Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167968/7/Br/Ka

Linz, 24.08.2013

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach, vom  10. Juli 2013, Zl.: Verk96-701-2013, nach der am 21. August 2013 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

I.           Der Berufung wird stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

II.      Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013 – AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013 – VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 u. 2 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Über den Berufungswerber  wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach, wegen der Übertretung nach § 82 Abs.8, 2. Satz iVm § 134 Abs.1 KFG 1967, eine Geldstrafe von 360 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit 72 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und wider sie folgender Tatvorwurf erhoben:

"Sie haben  als Benutzer des angeführten Fahrzeuges mit ausländischem Kennzeichen dieses länger als 1 Monat nach der Einbringung des Fahrzeuges nach Österreich verwendet, obwohl Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht und in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen sind. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 KFG ist nur während eines Monats ab ihrer Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Das Fahrzeug wurde seit mindestens 08.05.2012 bis 31.01.2013 im Bundesgebiet von Ihrem österreichischen Hauptwohnsitz aus verwendet. Aufgrund Ihrer zeitlich und organisatorisch wesentlich untergeordneten Tätigkeit im ausländischen Betrieb sind Sie als fast ausschließlicher Verwender des Fahrzeuges im Inland anzusehen, da Sie über dieses wie ein Privatnutzer verfügen können (überwiegende Verwendung zwischen Wohn- und Studienort, Privatnutzung in der Freizeit). In diesem Fall kommt daher die oben angeführte gesetzliche inländische Standortvermutung zum Tragen.

Tatort: Gemeinde N., 41xx N., x..

Tatzeit: 08.05.2012 bis 31.01.2013.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 82 Abs. 8, 2. Satz KFG

Fahrzeug: Kennzeichen x, sonstiges Fahrzeug"

 

 

 

1.1. In der Begründung des Straferkenntnisses hat die Behörde erster Instanz im Ergebnis nicht den Beweis gegen die Standortvermutung iS der zit. gesetzlichen Bestimmung erbracht erachtet. Sie folgte demnach der dahingehend vorgetragenen Verantwortung, das Fahrzeug würde nur maximal einige Tage in Österreich Verwendung finden, nicht. Im Ergebnis wurde der Entscheidung der Behörde erster Instanz als Motiv der tschechischen Zulassung die sogenannte Novaflucht zu Grunde gelegt. Im Detail wurde begründend ausgeführt:

"Gemäß § 82 Abs.8 KFG sind Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während eines Monats ab der Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Nach Ablauf dieser Frist sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Wenn glaubhaft gemacht wird, dass innerhalb dieses Monats die inländische Zulassung nicht vorgenommen werden konnte, darf das Fahrzeug ein weiteres Monat verwendet werden. Danach sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Die Ablieferung begründet keinen Anspruch auf Entschädigung.

 

Laut Zentralem Melderegister sind Sie seit 14.5.2001 unter der Adresse x mit Hauptwohnsitz gemeldet.

 

Da aus den Meldedaten eindeutig hervorgeht, dass Sie den Hauptwohnsitz in Österreich haben, ist es Ihnen nicht gelungen einen Gegenbeweis zum obigen Tatvorwurf anzutreten.

Die zur Klärung der Standortvermutung iSd § 82 Abs.8 KFG 1967 ergangene Judikatur ist vom Grundsatz bestimmt, dass diese Bestimmung als lex Spezialis zu § 40 Abs.1 KFG (Zulassung eines Kraftfahrzeuges), dass "als dauernder Standort eines KFZ der Hauptwohnsitz des Antragstellers gilt" (VwGH 28.10.2009, 2009/16/0107).

Dies setzt Feststellungen über den regelmäßigen Ort sowie die Art und Weise der Verwendung des Fahrzeuges voraus. Nach Ansicht der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach ist hier als überwiegende Art der Verwendung die Durchführung von Fahrten von Ihrem Hauptwohnsitz in N. weg, anzunehmen.

