

 

Ergänzend verweist der Berufungswerber einerseits auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom 19.6.1998, GZ: G 275/96, "worin 'zum Verhältnis des § 52 Abs. 1 Z 5 erster Fall GSpG [Anm.: nunmehr § 52 Abs. 1 Z 1 leg.cit.] und des § 168 Abs. 1 StGB mit näherer Begründung ausgeführt wird, dass zwar sehr wohl Fallkonstellationen denkbar seien, die unter die Strafdrohung der erstgenannten Norm, nicht aber unter jene der zweitgenannten Bestimmung fallen. (...) Dennoch werde es freilich nicht ausgeschlossen, sondern vielmehr die Regel sein, dass eine (an sich) unter die Strafdrohung des § 52 Abs. 1 Z 5 erster Fall GSpG fallende Handlung in Tateinheit mit einer unter die Strafdrohung des § 168 Abs. 1 erster oder zweiter Fall StGB fallenden Handlung begangen wird, (...)'

 

Andererseits [wird] auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) vom 22.3.1999, GZ: 98/17/0134, verwiesen, worin zu dieser Thematik ergänzt wird, dass 'bei Zutreffen dieser Bescheidfeststellungen [Anm.: wie oben dargestellt zu 'Glücksspiel', 'veranstalten/Veranstalter' bzw. 'Vorsatz'] […] dieser (der Beschwerdeführer, Anm.) iSd § 168 Abs. 1 erster Fall StGB tatbildmäßig gehandelt [hätte], es sei denn, es wäre 'bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge' gespielt worden.'

 

Folglich ist in der Regel das Tatbild nach § 52 Abs. 1 GSpG und § 168 Abs. 1 StGB erfüllt und erfolgt die Tathandlung diesfalls tateinheitlich, es sei denn, er werde 'bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt'.

 

Ein Spiel mit den Charakteristika eines Glücksspieles und geldwerter Einsatzleistung bedingt die Immanenz eines Gewinnstrebens der (Spiel)Beteiligten, ohne dass die Unterhaltungseigenschaft jenes Spieles abgesprochen werden muss, ein solches Spiel also 'bloß zum Zeitvertreib' durchgeführt wird. 'Bloß zum Zeitvertreib' wird dann nicht mehr gespielt, 'wenn das Gewinnstreben als Motivation – zwar nicht unbedingt ausschließlich wirksam ist, aber doch – so weit in den Vordergrund tritt, dass es dem Spieler geradezu darauf ankommt, Geld zu gewinnen, wenn er also in gewinnsüchtiger 'Absicht' spielt' (aus Judikatur des OGH vom 15.3.1983, GZ; 10 Os 25, 26/83).

 

Im Sinne der höchstgerichtlichen Rechtsprechung wird grundsätzlich dann nicht 'um geringe Beträge' gespielt, wenn 'der Spielveranstalter vorsätzlich 'Serienspiele' veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet.' (OGH v. 22.8.1991; GZ: 15 Os 27/91)

 

Weiters wird vom Obersten Gerichtshof (OGH v. 14.12.1982, GZ: z. B. 9 Os 137/82 als eines von vielen) normiert, dass 'die Frage, ob um geringe Beträge (iSd § 168 Abs. 1 StGB) gespielt wird, […] bei Spielen an einem Spielautomaten, der seiner technischen Konstruktion nach so angelegt ist, dass ein Spielvorgang über Gewinn oder Verlust entscheidet, am Einzelspiel orientiert zu lösen [ist], es sei denn, dass der Spielveranstalter vorsätzlich 'Serienspiele' veranlasst, oder zu solchen Gelegenheit bietet.'

 

Eine Legaldefinition für den Begriff 'Serienspiel' in den betroffenen Rechtsnormen ist nicht existent. Die Frage nach Sinn und Zweck dieser gegenständlichen Problematik ist in den Rechtsnormen der §§ 52 Abs. 1 GSpG und 168 Abs. 1 StGB – unter Miteinbeziehung der diesbezüglichen höchstgerichtlichen Judikaturen – anhand einer teleologischen Auslegung zu lösen. So ist das seitens des Gesetzgebers angestrengte Ziel jenes, dass, sofern verbotene Ausspielungen iSd § 2 Abs. 4 GSpG im Rahmen des 'kleinen Glücksspiels' (hier: Betragsgrenze 'ex lege' € 10,00; s. § 52 Abs. 2 GSpG) mittels Automaten und Videolotterieterminals u.a. veranstaltet werden, jene Tathandlungen Verwaltungsstrafdelikte darstellen, während verbotene Ausspielungen in Form von beispielsweise Kartenpokerturnieren, bei denen im Normalfall über mehrere Runden hindurch mit höheren Einsätzen gespielt wird, grundsätzlich eine gerichtliche Zuständigkeit bedingen [arg. 'in gewinnsüchtiger Absicht und um keine geringen Beträge spielen']. Eine Ausnahme zu verbotenen Ausspielungen mittels Automaten und Videolotterieterminals im Rahmen des 'kleinen Glücksspiels' liegt dann vor, sofern seitens des Veranstalters Rahmenbedingungen geschaffen wurden, welche zu 'Serienspielen' veranlassen, oder zu solchen Gelegenheit bieten.

 

Unter Zugrundelegung der vorangegangenen Argumentation sind 'Serienspiele' demnach zum einen solche Spiele, welche mehrere 'Spielrunden' beinhalten und ein tatsächliches (End)Ergebnis erst am Ende jener Serie (vgl. hierzu z.B. Kartenpokerspiele) feststeht Dies bedeutet, umgelegt auf Spielautomaten und Videolotterieterminals, dass ein 'Abbruch' – also entweder die Beendigung des Spiels und die (vorzeitige) Auszahlung des jetzt im Guthabenfeld aufscheinenden Betrages, die Retournierung nicht verbrauchter Spieleinsätze, oder die Änderung der Spieleinsätze – jenes 'Serienspiels' nicht möglich ist, sondern wird ein 'gewinnsüchtiges Verhalten' beabsichtigt. Zum anderen können auch solche Spiele als 'Serienspiele' verstanden werden, die potenzielle Spielteilnehmer durch eine äußerst günstige Einsatz-Gewinn-Relation dahingehend zu einer Gewinnsucht verleiten, dass deren Streben nach dem höchstmöglichen Geldgewinn Sinn und Ziel ihrer Ausspielungsteilnahme darstellt. Im Lichte eines solchen Sachverhaltes erging auch die Judikatur des Obersten Gerichtshofes (OGH) v. 3.10.2002, GZ: 12 Os 49/02).

 

Darauf aufbauend erhebt sich nun iZm verbotenen Ausspielungen mittels Automaten und Videolotterieterminals die Frage, inwieweit das Vorhandensein einer 'Automatic-(Start)Taste' eine Rahmenbedingung für Serienspiele darstellt, die der Veranstalter 'veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet'.

 

In der Regel erfolgt die Teilnahme eines Spielers an einer Ausspielung bei Automaten und Videolotterieterminals so, dass dieser das entsprechende Spiel auswählt, ein Spielguthaben mittels Münzeinwurf oder Banknoteneinzug herstellt, seine Einsatzhöhe pro Ausspielungbei allen Glücksspielgeräten im konkreten Fall jeweils zwischen € 0,20 und € 0,50 – festlegt – wobei ihm auf dem jeweiligen Gewinnplan gewisse Gewinne in Aussicht gestellt werden – und hernach durch Betätigung der Start-Taste jener Spielablauf ausgelöst wird, in welchem durch mechanische oder elektronische Vorrichtungen selbstständig und ohne Möglichkeit der Einflussnahme durch den Spielteilnehmer entschieden wird. Für die Durchführung jeder weiteren derartigen Ausspielung bedarf es der neuerlichen Betätigung der 'Start-Taste' durch den Spielteilnehmer. Sofern etwaige Gewinne erzielt wurden, oder der Spielteilnehmer jenes Spiel beenden möchte – wenn er beispielsweise noch keinen Gewinn erzielen konnte oder ein anderes Spiel auswählen möchte – ist ihm dies hier ohne weiteres möglich.

 

Wenn ein Spielteilnehmer von sich aus entscheidet, mehrmals hintereinander eine gewählte (Einzel)Ausspielung, gegebenenfalls auch mit unterschiedlichen Einsatz- und daraus resultierenden abweichenden Gewinnmöglichkeiten, durchführen zu wollen, so kann er dies entweder durch Betätigung der 'Start-Taste' erreichen, oder sich hierzu der 'Automatic-(Start)Taste' bedienen, wodurch sich das ständige Betätigen der 'Start-Taste' erübrigt. Diese Vorgehensweise bietet sich dann an, wenn der Spielteilnehmer an mehreren einzelnen Ausspielungen hintereinander teilnehmen möchte. Durch erneutes Betätigen der 'Automatic-(Start)Taste' wird jene Funktion beendet, worüber der Spielteilnehmer ebenfalls von sich aus entscheiden kann.

 

Bei Ausspielungen mittels der 'Automatic-(Start)Taste' handelt es sich folglich nicht um 'Serienspiele', sondern um eine Reihe von voneinander unabhängigen Spielen, die weder aufgrund der Rahmenbedingungen noch hinsichtlich deren Charakteristika jenen 'Serienspielen' gleichen, auf die sich der Oberste Gerichtshof (OGH) bezieht. Hierbei ist vor allem zu differenzieren, ob es sich um 'Serienspiele', oder doch um Spiele handelt, bei denen die einzelnen Spieleinsätze nur in deren Kumulation betrachtet als keine 'geringen Beträge' anzusehen sind. De facto widerspräche es der Sinnhaftigkeit jener Rechtsnormen, alle getätigten Spieleinsätze der einzelnen (noch dazu unabhängigen) Ausspielungen solange zu addieren, bis nicht mehr 'um geringe Beträge' gespielt wird, was bei längerem Bespielen der Glücksspielgeräte durch Spielteilnehmer zwangsläufig eintreten würde und dem gemäß ein gerichtlich zu ahndendes Vergehen zur Folge haben würde (vgl. OGH v. 15.3.1983, GZ: 10 Os 25/83).

 

Denkmöglich wäre das Zutreffen eines gerichtlichen Vergehens dann, wenn (tatsächliche) Einzeleinsatzleistungen durch Spielteilnehmer von über € 10 verifizierbar sind, beispielsweise durch diesbezügliche Aussagen von Spielteilnehmern, Aufzeichnungsunterlagen etc. oder die vorgegebenen Mindesteinsätze pro (Einzel)Ausspielung jene Betragsgrenze übersteigen respektive bei der Durchführung von Serienspielen.

 

Die Tatfrage[,] inwieweit im vorliegenden Fall 'in gewinnsüchtiger Absicht' gespielt wurde[,] kann, angesichts des Erfordernisses einer besonders günstigen Relation zwischen den möglichen Spieleinsätzen und den hierbei in Aussicht gestellten Gewinnen, nicht derart gelöst werden, hier eine Konstellation zu erblicken, in welcher der Veranstalter zwingend auf ein solches Gewinnstreben abzielt, sich Gewinne aus derartigen Ausspielungen durch Spielteilnehmer zu sichern, denen es, in Gewinnsucht spielend – relativ hohe erzielbare Gewinne im Verhältnis zu hierzu geringer Einsatzleistung, – gerade auf die Erzielung des (maximal) möglichen (Geld)Gewinnes ankommt. Vielmehr richtet sich das Streben des Veranstalters danach, sich mit einer breiteren Masse 'bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge' Spielender fortlaufende Einnahmen zu sichern – Spieleinsätze im konkreten Fall pro Gerät und einzelner Ausspielung jeweils maximal € 0,50 bei in Aussicht gestellten Gewinnen von bis zu € 20,00. Ob hierbei seitens des Veranstalters die bloß abstrakte Möglichkeit in Kauf genommen worden ist, ein Spielteilnehmer könnte mit einem jener Geräte 'gewinnsüchtig' eine Gewinnerzielung beabsichtigen, ist irrelevant, entspricht dies doch nicht der für ein solches Delikt zugehörigen subjektiven Tatseite (vgl. hierzu OGH v. 14.12.1982, GZ: 9 Os 137/82 u.a.) und hat sich ein 'Serienspiel', wie auch eine hieraus abgeleitete 'gewinnsüchtige Absicht', als auf BEIDEN Seiten (Veranstalter und Spielteilnehmer) objektiv sicher und gewollt zu erstrecken (OGH v. 3.10.2002, GZ: 12 Os 49/02).

 

In diesem konkreten Fall ist der Tatbestand des § 168 Abs. 1 StGB folglich nicht erfüllt, da de facto 'bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge' gespielt wurde, es sich bei den hier vorliegenden (verbotenen) Ausspielungen auch nicht um 'Serienspiele' handelt und seitens des Veranstalters auch diesfalls die subjektive Tatseite nicht erfüllt ist. Sohin sind die jeweiligen Verwaltungsstrafverfahren antragsgemäß durch- bzw. fortzuführen, da sie – unter Berücksichtigung der Subsidiarität des § 52 Abs. 1 GSpG zum § 168 Abs. 1 StGB – den Grundsatz 'ne bis in idem (lat.)' deshalb nicht verletzen respektive tangieren, da keine gerichtliche Tathandlung gesetzt wurde.