 

Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Auslegung des § 82 Abs.8 KFG 1967 ferner entscheidend, wer derartige Fahrzeuge im Inland verwendet. Die kumulative Erfüllung der Voraussetzung, dass das Fahrzeug auch von einer Person mit Hauptwohnsitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht (das heißt physisch über die Staatsgrenze gebracht) wird, ist demnach unbeachtlich. Dies entspricht auch dem Telos von § 82 Abs.8 leg.cit., weil es andernfalls durch das bloße Überstellen des Fahrzeuges in das Bundesgebiet durch eine Person, die über keinen Hauptwohnsitz im Inland verfügt, möglich wäre, die inländische Zulassungspflicht nach dieser Gesetzesbestimmung zu umgehen.

 

Die subjektiven Interessen ein Fahrzeug möglichst steuergünstig zu erwerben und zu betreiben treten demnach gegenüber den hier betroffenen öffentlichen Interessen zurück. .

 

Der Gesetzgeber ist bei der Formulierung des § 82 Abs.8 leg.cit. in der hier anzuwendenden Fassung offensichtlich davon ausgegangen, dass die Einbringung jedenfalls für jene Person(en) erfolgt, die das Fahrzeug sodann im Bundesgebiet verwendet bzw. verwenden (so VwGH 21.9.2006, 2006/15/0025, mit Hinweis auf VwGH 21.5.1996, 95/11/0378 und Gurtner/Herger, SWK 2005, 543ff).

 

Dies tun Sie hier mit Ihrem Hauptwohnsitz in Österreich.

 

Zuletzt wird diese Auslegung auch vom rechtspolitisch wohl legitimen Interesse gestützt, nämlich im Inland verwendete Fahrzeuge dem inländischen Steuerregime mit der Einführung des Auffangtatbestandes in § 1 Z3 NoVAG, durch die Novelle BGBl. I Nr. 122/1999 einzubeziehen (vgl. VwGH 27.1.2010, 2009/16/0107 mwN).

Abschließend sieht sich die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach auch zur Feststellung veranlasst, in der mit der durch die Judikatur geübten Auslegung des § 82 Abs.8 KFG kein in die Verfassungssphäre greifende Unsachlichkeit, nämlich in Form des Eingriffes in den Gestaltungsfreiraum (die Disposition über den Ort der Zulassung eines KFZ) erblicken kann (s. VfSIg. 16022).

 

Sie haben daher die Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu verantworten.

 

Zur Strafbemessung ist anzuführen, dass Grundlage hiefür gem. § 19 VStG stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Weiters sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens und die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen.

 

Der Strafrahmen reicht bei § 134 Abs. 1 KFG bis zu 5.000 Euro.

 

Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden bei der Bemessung der Strafe mit ca. 1.000 Euro mtl. Nettoeinkommen, durchschnittlichem Vermögen und keinen Sorgepflichten bewertet. Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kam Ihnen zugute. Straferschwerende Gründe lagen keine vor.

Das angewandte Strafausmaß ist dem Unrechtsgehalt der Übertretungen angepasst und schuldangemessen."

 

 

 

2. Den Berufungswerber  wendet sich dagegen mit der durch ihre Rechtsvertreterin fristgerecht erhobenen Berufung mit nachfolgendem Inhalt:

"In der umseits bezeichneten Verwaltungsstrafsache erhebe(n) ich (wir) gegen das Strafer­kenntnis der angerufenen Behörde vom 10. Juli 2013, VerkR96-701-2013, die nachstehende

 

Berufung;

 

Das angefochtene Erkenntnis wird seinen gesamten Umfang nach als unrichtig bekämpft

 

Feststellungen;

Die erkennende Behörde hat sich mit dem Vorbringen des Beschuldigten nicht entsprechend ausei­nandergesetzt. Insbesondere der Umstand, dass das Fahrzeug keinesfalls durchgängig über einen Zeit­raum von einem Monat in Österreich war wurde nicht entsprechend gewürdigt. Ebenso wie der Um­stand, dass der Beschuldigte nicht Zulassungsbesitzer, Eigentümer oder Halter des Fahrzeuges ist, son­dern ein tschechisches Unternehmen und der Beschuldigte das Fahrzeug nur gelegentlich lenkt, und auch andere Personen das Fahrzeug lenkten.