 

Abschließend wird daher der Antrag gestellt, der Berufung Folge zu geben, den Einstellungsbescheid aufzuheben und über die verletzte Verwaltungsvorschrift einen entsprechenden Strafbescheid zu erlassen.

 

 

3.1. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 5. März 2013 die Berufung samt ihrem Bezug habenden Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.

 

3.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde. Von der Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs 3 VStG abgesehen werden. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus den Punkten 1 und 2.

 

Ergänzend ist festzuhalten, dass von den Organen der Abgabenbehörde sämtliche Geräte zu Beginn der Kontrolle betriebsbereit aufgestellt und voll funktionsfähig vorgefunden wurden. An den Geräten mit der FA-Nr. 1-3 konnten von den Kontrollorganen Testspiele durchgeführt werden, bei denen eine außergewöhnlich günstige Relation zwischen Einzeleinsatz und dazu in Aussicht gestelltem Höchstgewinn im Verhältnis von 1:100 (konkret wurden bei einem Mindesteinsatz von 0,20 Euro ein Höchsteinsatz von 20 Euro in Aussicht gestellt) festgestellt wurde. An den übrigen Geräten konnten hingegen keine Testspiele durchgeführt werden, da diese Geräte während der Amtshandlung heruntergefahren wurden. Es wurde jedoch von den Organen der Abgabenbehörde auf den Formularen GSp26 ausdrücklich festgehalten, dass die Geräte mit den FA-Nr. 8 und 10 baugleich mit dem Gerät mit der FA-Nr. 1, jene mit den FA-Nr. 4, 5, 7, 11 und 12 baugleich mit dem Gerät mit der FA-Nr. 3 sind und die Geräte mit der FA-Nr. 6 und 9 in ihrer Bauart dem Gerät mit der FA-Nr. 2 entsprechen. Aufgrund ihrer Schulung und beruflichen Erfahrung ist notorisch, dass die Kontrollorgane die Baugleichheit von Geräten erkennen und beurteilen können, sodass auch bei den im Zuge der Amtshandlung heruntergefahrenen Geräten davon auszugehen ist, dass bei jedem Einzelspiel ein Gewinn in außergewöhnlich günstiger Relation zum geleisteten Einsatz in Aussicht gestellt wird.

 

3.3. Gemäß § 51c VStG hat der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 111/2010 begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, "wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt".

Nach § 168 Abs 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der "ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".

 

Werden gemäß § 52 Abs 2 GSpG in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10 Euro von Spielern oder anderen geleistet, so handelt es sich nicht mehr um geringe Beträge und tritt insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück. Die Befugnisse der Organe der öffentlichen Aufsicht gemäß § 50 Abs. 2 sowie die Befugnisse im Rahmen der behördlichen Sicherungsmaßnahmen nach §§ 53, 54 und 56a bleiben davon unberührt.

 

4.2. Zur Abgrenzungsregel des § 52 Abs 2 GSpG und zu den Anwendungsumfängen des § 168 StGB sowie des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG hat der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13. Juni 2012, zu B 422/2013-9, wie folgt ausgesprochen:

 

"1. Gemäß Art. 4 Abs. 1 des 7. ZPEMRK (in seiner deutschen Übersetzung) darf '[n]iemand [...] wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden.'

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 14.696/1996 und diesem folgend VfSlg. 15.128/1998 sowie 15.199/1998) widerspricht eine Regelung, wonach durch eine Tat unterschiedliche Delikte verwirklicht werden (Idealkonkurrenz), nicht zwingend dem Doppelbestrafungsverbot des Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK. Die Verfolgung wegen ein und desselben tatsächlichen Verhaltens nach zwei verschiedenen Straftatbeständen ist daher grundsätzlich zulässig, sofern diese sich in ihren wesentlichen Elementen unterscheiden (vgl. VfSlg. 18.833/2009 und 19.280/2010 im Hinblick auf EGMR 10.2.2009 [GK], Fall Zolothukin, Appl. 14.939/03). Eine verfassungsrechtlich unzulässige Doppel- oder Mehrfachbestrafung im Sinne des Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK liegt dann vor, wenn eine Strafdrohung oder Strafverfolgung wegen einer strafbaren Handlung bereits Gegenstand eines Strafverfahrens war, also der herangezogene Deliktstypus den Unrechts- und Schuldgehalt eines Täterverhaltens vollständig erschöpft. Ein weitergehendes Strafbedürfnis entfällt daher, weil das eine Delikt den Unrechtsgehalt des anderen Delikts in jeder Beziehung mitumfasst. 'Strafverfolgungen bzw. Verurteilungen wegen mehrerer Delikte, deren Straftatbestände einander wegen wechselseitiger Subsidiarität, Spezialität oder Konsumtion ausschließen, bilden verfassungswidrige Doppelbestrafungen, wenn und weil dadurch ein und dieselbe strafbare Handlung strafrechtlich mehrfach geahndet wird' (VfSlg. 14.696/1996). Eine gesetzliche Strafdrohung widerspricht Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK, wenn sie den wesentlichen Gesichtspunkt ('aspect') eines Straftatbestandes, der bereits Teil eines von den Strafgerichten zu ahndenden Straftatbestandes ist, neuerlich einer Beurteilung und Bestrafung durch die Verwaltungsbehörden unterwirft (VfSlg. 15.128/1998), sich also die Entscheidung des Strafgerichts einerseits und der Verwaltungsbehörde andererseits auf das 'gleiche Verhalten' gründen (EGMR 23.10.1995, Fall Gradinger, Appl. 15.963/90).

 

2. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 15.199/1998 zu § 52 Abs. 1 GSpG in der Fassung BGBl. 695/1993 feststellte, ist es nicht ausgeschlossen (sondern vielmehr die Regel), dass eine an sich unter die Strafdrohung des § 52 Abs. 1 Z 5 erster Fall GSpG (in der Fassung BGBl. 695/1993) fallende Handlung ('wer Glücksspielapparate oder Glücksspielautomaten, die dem Glücksspielmonopol unterliegen, außerhalb einer Spielbank betreibt [Veranstalter] oder zugänglich macht [Inhaber]') in Tateinheit mit einer unter die Strafdrohung des § 168 Abs. 1 erster Fall StGB fallenden Handlung ('wer ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet [...], um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden') begangen wird. Der Verfassungsgerichtshof ging davon aus, dass 'Veranstalten' eines Glücksspiels im Sinne des § 168 Abs. 1 (erster Fall) StGB heißt, 'einem bestimmten oder unbestimmten Kreis von Interessenten Gelegenheit zum Glücksspiel zu geben'. In diesen Fällen wird – so der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 15.199/1998 zur Rechtslage nach dem Glücksspielgesetz in der Fassung BGBl. 695/1993 – in der Regel davon auszugehen sein, dass das Delikt des Glücksspiels gemäß § 168 Abs. 1 (erster oder zweiter Fall) StGB den Unrechts- und Schuldgehalt des Delikts des § 52 Abs. 1 Z 5 erster Fall GSpG (in der Fassung BGBl. 695/1993) vollständig erschöpft. Zu einem möglichen Verstoß des § 52 Abs. 1 Z 5 erster Fall GSpG (in der Fassung BGBl. 695/1993) gegen das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art. 4 Abs. 1 des 7. ZPEMRK führte der Verfassungsgerichtshof aus:

 

'Weder aus dem Wortlaut des § 52 GSpG noch aus dem Wortlaut der übrigen Bestimmungen des GSpG ergibt sich, daß bei der Ahndung der Delikte gemäß § 52 GSpG die Annahme einer Scheinkonkurrenz nicht zulässig wäre; diese ist vielmehr gegebenenfalls aus dem Erfordernis, eine Gesetzesbestimmung einer – soweit möglich – verfassungskonformen Auslegung zuzuführen, geboten (vgl. VfSlg. 12469/1990, 13336/1993, 13805/1994, 14631/1996; VfGH 11.3.1998, G 262/97 ua.). In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (69 BlgNR XVIII GP, S. 8) zur Novelle des Glücksspielgesetzes, BGBl. Nr. 344/1991, mit der die Verwaltungsstrafbestimmung des § 52 Abs. 1 eingeführt wurde (die Vorläuferbestimmung normierte lediglich – nicht eigens nach dem Glücksspielgesetz sanktionierte - 'Verbote'), wurde zwar festgehalten, daß '(d)er Übergang zu einem kumulativen Verwaltungsstraftatbestand deshalb erforderlich (ist), weil Abgrenzungsprobleme zwischen Gerichten und Verwaltungsstrafbehörden bisher zu einer unbefriedigenden Ahndung von Eingriffen in das Glückspielmonopol führten'. Diese – offensichtliche – Absicht des Gesetzgebers, eine kumulative Bestrafung nach dem GSpG und dem StGB vorzusehen, hat jedoch nicht in einer – eine verfassungskonforme Interpretation ausschließenden – Weise Niederschlag im Wortlaut des Gesetzes gefunden, wie dies vergleichbar mit der vom Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 14696/1996 aufgehobenen Wortfolge des § 99 Abs. 6 lit. c StVO 1960 erfolgt ist. Ist aber eine verfassungskonforme Auslegung möglich, dann ist diese vorzunehmen, selbst dann, wenn in den Materialien der Gesetzwerdung entgegenstehende Aussagen enthalten sind (vgl. VfSlg. 10066/1984, 11576/1987). § 52 Abs. 1 Z 5 erster Fall GSpG ist daher – für den Fall einer drohenden Doppelbestrafung – einer verfassungskonformen, das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art. 4 Abs. 1 des 7. ZPEMRK berücksichtigenden Interpretation zugänglich. Die Bestrafung nach § 168 Abs. 1 erster oder auch zweiter Fall StGB schließt die Bestrafung wegen desselben Verhaltens (im Sinne eines weitgehend identen Sachverhaltes im Lichte der angewendeten bzw. in Betracht kommenden materiellen Strafbestimmungen) nach § 52 Abs. 1 Z 5 erster Fall GSpG aus.'

 

Dieser Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes folgte auch der Verwaltungsgerichtshof (vgl. zB VwGH 22.3.1999, 98/17/0134 und VwGH 8.9.2009, 2009/17/0181).

 

3. Mit der Glücksspielgesetz-Novelle BGBl I 54/2010 wurde unter anderem § 52 Abs. 1 und 2 GSpG geändert. Es entfiel § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG, der das Veranstalten von Glücksspielen mittels Glücksspielapparaten oder Glücksspielautomaten außerhalb einer Spielbank unter Strafe gestellt hatte. Der Grund dürfte darin liegen, dass bereits mit der Glücksspielgesetz-Novelle BGBl. I 126/2008 in § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG der Straftatbestand des 'Veranstaltens' von Glücksspielen gesetzlich verankert wurde, welcher auch die bisherige Regelung betreffend das Veranstalten von Glücksspielen mittels Glücksspielautomaten abdeckte (vgl. Strejcek/Bresich, GSpG2, § 52 GSpG, Rz 10). Mit der Glücksspielgesetz-Novelle BGBl. I 54/2010 verankerte der Gesetzgeber zum einen ausdrücklich die Abgrenzung der Strafbarkeit nach dem Glücksspielgesetz gegenüber jener nach § 168 StGB; zum anderen präzisierte der Gesetzgeber mit dieser Novelle das Zurücktreten einer allfälligen Strafbarkeit nach dem Glücksspielgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB: Gemäß § 52 Abs. 2 GSpG sind nun Einsätze von über € 10,- für (Automaten)Spiele nicht mehr als 'geringe Beträge' zu qualifizieren, sodass in diesen Fällen die verwaltungsrechtliche Strafbarkeit nach dem Glücksspielgesetz 'hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück[tritt]'. (Vor der Novelle BGBl. I 54/2010 lag nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ein 'geringer Betrag' im Sinne des § 168 StGB dann vor, wenn der Gesamteinsatz eines Spielers im Zuge einer Spielveranstaltung die Summe von ATS 200,- nicht überstieg [vgl. zB OGH 9 Os 137/82]).

3.1. Die Erläuterungen zu § 52 GSpG – speziell zum neu gefassten Abs. 2 – in der Fassung BGBl. I 54/2010 besagen, dass die 'Strafzuständigkeit der Verwaltungsbehörden [...] ausschließlich bei Einsätzen pro Spiel bis zu 10 Euro gegeben [ist]. Mit Abs. 2 wird auch der unbestimmte Gesetzesbegriff der geringen Beträge im Sinne des § 168 Abs. 1 letzter Halbsatz StGB legal definiert. Nur bei Vorliegen solcher geringen Beträge ist eine Strafbarkeit nach § 168 Abs. 1 letzter Halbsatz ausgeschlossen, gleichgültig ob bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib gespielt wird. Ab Übersteigen dieses Betrages ist die Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu übermitteln und besteht Gerichtszuständigkeit' (RV 658 BlgNR24.GP, 8).

 

3.2. Auf Grund der Glücksspielgesetz-Novelle BGBl. I 54/2010 sah sich der Verwaltungsgerichtshof veranlasst, seine Rechtsprechung zu § 52 GSpG zu ändern. So führte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. August 2012, 2012/17/0156 – nach der Wiedergabe der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes zur (verfassungskonformen) Auslegung des § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I 54/2010 und des § 168 StGB – aus:

 

'[…]

 

Mit BGBl. I Nr. 54/2010 hat der Bundesgesetzgeber in §52 Abs. 2 GSpG eine Vorschrift eingefügt, derzufolge dann, wenn 'in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen Vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10 Euro von Spielern oder anderen geleistet' werden, es sich 'nicht mehr um geringe Beträge handle und 'insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurücktrete.