 

Die vorgeworfene Verwaltungsübertretung setzt ja voraus, dass das Fahrzeug dauerhaft über einen Zeitraum von einem Monat ins Bundesgebiet eingebracht wurde. Dies war niemals der Fall. Es ist da­her auch die Annahme des Tatzeitraumes eine bloße Mutmaßungen der Behörde. Die von der Behörde getroffenen Feststellungen wurden nicht hinreichend begründet, und sind zudem unrichtig.

 

Gerade die Ausführung der Behörde, dass die Bestimmung der vorgeworfenen Übertretung als Lex Spezialls zu § 40 Abs. 1 KFG zu sehen Ist führt den Tatvorwurf ad absurdum, da der Beschuldigte nicht Antragsteller sein kann, zumal er kein Recht am Fahrzeug hat, weder ist der Eigentümer, Mieter, Lea­singnehmer oder Halter, so dass er gar nicht zur Antragstellung nach § 40 Abs. 1 KFG berechtigt wäre.

 

Aus diesem Grunde kann den Beschuldigten auch keine Zulassungspflicht treffen, zumal er gar nicht die Berechtigung dazu hat, die Handlungen vorzunehmen, deren Unterlassung im nunmehr vorgewor­fen wird. Es mangelt daher auch am Verschulden, da selbst wenn man objektiv die Verwirklichung der Verwaltungsübertretung annehmen wollte, dieser Umstand einen Entschuldigungs- bzw. Rechtferti­gungsgrund darstellt.

Die Behörde hat es auch unterlassen den Geschäftsführer der Eigentümerin und Zulassungsbesitzerin des Fahrzeuges Herr. Mag. x, einzuvernehmen

 

Beweiswürdigung;

 

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung {§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes   [vgl. etwa   das    Erkenntnis   des   VwGH   vom   26. Februar 2009, Zl. 2008/09/0007, mwN) nicht, dass der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvor­gang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des fi 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, dass die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt ge­nügend erhaben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen. Unter Beachtung dieser Grundsätze ist auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen Ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat. Im gegenständlichen Fall hätte die Behörde daher zu dem Schluss kommen müssen, dass eine dauerhafte Einbringung des Fahrzeuges in das Bundesgebiet nicht vorliegt.

 

Fortgesetztes Delikt:

 

die vorgeworfene Verwaltungsübertretung stellt ein fortgesetztes oder Dauerdelikt dar. Da das Fahr­zeug vom Beschuldigten oder einer anderen Person in der vor Ablauf der Monatsfrist wiederum aus dem Bundesgebiet entfernt wurde hat der Beschuldigte ein derartiges Dauerdelikt nicht gesetzt zumal der Fristlauf nach Verbringung des Fahrzeuges aus dem Bundesgebiet endet, und bei neuerlichem Ein­tritt in das Bundesgebiet wiederum beginnt. Unter einem fortgesetzten Delikt ist eine Reihe von ge­setzwidrigen Einzelhandlungen zu verstehen, die vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform so­wie der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines [noch erkennbaren) zeitlichen Zusammenhanges sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzepts des Täters zu einer Einheit zusammentreten; der Zu­sammenhang muss sich äußerlich durch zeitliche Verbundenheit objektivieren lassen. Fahrlässige Be­gehungen scheiden für die Annahme eines fortgesetzten Delikts aus. Nur dann, wenn der Täter, von vornherein - wenn auch nur mit bedingtem Vorsatz - einen Gesamterfolg mit seinen wesentlichen Merkmalen ins Auge gefasst hat (Gesamtvorsatz), ist es gerechtfertigt, ihm nur eine einzige Straftat anzulasten. Das fortgesetzte Delikt kommt daher nur im Bereich der Vorsatzdelinquenz in Betracht (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 15. März 2000, ZI. 99/09/0219).