 

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu BGBl. I Nr. 54/2010, 658 BlgNR, 24. GP, 8, wird zu dieser Neufassung des § 52 Abs. 2 GSpG ausgeführt:

 

'[...]'

 

Der Gesetzgeber hat damit nunmehr ausdrücklich die bis zum Inkrafttreten der genannten Novelle BGBl. I Nr. 54/2010 nur im Wege verfassungskonformer Auslegung zu ermittelnde Subsidiarität 'eine(r) allfällige(n) Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz' gegenüber einer 'allfälligen Strafbarkeit' nach § 168 StGB festgelegt.

 

Da § 52 Abs. 2 GSpG auf die Leistung eines Einsatzes von mehr als EUR 10,-- in einem einzelnen Spiel abstellt, hat die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden nach den für die Spiele geleisteten Einsätzen zu erfolgen.

 

Eine Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand ergibt sich daher nur für die Veranstaltung von Spielen, bei denen der Einsatz EUR 10,-- überstieg. Im Übrigen verbleibt die Zuständigkeit bei den Verwaltungsstrafbehörden.

 

2.4. Da somit im Falle des Betreibens eines Glücksspielgeräts (unabhängig davon, ob es sich um einen Glücksspielautomaten oder um elektronische Lotterien handelt) die Zuständigkeit des Gerichts nur für jene Spiele gegeben ist, bei denen der geleistete Einsatz EUR 10,-- überstieg, im Übrigen aber die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden gegeben ist, durfte die belangte Behörde aus der Feststellung, dass an den gegenständlichen Apparaten auch mit Einsätzen über EUR 10,-- gespielt worden sei, nicht ableiten, dass hinsichtlich sämtlicher, mit den Apparaten durchgeführter Spiele eine Zuständigkeit des Gerichts nach § 168 Abs. 1 StGB gegeben gewesen sei.

 

2.5. Die belangte Behörde war daher auf dem Boden ihrer Sachverhaltsfeststellungen schon deshalb nicht befugt, das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.'

 

3.3. Diese Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. auch VwGH 27.2.2013, 2012/17/0342, zuletzt VwGH 15.3.2013, 2012/17/0365), welche auch dem angefochtenen Bescheid des UVS Niederösterreich zugrunde liegt, widerspricht jedoch dem Doppelbestrafungsverbot gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK:

 

Gemäß dem im Beschwerdefall präjudiziellen – und auch in den zitierten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes maßgeblichen –Verwaltungsstraftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG in der Fassung BGBl. I 54/2010 ist zu bestrafen, 'wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 [GSpG] veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 [GSpG] daran beteiligt'.

 

Daran anknüpfend grenzt § 52 Abs. 2 GSpG in der Fassung BGBl. I 54/2010 die Strafbarkeit nach § 52 Abs. 1 (Z 1) GSpG und jene nach § 168 StGB sowie damit auch die Zuständigkeit der Verwaltungs- (§ 52 Abs. 1 GSpG) und Strafgerichtsbarkeit (§ 168 StGB) voneinander ab: 'Werden in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen Vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10 Euro von Spielern oder anderen geleistet, so handelt es sich nicht mehr um geringe Beträge und tritt insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück.'

 

Ungeachtet der Formulierung des § 52 Abs. 2 GSpG (iVm dem Straftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG) kann diesem nicht der (verfassungswidrige) Inhalt unterstellt werden, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörde nach dem Glücksspielgesetz und der Strafgerichte nach § 168 StGB nach den vom jeweiligen Spieler tatsächlich geleisteten Einsätzen (höchstens oder über € 10,–) abhängt. Der Verwaltungsstraftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG erfasst nämlich das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG. Die Strafbarkeit knüpft somit nicht – wie dies aus der Textierung des § 52 Abs. 2 GSpG missverstanden werden könnte – an das Verhalten des konkreten Spielers – also daran, ob dieser im Einzelfall einen Einsatz von höchstens oder unter € 10,– an einem Glücksspielautomaten tatsächlich leistet – an, sondern stellt auf das Verhalten jener Person ab, die einem Spieler verbotene Ausspielungen ermöglicht ('wer ... veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht ... ' – § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG). Bei der Abgrenzung der Strafbarkeit nach § 52 Abs. 1 (Z 1) GSpG und nach § 168 StGB sowie damit auch der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden und der Strafgerichte ist somit – bei einer verfassungskonformen, das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK berücksichtigenden Auslegung (vgl. VfSlg. 15.199/1998 mwN) – darauf abzustellen, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücksspielapparat oder Glücksspielautomaten bzw. mit einem darauf installierten Spielprogramm veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht, der bzw. das Einsätze von höchstens € 10,– oder mehr als € 10,– ermöglicht. Würde auf die tatsächlichen Einsätze des jeweiligen Spielers abgestellt (wie dies der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Rechtsprechung und die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid tun), würde eine Tat, also ein Lebenssachverhalt bzw. dasselbe Verhalten einer Person (nämlich des in § 52 Abs. 1 [Z 1] GSpG und § 168 StGB umschriebenen Täterkreises), in mehrere straf­bare Handlungen zerlegt, obwohl diese strafbaren Handlungen dieselben wesentlichen Elemente ('essential elements') aufweisen und die eine strafbare Handlung den Unrechtsgehalt der anderen in jeder Beziehung mitumfasst. Das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen, bei denen Einsätze bis zu € 10,– pro Spiel geleistet werden können, erschöpft sich vollständig in dem gemäß § 168 Abs. 1 StGB strafbaren Verhalten in Bezug auf (Automaten)Glücksspiele bzw. die darauf installierten Spielprogramme mit Einsätzen über € 10,–.

 

Bei einer verfassungskonformen Interpretation des § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z 1) GSpG hinsichtlich der Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden von jener der Strafgerichte darf es somit nur darauf ankommen, ob eine 'Glücksspielveranstaltung' (also das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen mit Spielautomaten über einen bestimmten Zeitraum) mit einem Einsatz von über € 10,– pro Spiel ermöglicht wird, und nicht darauf, ob der jeweilige Spieler Einsätze von höchstens € 10,– oder mehr als € 10,– tatsächlich leistet. Dabei umfasst das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen jeweils nur einen konkreten Spielautomaten und nicht mehrere Spielautomaten (gemeinsam).

 

3.4. Die belangte Behörde hat somit dem § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z 1) GSpG einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt, indem sie nicht auf den maximal möglichen Einsatz der vom Beschwerdeführer betriebenen Glücksspielautomaten, sondern auf den jeweils von Spielern geleisteten Einsatz pro Spiel abstellte. Da der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen Ausspielungen mit zwei Glücksspielautomaten, welche einen Höchsteinsatz von € 10,50 pro Spiel ermöglichten, veranstaltete und deswegen auch in erster Instanz strafgerichtlich gemäß § 168 StGB verurteilt wurde, scheidet eine doppelte Bestrafung wegen ein und derselben Tat nach § 52 Abs. 1 Z 1 (iVm § 52 Abs. 2) GSpG aus.

 

3.5. Aus der dargelegten verfassungskonformen Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs. 2 GSpG ergibt sich im Übrigen die Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde – auch nach Maßgabe der verfassungsgesetzlich ge­währleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art. 7 B‑VG bzw. Art. 2 StGG und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs. 2 B-VG – stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielautomat geleistet werden kann (bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können), um derart beurteilen zu können, ob eine Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB oder die Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden gemäß § 52 Abs. 1 GSpG besteht.“

 

4.3. Zusammenfassend ist der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu entnehmen, dass nicht die tatsächlich geleisteten Einsätze für ein Spiel für die Beurteilung der behördlichen oder der gerichtlichen Zuständigkeit herangezogen werden dürfen. Vielmehr ist darauf abzustellen, welcher Einsatz möglich gewesen wäre bzw. ob ein Serienspiel durchgeführt hätte werden können.

 

Dieser Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes schließt sich nunmehr auch der Verwaltungsgerichtshof – in ausdrücklicher Abkehr von seiner zuletzt vertretenen und vom Verfassungsgerichtshof widerlegten Rechtsansicht – an (VwGH 23.7.2013, 2012/17/0249).

 

4.4. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Verwaltungsbehörde im Falle einer Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens die Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag, selbstständig zu beurteilen (vgl ua VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233 unter Hinweis auf VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134). Diese Verpflichtung trifft im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren somit den UVS Oberösterreich.

 

4.4.1. Durch die im Verfahrensakt einliegenden Formulare GSpG 26 und die Erläuterungen zur Fotodokumentation der mit den gegenständlichen Geräten – bis zu deren Abschaltung – vorgenommenen Probespiele ist eindeutig belegt, dass gegenständliche Geräte mit einer "Automatik-Start-Taste" ausgestattet sind. Dies belegt entgegen den Ausführungen des Bw die gerichtliche Strafbarkeit des Betriebs dieser Geräte, da somit Serienspiele iSd verfassungsgerichtlichen Judikatur ermöglicht werden. Diese Schlussfolgerung wurde nicht zuletzt angesichts der Ergebnisse eines am 22. August 2012 durch den UVS vorgenommenen Augenscheines – im Zuge dessen Probespiele an vergleichbaren Geräten durchgeführt wurden – noch bestärkt. Dabei konnte festgestellt werden, dass bei Auslösung eines Spiels im Wege der "Automatic-Start-Taste" diese nur einmal betätigt werden muss, um die Walzenabläufe rasch und kontinuierlich hintereinander durchführen zu lassen. Der wechselnde Vorgang von Einsatzabbuchung vom Spielguthaben und Walzenablauf erfolgt so lange fortgesetzt nacheinander, bis das Spielguthaben verbraucht ist, der Einsatz höher als das Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird (vgl den Aktenvermerk vom 23.8.2012, Zl. VwSen-810683/17/JK).

 

4.4.2. Aufgrund der eindeutig belegten Ausgestaltung der Geräte mit einer "Automatic-Start-Taste" und der beschriebenen Funktionsweise dieser Taste werden nach Auffassung des erkennenden Mitgliedes des Oö. Verwaltungssenats erwerbsmäßig Serienspiele ermöglicht.

 

Im gegebenen Zusammenhang liegt daher der strafbare Versuch einer gemäß § 168 StGB iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor, da allein schon das unternehmerische Zugänglichmachen ebenso wie das Aufstellen bzw. zur Verfügung Stellen von Glücksspielgeräten eine Versuchshandlung iSd § 15 Abs 2 StGB hinsichtlich des Tatbildes der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (vgl dazu § 168 Abs 1 StGB 2. Tabildvariante) und überhaupt das vorsätzliche Verschaffen einer Spielgelegenheit – etwa durch den "Spielautomatenaufsteller" oder einen "die Gewinnabgeltung besorgenden Gastwirt" (Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 168 Rz 14 uHa Rainer, SbgK § 168 Rz 12) – auf mit einer "Automatic-Start-Taste" ausgestatteten Glücksspielgeräten schon vor dem ersten Spielgeschehen den strafbaren Versuch der Veranstaltung von Serienglücksspielen im Sinne der 1. Tatbildvariante des § 168 Abs 1 StGB darstellt (vgl allgemein zu den Begehungsweisen Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 168 Rz 14 ff, die etwa die Förderung einer Glücksspielzusammenkunft schon "durch Beistellung entsprechender Räume oder Spielutensilien, durch Werbung oder durch sonstige Dienstleistungen" bejahen, und Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3 § 168 Rz 9 ff). Allein der Umstand des zur Verfügung Stellens derartiger Geräte stellt bei entsprechendem Tatvorsatz somit jedenfalls schon den strafbaren Versuch der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (§ 168 Abs 1 2. Tatbildvariante) sowie allenfalls auch die strafbare Beteiligung am Versuch der Veranstaltung eines Glücksspiels (§ 168 Abs 1 1. Tatbildvariante StGB) dar.

Mit anderen Worten: Bereits durch die Beistellung, betriebsbereite Aufstellung und öffentliche Zugänglichmachung eines mit einer "Automatic-Start-Taste" ausgestatteten Glücksspielgeräts, bei dem die angezeigten Spiele mit dieser Taste ausgelöst werden können, wird der strafbare Versuchsbereich der Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB als Ausführungshandlung oder zumindest ausführungsnahe Handlung in Bezug auf die Veranstaltung von Serienglücksspielen und die Förderung der Abhaltung von Serienglücksspielen beschritten. Umso mehr, als man sich vergegenwärtigt, dass der Anknüpfungspunkt für die ausführungsnahe Handlung iSd § 15 Abs 2 StGB die Ausführungshandlung selbst ist, welche in ihrer Reichweite aufgrund der Ausgestaltung des § 168 StGB als Gefährdungsdelikt weit zu verstehen ist.