 

Es werden daher gestellt nachstehende

 

Anträge;

 

Es wolle der Berufung stattgeben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos behoben und das Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung gebracht werden.

 

In eventu wolle der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Erledi­gung und Entscheidung an die Unterinstanz zurückverwiesen werden.

 

In eventu wolle die verhängte Strafe angemessen herabgesetzt werde.

Jedenfalls aber möge gemäß § 51e Abs. 2 VStG eine mündliche Berufungsverhandlung anbe­raumt werden.

 

A. K.“

 

 

3.  Die Behörde erster Instanz hat den Verfahrensakt mit dem Vorlageschreiben vom 27.6.2013 in einem losen und nicht durchnummerierten Konvolut zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde offenbar nicht in Erwägung gezogen. Damit wurde die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates begründet.

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes im Rahmen der Berufungsverhandlung unter Einbeziehung der bereits im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens zum Akt genommenen Dokumenten.

Anlässlich der Berufungsverhandlung wurde vom Berufungswerber nachfolgende Dokumente vorgelegt, welche als Beilange 1 bis 8 zum Akt genommen wurden:

  • Eine Semesterfahrkarte für das Sommersemester 2013 der Wiener Linien   (Beilage 1);
  • Vier Erklärungen von Firmenangehörigen worin mit deren Unterschrift sinngemäß bescheinigt wird, dass dieses Fahrzeug überwiegend in Tschechien verwendet wird, wobei der Berufungswerber berechtigt ist dieses Fahrzeug zu verwenden, welcher für die Firma Dienstleistungen erbringt und überwiegend Fahrten vom Firmensitz aus geführt werden (Beilagen 2 bis 5);
  • Eine Kopie von zwei Zulassungsscheinen über  in Rohrbach zugelassene Firmenfahrzeuge (Beilage 6 und 7);
  • Ein Datenblatt über das hier verfahrensgegenständliche Fahrzeug in tschechischer Sprache (Beilage 8)
  • Per Email wurde vom Berufungswerber noch nachgereicht ein Firmenbuchauszug der tschechischen Niederlassung  der Firma K. und der tschechische Zulassungsschein des fraglichen Fahrzeuges (Beilage 9 u. 10;

 

Der Berufungswerber  nahm an der Berufungsverhandlung persönlich teil und wurde als Beschuldigter zum Sachverhalt einvernommen. Die Behörde erster Instanz entschuldigte ihre Nichtteilnahme an der Berufungsverhandlung mit Email vom 9.7.2013 aus dienstlichen Gründen.

 

 

4. Sachverhalt:

Dieses Verfahren nahm den Ausgang in einer Anzeige desr Polizeikommandos Wien Döbling (Polizeiinspektion Hohe Warte). Der Berufungswerber wurde im dortigen Bereich am 31.1.2013 um 14:10 Uhr einer Fahrzeug- u. Lenkerkontrolle unterzogen.  Dies vor allem deshalb, weil dieses Fahrzeug etwa zwei Monate vorher oftmals unter der Gürtelbrücke abgestellt (parkend) wahrgenommen wurde. Dabei habe der Berufungswerber angegeben das Fahrzeug ständig in Verwendung zu haben. Es handle sich um ein ihm ständig zur Verfügung stehendes Firmenfahrzeug. Er sei bei der Firma seines Vaters nicht angestellt, erledige aber machmal IT-Arbeiten für die Firma. Diesbezüglich könne er gerne Unterlagen zur Verfügung stellen. Die Polizeiinspektion Hohe Warte tätigte sodann Anfragen bei der MA 67, welche auf dieses Fahrzeug seit dem Jahr 2011 insgesamt elfmal (offenbar wegen Verstöße gegen die Parkordnung) vorgemerkt wäre.

Die polizeilichen Erhebungen führten zum Ergebnis, dass es sich bei der Firma K. um eine Möbeltischlerei handelt, wobei IT-Angelegenheiten nicht zum Firmenbild gehörten und diesbezüglich keien Gewerbeberechtigung vorliegen würde.

Das Verfahren wegen Übertretung des KFG wurde schließlich am 13.3.2013 gemäß § 27 Abs.1 KFG der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach  abgetreten.

Von der Behörde erster Instanz wurde eine ZMA-Anfrage gestellt, welche den Berufungswerber mit zwei Hauptwohnsitze in x  ausweist.

Am 8. Mai 2013 wurde gegen den Berufungswerber eine Strafverfügung erlasssen, wobei seiner im Einspruch und im Rahmen des ordentlichen Verfahrens vorgetragenen Verantwortung nicht gefolgt wurde.

 

 

4.1. Im Rahmen der Berufungsverhandlung verantwortet sich der Berufungswerber im Ergebnis wie bisher. Er erklärt die Umstände über die gelegentliche Verfügung des Fahrzeuges und seiner Tätigkeiten für die Firma im IT- (Computer)Bereich und die Art der Verwendung dieses in Tschechien auf die dort etablierte Firma zugelassenen Fahrzeuges.  Auf die beiden Firmensitze, welche mit den vorgelegten Dokumenten nachvollziehbar uns schlüssig untermauert wurden, weist der in Wien Rechtswissenschaften studierende Berufungswerber ebenfalls hin.

Vor diesem Hintergrund gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat zur Überezugung, dass dieses Fahrzeug überwiegend in Tschechien Verwendung findet, zumal dort laut Firmenbuchauszug der Vater des Berufungswerbers eine Firma betreibt. Alleine schon angesichts der Fahrzeugmarke Vw-GTI lässt sich nicht zwingend eine Motivlage auf eine sogenannte Novaflucht schließen. Grundsätzlich kann es auch nicht bedenklich erachtet werden, dass eine in Tschechien etablierte Firma eines österreichischen Unternehmers dort ein Firmenfahrzeug betreibt und mit diesem auch nach Österreich gefahren und auch hier verwendet wird.

Wenn damit vom oder von den Lenkern bedauerlicher Weise, allenfalls in der Meinung dafür nicht zur Rechenschaft gezogen werden können, Verstöße gegen Vorschriften des ruhenden Verkehrs begangen wurden, belegt dies noch keineswegs, dass dieses Fahrzeug einer in Tschechien etablierten Firma den Standort in Österreich hat bzw. damit die Stadortvermutung erwiesen wäre.

Hier ist vielmehr vom Gegenteil auszugehen, weil  im zusammenwachsenden Europa länderübergreifende wirtschaftliche Aktivitäten geradezu als verkehrsüblich angesehen werden dürfen. Das damit auch ein häufiger Standortwechsel von Firmenfahrzeugen innnerhalb der „in- u. ausländischen Firmensitze“ einhergeht, kann dabei als wesenstypisch gelten.

Das naturgemäß zwischen den Firmenstandorten gependelt wird und sich ein solches Fahrzeug für einige Zeit und in regelmäßig widerkehrenden Abständen auch am österreichischen Standort befindet ist praxisnah und liegt in der Natur zweier Geschäftsbetriebe eines Unternehmers. Im gleichen Umfang wird wohl auch eines der in Österreich auf die Firma x zugelassenes Fahrzeug in Tschechien anzutreffen sein.

Im Ergebnis war daher dem Berufungswerber in seiner Darstellung zu Folgen, dass hier von keiner Einbrigung des Fahrzeuges nach Österreich die Rede sein kann und der Gegenbeweis der Standortvermutung letztlich den in einer länderübergreifenden wirtschaftlichen Aktivität einer Firma, den logischen Denkgesetzen folgend als über jeden Zweifel erhaben erachtet werden muss.