4.4.3. Darüber hinaus ist nach den gegebenen Umständen zu erkennen, dass der Beschuldigte im Sinne des § 5 Abs 1 2. Halbsatz StGB die Verwirklichung des Tatbildes jeweils ernstlich für möglich gehalten und sich damit auch abgefunden hat:

Schon die Tatsache, dass auf den mit einer "Automatik-Start-Taste" ausgestatteten Glücksspielgeräten Glücksspiele im Sekundentakt bzw noch schneller ablaufen, zeigt ganz offensichtlich, dass solche Ausspielungen sowohl vom Veranstalter als auch vom Lokalbetreiber und Inhaber ebenso wie von sonstigen unternehmerisch Beteiligten (etwa dem beteiligten Geräteeigentümer) in gewinnbringender Absicht beigestellt, betrieben bzw. veranstaltet werden. Dies indiziert mindestens den erforderlichen dolus eventualis in Bezug auf die beiden Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB. So ist im Regelfall davon auszugehen, dass Veranstalter und/oder Lokalbetreiber ebenso wie sonstige unternehmerisch Beteiligte (etwa der beteiligte Geräteeigentümer) es für möglich halten und sich auch damit abfinden, dass mit der Verschaffung einer Spielgelegenheit bzw. der Zugänglichmachung von entgeltlichen Glücksspielen auf entsprechend ausgestatteten Geräten ebenso wie schon mit der erwerbsmäßigen Beistellung solcher Geräte auf unrechtmäßige (monopolwidrige) Art und Weise Geld verdient wird. Dementsprechend gehen auch Kirchbacher/Presslauer im Wiener Kommentar zum StGB (vgl dieselben in WK2 § 168 Rz 13) unter Hinweis auf eine "realistische Sicht" davon aus, dass wohl "jedem Automatenbetreiber, der keine Vorkehrung gegen 'Serienspiele' trifft, ein entsprechender dolus eventualis unterstellt werden" müsse. Beim Einsatz von Glücksspielgeräten mit einer "Automatic-Start-Taste" werden aber sogar nicht nur keine Vorkehrungen gegen Serienspiele getroffen, sondern solche Serienspiele geradezu provoziert. Im Fall der Betätigung der "Automatic-Start-Taste" durch den Spieler wird – wie oben dargelegt – der wechselnde Vorgang der Einsatzabbuchung mit anschließendem Walzenlauf so lange selbsttätig fortgesetzt, bis das gesamte Spielguthaben verbraucht, der Einsatz höher als das (verbleibende) Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird.

 

4.4.4. Des Weiteren wurde von den Organen der Abgabenbehörde im Zuge der Kontrolle am 25. April 2012 an den Geräten mit den FA-Nr. 1, 2 und 3 durch Testspiele festgestellt, dass eine außergewöhnlich günstige Relation zwischen Einzeleinsatz und dazu in Aussicht gestelltem Höchstgewinn gegeben ist. Aufgrund der Baugleichheit der übrigen Geräte kann auch bei den im Zuge der Amtshandlung nicht bespielbaren Geräten von einer außergewöhnlich günstigen Relation zwischen Einzeleinsatz und dazu in Aussicht gestelltem Höchstgewinn ausgegangen werden. Auch aus diesem Grund ist daher von einem ermöglichten Serienspiel auszugehen (vgl OGH vom 20.4.1983, 11 Os 39/83). Im Hinblick auf die in der Regel nur sehr kurze Einzelspieldauer können zahlreiche Glücksspiele – auch ohne Betätigung der Automatic-Start-Taste – innerhalb nur sehr kurzer Zeiträume ablaufen, wobei bei jedem Einzelspiel ein Gewinn in außergewöhnlich günstiger Relation zum geleisteten Einsatz (0,20:20 Euro) in Aussicht gestellt wird.

 

Diese in Aussicht gestellten Höchstgewinne sind offenkundig darauf gerichtet, einen besonderen Anreiz für den Spieler zu Serienspielen zu bieten. Der Spieler kann dadurch nicht nur sein Gewinnstreben an sich ausleben, sondern auch bei bereits eingetretenen Verlusten eine gute Chance sehen, diese durch wenige Einzelspiele wieder ganz oder teilweise wettzumachen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich Gewinne in dieser Höhe erreicht wurden, zumal alleine das unternehmerische Zugänglichmachen ebenso wie das Aufstellen bzw zur Verfügung stellen von Glücksspielgeräten eine Versuchshandlung iSd § 15 Abs 2 StGB hinsichtlich des Tatbildes der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft darstellt.

 

Im Hinblick auf den Tatentschluss ergibt sich dahingehend nichts anderes als zur Ausstattung der Geräte mit einer "Automatik-Start-Taste" ausgeführt wurde.

 

4.5. Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ist nach der selbstständigen Beurteilung dem Tatbestand des § 168 Abs 1 StGB zu unterstellen und nach dem § 168 Abs 1 iVm § 15 Abs 2 StGB gerichtlich strafbar.

 

4.6. Bestätigt wird dies zudem dadurch, als die Staatsanwaltschaft mit Schreiben vom 15. Jänner 2013 zur Zahl 47 BAZ 626/12z-13 mitteilte, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten wegen § 190 Z 2 StPO eingestellt wurde, weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung besteht. Aus dieser verfügten Einstellung des gerichtlichen Verfahrens ergibt sich, dass auf Basis der Beweisergebnisse des Ermittlungsverfahrens eine Verurteilung nicht wahrscheinlicher war als ein Freispruch (vgl. Nordmeyer, WK-StPO § 190 Rz 14). Das bedeutet aber, dass der angelastete Sachverhalt jedenfalls unter § 168 StGB zu subsumieren und somit eine diesbezügliche Zuständigkeit der Gerichte gegeben ist. Dies insbesondere vor dem Hintergrund des § 190 Z 1 1. Fall StPO, der ausdrücklich die Möglichkeit einer Verfahrenseinstellung für den Fall vorsieht, dass die Tat "nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist" [vgl. Nordmeyer, WK‑StPO § 190 Rz 12).]!

Gemäß § 57 Abs. 3 StGB beträgt die Verjährungsfrist ein Jahr, wenn die Handlung – wie im Fall des § 168 StGB – mit nicht mehr als sechsmonatiger Freiheitsstrafe oder nur mit Geldstrafe bedroht ist. Die Tathandlung wurde im konkreten Fall bis maximal 25. April 2012 gesetzt und ist somit iSd § 57 Abs 3 StGB nunmehr jedenfalls gerichtlich verjährt. Eine Fortführung von dem nach § 190 StPO beendeten Ermittlungsverfahren ist somit ausgeschlossen, da die Strafbarkeit der Tat gegenständlich bereits verjährt ist.

Im Ergebnis kommt der verfahrensgegenständlichen staatsanwaltschaftlichen Einstellung vor der materiellen Sicht des Art 4 7. ZPzEMRK auch vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich eingetretenen gerichtlichen Verjährung jedenfalls die Bedeutung eines "Freispruchs" iSd Art 4 7. ZPzEMRK zu.

4.6.1. Nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates stellt unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Fall Zolotukhin nunmehr auch die Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens durch den öffentlichen Ankläger in der hier vorliegenden Form eine rechtskräftige und somit "unwiderrufliche" Erledigung im weit zu verstehenden Sinn des Art 4 7. ZPzEMRK dar (vgl EGMR v. 10.2.2009, Bsw.Nr. 14939/03, Rn 107 f), die eine weitere Verfolgung oder Bestrafung eines Beschuldigten wegen einer Tat, die im Wesentlichen auf ein und demselben Sachverhalt gründet, ausschließt, zumal in diesem Fall unabhängig von der Einstellungsvariante bereits Verjährung gemäß § 57 Abs 3 StGB eingetreten ist und daher eine Fortführung des Ermittlungsverfahrens gemäß dem § 193 StPO nicht mehr möglich ist. Im Ergebnis liegt daher eine mit der oa. Judikatur vergleichbare Situation vor.

Demzufolge erscheint auch die überkommene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl zB VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233) zur selbstständigen Beurteilung der Strafbarkeit durch die Verwaltungsbehörde im Falle eines Freispruchs vom Gerichtsdelikt vor dem Hintergrund dieser Rechtsentwicklung im Rahmen des Doppelbestrafungs- und -verfolgungsverbotes der EMRK jedenfalls teilweise überholt.

Der Oö. Verwaltungssenat hatte gegenständlich allein die vom Verfassungsgerichtshof nach Art 4 7. ZPzEMRK geforderte Prüfung vorzunehmen, ob die Betroffene für dasselbe (in den wesentlichen Elementen) strafbare Verhalten, für das sie bereits rechtskräftig freigesprochen oder verurteilt wurde, nunmehr neuerlich verfolgt oder bestraft werden soll (s dazu auch jüngst VfGH vom 13.6.2013, B 422/2013-9). Im Rahmen dieser Prüfung ist die Identität der gerichtlich strafbaren Handlung (Serienspiel mit Glücksspielgeräten bzw. jedenfalls strafbarer Versuch) mit den gegenständlich angelasteten Verwaltungsdelikten aber jedenfalls zu bejahen (vgl oben Punkt 4.5.).

In diesem Zusammenhang ist auch auf die jüngste Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 25.9.2012, Zl. 2012/17/0040) hinzuweisen, der zufolge hinsichtlich der "verbotenen Ausspielungen" iSd § 52 Abs 1 Z 1 GSpG auf die einzelnen "im Lokal aufgestellten Geräte" abzustellen sei (vgl dazu nunmehr auch eindeutig VfGH vom 13.6.2013, B 422/2013-9 Rz 29); wenn aber für eine Bestrafung nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung auf die einzelnen Geräte und nicht auf die einzelnen auf den Geräten jeweils verfügbaren Spiele abzustellen ist, so scheint eine Abgrenzbarkeit des maßgeblichen Sachverhaltes in Bezug auf die jeweiligen Einzelspiele von vornherein unzulässig und im Übrigen auch faktisch kaum möglich. Schließlich ist in diesem Zusammenhang auch noch zu berücksichtigen, dass in der Regel allein aufgrund des Schaffens einer Spielgelegenheit auf einem Glücksspielgerät mit einer sog. "Automatic-Start-Taste" bereits der strafbare Versuch einer Veranstaltung von Serienspielen gem § 15 iVm § 168 Abs 1 StGB gegeben sein dürfte, weshalb in diesem Fall – dh. bei solchen Geräten mit derartigen Automatic-Start-Tasten – eine diesbezügliche zusätzliche Ahndung durch die Verwaltungsstrafbehörde jedenfalls ausscheiden muss.

Daraus ergibt sich weiter, dass der Oö. Verwaltungssenat nach der durch die zuständige Staatsanwaltschaft pauschal verfügten Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens (= "final decision" iSd EGMR-Urteils vom 10.2.2009, Bsw.Nr. 14939/03, RN 107 f) nicht mehr befugt war, weitere Ermittlungstätigkeiten zu setzen. Davon abgesehen ist auch nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts im Falle der Tateinheit einer unter beide Strafdrohungen fallenden Handlung davon auszugehen, dass das Delikt des Glücksspieles gemäß § 168 Abs 1 StGB den Unrechts- und Schuldgehalt der einschlägigen Verwaltungsstrafbestimmung des Glücksspielgesetzes vollständig erschöpft und daher unter Berücksichtigung des Doppelbestrafungs- und Doppelverfolgungsverbotes gemäß Art 4 Abs 1 7. ZPzEMRK eine verfassungskonforme Interpretation insofern geboten ist, als eine Bestrafung nach § 168 Abs. 1 StGB eine solche nach dem Glücksspielgesetz wegen desselben Verhaltens ausschließt (vgl VfGH vom 13.6.2013, B 422/2013-9; VfSlg 15.199/1998; VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134; VwGH 8.9.2008, Zl. 2009/17/0181). Mit Blick auf das erwähnte Doppelverfolgungsverbot hat daher überdies auch bereits jede weitere Verfolgung der Beschuldigten zu unterbleiben.

 

Dieses Ergebnis wird im Übrigen auch durch die jüngste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zum Grundsatz "ne bis in idem" vom 11. Dezember 2012, Asadbeyli et al v. Azerbaijan, bestärkt. In diesem Fall wurde in der rechtskräftigen strafrechtlichen Erstentscheidung keinerlei (detaillierte) Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts getroffen, anhand derer beurteilt werden hätte können, ob das zweite Verfahren dieselben oder im wesentlichen übereinstimmende Fakten betraf. Unter Hinweis auf das Urteil im Fall Zolotukhin konstatierte der Gerichtshof, dass in einer solchen Fallkonstellation von einer Vermutung für eine – unzulässige – zweifache Bestrafung, die sich auf dieselben Vorgänge bezieht, auszugehen ist. Im Zweifel geht der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte somit zugunsten des Betroffenen von einem identischen oder im Wesentlichen gleichen Sachverhalt aus. Schon allein aufgrund der von der Staatsanwaltschaft im vorliegenden Fall pauschal ausgesprochenen Verfahrenseinstellung gegenüber der Beschuldigten stellte somit jede weitere verwaltungsstrafbehördliche Verfolgung eine Verletzung des Art 4 7. ZPzEMRK dar.

 

5. Auf Grund der – in § 52 Abs 2 GSpG teilweise normierten bzw. sich im Lichte des verfassungsgesetzlich verankerten Doppelbestrafungs- und ‑verfolgungsverbots gemäß Art 4 des 7. ZPzEMRK stillschweigend ergebenden – Subsidiarität hat eine Verfolgung wegen des verdrängten Verwaltungsstraftatbestands des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG zu unterbleiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Markus Zeinhofer

 

 

Beschlagwortung:

Einstellung Strafverfahren, GSpG

 

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