 

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Nach § 82 Abs.8 KFG sind Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht und in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während der drei unmittelbar auf ihre Einbringung in das Bundesgebiet folgenden Tage zulässig. Nach Ablauf dieser Frist sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Die Ablieferung begründet keinen Anspruch auf Entschädigung.

Aufgrund dieser Rechtslage sind demnach Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem ordentlichen Wohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht und verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen.

Dieser Gegenbeweis wurde hier erbracht.

Die zur Klärung der Standortvermutung iSd § 82 Abs.8 KFG 1967 ergangene Judikatur ist vom Grundsatz bestimmt, dass diese Bestimmung als lex Spezialis zu § 40 Abs.1 KFG (Zulassung eines Kraftfahrzeuges), dass "als dauernder Standort eines KFZ der Hauptwohnsitz des Antragstellers gilt" (VwGH 28.10.2009, 2009/16/0107).

Dies setzt aber Feststellungen über den regelmäßigen Ort sowie die Art und Weise der Verwendung des Fahrzeuges voraus. Wie oben als erwiesen festgestellt, ist dieses Fahrzeug auf die vom Vater des Berufungswerbers in Tschechien betriebenen Firma zugelassen.  An der Rechtmäßigkeit einer derartigen Zulassung bzw. die Disposition über eine Solche wird wohl nicht in Frage zu stellen sein.

Der Gesetzgeber ist bei der Formulierung des § 82 Abs.8 leg.cit. in der hier anzuwendenden Fassung offensichtlich davon ausgegangen, dass die Einbringung jedenfalls für jene Person(en) erfolgt, die das Fahrzeug sodann im Bundesgebiet verwendet bzw. verwenden (so VwGH 21.9.2006, 2006/15/0025, mit Hinweis auf VwGH 21.5.1996, 95/11/0378 und Gurtner/Herger, SWK 2005, 543 ff).

Dafür, nämlich die Verwendung dieses KFZ wärend der fraglichen Dauer nur durch den Berufungswerber, hat das Beweisergebnis keinerlei sachlich begründbare Anhaltspunkte erbracht.

Zuletzt kann insbesondere auch keine mit der Einführung des Auffangtatbestandes in § 1 Z3 NoVAG, durch die Novelle BGBl. I Nr. 122/1999  in Widerspruch stehende Motivlage vermutet werden (vgl. VwGH 27.1.2010, 2009/16/0107 mwN), zumal Fahrzeuge auf diese Firma auch in Österreich zugelassen sind und dafür die allenfalls höhren Abgaben zu leisten sind.

Andererseits darf die Vollziehung dieser Rechtsnorm zu keinem Ergebnis führen, welches das die freie Verfügbarkeit über das Eigentum (hier die Verwendung des in Tschechien zugelassenen Personenkraftwagens) in verfassungswidriger Weise einschränken würde.

 

 

6. Der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zur Beweiswürdigung nach § 45 Abs.2 AVG, sowie insbesondere in Wahrung des verfassungs- und menschenrechtlichen Gebotes der Garantie eines fairen Verfahrens, ist an einen Beweis ein strengerer Maßstab, als bloß eine aus einer vordergründigen Lebensnähe gezogene Schlussfolgerung zu stellen (vgl. VfSlg 12649; sowie Schneider, Beweis und Beweiswürdigung, 5. Auflage, S 98, Fn 372). Für den Fall des hier vom Gesetz eröffneten Gegenbeweises hat dies umkehrt zur Folge, dass  darin kein Maßstab gelegt werden darf, welcher den Denkgesetzen folgend nicht erbracht werden könnte.

Schon bei bloßem Zweifel an der Tatbegehung ist nämlich von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und dessen Einstellung zu verfügen (vgl. VwGH 12.3.1986, Zl. 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

 

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